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Thüringer OLG, Beschluss vom 12.01.2011 – 1 Ws 352/10

 

GmbHG §§ 30, 35, 37, 43, 52; BGB § 179

1. Der Geschäftsführer einer GmbH handelt auch im Falle wirtschaftlich nachteiliger und nicht mit dem Gesellschaftszweck in Einklang stehender Dispositionen objektiv dann nicht pflichtwidrig, wenn er aufgrund eines – wirksamen – Einverständnisses der Gesellschafter vorgeht.

Jedoch sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Angeschuldigte den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB verwirklicht hat, indem er am 08.09.1998, am 23.09.1998 und am 15.10.1998 als Geschäftsführer der SWA GmbH Erklärungen unterzeichnete, aufgrund derer die Gesellschaft die Mithaftung für Verbindlichkeiten der WK GmbH übernahm. Der Geschäftsführer einer GmbH macht sich einer Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB schuldig, wenn er die ihm verliehene Macht, über das Vermögen der Gesellschaft (unmittelbar) durch Rechtsgeschäft zu verfügen bzw. diese schuldrechtlich zu verpflichten, pflichtwidrig missbraucht (1. Alt.) oder seine ihm gegenüber der Gesellschaft obliegende Vermögensbetreuungspflicht pflichtwidrig verletzt (2. Alt.) und dadurch der Gesellschaft einen Vermögensnachteil zufügt. Beide Begehungsvarianten setzen ein – objektiv und subjektiv – pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers der GmbH voraus. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ist schon nicht davon auszugehen, dass der Angeschuldigte sich objektiv pflichtwidrig verhalten hat. Jedenfalls hat er – wie das Landgericht zu Recht angenommen hat – nach seiner subjektiven Vorstellung nicht pflichtwidrig und damit nicht vorsätzlich gehandelt.

Die gesellschaftsinternen Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers einer GmbH, der nach §§ 35, 37 GmbHG ohne Beschränkung im Außenverhältnis befugt ist, über das Vermögen der Gesellschaft zu verfügen und sie Dritten gegenüber zu verpflichten, ergeben sich im Grundsatz aus § 43 Abs. 1 GmbHG. Danach obliegt es dem Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft, deren Vermögensinteressen mit der Sorgfalt eines ordentlichen, dem satzungsmäßigen Gesellschaftszweck und – bei kommunalen Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge – den Geboten der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verpflichteten Geschäftsmannes wahrzunehmen (vgl. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
NStZ 1986, 119, bei juris). Innerhalb dieses Rahmens umfasst die Geschäftsführungsbefugnis – abgesehen von ihren auf die Vornahme bestimmter Handlungen bezogenen Einschränkungen in der jeweiligen Satzung – grundsätzlich alle zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Bestimmung darüber, welche Maßnahmen erforderlich sind (vgl. Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 35 Rn. 4 und 29, § 37 Rn. 2 m.w.N.). Daraus folgt umgekehrt, dass ein den Missbrauchstatbestand oder die Vermögensbetreuungspflicht verletzendes pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers grundsätzlich nur in Betracht kommt, wenn er Maßnahmen ergreift, die sich wirtschaftlich nachteilig auf das Vermögen der Gesellschaft auswirken und die sich nicht mehr am kaufmännisch Vertretbaren oder am Gesellschaftszweck orientieren. Die vom Angeschuldigten erklärte Mithaftung für die Verbindlichkeiten eines anderen Unternehmens war für die von ihm vertretene SWA GmbH sowohl wirtschaftlich nachteilig als auch von deren Gesellschaftszweck nicht gedeckt. Zwar hatten bereits vor der Unterzeichnung der Mithaftungserklärungen durch den Angeschuldigten sowohl der Aufsichtsrat als auch der Stadtrat der Stadt A der Aufnahme des Gesellschaftszwecks der WK GmbH in die Satzung der SWA GmbH jeweils einstimmig zugestimmt. Hieraus folgt jedoch nicht, dass die Übernahme der Mithaftung für die Verbindlichkeiten der WK GmbH bereits objektiv den eigenen Geschäftsinteressen der SWA GmbH diente und mit deren Gesellschaftszweck in Einklang stand. Denn die beschlossene Satzungsänderung ist nie formwirksam vollzogen worden. Auch ist die am 26.02.1998 notariell beurkundete unentgeltliche Einbringung des 30%igen Geschäftsanteils der Stadt A an der WK GmbH in die SWA GmbH, die Grund für die beabsichtigte Satzungsänderung war, zu keinem Zeitpunkt wirksam geworden. Denn weder hat der Angeschuldigte – soweit ersichtlich – die diesbezüglich von dem Zeugen Ka als vollmachtlosem Vertreter für die SWA GmbH abgegebene Vertragserklärung in der Folgezeit genehmigt, noch ist die nach § 67 Abs. 3 Nr. 1 ThürKO erforderliche rechtsaufsichtliche Genehmigung der unentgeltlichen Übertragung kommunalen Vermögens erteilt worden.

Gleichwohl ist im vorliegenden Fall kein objektiv pflichtwidriges Verhalten des Angeschuldigten anzunehmen. Denn der Geschäftsführer einer GmbH handelt auch im Falle wirtschaftlich nachteiliger und nicht mit dem Gesellschaftszweck in Einklang stehender Dispositionen objektiv dann nicht pflichtwidrig, wenn er aufgrund eines – wirksamen – Einverständnisses der Gesellschafter vorgeht. Von einem solchen wirksamen Einverständnis der Stadt A. als Alleingesellschafterin der SWA GmbH ist hier auszugehen. Zwar bezweckt der Untreuetatbestand nicht den Schutz der Vermögensinteressen der Gesellschafter, zu denen der Geschäftsführer einer GmbH gesellschaftsrechtlich in keiner Beziehung steht, die Grundlage für eine strafrechtlich geschützte Treuepflicht sein könnte. Vielmehr ist der Geschäftsführer einer GmbH aufgrund seiner organschaftlichen Stellung und seines Anstellungsvertrages nur an die Gesellschaft als solche gebunden und zur Tätigkeit nur in ihren Angelegenheiten verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2006, 1 StR 519/05, bei juris). Die sich hieraus ergebende Pflicht, das von ihm betreute Vermögen der Gesellschaft (nicht der Gesellschafter) zu schützen, besteht jedoch nicht absolut mit der Folge, dass ausnahmslos jede dem geschützten Vermögen nachteilige und von § 43 Abs. 1 GmbHG nicht mehr gedeckte Handlung des Geschäftsführers einer GmbH als pflichtwidrige Untreue anzusehen wäre. Vielmehr ist anerkannt, dass das Einverständnis der Gesamtheit der Gesellschafter als oberstem Willensorgan der GmbH und wirtschaftlichem (nicht rechtlichem) Inhaber des zu betreuenden Vermögens die Pflichtwidrigkeit des Handelns als Merkmal des Untreuetatbestandes ausschließt, wenn es wirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 27.08.2010, 2 StR 111/09; Urteil vom 10.02.2009, 3 StR 372/08; Urteil vom 18.06.2003, 5 StR 489/02, bei juris). Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die aus Art. 2 Abs. 1 GG folgende Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung grundsätzlich auch die Befugnis zur Aufnahme und Fortsetzung unlukrativer wirtschaftlicher Aktivitäten, zur Vornahme dem eigenen Vermögen nachteiliger Dispositionen oder zur Änderung eines Unternehmenszwecks umfasst und danach die Gesellschafter selbst – innerhalb bestimmter Grenzen – zur Vornahme von außerhalb des üblichen wirtschaftlichen Risikos oder des Gesellschaftszwecks liegenden Geschäften berechtigt sind, weshalb sie auch in solche einwilligen können. Auch ergibt sich aus dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG die Notwendigkeit, das Merkmal der Pflichtwidrigkeit restriktiv auszulegen und die Anwendung des Untreuetatbestandes auf Fälle evident, d.h. gravierend pflichtwidrigen Handelns des Geschäftsführers zu beschränken (vgl. Senatsbeschluss vom 27.10.2010, 1 Ws 323/10 m.w.N.).

 

 

2. Das Einverständnis der Gesellschafter der GmbH mit dem Handeln ihres Geschäftsführers ist allerdings strafrechtlich unbeachtlich, wenn es auf Willensmängeln beruht oder gesetzeswidrig oder missbräuchlich erteilt wurde. Letzteres ist der Fall, wenn unter Verstoß gegen auch Gläubigerinteressen dienenden Rechtsvorschriften die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, indem etwa die Kapitalerhaltungsregel des § 30 Abs. 1 GmbHG missachtet, eine Überschuldung der Gesellschaft herbeigeführt oder vertieft oder deren Liquidität unmittelbar existenzbedrohend gefährdet wird.

Das Einverständnis der Gesellschafter der GmbH mit dem Handeln ihres Geschäftsführers ist allerdings strafrechtlich unbeachtlich, wenn es auf Willensmängeln beruht oder gesetzeswidrig oder missbräuchlich erteilt wurde. Letzteres ist der Fall, wenn unter Verstoß gegen auch Gläubigerinteressen dienenden Rechtsvorschriften die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, indem etwa die Kapitalerhaltungsregel des § 30 Abs. 1 GmbHG missachtet, eine Überschuldung der Gesellschaft herbeigeführt oder vertieft oder deren Liquidität unmittelbar existenzbedrohend gefährdet wird (vgl. BGH, Urteil vom 27.08.2010, 2 StR 111/09; Beschluss vom 10.02.2009, 3 StR 372/08; Beschluss vom 11.09.2003, 5 StR 524/02, bei juris).

3. Diese Grundsätze sind auch anwendbar, wenn es sich um eine kommunale GmbH mit einem fakultativen Aufsichtsrat handelt, deren Alleingesellschafterin eine Stadt ist.

Diese Grundsätze sind auch anwendbar, wenn es sich – wie bei der SWA GmbH – um eine kommunale GmbH mit einem fakultativen Aufsichtsrat handelt, deren Alleingesellschafterin eine Gemeinde ist. Der Umstand, dass die Satzung einer GmbH (auch) einen Aufsichtsrat als fakultatives Organ zur Überwachung der Geschäftsführung vorsieht, steht einem die Pflichtwidrigkeit der Tathandlung ausschließenden Einverständnis der Gesellschafterversammlung bzw. des Alleingesellschafters mit dem Handeln des Geschäftsführers nicht entgegen. Denn innerhalb der GmbH, die nach ihrer gesetzlichen Konzeption grundsätzlich nur über zwei Organe, den Geschäftsführer und die Gesellschafterversammlung, verfügt, bleibt letztere als Gesamtheit der Gesellschafter oberstes Willensorgan der GmbH auch dann, wenn nach § 52 GmbHG ein Aufsichtsrat gebildet worden ist. Dies folgt insbesondere aus der Befugnis der Gesellschafterversammlung bzw. des Alleingesellschafters, jederzeit durch Satzungsänderung einen bestehenden Aufsichtsrat abzuschaffen oder einen solchen einzurichten und hinsichtlich Größe, Zusammensetzung und Aufgabenzuweisung beliebig auszugestalten (vgl. Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, a.a.O., § 52 Rn. 1 und 29 m.w.N.). Billigt die Gesellschafterversammlung bzw. der Alleingesellschafter eine für das Vermögen der GmbH wirtschaftlich nachteilige und kaufmännisch nicht mehr vertretbare oder vom Gesellschaftszweck nicht gedeckte Maßnahme des Geschäftsführers, liegt ein dessen Untreuestrafbarkeit ausschließendes Einverständnis des obersten Leitungsgremiums der Gesellschaft vor, das nicht deshalb wirkungslos bleibt, weil der fakultative Aufsichtsrat als das ihm nachgeordnete Gesellschaftsorgan der Maßnahme (noch) nicht oder nicht wirksam zugestimmt hat. Handelt der Geschäftsführer mit Billigung der Gesellschafter, aber ohne die vorgesehene Zustimmung des fakultativen Aufsichtsrats, verletzt er (nur) Satzungsvorschriften, begeht aber keine seine Strafbarkeit begründende gravierende Pflichtwidrigkeit. Das Handeln des Angeschuldigten ist daher nicht allein schon deshalb pflichtwidrig i.S.d. § 266 StGB, weil er einen Teil der Verbindlichkeiten der WK GmbH bereits am 08. und am 23.09.1998 und damit noch vor Erteilung der Zustimmung durch den fakultativen Aufsichtsrat der SWA GmbH nach § 15 Abs. 3 Nr. 19 c) der Satzung am 12.10.1998 übernahm. Auch ist für seine Strafbarkeit nicht entscheidend, ob sämtliche Mitglieder des Aufsichtsrates am 12.10.1998 darüber informiert waren, dass der Angeschuldigte diesbezüglich bereits Unterschriften geleistet hatte – was der Zeuge Kn., der sich nach eigenem Bekunden bei der Entscheidung zur Einbringung des städtischen Gesellschaftsanteils an der WK GmbH in die SWA GmbH im Aufsichtsrat „als Außenseiter vorgekommen“ war, für seine eigene Person verneint hat (Bd. I HA, Bl. 236 ff.). Maßgeblich ist vielmehr nur, ob der Angeschuldigte im (wirksamen) Einvernehmen mit der Alleingesellschafterin handelte.

4. Ob ein die Untreuestrafbarkeit des Geschäftsführers ausschließendes wirksames Einverständnis des Alleingesellschafters einer GmbH vorliegt, ist für eine 100%ige kommunale Eigengesellschaft, also eine GmbH, deren Alleingesellschafterin eine Stadt ist, prinzipiell nicht anders zu beurteilen, als für eine GmbH, deren Alleingesellschafter eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist.

Ob ein die Untreuestrafbarkeit des Geschäftsführers ausschließendes wirksames Einverständnis des Alleingesellschafters einer GmbH vorliegt, ist für eine 100%ige kommunale Eigengesellschaft, also eine GmbH, deren Alleingesellschafterin eine Gemeinde ist, prinzipiell nicht anders zu beurteilen, als für eine GmbH, deren Alleingesellschafter eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist. Denn die kommunale GmbH ist – wie jede andere GmbH auch – eine eigenständige, allein nach den Bestimmungen des GmbHG verfasste juristische Person des Privatrechts, die weder in die Organisation der Gemeinde noch in deren Haushalt integriert ist und – anders als diese – nicht dem Zwang unterliegt, Aufträge öffentlich ausschreiben oder bei der Kreditbeschaffung den Kreditrahmen des kommunalen Haushaltsrecht und die Genehmigung der Aufsichtsbehörde beachten zu müssen (vgl. Altmeppen, Die Einflussrechte der Gemeindeorgane in einer kommunalen GmbH, NJW 2003, 2561, 2562). Sie ist insbesondere als eine außerhalb der Gemeinde stehende juristische Person nicht Normadressat der Vorschriften der Gemeindeordnung, die sich an kommunale Gebietskörperschaften und deren Organe richten. Die Bestimmungen der Gemeindeordnung berühren die kommunale GmbH in erster Linie nur, soweit sie die gesetzliche VertretungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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der Gemeinde nach außen und damit deren ordnungsgemäße Vertretung in der Gesellschafterversammlung regeln. Soweit sie die innergemeindliche Willensbildung insbesondere im Verhältnis zwischen Stadtrat und Stadtverwaltung mit dem Bürgermeister als Verwaltungsspitze betreffen, haben sie für das Außenverhältnis zur kommunalen GmbH unmittelbar keine Bedeutung. Dementsprechend kam es für die die strafrechtliche Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführerhandelns ausschließende Wirkung des Einverständnisses der Stadt A als Alleingesellschafterin mit der für die SWA GmbH vermögensnachteiligen Haftungsübernahme grundsätzlich darauf an, dass der vormalige Mitbeschuldigte U als Oberbürgermeister hiermit einverstanden war. Denn dieser war nach §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 ThürKO alleiniger organschaftlicher Vertreter der Stadt A. und repräsentierte als solcher die Stadt in ihren Rechtsbeziehungen nach außen. Dabei vertrat er die Stadt auch in ihrer Eigenschaft als Alleingesellschafterin der kommunalen SWA GmbH und übte ihre Gesellschafterrechte aus, wobei die (gesellschafts- und strafrechtliche) Wirksamkeit seiner Gesellschafterentscheidungen aufgrund der Alleingesellschafterstellung der Stadt nicht von der Einhaltung der Formvorschriften des GmbHG abhängig war (vgl. Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, a.a.O., § 48 Rn. 46 ff. m.w.N.; BGH, Urteil vom 27.09.2010, 2 StR 111/09, bei juris).

5. Die eine gravierende Pflichtverletzung i.S.d. § 266 StGB ausschließende Wirkung des Einverständnisses des Oberbürgermeisters als alleinigem gesetzlichem Außenvertreter der Stadt mit der Haftungsübernahme durch die kommunale GmbH wird nicht dadurch aufgehoben, dass dieser nach kommunalrechtlichen Vorschriften der Stadtrat hätte zustimmen müssen.

Die eine gravierende Pflichtverletzung des Angeschuldigten i.S.d. § 266 StGB ausschließende Wirkung des Einverständnisses des Oberbürgermeisters als alleinigem gesetzlichem Außenvertreter der Stadt A mit der Haftungsübernahme durch die kommunale SWA GmbH wird nicht dadurch aufgehoben, dass dieser nach kommunalrechtlichen Vorschriften möglicherweise der Stadtrat hätte zustimmen müssen. Ein – inhaltlich eindeutiger formeller – Stadtratsbeschluss zur Übernahme der Verbindlichkeiten der WK GmbH durch die SWA GmbH ist vorliegend nicht zweifelsfrei erkennbar. Denn mit seinem Beschluss vom 26.02.1998 hatte der Stadtrat zwar der Einbringung des städtischen Gesellschaftsanteils in die SWA GmbH zugestimmt, damit diese der insolvenzreifen WK GmbH finanzielle Zuschüsse gewähren könne, jedoch nicht explizit die Übernahme der Mithaftung für die aufzunehmenden Sanierungskredite in Höhe von etwa 9,6 Mio. DM beschlossen. Hierzu hat das damalige Stadtratsmitglied und jetzige Oberbürgermeister der Stadt A., der Zeuge M. W., bei seiner informatorischen Befragung durch die Polizei am 09.01.2007 angegeben (HA, Bd. I, Bl. 235), die notwendigen Zuschüsse für die WK GmbH und deren Probleme sowie die Übertragung des städtischen Geschäftsanteils an der Gesellschaft auf die Stadtwerke seien mehrfach Thema im Stadtrat und in den Ausschüssen gewesen, nicht dagegen die „Übernahme der Bürgschaft. Ob der nach § 31 Abs. 1 ThürKO zur Außenvertretung der Gemeinde allein berufene (Ober-)Bürgermeister selbst für die Gemeinde entscheiden oder nur einen entsprechenden Beschluss des Gemeinderates vollziehen darf, richtet sich allgemein nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ThürKO. Danach erledigt der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit die laufenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen (Nr. 1) und die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises (Nr. 2). Soweit es also die Erledigung von Selbstverwaltungsaufgaben betrifft, entscheidet der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit ohne den Gemeinderat, wenn es sich bei der konkret zu treffenden Maßnahme um eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung handelt; anderenfalls muss der Gemeinderat mitentscheiden. Soweit es um die Erledigung staatlicher Aufgaben geht, entscheidet der Bürgermeister stets ohne den Gemeinderat. Für den besonderen Fall der Beteiligung einer Gemeinde an einem Unternehmen des privaten Rechts bestimmt § 74 Abs. 1 Satz 1 ThürKO außerdem, dass die Vertreter der Gemeinde in den Organen des Unternehmens der Aufnahme von Krediten nur nach vorherigem Beschluss des Stadtrates zustimmen dürfen. Diese Vorschriften, die sich allein an die kommunalen Organe Gemeinderat und Bürgermeister – und nicht an den Geschäftsführer einer kommunalen Eigengesellschaft – als Normadressaten richten, regeln zunächst nur die innergemeindliche Kompetenzverteilung. Ob und in welchem Umfang sie auch Außenwirkung für Dritte entfalten, ist weitgehend ungeklärt. So wird etwa in Rechtsprechung und Literatur durchaus kontrovers diskutiert, ob und unter welchen Voraussetzungen kommunale Zuständigkeitsbestimmungen die gesetzliche (Allein-)Vertretungsmacht des Bürgermeisters im Privatrechtsverkehr der Gemeinde mit Dritten zum Schutz der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft und ihrer Mitglieder beschränken mit der Folge, dass eine vom Bürgermeister ohne den erforderlichen Stadtratsbeschluss abgegebene rechtsgeschäftliche Willenserklärung schwebend unwirksam ist, oder ob insoweit der Grundsatz der sachlichen Unbeschränkbarkeit einer gesetzlichen Vertretungsmacht gilt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, Kommentar, 70. Aufl., Einf. vor § 164 Rn. 5a m.w.N.; zu Vorgängervorschriften der ThürKO: OLG Jena OLG-NL 1997, 73, 169 mit Anmerkung Bayer). Soweit es eine Haftung des Bürgermeisters nach § 179 BGB betrifft, soll der von der – teilweise angenommenen – Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts betroffene Dritte sich allerdings „wegen der im Einzelfall schwierigen Abgrenzung, ob ein Geschäft der laufenden Verwaltung vorliege“ grundsätzlich darauf verlassen dürfen, dass der Bürgermeister die Grenzen seiner Vertretungsmacht beachtet. Auch treffe den Dritten prinzipiell keine Prüfungs- und Erkundigungspflicht, ob sich das Vertretungsorgan an Beschlüsse des Gemeinderats halte (vgl. BGH NJW 2001, 2626, 2627 für baden-württembergisches Kommunalrecht). Für die Vorschriften der geltenden ThürKO, namentlich für § 31 Abs. 1 ThürKO, wird vertreten, dass zivilrechtliche Rechtshandlungen des Bürgermeisters, die nicht durch einen notwendigen Willensbildungsakt des Gemeinderats gedeckt sind, grundsätzlich gegenüber Dritten für und gegen die Gemeinde wirksam seien. Der eindeutige Wortlaut des § 31 Abs. 1 ThürKO verbiete es im Interesse der Rechtssicherheit, allein dem Dritten das Risiko einer fehlerhaften Anwendung der ThürKo durch die kommunalen Organe aufzuerlegen. Der Schutz des Dritten müsse nur dann hinter dem der Gemeinde zurückstehen, wenn der Dritte von der Kompetenzüberschreitung des Bürgermeisters gewusst habe oder sie hätte erkennen müssen. Dagegen sei ein eigenmächtiges öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln des Bürgermeisters nichtig oder als rechtswidrig anfechtbar (vgl. Wachsmuth/Oehler, Thüringer Kommunalrecht, Kommentar, Stand Juni 2010, § 31 Anm. 2, 2.1 und 2.2.). Fehlt ein nach § 74 Abs. 1 ThürKO notwendiger Gemeinderatsbeschluss bei Vertretung der Gemeinde als Gesellschafterin in der Gesellschafterversammlung einer GmbH durch den Bürgermeister, soll dessen Stimmabgabe zwar rechtswidrig, aber nicht unwirksam sein (vgl. Wachsmuth/Oehler, a.a.O., § 74 Anm. 8). Danach wäre sogar ein vom Bürgermeister unter Missachtung des § 74 Abs. 1 ThürKO eigenmächtig gefasster formeller Gesellschafterbeschluss zu einer Kreditaufnahme durch die kommunale Eigengesellschaft (gesellschaftsrechtlich) wirksam. Vor diesem Hintergrund kann nach Auffassung des Senats nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass das nach dem Sachverhalt offenkundig bestehende tatsächliche Einverständnis des vormaligen Mitbeschuldigten U mit der Haftungsübernahme durch den Angeschuldigten nur deshalb keine dessen Untreuestrafbarkeit ausschließende Wirkung entfaltete, weil es nicht durch einen entsprechenden formellen und inhaltlich eindeutigen Stadtratsbeschluss unterlegt war. Hierfür spricht auch, dass die Frage, ob ein Beschluss, den ein Bürgermeister nach § 31 Abs. 1 ThürKO in der Gesellschafterversammlung einer kommunalen Eigengesellschaft fasst, im Einzelfall durch einen Stadtratsbeschluss gedeckt sein muss, für den Geschäftsführer dieser Gesellschaft nicht immer eindeutig zu beantworten ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass etwa die Bedeutung einer Selbstverwaltungsangelegenheit nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO als Geschäft der laufenden Verwaltung allein aus Sicht der Kommune und nicht aus Sicht der kommunalen Eigengesellschaft zu beurteilen ist. Dies kann sogar zur Folge haben, dass auch eine – den Rahmen der Befugnisse des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 1 GmbHG nicht überschreitende und daher gesellschafts- und strafrechtlich von ihm allein zu verantwortende – unternehmerische Routineentscheidung aufgrund ihrer politischen Bedeutung und ihrer rechtlichen oder wirtschaftlichen Folgen für die Gemeinde (nicht für die Eigengesellschaft) kommunalrechtlich der Stadtratsbefassung bedarf (vgl. Altmeppen, a.a.O., S. 2563). Auch ist das kommunalrechtliche Erfordernis eines Stadtratsbeschlusses nach § 74 Abs. 1 ThürKO insbesondere dann nicht offenkundig, wenn die Eigengesellschaft – wie hier – gar keinen Kredit aufnimmt, sondern lediglich eine bürgschaftsähnliche Mithaftung für bestehende Kredite eines anderen Unternehmens erklärt. Da in Rechtsprechung und Literatur Unklarheit schon über die zivilrechtlichen Rechtsfolgen einer eigenmächtigen Gesellschafterentscheidung des Bürgermeisters in der kommunalen Eigengesellschaft besteht und die allein an Gemeindebelangen orientierte Notwendigkeit einer Stadtratsbefassung aus Sicht ihres Geschäftsführers regelmäßig nicht sicher bestimmt werden kann, kann diesem auch im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG nicht das strafrechtliche Risiko der Unwirksamkeit eines ohne Beteiligung des Stadtrates erteilten tatsächlichen Einverständnisses des (Ober-) Bürgermeisters in ein Risikogeschäft der Eigengesellschaft aufgebürdet werden. Denn für den Geschäftsführer der kommunalen Eigengesellschaft muss zweifelsfrei erkennbar sein, ob er sich dadurch, dass er im Einvernehmen mit dem gesetzlichen Alleinvertreter der Gemeinde ein gewagtes Geschäft vornimmt, der Untreue schuldig macht oder nicht. Daher ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Einverständnis des (Ober-)Bürgermeisters als gesetzlichem Alleinvertreter der kommunalen Alleingesellschafterin in ein Risikogeschäft auch dann eine gravierende Pflichtverletzung des Geschäftsführers i.S.d. § 266 StGB ausschließt, wenn es ohne die kommunalrechtlich notwendige Zustimmung des Gemeinderates erteilt worden ist. Dies mag anders zu beurteilen sein, wenn ein Gemeinderatsbeschluss nach den Vorschriften der ThürKO zweifelsfrei erforderlich, aber nicht gefasst worden war und der Geschäftsführer sowohl von der Notwendigkeit als auch von dem Nichtvorliegen eines solchen Beschlusses positive Kenntnis hatte, weshalb letztlich von einem kollusiven Zusammenwirken zwischen ihm und dem Bürgermeister auszugehen ist. Ein solcher Sachverhalt ist nach den Ermittlungen aber nicht gegeben. Eine bloße „Fahrlässigkeit“ des Geschäftsführers in Bezug auf eine erforderliche, aber unterbliebene Stadtratsbeteiligung durch den die Gesellschafterrechte ausübenden Bürgermeister kann schließlich keine – eine gravierende Pflichtwidrigkeit gegenüber der Eigengesellschaft voraussetzende – Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Untreue begründen.

Im Übrigen hätte sich der Angeschuldigte auch dann keiner vorsätzlichen Untreue in besonders schwerem Fall schuldig gemacht, wenn aufgrund der fehlenden Stadtratsbefassung oder Mängeln bei der Beschlussfassung des Aufsichtsrats nicht von einem wirksamen Einverständnis der Stadt A als Alleingesellschafterin der SWA GmbH mit der Haftungsübernahme auszugehen wäre. Denn aufgrund des bei den Ermittlungen zutrage getretenen Geschehensablaufs ist davon auszugehen, dass der Angeschuldigte – wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat – jedenfalls entweder irrtümlich von einem wirksamen Einverständnis der Alleingesellschafterin ausgegangen ist oder aufgrund deren mutmaßlicher Einwilligung tätig geworden ist. In beiden Fällen wäre ein Vorsatz des Angeschuldigten ausgeschlossen.

Schlagworte: Einverständnis aller Gesellschafter, Entlastung durch Weisungen, Geschäftsführer, Haftung wegen Untreue gem. § 266 StGB, Kapitalerhaltung, Weisung der Gesellschafter