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OLG Stuttgart, Urteil vom 22.05.1997 – 11 U 13/96

§ 53 GmbHG

1. Das den Gesellschaftern einer GmbH im Falle einer Veräußerung von Geschäftsanteilen an Nichtgesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zustehende Vorkaufsrecht ist dann kein relativ unentziehbares Mitgliedschaftsrecht, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts von vornherein durch den Gesellschaftsvertrag eingeschränkt ist, weil dieser vorsieht, daß die Ausübung des Vorkaufsrechts im Einzelfall durch einfachen Mehrheitsbeschluß der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen werden kann.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß grundsätzlich ein in der Satzung verankertes Vorkaufsrecht, das den Gesellschaftern die Möglichkeit bietet, im Falle der Veräußerung von Geschäftsanteilen eines Mitgesellschafters das Eindringen von Dritten in die Gesellschaft zu verhindern und die eigene Beteiligung zu erhöhen, ein relativ unentziehbares Recht begründet, welches jedem Gesellschafter nur mit dessen Zustimmung entzogen werden kann. Eine Satzungsänderung, die ein solches, jedem Mitgesellschafter uneingeschränkt zustehendes Vorkaufsrecht aufhebt oder einschränkt, bedarf deshalb der Zustimmung aller Gesellschafter (vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbH-Gesetz, 8. Aufl., § 53 Rn. 126; Scholz, GmbH-Gesetz, 8. Aufl., § 53 Rn. 178; Reichert, BB 1985, 1496, 1509).

Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, daß das den Gesellschaftern eingeräumte Vorkaufsrecht von vornherein eingeschränkt ist. Es wird den Gesellschaftern nicht vorbehaltlos eingeräumt, sondern ist in der Weise ausgestaltet, daß seine Ausübung in jedem Einzelfall durch einen mit einfacher Mehrheit zu fassenden Beschluß der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen werden kann. Ein solches Recht ist nicht relativ unentziehbar ausgestaltet, da es dem Gesellschafter im Einzelfall auch gegen seinen Willen entzogen werden kann. Nach Auffassung des Senats muß es deshalb möglich sein, ein solches im Einzelfall durch einfachen Mehrheitsbeschluß entziehbares Vorkaufsrecht durch einen satzungsändernden Beschluß der Gesellschafterversammlung mit der erforderlichen ¾-Mehrheit generell abzuändern. Dies gilt umso mehr, als durch die beschlossene Satzungsänderung nicht etwa das Verkaufsrecht vollständig ausgeschlossen wurde, sondern lediglich einem weiteren Gremium, nämlich dem Gesellschafterausschuß der Beklagten, die Entscheidung über den Ausschluß des Vorkaufsrechts im Einzelfall übertragen wurde.

Auch eine Klausel im Gesellschaftsvertrag, nach welcher die Übertragung von GeschäftsanteilenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Übertragung
Übertragung von Geschäftsanteilen
an Außenstehende der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf, würde nur mit Zustimmung aller Gesellschafter aufgehoben (oder eingeschränkt) werden können. Sieht das Zustimmungserfordernis hingegen, wie im Gesellschaftsvertrag der Beklagten, nur einen mit qualifizierter oder gar einfacher Mehrheit zu fassenden Gesellschafterbeschluß vor, so kann auch diese Bestimmung, mit einem mit satzungsändernder Mehrheit gefaßten Beschluß aufgehoben (oder abgeändert) werden (vgl. Reichert, BB 1985, 1496, 1498 und 1502). Nach Auffassung des Senats besteht keine Veranlassung, ein (im Einzelfall ausschließbares) Vorkaufsrecht anders zu behandeln wie ein (im Einzelfall ausschließbares) Zustimmungserfordernis.

2. Die Befugnis, die Ausübung des Vorkaufsrechts im Einzelfall auszuschließen, kann in diesem Fall durch satzungsändernden Mehrheitsbeschluß der Gesellschafterversammlung von dieser auf den Gesellschafterausschuß übertragen werden.

Schließlich spricht auch die Formulierung im Gesellschaftsvertrag dafür, daß nicht nur die im Falle der Versagung der Zustimmung durch den Gesellschafterausschuß vom verkaufswilligen Gesellschafter angerufene Gesellschafterversammlung berechtigt sein sollte, das Vorkaufsrecht im Einzelfall auszuschließen. Die in § 4 A, III. Ziff. 4.4 gewählte Formulierung „dieses Vorkaufsrecht entfällt jedoch, wenn es durch den die Genehmigung aussprechenden Beschluß der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen wird” deutet vielmehr dahin, daß nur ein einheitlicher Beschluß ergehen sollte, der sowohl über die Frage der Zustimmung, als auch über den Ausschluß des Vorkaufsrechts befindet. Zur Entscheidung über die Zustimmung ist aber zunächst der Gesellschafterausschuß berufen; die Gesellschafterversammlung entscheidet erst dann, wenn der Ausschuß die Zustimmung verweigert hat. Es ist deshalb naheliegend, daß der Ausschluß des Vorkaufsrechts der „durch den die Genehmigung aussprechenden Beschluß” zu erfolgen hat, nicht nur bei einer Beschlußfassung durch die Gesellschafterversammlung, sondern auch bei einer Entscheidung durch den – in erster Linie zuständigen – Gesellschafterausschuß soll ausgesprochen werden können.

Schlagworte: Relativ unentziehbare Mitgliedschaftsrechte, Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen, Vinkulierung, Vinkulierung der Geschäftsanteile, Vorkaufsrecht