Kündbarkeit einer Patronatserklärung in der Krise – STAR 21

Urteil des BGH vom 20.09.2010, Az. II ZR 296/08

Der BGH hat mit Urteil vom 20.09.2010 folgendes entschieden:

1. Verspricht eine Muttergesellschaft in einer Patronatserklärung gegenüber ihrer bereits in der Krise befindlichen Tochtergesellschaft, während eines Zeitraums, der zur Prüfung der Sanierungsfähigkeit der Tochtergesellschaft erforderlich ist, auf Anforderung der Tochtergesellschaft zur Vermeidung von deren Zahlungsunfähigkeit oder deren Überschuldung die fälligen Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft zu erfüllen, kann diese Erklärung mit Wirkung für die Zukunft gekündigt werden, wenn die Parteien (also: Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft) nach den Umständen des Einzelfalles ein entsprechendes Kündigungsrecht vereinbart haben.

2. Der Wirksamkeit der Kündigung einer solchen konzernintern getroffenen Vereinba-rung stehen weder die Grundsätze des (zu diesem Zeitpunkt noch geltenden) Eigenkapitalersatzrechts noch die Grundsätze des sog. Finanzplankredits entgegen.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war Insolvenzverwalter (nachfolgend: „Insolvenzverwalter“) über das Vermögen der STAR 21 GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
(nachfolgend: STAR 21 KG). Die Beklagte, eine GmbH, (nachfolgend: „GmbH“) war mittelbare Gesellschafterin der STAR 21 KG. Zwischen der GmbH und der STAR 21 KG bestand ein jederzeit kündbarer Cash-Pool-Vertrag, nach dem die Bank täglich die Konten der STAR 21 KG durch Ausbuchung der Tagesumsätze der STAR 21 KG auf ein Zielkonto der GmbH auszugleichen hatte. Der Insolvenzverwalter nahm die GmbH wegen Kündigung einer „Patronatserklärung“ auf Schadensersatz in Höhe der im Rahmen des Insolvenzverfahrens angemeldeten und festgestellten Forderungen und auf Schadensersatzfeststellung im Hinblick auf noch endgültig festzustellende Forderungen in Anspruch.

Die STAR 21 KG war nämlich zum 31.12.2001 handelsbilanziell überschuldet, relevante stille Reserven waren nicht vorhanden. Eine Finanzierung durch einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen von dritter Seite war zu diesem Zeitpunkt für die Schuldnerin ebenfalls nicht zu erreichen.

Die GmbH und die STAR 21 KG hatten am 08.02.2002 eine als „Patronatserklärung“ überschriebene Vereinbarung geschlossen (nachfolgend auch: „Patronatsvereinbarung“). Darin verpflichtete sich die GmbH, auf Anforderung der STAR 21 KG, bis zu einem Betrag von 8.000.000,00 Euro Verbindlichkeiten der STAR 21 KG – sobald diese fällig geworden sind – in dem Umfang zu übernehmen, als dies zur Beseitigung der ÜberschuldungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Beseitigung der Überschuldung
Überschuldung
oder zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit der STAR 21 KG erforderlich war. Die (Regress-) Forderungen der GmbH gegenüber der STAR 21 KG sollten durch Erlass erlöschen, wenn über das Vermögen der STAR 21 KG das Insolvenzverfahren formal eröffnet oder die Öffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Mit Schreiben vom 11.11.2002 kündigte die GmbH diese Patronatserklärung sowie den zwischen ihr und der STAR 21 KG bestehenden Cash-Pool-Vertrag jeweils zum 12.11.2002. Am 12.11.2002 stellte die STAR 21 KG Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das am 31.01.2003 eröffnet wurde.

Die STAR 21 KG machte gegenüber der GmbH Zahlungsansprüche in Höhe der bis dahin nicht bestrittenen, festgestellten Insolvenzforderungen sowie Masseverbindlichkeiten geltend. In der Klageschrift erklärte der Insolvenzverwalter die Anfechtung der Kündigung der Patronatserklärung nach § 135 InsO.

Das Landgericht Frankfurt/Main hat die GmbH zur Zahlung an den Insolvenzverwalter verurteilt sowie festgestellt, dass die GmbH verpflichtet sei, an den Insolvenzverwalter Zahlungen in Höhe der in dem am 31.01.2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der STAR 21 KG künftig zur Insolvenztabelle endgültig festzustellenden Forderungen zu leisten. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat dem Zahlungsantrag ebenfalls in voller Höhe und dem Feststellungsantrag bis zu einer Haftung von höchstens 8.000.000 Euro stattgegeben. Der BGH hat das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main aufgehoben und die Sache zu neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Frankfurt/Main zurückverwiesen.

Der BGH gelangt zu diesem Ergebnis auf folgendem Weg:

1. Der Wille der Parteien

Mit der Patronatsvereinbarung vom 08.02.2002 hatten die Parteien eine Insolvenzantragspflicht der Geschäftsführung der STAR 21 KG abwenden wollen, weil zu diesem Zeitpunkt Sanierungsbemühungen – u.a. durch Beteiligungsverhandlungen mit Dritten – stattfand. Es sei, so der BGH, nach dem Vortrag der GmbH im Berufungsverfahren – für dessen Richtigkeit nach dem BGH auch die sonstigen unstreitigen bzw. festgestellten Tatsachen und eine interessengerechte Auslegung der Patronatsvereinbarung sprächen – gewollt und evident gewesen, dass die Insolvenzantragstellung nur solange habe vermieden werden sollen, als die Sanierungsbemühungen Aussicht auf Erfolg hatten. Über den Zeitpunkt der FeststellungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Zeitpunkt der Feststellung
der Sanierungsfähigkeit bzw. -unfähigkeit hinaus habe die GmbH der STAR 21 KG keine Überlebensgarantie geben wollen.

2. Einseitiges Kündigungsrecht der GmbH

Diesen Willen der GmbH und der STAR 21 KG unterstellend nimmt der BGH das Bestehen eines einseitigen Kündigungsrechts der GmbH an. Die Parteien einer so genannten „harten Patronatserklärung“, wie sie die GmbH und die STAR 21 KG geschlossen hatten, könnten ein „ex nunc“ wirkendes Kündigungsrecht der Patronin (also mit sofortiger Wirkung für die Zukunft) vereinbaren. Der Rechtswirksamkeit eines solchen Kündigungsrechts stünde eine in der Patronatserklärung enthaltene Schriftformklausel – nach der Änderungen und Ergänzungen der Patronatserklärung nur wirksam sein sollten, wenn sie schriftlich vereinbart wurden – nicht entgegen, da sich die Parteien nach ihrem festgestellten Willen darüber einig waren, dass das Lösungsrecht der GmbH neben den Inhalt der Patronatsvereinbarung gelten sollte. Der BGH verweist insoweit auf sein Urteil vom 02.06.1976, VIII ZR 97/74, abgedruckt in WM 1976, 717 ff., in dem der BGH wie folgt aus führt

„Die Gültigkeit derartiger formfreier – nicht notwendig ausdrücklicher – Absprachen wird dann bejaht, wenn die Parteien übereinstimmend die Maßgeblichkeit des mündlich Vereinbarten gewollt haben, sich also darüber einig waren, daß für ihre vertraglichen Beziehungen neben dem Urkundeninhalt auch jene mündliche Abrede gelten solle […] Die Gültigkeit des mündlich Abgesprochenen wird mit der Erwägung bejaht, daß die Bindung, der sich die Parteien durch Vereinbarung der im Gesetz nicht vorgesehenen Schriftform unterworfen haben, nur so lange und soweit bestehen bleibt, als die Vertragsschließenden keinen anderen Willen zum Ausdruck bringen, die Schriftformklausel also nicht außer Kraft setzen […]. Die übereinstimmend gewollte mündliche Absprache macht, soweit sie reicht, das gewillkürte Formerfordernis […].“

3. Die Grundsätze des „alten“ Eigenkapitalersatzrechtes stehen der Wirksamkeit der Kündigung durch die GmbH nicht entgegen.

Das „alte“ Eigenkapitalersatzrecht beruhte – auf das Wesentliche zusammen gefasst – darauf, dass von Gesellschaftern oder nahestehenden Dritten ein der Gesellschaft zur Verfügung gestelltes Fremdkapital oder vergleichbare Hilfen zum Zeitpunkt der Krise der Gesellschaft als Eigenkapitalersatz umqualifiziert wurde und an den Gesellschafter/nahestehenden Dritten nicht mehr zurück gewährt werden durften.

Während des anhängigen Verfahrens ist zwischenzeitlich am 01.11.2008 das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl. I S. 2026) in Kraft getreten, das das bisher in den §§ 32 a, b GmbHG a. F. verankerte Eigenkapitalersatzrecht aufgehoben, deren Regelungsgehalt (teilweise gleichlautend) in das Insolvenzrecht verlagert und die sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbHG a. F. analog) durch die neu eingefügte “Nichtanwendungsvorschrift” des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n. F. außer Kraft gesetzt hat.

Zu der durch die Gesetzesänderung aufgeworfenen Frage des anwendbaren Rechts in sog. “Altfällen” hat der BGH in seinem Urteil vom 26.01.2009, II ZR 260/07, abgedruckt in NJW 2009, 1277 ff., nunmehr entschieden, dass das “alte” Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt sowohl der sog. „Novellenregeln“ (§§ 32 a, 32 b GmbHG a. F.) als auch der sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbHG a. F. analog) auf derartige “Altfälle” bei vor Inkrafttreten der Neuregelung eröffnetem Insolvenzverfahren als das seinerzeit geltende Gesetzesrecht weiterhin Anwendung findet. Da das Insolvenzverfahren über das Vermögen der STAR 21 KG am 31.01.2003, also vor Inkrafttreten des MoMiG eröffnet worden ist, sind die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechtes damit zwar anwendbar.

Raum für die Anwendung der Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechtes ist nach Ansicht des BGH aber nur, soweit der Gesellschafter an die Gesellschaft eine Leistung tatsächlich erbracht hat. Nur dann könne sich, so der BGH, die Frage stellen, ob diese Hilfe der Auszahlungssperre des § 30 GmbHG a.F. unterliege. Der BGH verneint eine Verpflichtung des Gesellschafters nach Eigenkapitalersatzrecht, der in der Krise befindlichen Gesellschaft neue Eigenmittel zuzuführen.

Vorliegend habe die GmbH keine Leistungen in das Vermögen der STAR 21 KG erbracht. Auch eine Umqualifizierung der Patronatserklärung der GmbH in sog. „funktionales Eigenkapital“ der STAR 21 KG komme, so der BGH, nicht in Betracht, da die Patronatserklärung im vorliegenden Fall nicht als Sicherheit für einen der STAR 21 KG in der Krise gewährten Drittkredit fungiert hätte. Da die GmbH auch keine Gläubiger der STAR 21 KG befriedigt hätte, könne, so der BGH, aus der Patronatserklärung auch kein der STAR 21 KG gestundeter Regressanspruch der GmbH gegenüber der STAR 21 KG abgeleitet werden, der wiederum nach Eigenkapitalersatzrecht in der Krise der STAR 21 KG ebenfalls nicht an die GmbH als Gesellschafterin der STAR 21 KG zurück gezahlt werden dürfte.

Die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts standen nach Ansicht des BGH demzufolge einer wirksamen Kündigung der Patronatsvereinbarung nicht entgegen.

4. Auch die Grundsätze des sog. „Finanzplankredits“ stehen der Wirksamkeit der Kündigung durch die GmbH nicht entgegen.

4.1 Die Rechtsprechung zum „Finanzplankredit

Hierzu hat der BGH in seinem Urteil vom 20.06.1999, II ZR 272/98, abgedruckt in NJW 1999, 2809 ff. grundlegend ausgeführt:

„[…] hat der Senat bereits mehrfach entschieden, daß nicht nur die Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft, sondern auch die einer GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
oder einer GmbH sich verpflichten können, neben ihrer Einlage der Gesellschaft ein Darlehen zu gewähren, das je nach Ausgestaltung der Abreden Einlageähnlichen Charakter haben und ggfs. die Pflicht begründen kann, auch bei einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft das Darlehensversprechen zu erfüllen. Aufgehoben werden kann eine derartige, Einlageähnlich wirkende Darlehenszusage ohne Einschränkungen nur vor Eintritt der Krise […]. Im Insolvenzfall hat der Gesellschafter dagegen vereinbarungsgemäß zu leisten […] Diese Sperrwirkung beruht indessen nicht auf einer Anwendung der Regeln über den Eigenkapitalersatz, sondern ergibt sich […] aus einer sinnentsprechenden Heranziehung der gesetzlichen Regeln, die das GmbHG für die Befreiung von eingegangenen, aber nicht vollständig erfüllten Einlagepflichten aufgestellt hat […]. Wie sich aus § 19 Abs. 2 und 3 GmbHG ergibt, bedarf es für den Erlaß der Einlagepflicht, dem materiell die Aufhebung einer Einlageähnlichen Darlehenszusage entspricht, einer Kapitalherabsetzung nach § 58 GmbHG, die jedenfalls gegen den Willen der Gläubiger der Gesellschaft nicht durchgeführt werden kann.“ [Hervorhebungen durch den Verfasser]

4.2 Die Patronatserklärung ist keine „Einlageähnliche Darlehenszusage“ im Sinne der Rechtsprechung zum Finanzplankredit.

Dafür, das die Patronatserklärung einer Einlageähnliche Darlehenszusage im Sinne eines aufschiebend bedingten Darlehensversprechens ist, fehlt es nach Ansicht des BGH an einer darlehenstypischen Rückzahlungsverpflichtung. Die GmbH und die STAR 21 KG hätten im Hinblick auf mögliche Regressansprüche der GmbH gegenüber der STAR 21 KG in der Patronatserklärung für den Fall der Krise der STAR 21 KG den Erlass der (Regress-) Forderungen der GmbH gegen die STAR 21 KG vereinbart.

4.3 Jedenfalls Abrede einer ausschließlichen Interimslösung

Nach der Rechtsprechung des BGH zum Finanzplankredit (siehe oben unter 4.1) ergibt sich eine Pflicht des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft zur Leistung ausschließlich nach Maßgabe des zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft getroffenen Abrede. Der Gesellschafter könne, so der BGH, nur auf Grund seiner privatautonom begründeten Verpflichtung auf Auszahlung eines versprochenen Finanzplankredit in Anspruch genommen werden. Für eine intern gebliebene Finanzplanvereinbarung müssen nach Ansicht des BGH im Hinblick auf die Frage der Kündigungsmöglichkeit des Gesellschafters auf die zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft getroffene Abrede abgestellt werden. Ausschlaggebend sei im vorliegenden Fall, dass die Patronatsvereinbarung nicht vor, sondern während der Krise getroffen wurde und nur für den Zeitraum der Prüfung von Sanierungsmöglichkeiten gelten sollte. Ob dies auch dann gilt, wenn die konzernintern abgegebene Patronatserklärung bestimmungsgemäß an Gläubiger verlautbart wird oder aber über den veröffentlichten Jahresabschluss für den Gläubiger sichtbar wird, hat der BGH offen gelassen.

Diesem gefundenen Ergebnis stehe nach dem BGH ausdrücklich auch nicht entgegen, dass erst durch eine solche in der Krise abgegebene befristete Patronatserklärung die Gesellschaft in die Lage versetzt werde, weiter werbend am Markt tätig zu sein und damit potentiell Gläubigerinteressen zu gefährden.

5. Keine wirksame Anfechtung nach § 135 Insolvenzordnung (InsO) a. F.

Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, anfechtbar, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.

Die Anwendung des § 135 InsO a.F. scheide aber, so der BGH, im vorliegenden Fall bereits mangels Anwendbarkeit des Eigenkapitalersatzrechts (siehe oben unter 3.) und mangels Vorliegen einer einem eigenkapitalersetzenden Darlehen gleichgestellten Forderung (siehe oben unter 4.) aus. Jedenfalls liege, so der BGH weiter, keine „Befriedigung“ im Sinne des § 135 InsO a.F. vor. Wenn für den Normalfall des eigenkapitalersetzenden Darlehens die „Befriedigung“ in der Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs des Darlehensgebers liege, so könne dem in dem hier vorliegenden Fall einer eigenkapitalersetzenden Stundung von Regressansprüchen der GmbH gegenüber der STAR 21 KG nur die Erfüllung der Regressforderungen der GmbH durch die STAR 21 KG als „Befriedigung“ entsprechen.

Dies aber hatte der Insolvenzverwalter in dem Verfahren nicht vorgetragen. Nach dessen Vortrag habe die GmbH mit der Patronatserklärung – und dem daraus folgenden Leistungsversprechen – ihr Vermögen belastet und würde mit der Kündigung als Rücknahme des Leistungsversprechens – und damit Rücknahme der Belastung des Vermögens der GmbH – befriedigt. Dem ist der BGH aber nicht gefolgt: Die GmbH habe nicht in der Krise geleistet, folglich könne auch keine Leistung verstrickt sein und deshalb auch keine Rückholung einer verstrickten Leistung vorliegen, die der Anfechtung nach § 135 InsO a.F. unterliegen könnte.

6. Praxishinweise

6.1 Bilanzierung

Harte Patronatserklärungen werden bilanziell relevant, wenn mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist. Dann ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Abs. 1 HGB zu bilden. Ansonsten besteht für harte Patronatserklärungen lediglich eine Vermerkpflicht unter der Bilanz nach § 251 HGB (vgl. Sie zu allem Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 34. Auflage 2010, § 249 Rn 2 und 3, § 251 Rn. 2)

6.2 Vertragsgestaltung

Zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten sollte bei der Gestaltung von Patronatsvereinbarungen darauf geachtet werden, dass sowohl der Regelungsinhalt als solcher als auch die Regelungen zu einem etwaigen Kündigungsrecht klar und unmissverständlich formuliert sind. Bereits bestehende Patronatsvereinbarungen sollten daraufhin untersucht werden.

6.2 Gläubigerschutz

In der Praxis verlassen sich Gläubiger eines Unternehmens (oftmals Tochterunternehmen innerhalb eines Konzerns) häufig auf eine harte Patronatserklärungen zu Gunsten des Unternehmens und wähnen sich in einer „Quasi-Sicherheit“ darüber, dass ihre bestehenden Forderungen gegenüber dem Unternehmen befriedigt werden. Für diese Gläubiger ist es umso wichtiger zu klären, ob die Fortführung des Unternehmens nur durch die Patronatserklärung des Patrons sichergestellt ist. Diese notwendige Information erhält der Gläubiger – wenn nicht durch das Unternehmen selbst – ggf. aus dem im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschluss der Gesellschaft. Eine solche Patronatserklärung kann nach der obigen Rechtsprechung des BGH unter Umständen für den Gläubiger wenig Sicherheit bieten, wenn der Patron in der Krise, aber auf vor der Insolvenz die Patronatserklärung kündigen kann und dann in der Insolvenz ggf. nicht „einspringen“ muss.

6.3 Patron der Patronatserklärung

Besteht für den Abschluss des Patrons (oftmals die Muttergesellschaft innerhalb eines Konzerns) und/oder des patronierten Tochterunternehmens die Verpflichtung zur Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer, so wird dieser unter Umständen eine andere oder weitere Absicherung des Fortbestandes des Tochterunternehmens im Rahmen seiner Prüfung fordern.

6.4 Patroniertes Tochterunternehmen

Das patronierte Tochterunternehmen kann aus Gründen der Rechtssicherheit Interesse an der Aufweichung des Kündigungsrechts des Patrons bzw. Aufnahme von Übergangsregelungen in die Patronatsvereinbarung haben, um eine Insolvenzantragspflicht dennoch zu vermeiden.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Erfurt/ Thüringen Oktober 2010