Ausgewählte Entscheidungen

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Gesellschaftsrecht

BGH, Urteil vom 10. April 2024 – VIII ZR 161/23

1. Haben die Parteien eines Kaufvertrags (ausdrücklich oder stillschweigend) eine Beschaffenheit der Kaufsache im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF vereinbart, ist ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF gelten soll (st. Rspr.; seit Senatsurteil vom 29. November 2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31; zuletzt Senatsurteil vom 27. September 2017 – VIII ZR 271/16, NJW 2018, 146 Rn. 23).

2. Eine von diesem Grundsatz abweichende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses kommt beim Kauf eines (hier fast 40 Jahre alten) Gebrauchtwagens auch dann nicht in Betracht, wenn die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Fahrzeugbauteils (hier: Klimaanlage) den Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung bildet. Insbesondere rechtfertigen in einem solchen Fall weder das (hohe) Alter des Fahrzeugs beziehungsweise des betreffenden Bauteils noch der Umstand, dass dieses Bauteil typischerweise dem Verschleiß unterliegt, die Annahme, dass sich ein zugleich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss auch auf die getroffene Beschaffenheitsvereinbarung erstrecken soll.

3. Haben die Parteien die „einwandfreie“ Funktionsfähigkeit eines typischerweise dem Verschleiß unterliegenden Fahrzeugbauteils im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF vereinbart, liegt ein Sachmangel vor, wenn sich dieses Bauteil bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs in einem Zustand befindet, der seine einwandfreie Funktionsfähigkeit beeinträchtigt. Das gilt unabhängig davon, ob insoweit ein „normaler“, das heißt ein insbesondere nach Alter, Laufleistung und Qualitätsstufe nicht ungewöhnlicher, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender Verschleiß vorliegt – der nach der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2021 – VIII ZR 187/20, BGHZ 232, 1 Rn. 39; vom 9. September 2020 – VIII ZR 150/18, NJW 2021, 151 Rn. 21 ff.; jeweils mwN) einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF nicht begründet – und/oder ob bei objektiver Betrachtung jederzeit mit dem Eintreten einer Funktionsbeeinträchtigung dieses Bauteils zu rechnen war.

BGH, Beschluss vom 27. Februar 2024 – II ZR 71/23

Fußballmannschaft Hannover 96

Abberufung Martin Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH

Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund

Die von der Beklagten eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hatte Erfolg, weswegen das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt wird. Die Beklagte hat nun Gelegenheit, ihre Revision innerhalb von zwei Monaten zu begründen. Im Anschluss wird gegebenenfalls ein Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof bestimmt werden.

BGH, Beschluss vom 6. Februar 2024 – II ZB 19/22

Der Geschäftswert der notariellen Beurkundung der Übertragung eines Geschäftsanteils an einer gemeinnützigen GmbH bestimmt sich nach dem Eigenkapital der Gesellschaft im Sinne von § 266 Abs. 3 HGB, das auf den Anteil entfällt.

BGH, Beschluss vom 6. Februar 2024 – II ZB 23/22

Gemäß § 2 Abs. 1 PartGG idF vom 10. August 2021, in Kraft getreten am 1. Januar 2024, muss der Name der Partnerschaft nur noch den Zusatz „und Partner“ oder „Partnerschaft“ enthalten. Die Aufnahme des Namens mindestens eines Partners ist nicht mehr erforderlich.

BGH, Beschluss vom 31. Januar 2024 – II ZB 5/22

a) Der Rückgriff auf den Börsenkurs einer Gesellschaft ist grundsätzlich eine geeignete Methode zur Schätzung des Unternehmenswerts und des Werts der Beteiligung eines außenstehenden Aktionärs im Rahmen des § 305 AktG (Bestätigung BGH, Beschluss vom 21. Februar 2023 – II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 18).

b) Der Börsenwert einer Gesellschaft ist grundsätzlich geeignet, sowohl deren bisherige Ertragslage als auch deren künftige Ertragsaussichten im Einzelfall hinreichend abzubilden und kann daher Grundlage für den gemäß § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG zu bestimmenden angemessenen festen Ausgleich sein (Bestätigung BGH, Beschluss vom 21. Februar 2023 – II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 44).

BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 – II ZB 8/23

1. Der Kommanditist hat keinen Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO auf Löschung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts im Handelsregister.

2. Der Kommanditist hat keinen Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts durch das Registergericht aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. d, Art. 21 Abs. 1 DS-GVO.

BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 – II ZB 7/23

a) Der Geschäftsführer einer GmbH hat keinen Anspruch aus Art. 17 Abs. 1
DS-GVO auf Löschung seines Geburtsdatums und seines Wohnorts im
Handelsregister.

b) Der Wohnort des Geschäftsführers einer GmbH ist zur Eintragung in das
Handelsregister anzumelden.

c) Ein Widerspruchsrecht gemäß Art. 21 Abs. 1 DS-GVO besteht nicht, wenn die Da-
tenverarbeitung aufgrund von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c DS-GVO zur Erfüllung einer
rechtlichen Pflicht des Verantwortlichen erfolgt. Das gilt auch dann, wenn die Ver-
arbeitung zugleich nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. e DS-GVO erlaubt wäre. Auch ein
Anspruch aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. d DS-GVO auf Einschränkung der Verarbei-
tung besteht in diesem Fall nicht.

BGH, Urteil vom 9. Januar 2024 – II ZR 65/23

1. Die Verjährung des Anspruchs der Gesellschaft auf Leistung der Einlagen vor Beginn des Kaduzierungsverfahrens schließt die Säumnis des Gesellschafters im Sinn des § 21 GmbHG aus, ohne dass dieser die Verjährungseinrede erheben muss.

2. Eine Einlageforderung, auf die das Kaduzierungsverfahren nicht gestützt werden kann, weil sie bereits vor Einleitung des Kaduzierungsverfahrens verjährt war, wird von der Ausfallhaftung nach § 24 Satz 1 GmbHG nicht erfasst.

BGH, Urteil vom 9. Januar 2024 – II ZR 220/22

1. Die Berufung auf die fehlende Eintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache ist dem Dritten gemäß § 15 Abs. 1 HGB nur dann verwehrt, wenn er positive Kenntnis von der einzutragenden Tatsache hat; ein Kennenmüssen oder eine grob fahrlässige Unkenntnis genügen demgegenüber nicht.

2. Die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht gelten auch im Anwendungsbereich des Rechtsscheintatbestands des § 15 Abs. 1 HGB.

BGH, Beschluss vom 9. Januar 2024 – II ZB 20/22

Amtsverhinderung Aufsichtsrat

Ein Aufsichtsrat, der wegen eines dauerhaft boykottierenden Aufsichtsratsmitglieds beschlussunfähig ist, kann nicht entsprechend § 104 Abs. 1 Satz 1 AktG ergänzt werden.