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Thüringer OLG, Urteil vom 10.10.2012 – 2 U 168/12

GmbHG §§ 35 ff.; 46 ff.

1. Bei der gesellschaftsvertraglich bei der Einheits-GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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begründeten Vertretungsmacht zugunsten der Kommanditisten handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (ebenso Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, 11. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 17; Göz, NZG 2004, 345 [352]; Grunewald, MünchKomm. HGB, 3. Aufl. 2012, § 161 Rdnr. 99 mit Fn. 236; Martens, in: Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1986, § 161 Rn. 101; Oetker, in: Oetker, HGB, 2. Aufl. 2011, § 161 Rn. 101; a. A. Lüke, in: Hesselmann/Tillmann/Müller-Thuns, Handbuch der GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, 19. Aufl. 2005, § 4 Rdnr. 31; Schilling, Festschrift für Barz, 1974, S. 67 [72 f.]; K. Schmidt, Festschrift für H.P. Westermann, 2008, S. 1425 [1442 f.]; offen wegen fehlender Regelung in dem KG-Vertrag BGH 16.7.2007, NZG 2007, 751 Rdnr. 9). Dies reicht im Rahmen des § 51 ZPO nicht aus, da die Vorschrift ausdrücklich auf den gesetzlichen Vertreter abstellt, dem bei juristischen Personen der organschaftliche Vertreter gleichsteht (siehe Lindacher, Münch- Komm. ZPO, 3. Aufl. 2008, § 51 Rn. 23).

2. Ist die beklagte Gesellschaft in dem konkreten Rechtsstreit prozessunfähig im Sinne des § 57 ZPO, hat im prozess ausschließlich ein Prozesspfleger die Stellung eines gesetzlichen Vertreters der Gesellschaft (siehe Lindacher, MünchKomm. ZPO, 3. Aufl. 2008, § 57 Rn. 19). Prozesshandlungen, die von Personen vorgenommen werden, die nicht zur gesetzlichen Vertretung berufen sind, sind im Hinblick auf die vertretene Person unwirksam (Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 51 Rn. 8).

3. Dem Geschäftsführer einer GmbH steht kein Anfechtungsrecht nach § 245 AktG analog zu, wenn dieser nicht zugleich Gesellschafter ist; dann ist ausschließlich die allgemeine Feststellungsklage i.S. des § 256 ZPO statthaft (siehe BGH 11.2.2008, NJW-RR 2008, 706 Rn. 34; Drescher, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2011, § 249 AktG Rn. 6; a. A. wohl Wertenbruch, MünchKomm. GmbHG, 2012, Anh. § 47 Rn. 169, der den Geschäftsführer einer GmbH in Bezug auf die Nichtigkeitsklage als aktiv legitimiert ansieht).

4. Da § 248 AktG die allgemeinen Grundsätze zur Rechtskraft durchbricht, müsste die besondere Gestaltungswirkung eines auf die allg. Feststellungsklage erlassenen Urteils an sich auf die spezielle Nichtigkeitsklage beschränkt bleiben. Dem steht aber entgegen, dass der Bundesgerichtshof für die auf § 256 ZPO gestützte positive Feststellungsklage die entsprechende Anwendung des § 248 AktG anerkannt hat (BGH 15.3.1980, BGHZ 76, 191 [199]).

5. Die Klagebefugnis eines Organmitgliedes für eine Nichtigkeitsklage ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn er den zum Verlust der Organstellung führenden Beschluss angreift oder durch diesen unmittelbar in seinen Rechten betroffen ist. Letztlich kann diese Frage jedoch dahingestellt bleiben, da das Organmitglied zumindest das für eine auf § 256 ZPO gestützte allgemeine Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse hat (siehe für den GmbH-Fremdgeschäftsführer Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl. 2010, § 38 Rdnr. 67).

6. Für die allgemeine Feststellungsklage gilt zwar keine mit § 246 AktG vergleichbare materielle Ausschlussfrist, gleichwohl ist anerkannt, dass die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung zur Unzulässigkeit einer Feststellungsklage führen können (siehe zuletzt BGH 11.2.2008, NZG 2008, 317 Rdnr. 22 sowie zuvor BGH 1.3.1999, NJW 1999, 2268 [2268]; BGH 28.1.1980, BGHZ 76, 154 [156 f.]). Allein der Zeitraum von 5 ½ Monaten zwischen Gesellschafterversammlung und Klageerhebung reicht jedoch für eine Verwirkung nicht aus. Hierfür hätte der Kläger vielmehr zusätzlich den Eindruck erwecken müssen, er werde die Rechtswirksamkeit der von der Gesellschafterversammlung der Beklagten gefassten Beschlüsse nicht angreifen (BGH 1.3.1999, NJW 1999, 2268 [2268]).

7. Eine Einheitsversammlung oder eine gemeinsame Gesellschafterversammlung von Komman­ditgesellschaft und Komplementär-GmbH wäre mit dem bei der Einheits-GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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überwiegend anerkannten Trennungsprinzip unvereinbar (Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, 11. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 10; Grunewald, MünchKomm. HGB, 3. Aufl. 2012, § 161 Rdnr. 98; Hahn, Die Beschlussfassung in der GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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als Einheitsgesellschaft, 2004, S. 101 ff.; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, Anh. § 177a Rdnr. 32; Lüke, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch der GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, 19. Aufl. 2005, § 4 Rdnr. 31; Oetker, in: Oetker, HGB, 2. Aufl. 2011, § 161 Rdnr. 78, 101; a. A. K. Schmidt JZ 2008, 425, 435 ff.; ders., Festschrift für H.P. Westermann, 2008, S. 1425 [1442 f.]; im Ansatz bereits Schilling, Festschrift für Barz, 1974, S. 67 [72 f.], wonach die Kommanditisten als Gesellschafter der GmbH fungieren).

8. Das Selbsteinberufungsrecht nach § 50 Abs. 3 GmbHG steht ausschließlich den Gesellschaftern der GmbH zu. Die Kommanditisten sind bei der sog. Einheits-GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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nach der auch vom erkennenden Senat gebilligten Trennungstheorie weder Gesellschafter der Komplementär-GmbH noch diesen gleichzustellen (a. A. Schilling, Festschrift für Barz, 1974, S. 67 [70 f.]).

9. Die Kommanditisten handeln in Bezug auf den Geschäftsanteil einheitlich und müssen hierfür jeweils einen Beschluss fassen, so dass sich stets der Mehrheitswille der Kommanditisten bei der Kommanditgesellschaft durchsetzt, was auch dem konzeptionellen Anliegen der Einheits-GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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entspricht (siehe Grunewald, MünchKomm. HGB, 3. Aufl. 2012, § 161 Rdnr. 99). Für die Ausführung des Beschlusses (ggf. Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung) bedarf es dann jedoch einer Vertretungsmacht.

10. Für die Anfechtung von Beschlüssen einer GmbH-Gesellschafterversammlung ist anerkannt, dass der Streitwert analog § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG zu bemessen ist (BGH 5.7.1999, NZG 1999, 999 [999]; BGH 21.6.2011, NZG 2011, 997; OLG Stuttgart 28.1.2004, NZG 2004, 463 [463]; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 17. Aufl. 2009, Anh. zu § 47 Rdnr. 83; Wertenbruch, MünchKomm. GmbHG, 2012, Anh. § 47 Rdnr. 246; Wicke, GmbHG, 2. Aufl. 2011, Anh. § 47 Rdnr. 20; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl. 2010, Anh. § 47 Rdnr. 171). Dieser Maßstab gilt über die entsprechende Anwendung von § 249 AktG auch für die Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen einer GmbH-Gesellschafterversammlung, selbst dann, wenn es sich nicht um eine analog § 249 AktG zu beurteilende Nichtigkeitsklage handelt. Denn der in § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG niedergelegte und von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Maßstab ist auch dann angemessen, wenn der Streitwert für eine auf die Feststellung der Nichtigkeit gerichtete allgemeine Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO festzusetzen ist, da für unterschiedliche Maßstäbe zur Bemessung des Streitwerts keine Sachgründe ersichtlich sind.

11. Es ist anerkannt, dass bei der Anfechtung mehrerer Beschlüsse einer Gesellschafterversammlung grundsätzlich für jeden Beschluss eine gesonderte Festsetzung des Streitwerts zu erfolgen hat (BGH 6.4.1992, NJW-RR 1992, 1122 [1123]; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 247 Rdnr. 12; Englisch, in: Hölters, AktG, 2011, § 247 Rdnr. 17; Hüffer, in: MünchKomm. AktG, 3. Aufl. 2011, § 247 Rdnr. 14; K. Schmidt, Großkomm. AktG, 4. Aufl. 1999, § 247 Rdnr. 10; Schwab, in: K. Schmidt/Lutter, AltG, 2. Aufl. 2010, § 247 Rdnr. 16).

Schlagworte: actio pro socio, Allgemeine Feststellungsklage, Anfechtungsbefugnis, Anfechtungsfrist, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Einberufung, Einberufung durch Geschäftsführer, Einberufungsmängel, Einheitsgesellschaft, Geschäftsführer, gesetzliche Vertretung, GmbH & Co. KG, GmbH-Recht, Kommanditist, Minderheitenschutz, Minderheitsgesellschafter, Nichtigkeitsfeststellungsklage/Nichtigkeitsklage, Nichtigkeitsgründe, Prozessvertreter, Streitwert