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Thüringer OLG, Urteil vom 26.04.2006 – 6 U 1102/05

BGB §§ 705, 730, 736 ff.; HGB § 128

1. Die Nutzungsüberlassung von im Eigentum eines Gesellschafters stehenden oder von ihm bei Dritten gepachteten Grundstücken an die Gesellschaft hat als Einbringung quoad usum mietähnlichen Charakter, Rechtsgrundlage der Überlassung ist aber kein Mietvertrag, sondern der Gesellschaftsvertrag, so dass der einbringende Gesellschafter keinen Anspruch auf Mietzins hat, sondern nur auf Beteiligung am Gewinn gemäß den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen.

2. Bei einer zum Gebrauch eingebrachten Sache bestimmt der Gesellschaftsvertrag, wer die Unterhaltskosten und laufenden Lasten der Sache zu tragen hat. Hat danach die GbR die privaten Lasten der zum Gebrauch überlassenen Sachen zu tragen, sind „private Last“ der Pachtfläche die Pachtzinsen, da diese zu erbringen sind, um die Flächen für die Nutzung durch die GbR zu erhalten. Im Außenverhältnis bleibt es bei einer Verpflichtung des Gesellschafters.

3. Der Gesellschafter kann die ihm gegen die GbR zustehenden Ansprüche nicht im Wege der actio pro socio gegen den Mitgesellschafter geltend machen, weil es sich dabei nicht um Sozialansprüche der Gesellschaft gegen einen der Gesellschafter handelt, sondern um eine Gesellschaftsschuld gegenüber einem Gesellschafter.

4. Ansprüche des Gesellschafters auf Erstattung von Miet-/Pachtzinsen für quoad usum in das Gesellschaftsvermögen eingebrachte Grundstücke sind nicht Ansprüche aus einem Drittverhältnis, für die der (andere) Gesellschafter entsprechend § 128 HGB haftet, sondern unmittelbar auf dem Gesellschaftsvertrag beruhende Ansprüche gegen die Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis. Sie unterliegen damit der Durchsetzungssperre. Der berechtigte Gesellschafter kann sie gegen die übrigen Gesellschafter persönlich grundsätzlich weder während des Bestehens der Gesellschaft noch während der Auseinandersetzung durchsetzen. Vielmehr ist der Anspruch im Rahmen der Auseinandersetzung (§ 730 Abs. 1 S. 1 BGB) bzw. bei der Ermittlung eines Abfindungsbetrags zu berücksichtigen.

5. Die Durchsetzungssperre greift hier ausnahmsweise nicht ein, wenn dem Gesellschafter ein seiner Forderung entsprechendes Guthaben im Rahmen der Auseinandersetzung auf jeden Fall zusteht oder wenn der andere Gesellschafter sich den wesentlichen Teil des Gesellschaftsvermögen ohne Gegenleistung zu Nutze gemacht hat oder wenn der Kläger den Anspruch durch eine vorläufige Schlussrechnung belegen kann.

6. Verweigert der Mitgesellschafter trotz entsprechender Verpflichtung und Verurteilung die zur Erstellung einer Schlussrechnung erforderlichen Auskünfte, liegt es nahe, den anspruchsberechtigten Gesellschafter so zu stellen, als habe er die Schlussrechnung vorgelegt.

7. Der Streitgegenstand einer auf eine Geldschuld gerichteten Klage bestimmt sich nach dem Antrag in Verbindung mit dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt. Streitgegenstand ist die Frage, ob der Kläger aufgrund des Lebenssachverhalts die Geldleistung vom Beklagten verlangen kann. Dabei wird der Streitgegenstand nicht durch die vorgetragenen Anspruchsgrundlagen oder rechtlichen Aspekte und ebenso wenig durch den vorgetragenen Prozessstoff beschränkt. Zum den Streitgegenstand bestimmenden und begrenzenden Lebenssachverhalt zählen alle Umstände, die nach natürlicher Betrachtungsweise zu dem vom Kläger unterbreiteten Tatsachenkomplex rechnen. Durch unterlassenen Vortrag einzelner Tatsachen des Tatsachenkomplexes wird der Streitgegenstand nicht beschränkt. Auch (dem Gericht) unbekannte, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung existente Tatsachen, die zum Tatsachenkomplex des entschiedenen Falles gehören, können nicht dazu führen, dass durch ihren Vortrag ein zweiter prozess möglich wird.

8. Der einem auf Erstattung von Aufwendungen für quoad usum eingebrachte Gegenstände geltende Vorprozess zugrunde liegende Lebenssachverhalt ändert sich nicht dadurch, dass ein Mitgesellschafter vor der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung aus der GbR ausgeschieden ist.

Schlagworte: actio pro socio, Auskunfts-/Einsichts-/Informations-/Kontrollrechte, Austritt, Durchsetzung von Sozialansprüchen, Durchsetzungssperre, Einbringung, Erstattung, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Gesellschafterklage, Nutzungsüberlassung, Streitgegenstand, unselbständiger Rechnungsposten