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Thüringer OLG, Beschluss vom 09.01.2006 – 6 U 569/05

GmbHG §§ 47, 48; ZPO §§ 1029, 1032

1. Notwendiger Inhalt einer wirksamen Schiedsvereinbarung i.S.d. § 1029 ZPO ist die eindeutige Benennung des zuständigen Schiedsgerichts

2. Eine Beschlussfassung außerhalb der Gesellschafterversammlung im schriftlichen Verfahren ist gem. § 48 GmbHG Abs. 2 zulässig, wenn sämtliche Gesellschafter in Textform (vgl. § 126b BGB) mit der zu treffenden Bestimmung einverstanden sind.

3. Lehnt ein Gesellschafter die Zustimmung ab, ist die Beschlussfassung fehlgeschlagen, auch wenn er später erklärt, der angestrebten Regelung doch zustimmen zu wollen.

4. Allein der Verstoß gegen § 48 Abs. 2 GmbHG führt nicht zur Nichtigkeit des im schriftlichen Verfahren zu Stande gekommenen Beschlusses, wenn sämtliche Gesellschafter an der Abstimmung beteiligt waren. Nichtigkeit ist nur gegeben, wenn einzelne Gesellschafter bei der Abstimmung unberücksichtigt bleiben. Dies war hier jedoch nicht der Fall, so dass lediglich von der Anfechtbarkeit des Beschlusses auszugehen ist (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl., Anh. § 47 Rn. 49; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, GmbHG 4. Aufl. 2002, § 47 Rn. 102; Scholz/K. Schmidt aaO § 45 Rn. 95). Der Beschluss ist somit mit dem Zugang der letzten schriftlichen Stimmabgabe bei der Gesellschaft wirksam zustande gekommen (Lutter/Hommelhoff aaO § 48 Rn. 12; Scholz/K. Schmidt aaO § 48 Rn. 67 m.w.N.) und mangels Anfechtung auch nicht nachträglich beseitigt worden.

Der Beschluss ist nicht wegen Verstoßes gegen Formvorschriften nichtig. Die Abstimmung über den Gesellschafterbeschluss erfolgte im schriftlichen Verfahren, dem so genannten „Umlaufverfahren“. Gemäß § 48 Abs. 2 GmbHG bestehen zwei Möglichkeiten für eine Beschlussfassung außerhalb der Gesellschafterversammlung: Zum einen kommt eine Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren in Betracht, wenn sämtliche Gesellschafter in Textform (vgl. § 126 b BGB) mit der zu treffenden Bestimmung einverstanden sind. Dies war vorliegend nicht der Fall, da die Gesellschafterin L. – wie die Parteien übereinstimmend vortragen – den Beschluss vom 11.11.2003 zunächst ablehnte. Dass Frau L. ihre Meinung insoweit später geändert hat, ist für die Beschlussfassung unerheblich. Die Stimmabgabe eines Gesellschafters ist eine Willenserklärung, durch welche Zustimmung, Ablehnung oder Neutralität gegenüber dem jeweiligen Beschlussantrag zum Ausdruck gebracht werden kann (Hachenburg/Hüffer, GmbHG, 8.Aufl. 1997, § 47 Rn. 41). Auf die Stimmabgabe ist daher auch die Regelung des § 130 BGB anzuwenden. Die Erklärung entfaltet somit ab dem Zeitpunkt des Zugangs bei der Gesellschaft Wirksamkeit (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 48 Rn 65; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl. 2000, § 47 Rn. 4) und bindet den Erklärenden an ihren Inhalt. Die abgegebene Stimme kann nach Zugang nicht mehr zurückgenommen oder abgeändert werden (Hachenburg/Hüffer aaO § 47 Rn. 41). Etwas Abweichendes wird teilweise für Kapitalgesellschaften bejaht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (Michalski/Römermann, GmbHG, 2002, § 47 Rn. 379). Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes wurde jedoch nichts vorgetragen. Die nachträgliche Zustimmung der Gesellschafterin L. war daher nicht geeignet, die ursprüngliche Stimmabgabe abzuändern und hatte keinen Einfluss auf die Beschlussfassung.

Darüber hinaus ist eine Abstimmung im schriftlichen Verfahren möglich, wenn sich sämtliche Gesellschafter mit der schriftlichen Stimmabgabe einverstanden erklären. Auch hierfür liegen die Voraussetzungen nicht vor. Die Gesellschafter der Beklagten waren sich insoweit nicht einig. Insbesondere lässt sich aus der Ablehnung des Beschlusses durch die Gesellschafterin L. keine konkludente Zustimmung zur AbstimmungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Zustimmung zur Abstimmung
im schriftlichen Verfahren herleiten. Zwar ist eine konkludente Einverständniserklärung möglich, allerdings muss die Zustimmung zur schriftlichen Abstimmung eindeutig erfolgen (Hachenburg/Hüffer aaO § 48 Rn. 45; Baumbach/Hueck/Zöllner aaO § 48 Rn. 21). Eine solche Erklärung ist jedenfalls nicht in der Ablehnung des Beschlusses durch die Gesellschafterin L. zu erkennen (Hachenburg/Hüffer aaO § 48 Rn. 47; Baumbach/Hueck/Zöllner aaO § 48 Rn. 21; Scholz/K. Schmidt aaO, § 48 Rn. 64). Vielmehr kam es der Gesellschafterin L. zu diesem Zeitpunkt gerade darauf an, dass der Beschluss nicht gefasst wurde.

Die Abstimmung im schriftlichen Verfahren unter Verstoß gegen § 48 Abs. 2 GmbHG führte jedoch nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses. Der Beschluss wurde dem Beklagten und der Gesellschafterin L. vom Gesellschafter T. zugeleitet, so dass alle Gesellschafter an der Abstimmung beteiligt waren. Nichtigkeit ist nur gegeben, wenn einzelne Gesellschafter bei der Abstimmung unberücksichtigt bleiben. Dies war hier jedoch nicht der Fall, so dass lediglich von der Anfechtbarkeit des Beschlusses auszugehen ist (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl., Anh. § 47 Rn. 49; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, GmbHG 4. Aufl. 2002, § 47 Rn. 102; Scholz/K. Schmidt aaO § 45 Rn. 95). Der Beschluss ist somit mit dem Zugang der letzten schriftlichen Stimmabgabe bei der Gesellschaft wirksam zustande gekommen (Lutter/Hommelhoff aaO § 48 Rn. 12; Scholz/K. Schmidt aaO § 48 Rn. 67 m.w.N.) und mangels Anfechtung auch nicht nachträglich beseitigt worden.

5. Ein Gesellschafterbeschlusses ist einheitlich auszulegen, so dass Umstände, die nur einzelnen Gesellschafter bekannt oder erkennbar sind, außer Betracht bleiben.

6. Die Ablehnung eines Gesellschafterbeschlusses über die Verwendung des Jahresüberschusses ist grundsätzlich nicht treuwidrig.

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