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Thüringer OLG, Urteil vom 22.03.2006 – 6 U 968/05

AktG §§ 120, 245, 246

1. Da die aktienrechtliche Anfechtungsklage für die Aktionäre ein Instrument zur Herbeiführung gesetzes- und satzungskonformer Hauptversammlungsbeschlüsse ist, genügt es für das Rechtsschutzbedürfnis einer Anfechtungsklage grundsätzlich aus, dass die Beseitigung eines gesetz- oder satzungswidrigen Beschlusses erstrebt wird und die Klage damit auf die Herbeiführung eines rechtmäßigen Zustandes gerichtet ist. Nicht erforderlich ist, dass die Beseitigung des Beschlusses dem Kläger im Übrigen einen Nutzen bringt.

2. Etwas anderes kann gelten, wenn die Nichtigerklärung weder für die Gesellschaft noch für den Anfechtungskläger irgendwelche Folgen haben kann, z.B. deswegen, weil der streitgegenständliche Beschluss zwischenzeitlich rechtswirksam aufgehoben wurde oder weil er wegen Rücknahme der AnmeldungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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nicht wirksam werden kann oder weil es sich um einen ablehnenden Beschluss handelt (vgl. BGH vom 17.9.1964 – II ZR 136/62, WM 1964, 1188 [1191]).

3. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine aktienrechtliche Anfechtungsklage kann sich auch daraus ergeben, dass der angefochtene Beschluss den Anschein trägt, als seien die Aktionäre sowie Vorstand und Aufsichtsrat an ihn gebunden.

4. Der in einem Anfechtungsprozess vereinbarte Vergleich, dass ein Hauptversammlungsbeschluss nicht wirksam sein soll, führt nicht dazu, dass der Beschluss aufgehoben ist oder als aufgehoben gilt, weil ein Vergleich dieses Inhalts sachlich der Aufhebung der Hauptversammlungsbeschlüsse gleichkommt und damit allein in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fällt.

5. Ein solcher Vergleich kann nicht als Klageanerkenntnis verbunden mit dem Antrag des Klägers auf Erlass eines Anerkenntnisurteils ausgelegt werden.

6. Ein Widerspruch ist auch dann für eine spätere Anfechtungsklage ausreichend, wenn er vorab „zu allen Beschlüssen der Tagesordnung” erklärt wurde.

7. Haben der Hauptversammlung zur Entscheidung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat die in § 120 Abs. 3 Satz 2 AktG bezeichneten Dokumente nicht vorgelegen, ist der anfechtungsbegründende relevante Kausalzusammenhang (vgl. § 243 Abs. 4 AktG; Kubis in MünchKomm/AktG, 2. Aufl. 2004, § 120 AktG Rz. 48 m. w. N.). jedenfalls dann gegeben, wenn ein verständiger Durchschnittsaktionär sich nicht in der Lage sieht, in Abwesenheit der fraglichen Dokumente an der Abstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrats teilzunehmen.

Schlagworte: Ablehnender Beschluss, Anerkenntnis, Anfechtungsbefugnis, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Aufhebender Beschluss, Auskunfts-/Einsichts-/Informations-/Kontrollrechte, Beschlussfassung, Beschlussmängel, Entlastung, Entlastung der Geschäftsführer, Entlastung des Aufsichtsrats, Relevanzlehre, Rücknahme der Anmeldung, Vergleich, Widerspruch