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Thüringer OLG, Beschluss vom 14.09.2015 – 2 W 375/15

GmbHG § 54

1. Nach § 54 Absatz 1 Satz 2 GmbHG ist der Anmeldung der vollständige Wortlaut des Gesellschaftsvertrags beizufügen; er muss mit der Bescheinigung eines Notars versehen sein, dass die geänderten Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags mit dem Beschluss über die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt zum Handelsregister eingereichten vollständigen Wortlaut des Gesellschaftsvertrags übereinstimmen.

2. § 54 Absatz 1 Satz 2 GmbHG erfasst auch den Fall einer vollständigen Neufassung der Satzung (Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, GmbH-Gesetz, 20. Auflage, § 54 GmbH-Gesetz, Rn. 11; Krafka/Kühn, Registerrecht, 9. Auflage, Rn. 1011).

3. Wurde der Gesellschaftsvertrag durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vollkommen neu gefasst und ergibt sich der Wortlaut des Gesellschaftsvertrages aus der dieser Urkunde beigefügten Anlage, welche mit verlesen wurde und Inhalt und Gegenstand der Urkunde war, ist das Erfordernis der Einreichung einer notariellen Bescheinigung gemäß § 54 Absatz 1 Satz 2 GmbH-Gesetz in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

4. Ausgehend von dem Sinn der gesetzlichen Regelung, die Übereinstimmung des gesondert eingereichten Satzungswortlautes mit der Beschlussfassung sicherzustellen (Baumbach/Hueck, aaO), gehen einschlägige Rechtsprechung und Teile der Literatur davon aus, dass die Übereinstimmung der angemeldeten Abänderung und der eingereichten Satzungsneufassung mit der Beschlussfassung durch die gemeinsame notarielle Beurkundung hinreichend gesichert ist, so dass die Einreichung einer notariellen Bescheinigung nicht mehr erforderlich ist (OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
, Beschluss vom 7.1.2010, 15 Wx 179/09, Rn. 4, 5, juris; OLG ZweibrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Zweibrücken
, Beschluss vom 10.10.2001, 3 W 200/01, Rn. 2ff., juris; Roth/Altmeppen-Roth, GmbH-Gesetz, 7. Auflage, § 54 GmbH-Gesetz, Rn. 7; Rowedder-Schnorbus, GmbH-Gesetz, 5. Auflage, § 54 GmbH-Gesetz, Rn. 14).

5. Davon ausgehend, dass es darüberhinaus Sinn der Regelung ist, sicherzustellen, dass der gültige Wortlaut des Gesellschaftsvertrages aus einem einzigen, im Registerordner (§ 9 HRV) von jedermann elektronisch abrufbaren Dokument ersichtlich ist (vgl. Krafka/Kühn, aaO, Rn. 1023; Münchener Kommentar zum GmbHG – Herbarth, 2011, § 54 GmbHG, Rn. 45; auch Rowedder – Schnorbus, aaO, § 54 GmbHG, Rn. 12) und dass nach § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG der vollständige Wortlaut des Gesellschaftsvertrages einzureichen ist, wozu die notarielle Bescheinigung gehört (Scholz-Priester, GmbHG, 11. A., § 54 GmbHG, Rn. 19, Fn. 2), sind Teile der Literatur dementgegen der Auffassung, dass eine notarielle Bescheinigung mit der Anmeldung auch dann einzureichen ist, wenn die Neufassung der Satzung im Protokoll über die Beschlussfassung mit enthalten ist (aaO; Lutter-Hommelhoff – Bayer, GmbHG, 18. A., § 54 GmbHG, Rn. 4).

6. Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an, da es dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht, wenn der gültige Wortlaut des Gesellschaftsvertrages aus einem einzigen, im Registerordner von jedermann elektronisch abrufbaren Dokument ersichtlich ist und der interessierte Bürger nicht zwischen verschiedenen Dokumenten wechseln muss, um festzustellen, ob und gegebenenfalls auf welcher Beschlussfassung die aufgerufene Fassung des Gesellschaftsvertrages beruht. Die notarielle Bescheinigung des § 54 Absatz 1 Satz 2 GmbHG ist ein sonstiges einfaches Zeugnis im Sinne der § 39, 39 a BeurkG ( Winkler, BeurkG, 17. A., § 39 BeurkG, Rn. 14). Sie ist der geänderten Fassung des Gesellschaftsvertrages so beizufügen, dass eine einheitliche Urkunde, § 44 Satz 1 BeurkG, hergestellt wird (Armbrüster u.a. – Preuß, BeurkG, 6. A., § 39 BeurkG, Rn. 24). Wurde die Neufassung des Gesellschaftsvertrages als Anlage zum Protokoll der Beschlussfassung mitbeurkundet, wird der Gesellschafterbeschluss mit dieser Anlage in einer Datei abgespeichert. Der Wortlaut der Neufassung wird in einer weiteren Datei gespeichert. Ist die geänderte Fassung des Gesellschaftsvertrages mit der notariellen Bescheinigung versehen, wird schon durch den Aufruf der Neufassung des Gesellschaftsvertrages ersichtlich, auf welchem Beschluss die Neufassung beruht; das vereinfacht die sichere Orientierung über die aktuelle Fassung des Gesellschaftsvertrages, die ansonsten mehrere Datei-Aufrufe erfordern würde.

Schlagworte: GmbH, Notarbescheinigung, Satzungsänderung, vollständiger Wortlaut