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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. März 2019 – I-3 Wx 20/18

§ 12 Abs 2 S 2 Halbs 1 HGB, § 67 Abs 2 GmbHG, § 126 BGB, § 26 FamFG

Beantragt der den Liquidator einer GmbH vertretende Notar unter Bezug auf einen entsprechenden, als einfache elektronische Aufzeichnung übermittelten, Gesellschafterbeschluss zur Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, das Erlöschen der Vertretungsbefugnis des bisherigen Geschäftsführers, die allgemeine Vertretungsregelung und die Bestellung des Liquidators nebst dessen Vertretungsbefugnis anzumelden, so kann das Registergericht von dem Notar eine Erklärung, in welcher Form ihm der Gesellschafterbeschluss vorgelegen habe bzw. vorliege, insbesondere, ob als Urschrift oder ihm übermittelte elektronische Aufzeichnung, nicht verlangen.

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

I.

Am 23. November 2017 beschlossen die (damaligen) vier Gesellschafter der betroffenen Gesellschaft unter anderem deren Liquidation zum Jahresende und Auflösung, die Abberufung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Abberufung des Geschäftsführers
sowie die Bestellung des Liquidators. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 2. Januar 2018 hat der Liquidator zur Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
, das Erlöschen der Vertretungsbefugnis des bisherigen Geschäftsführers, die allgemeine Vertretungsregelung und die Bestellung des Liquidators nebst dessen Vertretungsbefugnis beantragt. Mit der Anmeldung ist eine einfache elektronische Aufzeichnung des vorgenannten Gesellschafterbeschlusses übermittelt worden.

Daraufhin hat das Registergericht den beglaubigenden und hier vertretenden Notar zunächst formlos, alsdann durch die angefochtene Zwischenverfügung aufgefordert, in beliebiger Form zur Akte zu erklären, in welcher Form ihm der Gesellschafterbeschluss vorgelegen habe bzw. vorliege, insbesondere, ob als Urschrift oder ihm übermittelter elektronischer Aufzeichnung; letzteres würde nicht genügen.

Dem ist der Notar nicht nachgekommen und hat für die betroffene Gesellschaft gegen die Zwischenverfügung mit am 25. Januar 2018 bei Gericht eingegangener Schrift Rechtsmittel eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakte Bezug genommen.

II.

Die Sache ist infolge der mit Beschluss vom 25. Januar 2018 ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen (§ 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG).

Das Rechtsmittel der betroffenen Gesellschaft ist als befristete Beschwerde statthaft und insgesamt zulässig, §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG.

Es hat auch in der Sache Erfolg.

1.

Dabei kann auf sich beruhen, ob die angegriffene Zwischenverfügung bereits aus dem formalen Grunde der Aufhebung bedarf, dass sie nicht – wie nach ständiger Rechtsprechung des Senats erforderlich (zustimmend und m.w.Nachw., auch zur Gegenansicht, Keidel-Heinemann, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 382 Rdnr. 25) – in Form eines Beschlusses nach § 38 Abs. 2 und 3 FamFG ergangen ist.

2.

Jedenfalls besteht das vom Registergericht angenommene Eintragungshindernis nicht. Die vom vertretenden Notar geforderte Erklärung kann nicht verlangt werden, denn auf das Vorliegen des Gesellschafterbeschlusses in Urschrift bei dem die Anmeldung beglaubigenden Notar kommt es nicht an.

a)

Als Ermittlungsmaßnahme, § 26 FamFG, ist die Anforderung der Erklärung nicht gerechtfertigt.

Zwar kann das Registergericht anerkanntermaßen angemeldete Tatsachen überprüfen, jedoch nur, falls im gegebenen Einzelfall begründete Zweifel an ihrer Richtigkeit bestehen, und auch einzutragende Beschlüsse sind lediglich auf ihre Nichtigkeit oder Unwirksamkeit zu prüfen (statt aller: Heinemann a.a.O., § 374 Rdnr. 56 und 58).

Hier aber sind sich Registergericht und betroffene Gesellschaft einig, dass insoweit Anlass zu Ermittlungen nicht besteht. Der Senat folgt dem nach Aktenlage.

b)

In seinem Beschluss vom 25. März 2015 (I-3 Wx 18/15), der einen dem vorliegenden vergleichbaren Fall betraf, hat der Senat entschieden, dass sich § 12 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. HGB nur auf Fälle bezieht, in denen die Vorlage eines notariell beurkundeten Dokuments oder einer öffentlich beglaubigten Abschrift bei der Anmeldung zwingend angeordnet ist, im Anwendungsbereich des hier einschlägigen § 67 Abs. 2 GmbHG hingegen nach § 12 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbs. HGB die Übermittlung einer elektronischen Aufzeichnung genügt, mithin der Beschluss über die Bestellung eines Liquidators nach § 67 Abs. 2 GmbH der Anmeldung in Form einer elektronischen Aufzeichnung beigefügt werden kann (zu § 39 GmbHG anerkannt, vgl. die Nachw. bei DNotI-Report 2018, 25). Im Zusammenhang mit der Erwägung, auch die Prüfungspflicht des Registergerichts gebiete keine andere Betrachtung, hat der Senat alsdann ausgeführt, der Gesetzgeber habe es zur Sicherung der Authentizität nicht für notwendig erachtet, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werde; hierbei hat der Senat bemerkt, das Registergericht könne regelmäßig darauf vertrauen, dass der einreichende Notar wahrheitsgemäße Angaben mache. Diese Äußerung war dadurch veranlasst, dass der Notar im dortigen Fall auf Nachfrage erklärt hatte, die Niederschrift über die Gesellschafterversammlung habe ihm in Urschrift vorgelegen. Demgegenüber stellte sich seinerzeit die jetzt in Streit stehende Frage, ob eine derartige Erklärung durch das Gericht vom Notar verlangt werde könne, der Notar also mit anderen Worten den besagten Vertrauenstatbestand setzen müsse, nicht, und der Senat hat hierzu auch nicht Stellung genommen.

c)

Jene Erklärung kann dem Notar – außerhalb des oben unter a) behandelten Bereichs – nur dann abverlangt werden, wenn er zwingend Ersteller der elektronischen Aufzeichnung sein muss. Das aber ist nicht der Fall.

aa)

Bei der elektronischen Aufzeichnung muss es sich um eine Bilddatei handeln, die die Speicherung zur Ablage im Registerordner in inhaltlich unveränderter Form ermöglicht, also um eine „elektronische Fotokopie“ (Oetker-Preuß, HGB, 5. Aufl. 2017, § 12 Rdnr. 74). Faktisch geht es damit einzig um die Frage, wer die PDF-Datei des einzureichenden Dokuments zu fertigen (die Urschrift einzuscannen) hat; die Zwischenverfügung des Registergerichts ist nur berechtigt, wenn der Notar dies sein muss, denn (nur) dann muss ihm das Dokument im Original vorliegen.

bb)

Diese Frage wird – soweit ersichtlich – weder in der Rechtsprechung, noch im Schrifttum als Problem behandelt (näher: DNotI-Report a.a.O., 26 m.Nachw.), vielmehr wird das Einscannen durch den Notar gleichsam als gegeben vorausgesetzt.

cc)

Für eine derartige Notwendigkeit gibt indes der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbs. HGB nichts her. Er knüpft lediglich an die Voraussetzung, in welcher Form ein Dokument – nach den sonstigen Rechtsvorschriften – einzureichen ist, die Rechtsfolge, dass in diesen Fällen die Übermittlung einer elektronischen Aufzeichnung genüge.

Dem Gesetzgeber scheint der Gedanke, die PDF-Datei habe zwingend der einreichende Notar zu erstellen, eher ferngelegen zu haben. In der Gesetzesbegründung zu § 12 Abs. 2 HGB (Bundesrat-Drucksache 942/05, S. 112) wird darauf abgestellt, in welcher Form die Dokumente „bei den Unternehmen“ vorlägen, nämlich „ganz überwiegend bereits elektronisch“; die Formulierung „genügt“ in Satz 2, 1. Halbs. der Vorschrift stelle klar, dass es „den Unternehmen“ unbenommen bleibe, nicht auf die Möglichkeit der Einreichung einer einfachen elektronischen Aufzeichnung zurückzugreifen (sondern sie auch den Weg der qualifizierten elektronischen Signatur wählen könnten). Diese Erwägungen wären kaum erklärlich, wenn die Unternehmen ohnehin zunächst eine papierne Urschrift dem Notar zuzusenden hätten.

Hinzu tritt, dass sich für eine zwingend durch den Notar vorzunehmende Erstellung der PDF-Datei auch keine gesetzessystematischen Gesichtspunkte anführen lassen. § 12 Abs. 2 Satz 2 HGB regelt die Art und Weise der Übermittlung und stellt kein zusätzliches Formerfordernis auf, besagt folglich nichts darüber, in welcher Form das Dokument erstellt sein muss (Oetker-Preuß a.a.O., Rdnr. 72). § 67 Abs. 2 GmbHG aber erfordert lediglich, dass das Dokument überhaupt als papierschriftliches („Urkunden“) existiert – mithin gleichgültig, bei wem. Materiell-rechtliche Bedenken schließlich kommen, mit welcher rechtlichen Anknüpfung auch immer, jedenfalls dann nicht zum Tragen, wenn das Rechtsgeschäft, über das sich das der Anmeldung beizufügende Dokument verhält, materiell-rechtlich formlos gültig ist oder nur die Textform nach § 126b BGB erfordert, und dem Notar nur eine PDF-Datei zur Verfügung steht. Aber auch im übrigen scheidet nur aus, ein Dokument, das hinsichtlich des niedergelegten Inhalts etwa der Schriftform nach § 126 BGB genügen muss, zum Zwecke der Übermittlung durch den Notar durch ein Dokument in Textform zu ersetzen, in dieser Form dem Notar zu schicken und von ihm zu übermitteln (vgl. a.a.O., Rdnr. 73).

Bei der GmbH ist ein Beschluss der Gesellschafterversammlung – sofern es nicht um eine Satzungsänderung handelt, die hier indes nicht in Rede steht – vorbehaltlich abweichender Regelungen in der Satzung formlos gültig; die Notwendigkeit eines Papierdokuments ergibt sich erst aus § 67 Abs. 2 GmbHG (plastisch etwa MK-Stephan/Tie-ves, GmbHG, 3. Aufl. 2019, § 39 Rdnr. 36). Auf der Grundlage des oben zu a) Gesagten existiert hier das erforderliche Protokoll in Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB). Diese Urschrift ist ersichtlich eingescannt worden. Ob das durch den einreichenden Notar geschah oder diesen bereits die Bilddatei erreichte und nur an das Gericht „weitergeleitet“ wurde, ist nach dem zuvor Ausgeführten ohne Belang.

dd)

Der vom Registergericht eingenommene Standpunkt mag zur bestmöglichen Sicherung der Authentizität eingereichter Unterlagen wünschenswert sein, zumal weder der mit der Erklärung für den Notar, noch der mit der Übersendung der Urschrift in Papierform durch das anmeldende Unternehmen an den Notar verbundene Aufwand nennenswert sein dürfte. Das allein vermag jedoch eine entsprechende Auslegung des § 12 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbs. HGB nicht zu rechtfertigen.

d)

Zu Recht weist der vertretende Notar schließlich darauf hin, dass die zwischenzeitlich eingeführte notarielle Prüfungspflicht nach § 378 Abs. 3 Satz 1 FamFG an dem hier vertretenen Ergebnis nichts ändert. Sie bezieht sich einzig auf die Anmeldungen, das heißt die Anträge auf eine Eintragung im Register, nicht auf solchen Anmeldungen nur beizufügende Dokumente; insoweit kann namentlich nicht auf den Wortlaut des § 15 Abs. 3 GBO zurückgegriffen werden (BeckOK FamFG – Otto, Stand: 01.01.2019, § 378 Rdnr. 35-36.1; MK-Krafka, FamFG, 3. Aufl. 2019, § 378 Rdnr. 20).

III.

Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels ist weder eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren, noch die Festsetzung eines Geschäftswerts und – schon mangels Beschwer – auch keine Zulassung der Rechtsbeschwerde veranlasst.

Schlagworte: Auflösungsbeschluss, Handelsregister, Notar