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OLG Zweibrücken, Beschluss vom 17.08.2011 – 3 W 92/11

GrEStG § 1

1. Bei der Vertretung einer noch nicht existenten Vorgründungsgesellschaft wird nach den Grundsätzen des betriebsbezogenen Geschäftes im Regelfall der „wahre Rechtsträger“ (der Käufer als zukünftiger Gesellschafter) aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet (BGHZ 91, 148; OLG KoblenzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, NZG 2003, 32; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 11 Rn. 36). Dabei bleibt die Haftung der Vorgründungsgesellschafter auch nach der Gründung und Eintragung der Gesellschaft bestehen, sofern nicht durch besondere Vereinbarung die Haftung auf die Zeit bis zur Eintragung der GmbH begrenzt worden ist (BGH GmbHR 1992, 164). Das Rechtsinstitut des „betriebsbezogenen Geschäfts“ betrifft insoweit das Offenkundigkeitsprinzip des Stellvertretungsrechts; es hilft darüber hinweg, dass der handelnde Vertreter entweder gar nicht im Namen eines bestimmten Vertretenen oder im Namen eines in der bezeichneten Rechtsform nicht existierenden Vertretenen aufgetreten ist. Im Regelfall wird es nämlich dem wirklichen Willen (§ 133 BGB) der Vertragsparteien entsprechen, den Vertrag mit dem „wahren Rechtsträger“ zu schließen. Die die Gesellschaft gründenden Gesellschafter bieten dem Verkäufer in aller Regel keine schlechtere Haftungsgrundlage als eine später von diesen gegründete (Kapital-)Gesellschaft. Für den Käufer wird die Verwendungsmöglichkeit des Kaufgegenstandes normalerweise nicht von der Rechtsform seines Gewerbebetriebes abhängen.

2. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien deutlich gemacht haben, dass es ihnen gerade darauf ankommt, den Vertrag ausschließlich mit der noch zu gründenden Gesellschaft zustande bringen zu wollen (BGHZ 91, 148; BGH GmbHR 1992, 164). Dies können sie tun, indem sie z. B. den Vertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Entstehung der GmbH abschließen oder der Vertreter unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er nur für die noch zu gründende Gesellschaft und gerade nicht für den „wahren Rechtsträger“ auftritt. Alleine die Tatsachen, dass die noch zu gründende GmbH in dem Vertrag als Vertragspartnerin bezeichnet ist und der für sie handelnde Vertreter in deren Namen auftritt, reicht nicht aus, um einen solchen Willen der Vertragsschließenden oder des Vertreters anzunehmen (Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 11 Rn. 37). Auch die Steuerschädlichkeit des Vorgehens belegt nicht, dass der Wille der Vertragsparteien auf den Abschluss eines Vertrags nur mit der noch zu gründenden GmbH gerichtet war.

3. Eine Vertretung einer nicht existenten Gesellschaft – notwendigerweise durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht – ist grundsätzlich möglich; im Falle der Genehmigung dieses Vertrages durch die später entstandene Gesellschaft wird der Vertrag nur mit dieser begründet (vgl. BFH, WM 1975, 501; Schramm in MüKo/BGB, 5. Aufl., § 177 Rn. 7). Ob die Vertragschließenden dies gewollt haben, ist eine Frage der Auslegung ihrer Vertragserklärungen.

4. Nach diesen Grundsätzen ist der notarielle Kaufvertrag mit der Gründungsgesellschafterin geschlossen worden, sodass diese nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG grunderwerbssteuerpflichtig geworden ist. Nach der Gründung der (Vor-)Gesellschaft und der Übereignung des Grundstückes an diese fällt nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG ein zweites Mal Grunderwerbssteuer an. Der einmal mit dem „wahren Rechtsträger“ zustande gekommene Vertrag geht mit der Gründung der GmbH nicht in dem Sinne auf diese über, dass nunmehr die GmbH anstelle des wahren Rechtsträgers in den Kaufvertrag eingetreten wäre. Das Vermögen des „wahren Rechtsträgers“ der Vorgründungsgesellschaft geht nicht automatisch auf die später existent gewordene Gesellschaft über (vgl. Pfeifer in Staudinger, BGB, Stand 2004, § 925 Rn. 51).

Schlagworte: Gesellschafter, Gründung, Vertretungsbefugnis, Vorgesellschaft