Stimmrechtsausschluß der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bei der Beschlußfassung über Sanktionen wegen der Gründung einer Parallelgesellschaft: Abberufung der Gesellschafter-Geschäftsführer, Kündigung der Anstellungsverträge und Einziehung der Geschäftsanteile wegen massiver Verstöße gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot
1. Über seinen Wortlaut hinaus, findet das Stimmverbot des GmbHG § 47 Abs 1 auf alle Gesellschafterbeschlüsse Anwendung, die darauf abzielen, das Verhalten eines Gesellschafters ähnlich wie bei der Entlastung zu billigen oder zu mißbilligen. Um diese Frage geht es etwa auch dann, wenn die Gesellschafter darüber beschließen, ob ein Mitgesellschafter wegen einer Pflichtverletzung zur Rechenschaft gezogen werden soll.
2. Wenn mehrere Gesellschafter gemeinsam eine Pflichtverletzung begangen haben, sind sie an der wechselseitigen Stimmausübung gehindert, wenn entschieden werden soll, ob wegen der Pflichtverletzung Maßnahmen ergriffen werden sollen (zB die Geltendmachung von Ansprüchen, die Abberufung als Geschäftsführer, die Kündigung des Anstellungsvertrages und eine Einziehung der Geschäftsanteile aus wichtigem Grund). Dies gilt ungeachtet dessen, ob über die Maßnahmen gegen die betreffenden Gesellschafter in einem Akt oder in mehreren Beschlüssen für jeden Beteiligten gesondert abgestimmt wird (hier: wegen massiver Verletzung der Wettbewerbsverbote als Gesellschafter-Geschäftsführer durch Gründung und Betrieb einer Parallelgesellschaft mit der Folge einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der GmbH).
3. Stimmen, die entgegen dem Stimmverbot abgegeben werden, sind nichtig und sind bei der Berechnung der nach GmbHG § 47 Abs 1 erforderlichen Mehrheit nicht zu berücksichtigen.
4. Massive Verstöße gegen ein (gesellschaftsvertragliches) Wettbewerbsverbot (hier: heimliche Gründung einer Parallelgesellschaft mit identischem Kernbereich geschäftlicher Tätigkeit) können im Einzelfall zur Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers und zur Kündigung seines Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund führen. Eine fristlose Kündigung kann jedoch dann unzulässig sein, wenn die Einberufung der entscheidungsbefugten Gesellschafterversammlung unangemessen lange verzögert worden ist.
5. Für die Einziehung von Geschäftsanteilen aus wichtigem Grund sind strengere Maßstäbe anzulegen als für die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers.
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