BGH, Urteil vom 26. März 1984 – II ZR 229/83

26. März 1984

Wettbewerbsklauseln Geschäftsführer

§ 35 Abs 1 GmbHG, § 74 Abs 2 HGB, § 138 Abs 1 BGB, Art 2 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats unterliegen die von einer GmbH mit ihren Geschäftsführern vereinbarten Wettbewerbsklauseln im Sinne des § 74 Abs. 1 HGB nicht den für Handlungsgehilfen geltenden Beschränkungen der §§ 74 ff. HGB, weil der Geschäftsführer nicht Handlungsgehilfe, sondern Organmitglied ist (vgl. Sen.Urt. v. 7.1.1965 – II ZR 187/63, WM 1965, 310; Sen.Urt. v. 9.5.1968 – II ZR 158/66, NJW 1968, 1717 = LM BGB § 138Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 138
(Cf) Nr. 5). Das Bundesarbeitsgericht hat zwar ausgesprochen, daß die zwingenden Vorschriften der §§ 74 ff. HGB nicht nur für die dort erwähnten Handlungsgehilfen gelten, sondern – mit Rücksicht auf die gleiche Schutzbedürftigkeit – auf Arbeitnehmer jeder Art, insbesondere auch auf die Angestellten freiberuflich Tätiger (und damit auf Angestellte der hier in Frage stehenden Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) zu erstrecken sind (vgl. BAG 22, 6, 125, 324; BAG Urt. v. 26.11.1971, BB 1972, 447; BAG Urt. v. 9.8.1974, BB 1974, 1531). Damit kann jedoch nicht gerechtfertigt werden, daß § 74 HGB auch auf Organmitglieder von Kapitalgesellschaften zu beziehen ist.

Hiernach verbietet es sich, auf Vereinbarungen über nachvertragliche Wettbewerbsverbote zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer allgemein die Vorschrift des § 74 Abs. 2 HGB anzuwenden, wonach jede Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit als unzulässig anzusehen ist, sofern dem keine Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung gegenübersteht. Es ist zwar nicht zu verkennen, daß Organmitglieder in gleicher Weise wie beispielsweise leitende Angestellte wirtschaftlich abhängig sein können; das gilt insbesondere für den Fremdgeschäftsführer, um den es im vorliegenden Falle geht. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß auch ihm gegenüber die Interessen des Arbeitgebers grundsätzlich zurückzutreten haben und den mit der Stellung eines Organmitglieds verbundenen Besonderheiten jede Bedeutung abzusprechen ist; denn bei der Anwendung des § 74 HGB kommt es nicht allein auf die wirtschaftliche Abhängigkeit an, von wesentlicher Bedeutung sind, wie dargelegt, auch die Stellung und die Wirkungsmöglichkeiten in der Gesellschaft selbst. Die gebotene Interessenabwägung führt dementsprechend zur Ablehnung der Auffassung, daß in den Fällen der wirtschaftlichen Abhängigkeit die Grundsätze der §§ 74 ff. HGB auch auf Organmitglieder anzuwenden sind. Angesichts des Umstandes, daß nicht nur die Interessen des Organmitgliedes, sondern auch die des Unternehmens zu berücksichtigen sind, erscheint eine generalisierende Betrachtung und Einordnung im Rahmen der §§ 74 ff. HGB nicht möglich. Das ist auch nicht notwendig; denn die Grenzen können in angemessener Weise aus § 138 BGB – i.V.m. Art. 2 und 12 GG – und der hierzu ergangenen Rechtsprechung ermittelt werden. Der erkennende Senat hat an die Zulässigkeit von Vereinbarungen, die den Geschäftsführer einer GmbH für die Zeit nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses in seiner gewerblichen Betätigung beschränken, strenge Anforderungen gestellt (so ausdrücklich das o.a. Sen.Urt. v. 7.1.1965). Unter Heranziehung der in den §§ 74 ff. HGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgrundsätze hat er Wettbewerbsverbote nur als zulässig erachtet, wenn sie dem Schutze eines berechtigten Interesses des Gesellschaftsunternehmens dienen und nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers nicht unbillig erschweren (Sen.Urt. v. 9.5.1968 aaO; vgl. auch Sen. Urt. v. 19.11.1973 – II ZR 52/72, WM 1974, 74 zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot eines ausgeschiedenen Gesellschafters).

Für die Aufrechterhaltung der bisherigen Rechtsprechung des Senats spricht auch, daß die GmbH-Novelle 1980 mit dem § 85 GmbHG eine Norm in das Gesetz eingefügt hat, die (nur) solche Personen mit Strafe bedroht, die ein Geheimnis der Gesellschaft, das ihnen in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer, Mitglieder des Aufsichtsrats oder Liquidator bekannt geworden ist, unbefugt offenbaren. Hiernach wird für den Geschäftsführer – nicht aber für „normale“ Angestellte – ein (durch bestimmte Merkmale eingeschränktes) Wettbewerbsverbot ohne zeitliche Einschränkung und Entschädigung begründet, das auch für die Zeit nach Ablauf des Dienstverhältnisses Geltung beansprucht (vgl. Scholz/Tiedemann, GmbHG 6. Aufl. § 85 Anm. 1). Der Gesetzgeber hat damit erneut zum Ausdruck gebracht, daß zwischen einem Organmitglied und einem „normalen“ Angestellten ein wesentlicher Unterschied besteht, soweit es um die Verwertung der im Unternehmen erworbenen Kenntnisse und Beziehungen geht.

Unter dem Blickpunkt des § 138 BGB ist die Mandantenschutzklausel des § 7 Abs. 1 jedenfalls insoweit als wirksam anzusehen, als dem Beklagten verboten wird, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Dienstverhältnisses Mandate von solchen Auftraggebern zu übernehmen, die während der letzten drei Jahre vor seinem Ausscheiden zur Klientel der Klägerin gehörten. Der erkennende Senat hat in seinem oben angeführten Urteil vom 9. Mai 1968 zwar ausgesprochen, daß sich örtliche, zeitliche und gegenständliche Beschränkungen der Berufsausübung nur in begrenztem Umfange mit dem Beruf des Wirtschaftsprüfers (vertragen) und der Grundsatz der freien Berufsausübung durch Vereinbarung unter Wirtschaftsprüfern nur eingeengt werden darf, soweit besondere Umstände vorliegen, die ein anerkennenswertes Bedürfnis begründen, den Vertragspartner vor illoyaler Verwertung des Erfolges seiner Arbeit zu schützen. Als zulässig sind danach jedoch Schutzklauseln anzusehen, mit denen unter angemessenen Bedingungen verhindert werden soll, daß ein vorübergehend in die Praxis aufgenommener Wirtschaftsprüfer nach seinem Ausscheiden Mandanten abzieht, zu denen er nur aufgrund seiner Tätigkeit in der Praxis Verbindung gewinnen konnte. An dieser Auffassung ist festzuhalten. Danach ist der hier entscheidende Teil der Mandantenschutzklausel des § 7 Abs. 1 als wirksam anzusehen, weil keine unzulässige über die schützenswerten Interessen der Klägerin hinausgehende Beschränkung der Berufsausübung des Beklagten vorliegt. Der gegenständliche Bereich des Wettbewerbsverbots ist insoweit eng auf solche Auftraggeber begrenzt, die während der letzten drei Jahre zum Kundenkreis der Klägerin gehörten. Der Zeitraum von zwei Jahren, für den diese Beschränkungen der Berufsausübung gelten sollen, ist ebenfalls als angemessen anzusehen; er berücksichtigt das berechtigte Interesse der Klägerin an der Fernhaltung des Beklagten und schränkt diesen in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit nicht unbillig ein.

Leitsatz

Wettbewerbsklauseln zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer, die diesen für die Zeit nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses in der beruflichen Tätigkeit beschränken, unterliegen nicht den für Handlungsgehilfen geltenden Beschränkungen des HGB § 74 Abs 2.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 9. Juni 1983 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Zahlungsantrag (Klageantrag zu 1) abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft. Der Beklagte war in der Zeit vom 1. Oktober 1977 bis Mitte 1981 ihr Geschäftsführer. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin gegen den Beklagten aus einer zwischen ihnen vereinbarten nachvertraglichen Mandantenschutzklausel einen Anspruch auf Schadensersatz (Vertragsstrafe) und Unterlassung hat. In dem Dienstvertrag vom 21. September 1977 heißt es hierzu:

 
§ 7
1) Herr C (der Beklagte) verpflichtet sich,
nach der Beendigung des Dienstverhältnisses
ohne die ausdrückliche schriftliche Zustimmung
der Gesellschaft für die Dauer von 2 Jahren
keine Mandate von solchen Auftraggebern zu
übernehmen, die während der letzten 3 Jahre
vor seinem Ausscheiden zur Klientel der Gesellschaft
und/oder der Sozietät Dres.
R, S, F und/oder der
„D“ gehörten.
Für den Fall des Verstoßes zahlt Herr C
eine Vertragsstrafe in Höhe des zweifachen
Jahreshonorars, das die Gesellschaft und/oder
die Sozietät Dres. R, S, F
und/oder die „D“ zuletzt von dem Mandanten
erhalten hat. Außerdem verpflichtet sich Herr
C für die Dauer des Verbots in O
weder selbständig noch unselbständig noch
beratend, auch nicht gelegentlich oder mittelbar,
auf Gebieten tätig zu werden, die zum Aufgabenbereich
der Gesellschaft gehören.
2) Herr C verpflichtet sich weiter, jede Einflußnahme
auf Mandanten der Gesellschaft zu
unterlassen, die darauf hinzielt, daß diese
einen anderen Angehörigen der wirtschaftsprüfenden
und steuerberatenden Berufe mit
Aufgaben betrauen, die zum Aufgabenbereich der
Gesellschaft gehören. Für jeden Fall des Verstoßes
ist Herr C verpflichtet, Schadensersatz
zu leisten. Die Höhe des Schadensersatzes
bemißt sich – ohne daß weitere Erfordernisse
an den Nachweis der Höhe gestellt werden –
nach Absatz 1).
§ 8
Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrags
nichtig oder unwirksam sein oder werden, so
wird die Gültigkeit des Vertrages im übrigen
hiervon nicht berührt.
Die ungültige Bestimmung ist in der Weise umzudeuten
oder gilt in der Weise als ersetzt, daß
der beabsichtigte wirtschaftliche Zweck bestmöglich
erreicht wird.

Nach seinem Ausscheiden bei der Klägerin wurde der Beklagte Gesellschafter und Geschäftsführer der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft C und Sch. in N.

Mit der Begründung, der Beklagte habe gegen die Mandantenschutzklausel des § 7 Abs. 1 und gegen das Abwerbungsverbot des § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages verstoßen, indem er nach Beendigung des Dienstverhältnisses insbesondere Mandate der Su-Gruppe, der So-Gruppe und der Re AG, die ihr ein Jahreshonorar von 161.082,40 DM erbracht hätten, an sich gebracht habe, hat die Klägerin – soweit es für die Revisionsinstanz noch interessiert – beantragt, den Beklagten zu verurteilen,

 
1. an die Klägerin 100.000 DM nebst Zinsen zu zahlen,
2. es zu unterlassen, Mandanten der Klägerin wirtschaftsprüfende,
wirtschafts- oder steuerberatende
Tätigkeit anzubieten.

Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die vorstehenden Anträge weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

I. Die Revision ist begründet, soweit sie den Zahlungsantrag weiterverfolgt.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin den Zahlungsanspruch deshalb nicht auf die Mandantenschutzklausel des § 7 Abs. 1 des Dienstvertrages stützen, weil diese wegen Verstoßes gegen § 74 Abs. 2 HGB nichtig sei. Dem kann nicht zugestimmt werden.

1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats unterliegen die von einer GmbH mit ihren Geschäftsführern vereinbarten Wettbewerbsklauseln im Sinne des § 74 Abs. 1 HGB nicht den für Handlungsgehilfen geltenden Beschränkungen der §§ 74 ff. HGB, weil der Geschäftsführer nicht Handlungsgehilfe, sondern Organmitglied ist (vgl. Sen.Urt. v. 7.1.1965 – II ZR 187/63, WM 1965, 310; Sen.Urt. v. 9.5.1968 – II ZR 158/66, NJW 1968, 1717 = LM BGB § 138 (Cf) Nr. 5). Das Bundesarbeitsgericht hat zwar ausgesprochen, daß die zwingenden Vorschriften der §§ 74 ff. HGB nicht nur für die dort erwähnten Handlungsgehilfen gelten, sondern – mit Rücksicht auf die gleiche Schutzbedürftigkeit – auf Arbeitnehmer jeder Art, insbesondere auch auf die Angestellten freiberuflich Tätiger (und damit auf Angestellte der hier in Frage stehenden Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) zu erstrecken sind (vgl. BAG 22, 6, 125, 324; BAG Urt. v. 26.11.1971, BB 1972, 447; BAG Urt. v. 9.8.1974, BB 1974, 1531). Damit kann jedoch nicht gerechtfertigt werden, daß § 74 HGB auch auf Organmitglieder von Kapitalgesellschaften zu beziehen ist.

Seit Erlaß der vorstehend angeführten Urteile des erkennenden Senats hat sich allerdings in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft immer mehr die Überzeugung durchgesetzt, daß soziale Schutzvorschriften, die der Gesetzgeber für Arbeitnehmer vorgesehen hat, unter Umständen auf Organmitglieder juristischer Personen, insbesondere auf Geschäftsführer der GmbH, anzuwenden sind. Der Senat hat dementsprechend in einer Vielzahl von Rechtsbereichen Organmitgliedern Rechte zuerkannt, die ursprünglich nur für Arbeitnehmer vorgesehen waren, die keine Unternehmerfunktion hatten (vgl. im einzelnen die Nachweise bei Fleck, Das Organmitglied – Unternehmer oder Arbeitnehmer ?, in der Festschr. f. Hilger und Stumpf S. 197, 209 ff.). Diese Grundsätze können jedoch nicht auf die Schutzvorschriften der §§ 74 ff. HGB übertragen werden.

Die Norm des § 74 Abs. 2 HGB ist das Ergebnis einer Abwägung zwischen den berechtigten geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers, daß die in seinem Betrieb erlangten Kenntnisse und geschäftlichen Beziehungen nicht zu seinem Schaden ausgenutzt werden, und dem berechtigten Interesse des Arbeitnehmers, nach Beendigung des Dienstverhältnisses seine Arbeitskraft frei nutzen zu können und in der Freiheit seiner Betätigung nicht beschränkt zu werden. Eine allgemeine Übertragung dieser Grundsätze auf Organmitglieder scheitert schon daran, daß diese im Geschäftsverkehr in weit stärkerem Maße – auch im Verhältnis zum leitenden Angestellten – mit dem von ihnen geleiteten Unternehmen gleichgesetzt werden und die Tätigkeiten und Leistungen des Unternehmens im wesentlichen ihnen zuzuschreiben sind. Der Geschäftsführer steht zwar im Verhältnis zur Gesellschaft in einem Anstellungsverhältnis, das ihn wie den Arbeitnehmer verpflichtet, seine Arbeitskraft hauptberuflich zur Verfügung zu stellen. Er repräsentiert aber weit mehr als der Angestellte das Gesellschaftsunternehmen, und die geschäftlichen Beziehungen konzentrieren sich auf seine Person. Eine Konkurrenztätigkeit, die er nach seinem Ausscheiden aufnimmt, begründet dementsprechend auch in viel stärkerem Maße als bei einem Arbeitnehmer die Gefahr, daß das Unternehmen Schaden erleidet. Er ist im allgemeinen leichter in der Lage, sowohl in den Kundenkreis des Unternehmens einzubrechen und dessen Geschäftspartner an sich zu binden als auch Bezugsquellen des Unternehmens auszunutzen. Demgemäß gehen auch seine nachwirkenden Treuepflichten weiter.

Hiernach verbietet es sich, auf Vereinbarungen über nachvertragliche Wettbewerbsverbote zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer allgemein die Vorschrift des § 74 Abs. 2 HGB anzuwenden, wonach jede Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit als unzulässig anzusehen ist, sofern dem keine Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung gegenübersteht. Es ist zwar nicht zu verkennen, daß Organmitglieder in gleicher Weise wie beispielsweise leitende Angestellte wirtschaftlich abhängig sein können; das gilt insbesondere für den Fremdgeschäftsführer, um den es im vorliegenden Falle geht. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß auch ihm gegenüber die Interessen des Arbeitgebers grundsätzlich zurückzutreten haben und den mit der Stellung eines Organmitglieds verbundenen Besonderheiten jede Bedeutung abzusprechen ist; denn bei der Anwendung des § 74 HGB kommt es nicht allein auf die wirtschaftliche Abhängigkeit an, von wesentlicher Bedeutung sind, wie dargelegt, auch die Stellung und die Wirkungsmöglichkeiten in der Gesellschaft selbst. Die gebotene Interessenabwägung führt dementsprechend zur Ablehnung der Auffassung, daß in den Fällen der wirtschaftlichen Abhängigkeit die Grundsätze der §§ 74 ff. HGB auch auf Organmitglieder anzuwenden sind. Angesichts des Umstandes, daß nicht nur die Interessen des Organmitgliedes, sondern auch die des Unternehmens zu berücksichtigen sind, erscheint eine generalisierende Betrachtung und Einordnung im Rahmen der §§ 74 ff. HGB nicht möglich. Das ist auch nicht notwendig; denn die Grenzen können in angemessener Weise aus § 138 BGB – i.V.m. Art. 2 und 12 GG – und der hierzu ergangenen Rechtsprechung ermittelt werden. Der erkennende Senat hat an die Zulässigkeit von Vereinbarungen, die den Geschäftsführer einer GmbH für die Zeit nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses in seiner gewerblichen Betätigung beschränken, strenge Anforderungen gestellt (so ausdrücklich das o.a. Sen.Urt. v. 7.1.1965). Unter Heranziehung der in den §§ 74 ff. HGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgrundsätze hat er Wettbewerbsverbote nur als zulässig erachtet, wenn sie dem Schutze eines berechtigten Interesses des Gesellschaftsunternehmens dienen und nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers nicht unbillig erschweren (Sen.Urt. v. 9.5.1968 aaO; vgl. auch Sen. Urt. v. 19.11.1973 – II ZR 52/72, WM 1974, 74 zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot eines ausgeschiedenen Gesellschafters).

Für die Aufrechterhaltung der bisherigen Rechtsprechung des Senats spricht auch, daß die GmbH-Novelle 1980 mit dem § 85 GmbHG eine Norm in das Gesetz eingefügt hat, die (nur) solche Personen mit Strafe bedroht, die ein Geheimnis der Gesellschaft, das ihnen in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer, Mitglieder des Aufsichtsrats oder Liquidator bekannt geworden ist, unbefugt offenbaren. Hiernach wird für den Geschäftsführer – nicht aber für „normale“ Angestellte – ein (durch bestimmte Merkmale eingeschränktes) Wettbewerbsverbot ohne zeitliche Einschränkung und Entschädigung begründet, das auch für die Zeit nach Ablauf des Dienstverhältnisses Geltung beansprucht (vgl. Scholz/Tiedemann, GmbHG 6. Aufl. § 85 Anm. 1). Der Gesetzgeber hat damit erneut zum Ausdruck gebracht, daß zwischen einem Organmitglied und einem „normalen“ Angestellten ein wesentlicher Unterschied besteht, soweit es um die Verwertung der im Unternehmen erworbenen Kenntnisse und Beziehungen geht.

Demgemäß kann die Mandantenschutzklausel nach § 7 Abs. 1 des Dienstvertrages, auf die die Klägerin den Zahlungsanspruch in erster Linie stützt, nicht deshalb als unverbindlich angesehen werden, weil sich die Klägerin nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet hat (§ 74 Abs. 2 HGB).

2. Unter dem Blickpunkt des § 138 BGB ist die Mandantenschutzklausel des § 7 Abs. 1 jedenfalls insoweit als wirksam anzusehen, als dem Beklagten verboten wird, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Dienstverhältnisses Mandate von solchen Auftraggebern zu übernehmen, die während der letzten drei Jahre vor seinem Ausscheiden zur Klientel der Klägerin gehörten. Der erkennende Senat hat in seinem oben angeführten Urteil vom 9. Mai 1968 zwar ausgesprochen, daß sich örtliche, zeitliche und gegenständliche Beschränkungen der Berufsausübung nur in begrenztem Umfange mit dem Beruf des Wirtschaftsprüfers (vertragen) und der Grundsatz der freien Berufsausübung durch Vereinbarung unter Wirtschaftsprüfern nur eingeengt werden darf, soweit besondere Umstände vorliegen, die ein anerkennenswertes Bedürfnis begründen, den Vertragspartner vor illoyaler Verwertung des Erfolges seiner Arbeit zu schützen. Als zulässig sind danach jedoch Schutzklauseln anzusehen, mit denen unter angemessenen Bedingungen verhindert werden soll, daß ein vorübergehend in die Praxis aufgenommener Wirtschaftsprüfer nach seinem Ausscheiden Mandanten abzieht, zu denen er nur aufgrund seiner Tätigkeit in der Praxis Verbindung gewinnen konnte. An dieser Auffassung ist festzuhalten. Danach ist der hier entscheidende Teil der Mandantenschutzklausel des § 7 Abs. 1 als wirksam anzusehen, weil keine unzulässige über die schützenswerten Interessen der Klägerin hinausgehende Beschränkung der Berufsausübung des Beklagten vorliegt. Der gegenständliche Bereich des Wettbewerbsverbots ist insoweit eng auf solche Auftraggeber begrenzt, die während der letzten drei Jahre zum Kundenkreis der Klägerin gehörten. Der Zeitraum von zwei Jahren, für den diese Beschränkungen der Berufsausübung gelten sollen, ist ebenfalls als angemessen anzusehen; er berücksichtigt das berechtigte Interesse der Klägerin an der Fernhaltung des Beklagten und schränkt diesen in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit nicht unbillig ein.

3. Dagegen ist die Klausel des Dienstvertrages nichtig, die den Beklagten verpflichtet, „für die Dauer des Verbotes in O weder selbständig noch unselbständig noch beratend, auch nicht gelegentlich oder mittelbar, auf Gebieten tätig zu werden, die zum Aufgabenbereich der Gesellschaft gehören“ (§ 7 Abs. 1 letzter Satz). Dadurch soll der Beklagte für die Dauer von zwei Jahren als Wettbewerber der Klägerin ausgeschaltet werden. Für eine solche Regelung besteht kein berechtigtes Interesse der Klägerin. Sie ist auch mit dem öffentlichen Interesse an der Freiheit der Berufsausübung im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer unvereinbar (vgl. auch dazu im einzelnen das o.a. Sen.Urt. v. 9. Mai 1968). Ob dies auch gilt, soweit dem Beklagten die Verpflichtung auferlegt wurde, für die Dauer von zwei Jahren keine Mandate von solchen Auftraggebern zu übernehmen, die während der letzten drei Jahre vor seinem Ausscheiden zur Klientel der Sozietät Dres. R, S, F und/oder der „D“ gehörten, kann beim gegenwärtigen Prozeßstand nicht abschließend beurteilt werden. Für das vorliegende Verfahren kann jedoch zu Gunsten des Beklagten von der Nichtigkeit dieser Regelung ausgegangen werden. Die Klägerin hat den hier in Frage stehenden Anspruch auf Zahlung von 100.000 DM allein darauf gestützt, daß der Beklagte Aufträge von Kunden der Klägerin übernommen hat.

Es erhebt sich allerdings die Frage, ob aus der teilweisen Nichtigkeit des § 7 Abs. 1 geschlossen werden kann, daß die Bestimmungen über die Beschränkung der Berufsausübung des Beklagten insgesamt nichtig sind, also auch der Teil, auf den die Klage gestützt ist. Das ist nicht der Fall. § 8 des Dienstvertrages legt insoweit in zulässiger Weise fest, daß die Nichtigkeit einzelner Bestimmungen die Gültigkeit des Vertrages im übrigen nicht berühren soll. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, daß der hier entscheidende von dem Nichtigkeitsgrund nicht betroffene Teil der Mandantenschutzklausel von dem nichtigen Teil nicht mit der Folge abtrennbar ist, daß er für sich allein bestehen kann.

4. Das den Beklagten treffende Wettbewerbsverbot scheitert auch nicht an § 1 GWB. Soweit die Mandantenschutzklausel unter dem Blickpunkt des § 74 Abs. 2 und des § 138 BGB als wirksam anzusehen ist, dient sie allein dem anzuerkennenden Interesse der Klägerin, vor illoyaler Verwertung der Kenntnisse und geschäftlichen Beziehungen geschützt zu werden, die der Beklagte als Organmitglied während seiner Tätigkeit in dem Gesellschaftsunternehmen erlangt hat. Eine Abwägung der durch § 1 GWB geschützten Wettbewerbsfreiheit und der Güter und Interessen, denen die Mandantenschutzklausel dient, muß dazu führen, das eng begrenzte Wettbewerbsverbot anzuerkennen. Nach der Rechtsprechung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs ist der erkennende Senat in einem Falle der vorliegenden Art nicht gehindert, diese Frage selbst zu entscheiden (vgl. BGHZ 30, 186; 64, 342, 346).

5. Das angefochtene Urteil ist hiernach aufzuheben, soweit der Zahlungsantrag abgewiesen worden ist. Zur Feststellung der Höhe des der Klägerin entstandenen Anspruchs ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich dagegen wendet, daß der Unterlassungsantrag der Klägerin abgewiesen worden ist. Das Berufungsgericht hält einen Unterlassungsanspruch mit der Begründung für nicht gegeben, es liege keine Wiederholungsgefahr vor. Das läßt keinen Rechtsfehler erkennen.

1. Die Klägerin stützt diesen Antrag auf die Bestimmung des § 7 Abs. 2, wonach der Beklagte verpflichtet ist, jede Einflußnahme auf Mandanten der Klägerin zu unterlassen, die darauf hinzielt, daß diese einen anderen Angehörigen der wirtschaftsprüfenden und steuerberatenden Berufe mit Aufgaben betrauen, die zum Aufgabenbereich der Klägerin gehören. Das Berufungsgericht hält nach dieser Klausel nur ein solches Verhalten für verboten, das standeswidrig ist, insbesondere das „unaufgeforderte Anbieten“ von Diensten zum Gegenstand hat. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.

Aus den unter I dargelegten Gründen kann dem Berufungsgericht allerdings nicht gefolgt werden, soweit es ausführt, ein weitergehender Inhalt der Klausel sei als unzulässig anzusehen, weil keine Entschädigungsverpflichtung der Klägerin im Sinne des § 74 Abs. 2 HGB vereinbart worden sei. Die – letztlich unbegrenzte – Verpflichtung, Einflußnahmen auf Mandanten der Gesellschaft zu unterlassen, erweist sich jedoch unter dem Gesichtspunkt des § 138 BGB mit Rücksicht darauf als nichtig, daß sie zeitlich unbeschränkt gelten soll. Dies ist mit dem öffentlichen Interesse und dem Interesse des Beklagten an der Freiheit der Berufsausübung unvereinbar und kann auch nicht mit einem schützenswerten Interesse der Klägerin begründet werden (vgl. die vorstehenden Darlegungen zu I 2 und 3).

2. Eine Wiederholungsgefahr sieht das Berufungsgericht als nicht gegeben an, weil die Klägerin nicht bewiesen habe, daß der Beklagte bislang standeswidrig geworben habe. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.

a) Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren auf die Behauptung gestützt, der Beklagte habe die Spedition So, die Su.-Gruppe, die I-A GmbH und die Re. AG abgeworben. Das Berufungsgericht kam demgegenüber nach Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen und aufgrund einer umfassenden Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der von der Klägerin vorgebrachten weiteren Tatsachen zu dem Ergebnis, daß in keinem dieser Fälle der Beweis für eine unzulässige Abwerbung des Beklagten als erbracht angesehen werden könne.

Die Revision erhebt keine Angriffe, soweit das Berufungsgericht es als nicht erwiesen erachtet hat, daß der Beklagte die Spedition So. in unzulässiger Weise abgeworben habe. Im übrigen erhebt sie nur Verfahrensrügen. Soweit sie sich gegen die Beweiswürdigung wendet, versucht sie jedoch lediglich, in revisionsrechtlich unzulässiger Weise die Würdigung des Berufungsgerichts durch eine eigene zu ersetzen. Die weiter erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).

b) Muß hiernach davon ausgegangen werden, daß der Klägerin der Beweis für unzulässige Abwerbungshandlungen des Beklagten nicht gelungen ist, so ist es aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Wiederholungsgefahr verneint hat.

Da es an einem vorangegangenen rechtswidrigen Eingriff fehlt, kann die Klägerin nicht geltend machen, daß eine tatsächliche Vermutung dafür bestehe, der Beklagte werde den unzulässigen Eingriff wiederholen (vgl. hierzu BGB-RGRK 12. Aufl., vor § 823, Rdn. 125 und § 1004, Rdn. 179 m.w.N.).

Ein Unterlassungsanspruch kann allerdings auch dann gegeben sein, wenn ein rechtswidriger Eingriff noch nicht stattgefunden hat. Es genügt die ernsthafte Besorgnis, daß ein Angriff (erstmals) bevorsteht. Dies kann aber nicht schon aufgrund der bestehenden Möglichkeit eines Eingriffs und der damit verbundenen Rechtsbeeinträchtigung begründet werden. Die Besorgnis muß sich vielmehr auf Tatsachen gründen, die die Vorbereitung und die Absicht eines Eingriffs erkennen lassen (vgl. die Nachweise in BGB-RGRK vor § 823 Rdn. 128). In dieser Richtung hat die Klägerin jedoch nichts vorgetragen. Hierfür liegen auch sonst keine Anhaltspunkte vor.

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Wettbewerbsklauseln Geschäftsführer

Schlagworte: Abgeleitetes Wettbewerbsverbot, Haftung nach § 43 GmbHG, Mandatsschutzklausel, Nachvertraglich, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Sittenwidrigkeit hinsichtlich Ort Zeit und Gegenstand, Wettbewerbsklauseln zwischen GmbH und Geschäftsführer, Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot der Gesellschafter, Wirtschaftsprüfer

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BGH, Urteil vom 30. November 2009 – II ZR 208/08 – umfassendes Wettbewerbsverbot

30. November 2009

umfassendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
umfassendes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot

GmbHG § 34; BGB § 138Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 138
; GG Art. 12

a) Sieht die Satzung einer GmbH vor, dass der Austritt eines Gesellschafters der Umsetzung bedarf, behält ein Gesellschafter, der seinen Austritt aus der Gesellschaft erklärt hat, bis zu der erforderlichen Umsetzung seine Gesellschafterstellung. Er darf jedoch seine Mitgliedschaftsrechte nur noch insoweit ausüben, als sein Interesse am Erhalt der ihm zustehenden Abfindung betroffen ist (Fortführung von BGHZ 88, 320); seine Mitgliedschaftspflichten sind entsprechend reduziert.

Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Beklagte weiterhin Gesellschafterin der Klägerin ist. Die Beklagte hat ihre Gesellschafterstellung weder durch die Erklärung ihres Austritts aus der Gesellschaft verloren noch durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Verwertung ihres Geschäftsanteils oder dessen Bekanntgabe. Die Austrittserklärung genügt hier schon deshalb nicht, weil die Satzung der Klägerin nicht regelt, dass der Gesellschafter schon mit dem Austritt aus der Gesellschaft ausscheidet, sondern vielmehr bestimmt, dass die Austrittsentscheidung der Umsetzung bedarf. In diesem Fall tritt der Verlust der Gesellschafterstellung erst mit dem Vollzug der Austrittsentscheidung durch Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
oder durch seine Verwertung ein (st. Rspr., BGHZ 88, 320, 322; Sen.Urt. v. 17. Oktober 1983 – II ZR 80/83, WM 1983, 1354; v. 30. Juni 2003 – II ZR 326/01, ZIP 2003, 1544, 1545 f.).

Die Beklagte ist zwar formell noch Gesellschafterin, weil sie ihren Geschäftsanteil noch nicht übertragen hat, und behält als solche bis zur Umsetzung ihres Austritts grundsätzlich die an ihre Mitgliedschaft geknüpften Rechte und Pflichten (Senat, BGHZ 88, 320, 323 ff.; Urt. v. 17. Oktober 1983 – II ZR 80/83, WM 1983, 1354 f.). Ihre – von der Klägerin akzeptierte – Austrittsentscheidung, durch die sie zu erkennen gegeben hat, sich in der Gesellschaft nicht mehr unternehmerisch betätigen und den Gesellschaftszweck nicht mehr fördern zu wollen, hat jedoch zur Folge, dass sie mit der Gesellschaft bis zur Umsetzung des Austritts nur noch vermögensrechtlich verbunden ist (vgl. BGHZ 88, 320, 325; Sen.Urt. v. 17. Oktober 1983 aaO S. 1355). Geht es für die Beklagte nach ihrem Austritt demnach nur noch darum, die ihr zustehende Abfindung für ihren Geschäftsanteil zu erhalten, darf sie ihre Mitspracherechte in der Gesellschaft nur noch insoweit ausüben, als ihr wirtschaftliches Interesse an der Durchsetzung ihres Abfindungsanspruchs betroffen ist (vgl. BGHZ 88, 320, 328; Sen.Urt. v. 17. Oktober 1983 aaO S. 1355). Da die Abfindung der Beklagten für ihren Geschäftsanteil nicht von der Klägerin, sondern von ihrer Mitgesellschafterin aufzubringen ist, kommt der Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte nach ihrem Austritt nur noch unmaßgebliche Bedeutung zu. Ist es der Beklagten somit trotz fortbestehender Gesellschafterstellung weitgehend versagt, nach ihrem Austritt in den Angelegenheiten der Gesellschaft mitzusprechen und auf die künftige Entwicklung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen, kann es ihr, da sie keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt, nicht zugemutet werden, sich bis zur Umsetzung ihres Austritts – wie es § 6 des Gesellschaftsvertrags vorsieht – ohne räumliche Beschränkung jeglichen Wettbewerbs mit der Gesellschaft zu enthalten. Ein derart ausgedehntes Wettbewerbsverbot, durch das die Beklagte gezwungen würde, ihre wirtschaftliche Betätigungsfreiheit bis zum Verlust ihrer nur noch formell fortbestehenden Gesellschafterstellung weiterhin dem Erreichen des Gesellschaftszwecks unterzuordnen, diente – zumal die Beklagte auch als Arbeitnehmerin ausgeschieden ist – lediglich dem vom Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. Urt. v. 29. Januar 1996 – II ZR 286/94, DStR 1996, 1254, 1255; v. 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1339; v. 18. Juli 2005 – II ZR 159/03, ZIP 2005, 1778, 1779) missbilligten Zweck, eine unerwünschte Wettbewerberin auszuschalten. Da es ihm somit an der erforderlichen Rechtfertigung fehlte, stellte es sich als unzulässiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Beklagten dar mit der Folge, dass es nichtig wäre.

b) Ein an einen Gesellschafter gerichtetes umfassendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
umfassendes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
in dem Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG einschränkend in dem Sinne auszulegen, dass es nur bis zum – wirksamen – Austritt aus der Gesellschaft bzw. bis zur Erklärung der Gesellschaft, sich gegen den ohne Vorhandensein eines wichtigen Grundes erklärten Austritt des GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Austritt
Austritt des Gesellschafters
nicht wenden zu wollen, Gültigkeit beansprucht. Die Weitergeltung des Wettbewerbsverbots über diesen Zeitpunkt hinaus käme einem gegen § 138 BGB i.V.m. Art. 12 GG verstoßenden Berufsverbot gleich.

Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Auslegung des Berufungsgerichts, das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot gelte nach dem Austritt der Beklagten bis zum Verlust ihrer Gesellschafterstellung fort, weil sie zu einem gegen § 138 BGB i.V.m. Art. 12 GG verstoßenden Berufsverbot führen würde.

Wettbewerbsverbote für Gesellschafter einer GmbH können ohne weiteres in der Satzung einer Gesellschaft vereinbart werden (Scholz/Emmerich, GmbHG 10. Aufl. § 3 Rdn. 89; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 13 Rdn. 87). Sie sind jedoch zum einen nur in den von § 1 GWB vorgegebenen Grenzen zulässig (vgl. BGHZ 104, 246, 251 ff., BGHZ 89, 162, 169; zuletzt BGH, Urt. v. 23. Juni 2009 – KZR 58/07, ZIP 2009, 2263). Zum anderen sind gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote am Maßstab von Art. 12 GG, § 138 Abs. 1 BGB zu messen, weil sie regelmäßig die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Gesellschafters berühren. Mit Rücksicht auf die insbesondere bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen – hier für die freie Berufsausübung – sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote nur zulässig, wenn sie nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht über die schützenswerten Interessen des Begünstigten hinausgehen und den Verpflichteten nicht übermäßig beschränken (vgl. nur BGHZ 91, 1, 5 f.; Urt. v. 28. April 1986 – II ZR 254/85, ZIP 1986, 1056, 1058; v. 14. Juli 1986 – II ZR 296/85, WM 1986, 1282; v. 16. Oktober 1989 – II ZR 2/89, ZIP 1990, 586, 588; v. 14. Juli 1997 – II ZR 238/96, WM 1997, 1707, 1708; v. 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1338 f.; v. 29. September 2003 – II ZR 59/02, ZIP 2003, 2251, 2252; v. 18. Juli 2005 – II ZR 159/03, ZIP 2005, 1778, 1779, jeweils zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot).

Ob ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot diesen Anforderungen entspricht, ist aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere des mit dem Wettbewerbsverbot verfolgten Zwecks, zu beurteilen (Sen.Urt. v. 14. Juli 1986 – II ZR 296/85 aaO).

Nach diesen Grundsätzen würde die Beklagte durch die von dem Berufungsgericht befürwortete Weitergeltung des in der Satzung geregelten Wettbewerbsverbots auch noch nach der Mitteilung des von der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlusses über die Verwertung ihres Gesellschaftsanteils in ihrer Berufsausübungsfreiheit unangemessen beeinträchtigt, ohne dass ein berechtigtes Interesse der Klägerin diese Einschränkung erforderte. Ein derart ausgedehntes Wettbewerbsverbot wäre Sittenwidrig und somit nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).

Gesellschafter unterliegen nach § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags einem Wettbewerbsverbot, solange sie an der Gesellschaft beteiligt sind. Ein Nachvertragliches WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
sieht die Satzung nicht vor. Während der Zugehörigkeit zur GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Während der Zugehörigkeit zur Gesellschaft
findet ein an die Gesellschafterstellung geknüpftes vertragliches Wettbewerbsverbot seine Rechtfertigung regelmäßig in dem anzuerkennenden Bestreben der Gesellschaft, dass der Gesellschafter als Ausfluss seiner gesellschafterlichen Treuepflicht den Gesellschaftszweck loyal fördert und Handlungen unterlässt, die seine Erreichung behindern könnten (vgl. BGHZ 70, 331, 333; Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB 2. Aufl. § 112 Rdn. 1 für die OHG). Dieser das Wettbewerbsverbot legitimierende Zweck, zu verhindern, dass die Gesellschaft von innen her ausgehöhlt und ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt wird (vgl. nur BGHZ 104, 246, 251 ff., BGHZ 89, 162, 169; zuletzt BGH, Urt. v. 23. Juni 2009 – KZR 58/07, ZIP 2009, 2263, 2264 Tz. 17), ist mit der Austrittsentscheidung der Beklagten und der – dem Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Verwertung des Gesellschaftsanteils der Beklagten und seiner Bekanntgabe korrespondierenden – Erklärung der Klägerin, sie wolle sich gegen den Austritt nicht wenden, entfallen.

Die Beklagte ist zwar formell noch Gesellschafterin, weil sie ihren Geschäftsanteil noch nicht übertragen hat, und behält als solche bis zur Umsetzung ihres Austritts grundsätzlich die an ihre Mitgliedschaft geknüpften Rechte und Pflichten (Senat, BGHZ 88, 320, 323 ff.; Urt. v. 17. Oktober 1983 – II ZR 80/83, WM 1983, 1354 f.). Ihre – von der Klägerin akzeptierte – Austrittsentscheidung, durch die sie zu erkennen gegeben hat, sich in der Gesellschaft nicht mehr unternehmerisch betätigen und den Gesellschaftszweck nicht mehr fördern zu wollen, hat jedoch zur Folge, dass sie mit der Gesellschaft bis zur Umsetzung des Austritts nur noch vermögensrechtlich verbunden ist (vgl. BGHZ 88, 320, 325; Sen.Urt. v. 17. Oktober 1983 aaO S. 1355). Geht es für die Beklagte nach ihrem Austritt demnach nur noch darum, die ihr zustehende Abfindung für ihren Geschäftsanteil zu erhalten, darf sie ihre Mitspracherechte in der Gesellschaft nur noch insoweit ausüben, als ihr wirtschaftliches Interesse an der Durchsetzung ihres Abfindungsanspruchs betroffen ist (vgl. BGHZ 88, 320, 328; Sen.Urt. v. 17. Oktober 1983 aaO S. 1355). Da die Abfindung der Beklagten für ihren Geschäftsanteil nicht von der Klägerin, sondern von ihrer Mitgesellschafterin aufzubringen ist, kommt der Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte nach ihrem Austritt nur noch unmaßgebliche Bedeutung zu. Ist es der Beklagten somit trotz fortbestehender Gesellschafterstellung weitgehend versagt, nach ihrem Austritt in den Angelegenheiten der Gesellschaft mitzusprechen und auf die künftige Entwicklung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen, kann es ihr, da sie keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt, nicht zugemutet werden, sich bis zur Umsetzung ihres Austritts – wie es § 6 des Gesellschaftsvertrags vorsieht – ohne räumliche Beschränkung jeglichen Wettbewerbs mit der Gesellschaft zu enthalten. Ein derart ausgedehntes Wettbewerbsverbot, durch das die Beklagte gezwungen würde, ihre wirtschaftliche Betätigungsfreiheit bis zum Verlust ihrer nur noch formell fortbestehenden Gesellschafterstellung weiterhin dem Erreichen des Gesellschaftszwecks unterzuordnen, diente – zumal die Beklagte auch als Arbeitnehmerin ausgeschieden ist – lediglich dem vom Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. Urt. v. 29. Januar 1996 – II ZR 286/94, DStR 1996, 1254, 1255; v. 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1339; v. 18. Juli 2005 – II ZR 159/03, ZIP 2005, 1778, 1779) missbilligten Zweck, eine unerwünschte Wettbewerberin auszuschalten. Da es ihm somit an der erforderlichen Rechtfertigung fehlte, stellte es sich als unzulässiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Beklagten dar mit der Folge, dass es nichtig wäre.

Leitsatz

1. Sieht die Satzung einer GmbH vor, dass der Austritt eines Gesellschafters der Umsetzung bedarf, behält ein Gesellschafter, der seinen Austritt aus der Gesellschaft erklärt hat, bis zu der erforderlichen Umsetzung seine Gesellschafterstellung. Er darf jedoch seine Mitgliedschaftsrechte nur noch insoweit ausüben, als sein Interesse am Erhalt der ihm zustehenden Abfindung betroffen ist (Fortführung von BGH, 26. Oktober 1983, II ZR 87/83, BGHZ 88, 320); seine Mitgliedschaftspflichten sind entsprechend reduziert.

2. Ein an einen Gesellschafter gerichtetes umfassendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
umfassendes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
in dem Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG einschränkend in dem Sinne auszulegen, dass es nur bis zum – wirksamen – Austritt aus der Gesellschaft bzw. bis zur Erklärung der Gesellschaft, sich gegen den ohne Vorhandensein eines wichtigen Grundes erklärten Austritt des GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Austritt
Austritt des Gesellschafters
nicht wenden zu wollen, Gültigkeit beansprucht. Die Weitergeltung des Wettbewerbsverbots über diesen Zeitpunkt hinaus käme einem gegen § 138 BGB i.V.m. Art. 12 GG verstoßenden Berufsverbot gleich.

Tenor

I. Auf die Revision der Beklagten wird – unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels – das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 23. Juli 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin das Teil-Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 27. August 2007 dahingehend abgeändert worden ist, dass dem Unterlassungsbegehren entsprochen und die Beklagte zur Auskunftserteilung für die Zeit nach dem 9. November 2005 verurteilt worden ist.

II. Die Berufung der Klägerin gegen das Teil-Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 27. August 2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt bleibt, der Klägerin weitere Auskunft für die Zeit vom 8. Oktober 2005 bis zum 9. November 2005 zu erteilen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Beklagte war mit einem Stammkapitalanteil von 34,2 % Gesellschafterin der im Juli 2003 gegründeten Klägerin und anfangs als Geschäftsführerin, zuletzt als Arbeitnehmerin bei ihr beschäftigt. 51 % des Stammkapitals hielt die J. GmbH, deren Geschäftsführer zugleich Geschäftsführer der Klägerin ist. Gegenstand der Klägerin ist die biotechnische Forschung, Entwicklung und Produktion sowie der Verkauf von Spezialreagenzien.

§ 6 der Satzung der Klägerin enthält ein Wettbewerbsverbot u.a. für Gesellschafter:

1) Den … Gesellschaftern ist es untersagt, unmittelbar oder mittelbar auf dem Geschäftsgebiet der Gesellschaft Geschäfte zu betreiben und abzuschließen oder der Gesellschaft auf andere Weise Konkurrenz zu machen. …

§ 11 der Satzung enthält nähere Bestimmungen zur Zulässigkeit und zur Umsetzung des Austritts:

1) Ein Gesellschafter kann den Austritt aus der Gesellschaft aus wichtigem Grund erklären; …

2) Erklärt ein Gesellschafter seinen Austritt aus der Gesellschaft, können die übrigen Gesellschafter mit einer Frist von einem Monat beschließen, dass der Geschäftsanteil des austretenden Gesellschafters von der Gesellschaft, einem oder mehreren Gesellschaftern oder einem Dritten erworben oder eingezogen wird. …

§ 13 der Satzung regelt die Abfindung des Gesellschafters:

1) Sofern die Gesellschaft einen Geschäftsanteil eines Gesellschafters einzieht oder die Übertragung des Geschäftsanteiles auf sich, einen oder mehrere Gesellschafter oder auf einen Dritten beschließt, hat dieser Anspruch auf eine Abfindung. Die Abfindung ergibt sich aus dem nach § 7 Abs. 5 ermittelten Wert.

4) Die Höhe der Abfindung, deren Fälligkeit und die Verzinsung setzt ein Schiedsgutachter auf Antrag einer Partei nach billigem Ermessen bindend für alle Beteiligten fest, falls diese sich nicht einigen. …

Mit Schreiben vom 21. September 2005 erklärte die Beklagte ihren Austritt aus der Klägerin aus wichtigem Grund und kündigte am gleichen Tag ihr Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund. Am 21. Oktober 2005 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin, die Beklagte zur Übertragung ihres Gesellschaftsanteils an die J. GmbH zu verpflichten. Dieser Beschluss wurde der Beklagten mit Schreiben vom 7. November 2005 bekannt gegeben. Da sich die Beteiligten nicht über die Höhe der an die Beklagte zu zahlenden Abfindung einigen konnten, wurde im Hinblick auf § 13 Abs. 4 der Satzung ein Schiedsgutachten in Auftrag gegeben, das bisher nicht erstellt worden ist.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 19. September 2005 war die R. GmbH gegründet worden, unter deren Namen die Beklagte im Geschäftsverkehr aufgetreten ist. Unternehmenszweck dieser Gesellschaft ist die biotechnologische Forschung sowie die Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Feinchemikalien. Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Beklagte habe bis zu ihrem Ausscheiden das Wettbewerbsverbot zu beachten und nimmt sie deswegen auf Unterlassung in Anspruch, unmittelbar oder mittelbar auf den Gebieten der biotechnologischen Forschung und Entwicklung sowie Synthese von Feinchemikalien und deren Vertrieb Geschäfte zu betreiben und abzuschließen oder der Klägerin auf andere Weise Konkurrenz zu machen; im Wege der Stufenklage verlangt sie Auskunft darüber, welche Geschäfte dieser Art die R. GmbH in der Zeit vom 19. September 2005 bis zum Ausscheiden der Beklagten als Gesellschafterin der Klägerin geschlossen hat sowie Schadensersatz.

Das Landgericht hat der Stufenklage in der Auskunftsstufe hinsichtlich derjenigen Geschäfte der R. GmbH entsprochen, an denen die Beklagte in der Zeit vom 19. September 2005 bis zum 7. Oktober 2005 ursächlich mitgewirkt hat und den Unterlassungsantrag abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur weiteren Auskunftserteilung bis zu ihrem Ausscheiden als Gesellschafterin der Klägerin verurteilt und dem Unterlassungsbegehren stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der – von dem erkennenden Senat zugelassenen – Revision, mit der sie ihren zweitinstanzlichen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat weitgehend Erfolg und führt – mit Ausnahme der Verurteilung zur weiteren Auskunft für die Zeit vom 8. Oktober 2005 bis zum 9. November 2005 – unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung. Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs für die Zeit vom 8. Oktober 2005 bis zum 9. November 2005 ist die Revision zurückzuweisen.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot gelte für die Beklagte weiter, da sie ihre Geschäftsanteile noch nicht an die J. GmbH abgetreten habe und deshalb nach wie vor Gesellschafterin der Klägerin mit allen Rechten und Pflichten sei. Das Wettbewerbsverbot verstoße auch nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB. Ebenso wenig handele die Klägerin rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich gegenüber der Beklagten auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots berufe. Die Beklagte dürfe sich deshalb bis zu ihrem Ausscheiden als Gesellschafterin nicht auf den Geschäftsfeldern der Klägerin betätigen und sei ihr zur Auskunftserteilung über die bis zu diesem Zeitpunkt für die R. GmbH getätigten Geschäfte verpflichtet.

II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.

Die Regelung über das Wettbewerbsverbot in § 6 der Satzung der Klägerin ist im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG einschränkend in dem Sinne auszulegen, dass das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot für die Beklagte hier, mangels Feststellung eines wichtigen Grundes für den Austritt, bis zur Annahme ihres Austritts durch die Klägerin Gültigkeit beanspruchte. Der Beklagten ist es deshalb weder künftig untersagt, zu der Klägerin in Wettbewerb zu treten, noch ist sie verpflichtet, der Klägerin über die nach dem 9. November 2005 für die R. GmbH geschlossenen Geschäfte Auskunft zu erteilen.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Beklagte weiterhin Gesellschafterin der Klägerin ist. Die Beklagte hat ihre Gesellschafterstellung weder durch die Erklärung ihres Austritts aus der Gesellschaft verloren noch durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Verwertung ihres Geschäftsanteils oder dessen Bekanntgabe. Die Austrittserklärung genügt hier schon deshalb nicht, weil die Satzung der Klägerin nicht regelt, dass der Gesellschafter schon mit dem Austritt aus der Gesellschaft ausscheidet, sondern vielmehr bestimmt, dass die Austrittsentscheidung der Umsetzung bedarf. In diesem Fall tritt der Verlust der Gesellschafterstellung erst mit dem Vollzug der Austrittsentscheidung durch Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
oder durch seine Verwertung ein (st. Rspr., BGHZ 88, 320, 322; Sen.Urt. v. 17. Oktober 1983 – II ZR 80/83, WM 1983, 1354; v. 30. Juni 2003 – II ZR 326/01, ZIP 2003, 1544, 1545 f.). Daran fehlt es.

2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Auslegung des Berufungsgerichts, das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot gelte nach dem Austritt der Beklagten bis zum Verlust ihrer Gesellschafterstellung fort, weil sie zu einem gegen § 138 BGB i.V.m. Art. 12 GG verstoßenden Berufsverbot führen würde.

a) Wettbewerbsverbote für Gesellschafter einer GmbH können ohne weiteres in der Satzung einer Gesellschaft vereinbart werden (Scholz/Emmerich, GmbHG 10. Aufl. § 3 Rdn. 89; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 13 Rdn. 87). Sie sind jedoch zum einen nur in den von § 1 GWB vorgegebenen Grenzen zulässig (vgl. BGHZ 104, 246, 251 ff., BGHZ 89, 162, 169; zuletzt BGH, Urt. v. 23. Juni 2009 – KZR 58/07, ZIP 2009, 2263). Zum anderen sind gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote am Maßstab von Art. 12 GG, § 138 Abs. 1 BGB zu messen, weil sie regelmäßig die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Gesellschafters berühren. Mit Rücksicht auf die insbesondere bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen – hier für die freie Berufsausübung – sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote nur zulässig, wenn sie nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht über die schützenswerten Interessen des Begünstigten hinausgehen und den Verpflichteten nicht übermäßig beschränken (vgl. nur BGHZ 91, 1, 5 f.; Urt. v. 28. April 1986 – II ZR 254/85, ZIP 1986, 1056, 1058; v. 14. Juli 1986 – II ZR 296/85, WM 1986, 1282; v. 16. Oktober 1989 – II ZR 2/89, ZIP 1990, 586, 588; v. 14. Juli 1997 – II ZR 238/96, WM 1997, 1707, 1708; v. 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1338 f.; v. 29. September 2003 – II ZR 59/02, ZIP 2003, 2251, 2252; v. 18. Juli 2005 – II ZR 159/03, ZIP 2005, 1778, 1779, jeweils zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot).

b ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot diesen Anforderungen entspricht, ist aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere des mit dem Wettbewerbsverbot verfolgten Zwecks, zu beurteilen (Sen.Urt. v. 14. Juli 1986 – II ZR 296/85 aaO).

b) Nach diesen Grundsätzen würde die Beklagte durch die von dem Berufungsgericht befürwortete Weitergeltung des in der Satzung geregelten Wettbewerbsverbots auch noch nach der Mitteilung des von der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlusses über die Verwertung ihres Gesellschaftsanteils in ihrer Berufsausübungsfreiheit unangemessen beeinträchtigt, ohne dass ein berechtigtes Interesse der Klägerin diese Einschränkung erforderte. Ein derart ausgedehntes Wettbewerbsverbot wäre Sittenwidrig und somit nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).

Gesellschafter unterliegen nach § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags einem Wettbewerbsverbot, solange sie an der Gesellschaft beteiligt sind. Ein Nachvertragliches WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
sieht die Satzung nicht vor. Während der Zugehörigkeit zur GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Während der Zugehörigkeit zur Gesellschaft
findet ein an die Gesellschafterstellung geknüpftes vertragliches Wettbewerbsverbot seine Rechtfertigung regelmäßig in dem anzuerkennenden Bestreben der Gesellschaft, dass der Gesellschafter als Ausfluss seiner gesellschafterlichen Treuepflicht den Gesellschaftszweck loyal fördert und Handlungen unterlässt, die seine Erreichung behindern könnten (vgl. BGHZ 70, 331, 333; Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB 2. Aufl. § 112 Rdn. 1 für die OHG). Dieser das Wettbewerbsverbot legitimierende Zweck, zu verhindern, dass die Gesellschaft von innen her ausgehöhlt und ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt wird (vgl. nur BGHZ 104, 246, 251 ff., BGHZ 89, 162, 169; zuletzt BGH, Urt. v. 23. Juni 2009 – KZR 58/07, ZIP 2009, 2263, 2264 Tz. 17), ist mit der Austrittsentscheidung der Beklagten und der – dem Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Verwertung des Gesellschaftsanteils der Beklagten und seiner Bekanntgabe korrespondierenden – Erklärung der Klägerin, sie wolle sich gegen den Austritt nicht wenden, entfallen.

Die Beklagte ist zwar formell noch Gesellschafterin, weil sie ihren Geschäftsanteil noch nicht übertragen hat, und behält als solche bis zur Umsetzung ihres Austritts grundsätzlich die an ihre Mitgliedschaft geknüpften Rechte und Pflichten (Senat, BGHZ 88, 320, 323 ff.; Urt. v. 17. Oktober 1983 – II ZR 80/83, WM 1983, 1354 f.). Ihre – von der Klägerin akzeptierte – Austrittsentscheidung, durch die sie zu erkennen gegeben hat, sich in der Gesellschaft nicht mehr unternehmerisch betätigen und den Gesellschaftszweck nicht mehr fördern zu wollen, hat jedoch zur Folge, dass sie mit der Gesellschaft bis zur Umsetzung des Austritts nur noch vermögensrechtlich verbunden ist (vgl. BGHZ 88, 320, 325; Sen.Urt. v. 17. Oktober 1983 aaO S. 1355). Geht es für die Beklagte nach ihrem Austritt demnach nur noch darum, die ihr zustehende Abfindung für ihren Geschäftsanteil zu erhalten, darf sie ihre Mitspracherechte in der Gesellschaft nur noch insoweit ausüben, als ihr wirtschaftliches Interesse an der Durchsetzung ihres Abfindungsanspruchs betroffen ist (vgl. BGHZ 88, 320, 328; Sen.Urt. v. 17. Oktober 1983 aaO S. 1355). Da die Abfindung der Beklagten für ihren Geschäftsanteil nicht von der Klägerin, sondern von ihrer Mitgesellschafterin aufzubringen ist, kommt der Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte nach ihrem Austritt nur noch unmaßgebliche Bedeutung zu. Ist es der Beklagten somit trotz fortbestehender Gesellschafterstellung weitgehend versagt, nach ihrem Austritt in den Angelegenheiten der Gesellschaft mitzusprechen und auf die künftige Entwicklung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen, kann es ihr, da sie keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt, nicht zugemutet werden, sich bis zur Umsetzung ihres Austritts – wie es § 6 des Gesellschaftsvertrags vorsieht – ohne räumliche Beschränkung jeglichen Wettbewerbs mit der Gesellschaft zu enthalten. Ein derart ausgedehntes Wettbewerbsverbot, durch das die Beklagte gezwungen würde, ihre wirtschaftliche Betätigungsfreiheit bis zum Verlust ihrer nur noch formell fortbestehenden Gesellschafterstellung weiterhin dem Erreichen des Gesellschaftszwecks unterzuordnen, diente – zumal die Beklagte auch als Arbeitnehmerin ausgeschieden ist – lediglich dem vom Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. Urt. v. 29. Januar 1996 – II ZR 286/94, DStR 1996, 1254, 1255; v. 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1339; v. 18. Juli 2005 – II ZR 159/03, ZIP 2005, 1778, 1779) missbilligten Zweck, eine unerwünschte Wettbewerberin auszuschalten. Da es ihm somit an der erforderlichen Rechtfertigung fehlte, stellte es sich als unzulässiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Beklagten dar mit der Folge, dass es nichtig wäre.

III. Aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil insoweit der Aufhebung, als das Berufungsgericht – auf die Berufung der Klägerin – dem Unterlassungsbegehren entsprochen und die Beklagte zur Auskunftserteilung über den 9. November 2005 hinaus verurteilt hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, ist die Berufung der Klägerin in diesem Umfang zurückzuweisen (§ 563 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Im Übrigen (Auskunftserteilung für die Zeit ab 8. Oktober 2005 bis zum 9. November 2005) bleibt die Revision der Beklagten erfolglos, weil sich das – der Berufung der Klägerin stattgebende – Urteil des Berufungsgerichts insoweit aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig darstellt (§ 561 ZPO).

Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte dem vertraglichen Wettbewerbsverbot bis zur Bekanntgabe des Beschlusses über die Verwertung ihres Geschäftsanteils mit Schreiben vom 7. November 2005 unterlag. Dies war somit bis zum Zugang des Schreibens bei der Beklagten am 9. November 2005 (§ 270 ZPO analog) der Fall. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Landgerichts, die Beklagte sei ungeachtet dessen lediglich verpflichtet, der Klägerin Auskunft über die bis zum 7. Oktober 2005 für die R. GmbH auf den Geschäftsgebieten der Klägerin geschlossenen Geschäfte zu erteilen. § 6 Abs. 1 der Satzung beinhaltet ein umfassendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
umfassendes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
. Anhaltspunkte dafür, dass diese Bestimmung gegen § 1 GWB verstoßen und aus diesem Grund unwirksam sein könnte, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. War der Beklagten danach bis zum 9. November 2005 jeglicher Wettbewerb mit der Klägerin untersagt und hatte die Beklagte gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen, konnte die Klägerin von ihr Auskunft darüber verlangen, ob und welche Geschäfte sie entgegen dem bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Wettbewerbsverbot für die R. GmbH geschlossen hatte.

Der danach bestehende Auskunftsanspruch war nicht – wie das Landgericht möglicherweise gemeint hat – für die Zeit nach dem 7. Oktober 2005 durch Erfüllung erloschen. Die Erklärung der Beklagten, sie habe nach diesem Zeitpunkt keinen Kontakt zu Kunden der Klägerin aufgenommen, genügt angesichts des über den Kundenstamm der Klägerin hinausgehenden Wettbewerbsverbots nicht.

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Schlagworte: Abfindung, Abgeleitetes Wettbewerbsverbot, Austritt, Austritt des Gesellschafters, Gesellschafter, Gesellschafter verbleibt zunächst in der Gesellschaft, Gesellschafterliste in der Überganszeit, Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht in der Übergangszeit, Gesellschaftsvertragliches Kündigungsrecht, Kein automatischer Übergang der Geschäftsanteile auf die Gesellschaft, Kündigung der GmbH, Kündigung des Geschäftsanteils, Kündigungsbedingte Einziehung der Geschäftsanteils, Mitgliedschaftsrechte, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Rechtsfolgen der Kündigung für den ausscheidenden Gesellschafter, Reduziertes Stimmrecht soweit wirtschaftliches Interesse an Durchsetzung der Abfindung betroffen, Satzungsbestandteil, Sittenwidrigkeit hinsichtlich Ort Zeit und Gegenstand, Stimmrecht in der Übergangszeit, Teilnahme an Gesellschafterversammlungen des ausscheidenden Gesellschafters, Treuepflicht in der GmbH, Übertragung, umfassendes Wettbewerbsverbot, Vertragliches Wettbewerbsverbot, Verwaltungsrechte in der Übergangszeit, Während der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot der Gesellschafter, Wichtiger Grund

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BGH, Urteil vom 7. Juli 2008 – II ZR 81/07

7. Juli 2008

nachvertragliches Wettbewerbsverbot

GmbHG § 35; HGB §§ 74 ff.

a) Aus der in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag getroffenen Vereinbarung eines (nachvertraglichen) Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung kann – unabhängig von der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Vereinbarung – jedenfalls ein Anspruch auf Karenzentschädigung nicht abgeleitet werden.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gelten die an dem arbeitsrechtlichen Schutz von Handlungsgehilfen orientierten Vorschriften der §§ 74 ff. HGB grundsätzlich nicht für den Geschäftsführer einer GmbH (vgl. BGHZ 91, 1; BGH, Urteil vom 4. März 2002 – II ZR 77/00, ZIP 2002, 709 f. zu b sowie zuletzt Urteil vom 28. April 2008 – II ZR 11/07, BB 2008, 1349).

c) Nicht anwendbar ist insbesondere der Grundsatz der bezahlten Karenz gemäß § 74 Abs. 2 HGB (BGHZ 91, 1). Das schließt nicht aus, dass die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gemäß § 138 BGB i.V. mit Art. 2, 12 GG nichtig sein kann, wenn das Verbot nicht dem berechtigten geschäftlichen Interesse der Gesellschaft dient oder es nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und die wirtschaftliche Tätigkeit des Geschäftsführers unbillig erschwert (BGHZ 91, 1, 5; BGH, Urteil vom 4. März 2002 – II ZR 77/00, ZIP 2002, 709 f.).

Tenor

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO) liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552 a ZPO).

1. Die der Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts zugrunde gelegte Rechtsfrage der Wirksamkeit einer § 75 Abs. 3 HGB entsprechenden Ausschlussklausel in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag ist nicht klärungsbedürftig und stellt sich in dieser Form auch gar nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gelten die an dem arbeitsrechtlichen Schutz von Handlungsgehilfen orientierten Vorschriften der §§ 74 ff. HGB grundsätzlich nicht für den Geschäftsführer einer GmbH (vgl. BGHZ 91, 1; Urteil vom 4. März 2002 – II ZR 77/00, ZIP 2002, 709 f. zu b sowie zuletzt Urteil vom 28. April 2008 – II ZR 11/07, BB 2008, 1349). Nicht anwendbar ist insbesondere der Grundsatz der bezahlten Karenz gemäß § 74 Abs. 2 HGB (BGHZ 91, 1). Das schließt zwar nicht aus, dass die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gemäß § 138 BGB i.V. mit Art. 2, 12 GG nichtig sein kann, wenn das Verbot nicht dem berechtigten geschäftlichen Interesse der Gesellschaft dient oder es nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und die wirtschaftliche Tätigkeit des Geschäftsführers unbillig erschwert (BGHZ 91, 1, 5; Sen.Urt. v. 4. März 2002 aaO). Darauf kommt es jedoch hier aus mehreren Gründen nicht an.

Soweit die Revision unter Hinweis auf entsprechende Ausführungen im Schrifttum (Bauer/Diller, GmbHR 1999, 885, 891 f.) meint, die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung sei grundsätzlich wegen unbilliger Erschwerung des beruflichen Fortkommens des ehemaligen Geschäftsführers gemäß § 138 BGB unwirksam, wird zum einen übersehen, dass aus einer unwirksamen Vereinbarung kein Anspruch auf die von dem Kläger begehrte Karenzentschädigung folgen würde. Diese wird nicht kraft Gesetzes, sondern nur kraft (wirksamer) Vereinbarung gewährt. Das aus § 75 d HGB resultierende Wahlrecht eines Handlungsgehilfen, den Arbeitgeber an einem gemäß § 74 Abs. 2 HGB „unverbindlichen“ Wettbewerbsverbot festzuhalten und eine Karenzentschädigung zu verlangen (vgl. dazu Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. § 75 d Rdn. 2 m.w.Nachw.), kommt bei einem Geschäftsführer nicht in Betracht (vgl. insoweit auch Bauer/Diller aaO S. 894 zu VIII 2).

Zum anderen gehen die Ausführungen der Revision daran vorbei, dass der Kläger die erstinstanzliche Abweisung seiner Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots nicht angefochten hat und damit dessen Wirksamkeit rechtskräftig feststeht (BU 3 unten). Daraus folgt aber ebenfalls kein Anspruch auf eine Karenzentschädigung, weil diese für den hier gegebenen Fall einer zulässigen fristlosen Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages durch die Gesellschaft vertraglich ausgeschlossen, also für diesen Fall nicht vereinbart ist. Ebenso wie die Zahlung einer Karenzentschädigung insgesamt ausgeschlossen werden kann, kann sie auch für bestimmte Fälle ausgeschlossen werden. Es handelt sich hier nicht um den Wegfall einer vereinbarten Karenzentschädigung, wie er in der – von dem Bundesarbeitsgericht (NJW 1977, 1357) für verfassungswidrig erachteten – Vorschrift des § 75 Abs. 3 HGB vorgesehen ist (vgl. dazu Baumbach/Hopt aaO § 75 Rdn. 2). Ob der vertragliche Ausschluss einer Karenzentschädigung für den genannten Fall die (zulässige) „Funktion einer Vertragsstrafe“ hat, wie das Berufungsgericht meint, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls gelten hier die zugunsten eines Handlungsgehilfen zwingenden Regelungen der §§ 74 bis 75 c HGB (vgl. § 75 d HGB), wie schon erwähnt, nicht.

Da im Übrigen rechtskräftig feststeht, dass die Vereinbarung des Wettbewerbsverbots trotz vertraglichen Ausschlusses einer Karenzentschädigung wirksam ist, kann aus dieser Vereinbarung von vornherein kein Anspruch auf Karenzentschädigung abgeleitet werden. Mit dem nachträglichen Wegfall einer vereinbarten Karenzentschädigungspflicht infolge Verzichts der GmbH auf das Wettbewerbsverbot (dazu Sen.Urt. v. 4. März 2002 aaO) hat der vorliegende Fall nichts zu tun.

2. Aus den genannten Gründen ergibt sich zugleich, dass die Revision des Klägers keinen Erfolg haben kann.

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nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Schlagworte: Anstellungsvertrag, Geschäftsführer, Grundsätzlich keine Anwendung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften, Haftung nach § 43 GmbHG, Innenhaftung, Karenzentschädigung, Nachvertraglich, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Rechtliche Einordnung des Anstellungsvertrags, Schutz von Handlungsgehilfen, Wettbewerbsverbot

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BGH, Urteil vom 4. März 2002 – II ZR 77/00

4. März 2002

Wettbewerbsverbot KarenzentschädigungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Karenzentschädigung
Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot Karenzentschädigung

GmbHG § 35; HGB §§ 74 ff.

a) Das im Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot gegen Karenzentschädigung wird nicht allein dadurch verkürzt oder hinfällig, dass er mit der ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages von seinen Dienstpflichten freigestellt wird.

Bei einem Wettbewerbsverbot steht das Interesse der Gesellschaft im Vordergrund, sich davor zu bewahren, daß der Geschäftsführer die in dem Unternehmen erlangten Kenntnisse und Verbindungen zu ihrem Schaden ausnutzt (Sen.Urt. v. 17. Februar 1992 – II ZR 140/91, ZIP 1992, 543). Soweit es zum Schutz eines derartigen berechtigten Interesses der Gesellschaft erforderlich ist und die Berufsausübung oder sonstige wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers zeitlich, örtlich und gegenständlich nicht unbillig erschwert wird, also ein Verstoß gegen § 138 BGB nicht vorliegt (vgl. dazu z.B. Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 – II ZR 238/96, NJW 1997, 3089), kann ein Nachvertragliches WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
mit einem Geschäftsführer auch ohne Karenzentschädigung vereinbart werden, weil ihm gegenüber die gesetzliche Regelung für Handlungsgehilfen des § 74 Abs. 2 HGB nicht gilt (Sen., BGHZ 91, 1, 5; Urt. v. 17. Februar 1992 aaO).

b) Die vereinbarte Karenzentschädigungspflicht entfällt mit dem Verzicht der GmbH auf das Wettbewerbsverbot jedenfalls dann nicht, wenn der Verzicht nach ordentlicher Kündigung des Anstellungsvertrages erst zu einem Zeitpunkt erklärt wird, in dem der Geschäftsführer sich auf die mit dem Wettbewerbsverbot verbundenen Einschränkungen seiner neuen beruflichen Tätigkeit eingerichtet hat.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. Februar 2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger war Fremdgeschäftsführer der beklagten GmbH, die mit Textilien handelt. In § 6 seines Anstellungsvertrages vom 28. April 1992 wurde folgendes vereinbart:

„Herr A. (Kläger) verpflichtet sich, nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer aus der Gesellschaft für die Dauer eines Jahres weder bei einem Konkurrenzunternehmen der Gesellschaft tätig zu werden noch ein solches zu betreiben. Für die Dauer des Wettbewerbsverbots erhält Herr A. eine Entschädigung in Höhe von 80 % der zuletzt gewährten Jahresbezüge gemäß § 2, wenn er keine andere Beschäftigung findet. Sollte das im Verbotszeitraum erhaltene Einkommen unter 80 % der letzten … Einkünfte liegen, so bekommt Herr A. die Differenz von der Firma vergütet.“

Unter dem 15. Dezember 1995 berief die Beklagte den Kläger als Geschäftsführer ab und kündigte den Anstellungsvertrag unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist von einem Jahr zum 31. Dezember 1996. Zugleich stellte sie den Kläger unter Weiterzahlung seines vollen Gehalts von allen Dienstpflichten frei. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1996 teilte sie ihm mit, daß sie mit Wirkung vom 1. Januar 1997 auf das Wettbewerbsverbot verzichte, woraufhin der Kläger unter dem 9. Januar 1997 darauf hinwies, daß er gleichwohl die vereinbarte Karenzentschädigung beanspruche.

Mit seiner am 30. Dezember 1998 eingereichten Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung für das Jahr 1997 in Höhe von 80 % seines Jahreseinkommens von 184.776,90 DM unter Anrechnung behaupteter Einkünfte von 32.400,00 DM, mithin 115.421,52 DM. Die Beklagte hat sich u.a. auf Verjährung berufen und vorgetragen, die Parteien hätten das – nach Sachlage ohnehin hinfällige – Wettbewerbsverbot Ende Dezember 1996 einvernehmlich aufgehoben; zudem gebe der Kläger seine anderweitigen Einkünfte zu niedrig an.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie auf Berufung der Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das zwischen den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot mit Karenzentschädigungspflicht nicht seinem Sinn und Zweck nach schon dadurch hinfällig geworden, daß der Kläger nach Ausspruch der Kündigung der Beklagten vom 15. Dezember 1995 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 1996 von seinen Dienstpflichten freigestellt und damit von den Geschäftsgeheimnissen sowie sonstigen Interna der Beklagten ferngehalten war. Diese Auslegung verletzt anerkannte Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157, 242 BGB), insbesondere den Grundsatz beiderseits interessengerechter Vertragsauslegung (vgl. dazu Sen.Urt. v. 9. Juli 2001 – II ZR 228/99, ZIP 2001, 1410 m.N.), wie die Revision zu Recht rügt.

a) Das Berufungsgericht geht allerdings insoweit zutreffend davon aus, daß das Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigungspflicht nicht an die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, sondern an die Beendigung des – in der vorliegenden Vertragsurkunde geregelten – Anstellungsvertrages anknüpfen, was sich schon daraus ergibt, daß bis dahin das volle Gehalt und nicht nur 80 % hiervon zu zahlen waren. Dem Wortlaut der vertraglichen Regelung ist aber auch nicht zu entnehmen, daß es für die Geltung des Wettbewerbsverbots, seinen Beginn und seine Dauer, darauf ankommen sollte, ob und wie lange der Kläger nach Kündigung seines Anstellungsvertrages von seinen Dienstpflichten freigestellt wird. Derartiges geschieht nicht selten nach Abberufung eines Geschäftsführers und ordentlicher Kündigung seines Anstellungsvertrages, weil damit regelmäßig ein Vertrauensverlust der Gesellschaft einhergeht, der es nicht ratsam erscheinen läßt, den bisherigen Geschäftsführer in einer ähnlichen Position bis zur Vertragsbeendigung weiterzubeschäftigen. Da im vorliegenden Fall eine einjährige Kündigungsfrist vereinbart war und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot erst danach einsetzen sollte, war nach den Vereinbarungen der Parteien die Karenzentschädigung bis zum 31. Dezember 1997 zu zahlen.

b) Zwar steht bei einem Wettbewerbsverbot das Interesse der Gesellschaft im Vordergrund, sich davor zu bewahren, daß der Geschäftsführer die in dem Unternehmen erlangten Kenntnisse und Verbindungen zu ihrem Schaden ausnutzt (Sen.Urt. v. 17. Februar 1992 – II ZR 140/91, ZIP 1992, 543). Soweit es zum Schutz eines derartigen berechtigten Interesses der Gesellschaft erforderlich ist und die Berufsausübung oder sonstige wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers zeitlich, örtlich und gegenständlich nicht unbillig erschwert wird, also ein Verstoß gegen § 138 BGB nicht vorliegt (vgl. dazu z.B. Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 – II ZR 238/96, NJW 1997, 3089), kann ein Nachvertragliches WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Wettbewerbsverbot
mit einem Geschäftsführer auch ohne Karenzentschädigung vereinbart werden, weil ihm gegenüber die gesetzliche Regelung für Handlungsgehilfen des § 74 Abs. 2 HGB nicht gilt (Sen., BGHZ 91, 1, 5; Urt. v. 17. Februar 1992 aaO). Daraus läßt sich aber nicht schließen, daß auch bei einer vereinbarten Karenzentschädigung und bei der Auslegung dieser Vereinbarung allein die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Interessen der Gesellschaft
zu berücksichtigen wären. Vielmehr kommt hier auch der Dispositionsschutz des Geschäftsführers zum Tragen. Wollte die Beklagte, daß die bezahlte Karenz im Fall einer Freistellung des Klägers von seinen Dienstpflichten verkürzt oder hinfällig wird, so wäre es ihre Sache gewesen, dies in dem Vertrag klarzustellen.

2. Was den Verzicht der Beklagten auf das Wettbewerbsverbot angeht, so verkennt das Berufungsgericht, daß das dem Kläger bis zur Beendigung seines Anstellungsvertrages gezahlte, reguläre Gehalt wie bisher zur Deckung seines laufenden Lebensunterhalts und nicht zur Vorsorge für die Zeit danach bzw. als Ersatz für die Karenzentschädigung bestimmt war. Die Beklagte hat den Kläger bis zum Zugang ihres Schreibens vom 16. Dezember 1996 in dem Glauben gelassen, er müsse seinen künftigen Lebensunterhalt auf einem anderen, ihm weniger geläufigen Geschäftssektor als demjenigen der Beklagten suchen und könne dafür auf die Karenzentschädigung zurückgreifen. Auch wenn die Beklagte ihrerseits von der Hinfälligkeit des Wettbewerbsverbots nach der Kündigung ausgegangen sein sollte, ist ihr vorzuwerfen, daß sie diese im Rechtsstreit nachdrücklich verfochtene Ansicht nicht bei Ausspruch der Kündigung zum Ausdruck gebracht und damit eine der Kündigungsfrist entsprechende Dispositionsfrist gewahrt, sondern den Verzicht erst kurz vor Beendigung des Anstellungsvertrages zu einem Zeitpunkt erklärt hat, in dem sie davon ausgehen mußte, daß der Kläger sich auf die Geltung des Wettbewerbsverbots und die damit verbundenen Einschränkungen beim Aufbau einer neuen beruflichen Existenz eingerichtet hatte. Infolgedessen muß sie es hinnehmen, an die mit dem Kläger getroffene Vereinbarung gebunden zu bleiben.

3. Die Forderung des Klägers ist auch nicht gemäß §§ 196 Abs. 1 Nr. 8, 201 a.F. BGB ganz oder zum Teil verjährt, weil die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung erst Anfang 1997 fällig zu werden begann. Die Klage wurde am 30. Dezember 1998 eingereicht und „demnächst“ (§ 270 Abs. 3 ZPO) zugestellt.

4. Die Sache ist jedoch noch nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht zu der Behauptung der Beklagten, die Parteien hätten das Wettbewerbsverbot einvernehmlich aufgehoben, keine Feststellungen getroffen hat.

Die Sache ist daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

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Schlagworte: Anstellungsvertrag, Geschäftsführer, Grundsätzlich keine Anwendung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften, Karenzentschädigung, Nachvertraglich, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Rechtliche Einordnung des Anstellungsvertrags, Rechtsfolgen bei Wettbewerbsverstoss, Schutz von Handlungsgehilfen, Vertragliches Wettbewerbsverbot, Verzicht, Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot der Geschäftsführer, Wettbewerbsverbot der Gesellschafter, Wettbewerbsverbot Karenzentschädigung

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BGH, Urteil vom 14. Juli 1997 – II ZR 238/96

14. Juli 1997

Berufsausübungsfreiheit einschränkendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Berufsausübungsfreiheit einschränkendes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot

Art 12 Abs 1 GG, § 138 Abs 1 BGB, § 139 BGB, § 705 BGB

a) Ein im Gesellschaftsvertrag selbständig praktizierender Tierärzte vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot, nach dem der ausscheidende Gesellschafter „im Umkreis von 30 km vom Sitz der Praxis keinerlei tierärztliche Tätigkeit ausüben“ darf, ist Sittenwidrig und nichtig, weil es in zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Hinsicht das notwendige Maß überschreitet.

b) Ein derart die Berufsausübungsfreiheit einschränkendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Berufsausübungsfreiheit einschränkendes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
kann nicht in entsprechender Anwendung des BGB § 139 in der Weise aufrechterhalten werden, daß das Gericht an Stelle der Betroffenen festlegt, mit welchen zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Grenzen das Verbot gilt.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Juli 1996 insoweit aufgehoben, als dem Unterlassungsbegehren der Kläger entsprochen worden ist (Ziff. I.1. des Urteilstenors). Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 8. März 1996 zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits 1. und 2. Instanz haben die Kläger 6/7 und der Beklagte 1/7 zu tragen, die Kosten des Revisionsverfahrens fallen den Klägern zur Last.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Parteien sind Tierärzte. Nachdem der Kläger zu 1 und der Beklagte bereits früher ihren Beruf in einer Gemeinschaftspraxis in E. ausgeübt hatten, haben sie mit Wirkung vom 2. Januar 1992 den Kläger zu 2 in diese Praxis aufgenommen. Im Laufe des Frühjahrs 1994 kam es zu Unstimmigkeiten, die den Beklagten veranlaßt haben, das Gesellschaftsverhältnis zu kündigen. Zwischen den Parteien besteht jetzt Einigkeit, daß der Beklagte zum 31. Dezember 1996 aus der von den Klägern fortgesetzten Gesellschaft ausgeschieden ist. In der Revisionsinstanz besteht nur noch Streit darum, ob der Beklagte ab 1. Januar 1997 einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt. In § 16 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages vom 13. Februar 1992 ist bestimmt:

„Der scheidende Partner verpflichtet sich, im Umkreis von 30 km vom Sitz der Gemeinschaftspraxis keinerlei tierärztliche Tätigkeit auszuüben.“

Die Kläger haben unter Berufung auf diese Bestimmung den Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung auf Beachtung dieses Wettbewerbsverbots in Anspruch genommen. Das Oberlandesgericht hat dem Begehren nur für die Zeit bis zum Ausscheiden des Beklagten (31. Dezember 1996) entsprochen. In dem vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger neben anderen inzwischen rechtskräftig erledigten Ansprüchen von dem Beklagten Unterlassung tierärztlicher Tätigkeit für die Dauer von drei Jahren ab 1. Januar 1997 in einem Umkreis von 10 km hilfsweise 6,5 km vom Sitz der Gemeinschaftspraxis verlangt. Vor dem Landgericht hatten sie keinen Erfolg; das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, für die Dauer von zwei Jahren ab 1. Januar 1997 als Tierarzt selbständig oder unselbständig in einem näher beschriebenen Umkreis von 6,5 km um die Ortsmitte von E. zu praktizieren. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, der insoweit die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Die Revision ist begründet und führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des den Unterlassungsanspruch abweisenden Urteils des Landgerichts.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, das in § 16 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages niedergelegte Wettbewerbsverbot sei nach § 138 BGB Sittenwidrig. Damit befindet es sich in Übereinstimmung mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Diese läßt mit Rücksicht auf die vor allem bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden Wertentscheidungen der Verfassung hier des Art. 12 Abs. 1 GG Wettbewerbsbeschränkungen nur zu, wenn sie örtlich, zeitlich und gegenständlich das notwendige Maß nicht überschreiten. Ihre Rechtfertigung findet die wettbewerbsbeschränkende Abrede allein in dem anerkennenswerten Bestreben des von ihr begünstigten Teils, sich davor zu schützen, daß der andere Teil die Erfolge seiner Arbeit illoyal verwertet oder sich in sonstiger Weise zu seinen Lasten die Freiheit der Berufsausübung mißbräuchlich zunutze macht; soweit dieses Interesse nicht betroffen ist, beschränken derartige Abreden die Freiheit der Berufsausübung unangemessen und sind Sittenwidrig (vgl. BGHZ 91, 1, 5 f.; Sen.Urt. v. 9. Mai 1968 II ZR 158/66, NJW 1968, 1717; BGH, Urt. v. 13. März 1979 KZR 23/77, NJW 1978, 1605 Frischbeton; Sen.Urt. v. 28. April 1986 II ZR 254/85, NJW 1986, 2944 = WM 1986, 1251; BGH, Urt. v. 15. März 1989 VIII ZR 62/88, JR 1990, 20; Sen.Urt. v. 29. Oktober 1990 II ZR 241/89, WM 1990, 2121; BGH, Urt. v. 19. Oktober 1993 KZR 3/92, NJW 1994, 384 Ausscheidender GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausscheidender Gesellschafter
Gesellschafter
; Sen.Urt. v. 29. Januar 1996 II ZR 286/94, NJW-RR 1996, 741).

2. Das von den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot hält der nach diesen Maßstäben anzustellenden Prüfung schon deswegen nicht stand, weil es zeitlich keinerlei Einschränkungen enthält und damit für den Beklagten ein lebenslanges Verbot enthält, in einem Radius von 30 km um den Sitz der Gemeinschaftspraxis seinen Beruf als Tierarzt auszuüben. Obendrein ist wie das Berufungsgericht ebenfalls richtig erkannt hat das Gebiet, auf das sich dieses Verbot tierärztlicher Berufsausübung erstreckt, unangemessen weit ausgedehnt. Beide Regelungen zusammen sind geprägt von dem Willen, den ausgeschiedenen Gesellschafter für immer als Konkurrenten auszuschalten und ihn zu zwingen, das Gebiet zu verlassen, in dem er seinen beruflichen und persönlichen Lebensmittelpunkt hatte, sofern er weiterhin in seinem Beruf tätig bleiben will. Dieser nachhaltige Eingriff in die grundgesetzlich verbürgte Freiheit der Berufsausübung des Beklagten ist auch unter Berücksichtigung der besonderen Struktur einer ländlichen Tierarztpraxis nicht gerechtfertigt, zumal sich das Wettbewerbsverbot nicht allein auf die bereits vorhandenen Kunden der Gemeinschaftspraxis, sondern auch auf alle weiteren Personen in dem genannten Raum erstreckt, die zu irgendeinem Zeitpunkt tierärztliche Hilfe für ihre Groß- oder Kleintiere benötigen.

3. a) Das Berufungsgericht hat allerdings gemeint, die von ihm zutreffend für Sittenwidrig gehaltene Wettbewerbsregelung des Gesellschaftsvertrages sei nicht nach § 138 BGB nichtig, sondern könne bei Herabsetzung der zeitlichen und Verringerung ihrer räumlichen Geltung in entsprechender Anwendung von § 139 BGB aufrechterhalten werden. Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht. Der Senat hat allerdings in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur überlangen Dauer von Bierbezugsverträgen (vgl. BGH, Urt. v. 14. Juni 1972 VIII ZR 14/71, NJW 1972, 1459; weitere Nachweise bei Paulusch, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Brauerei- und Gaststättenrecht, 9. Aufl. 1996, Rdnr. 143 ff.) wiederholt ausgesprochen (vgl. Sen.Urt. v. 29. Oktober 1990 II ZR 241/89, WM 1990, 2121, 2222 f.; Sen.Urt. v. 29. Januar 1996 II ZR 286/94, NJW-RR 1996, 741, 742; vgl. ferner BGH, Urt. v. 19. Oktober 1993 KZR 3/92, NJW 1994, 384, 386; Staub/Hüffer, HGB, 4. Aufl., Vor § 22 Rdnr. 35; Staudinger/Sack, BGB <1996> § 138 Rdnr. 109 ff., 312 m.w.N.; Canaris, FS Steindorff S. 519 ff., 536 ff.; kritisch Lammel AcP 189 <1989>, 244 ff. 259 f., 285 f.; Hirte ZHR 154 <1990> 443, 459 f.), eine zeitlich unbegrenzte Wettbewerbsbeschränkung könne im Wege der geltungserhaltenden Reduktion auf das noch zu billigende Maß zurückgeführt werden. Dabei ist die Vorstellung bestimmend, die auf Dauer angelegte Beziehung sei derart in Teilabschnitte zu zerlegen, daß sie sich als Teile eines ganzen Vertrages i.S.d. § 139 BGB darstellen mit der Folge, daß sie bei einem entsprechenden Parteiwillen mit einer kürzeren, nicht zu beanstandenden Laufzeit aufrechterhalten bleiben (vgl. Sen.Urt. v. 29. Oktober 1990 II ZR 241/89, WM 1990, 2121, 2123 m.w.N.). Ähnlich wie bei der zeitlichen Überdehnung des Wettbewerbsverbots soll nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. Hirte ZHR aaO S. 459 f.; Melullis WRP 1994, 686, 691 f.; Traub WRP 1994, 802, 806) bei der zu weitgehenden räumlichen Erstreckung der Beschränkung die lediglich quantitative Überschreitung in Teilabschnitte zerlegbar sein, so daß auch eine wegen Mißachtung der räumlichen Grenzen sittenwidrige Wettbewerbsbeschränkung nicht nichtig, sondern verkürzt auf das angemessene Maß aufrechterhalten werden kann.

b) Ob dieser auch dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Auffassung gefolgt werden kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn es geht nicht allein um die Korrektur quantitativer Überschreitungen der anzuerkennenden Grenzen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, was sich schon daraus ergibt, daß sich das Berufungsgericht nicht nur auf eine Verkleinerung des für das Wettbewerbsverbot maßgeblichen Radius beschränkt, sondern aufgrund einer Wertung den derart verkleinerten räumlichen Bereich weiter korrigiert hat.

In der bisherigen, eine nur quantitativ wirkende Nichtigkeit anerkennenden Rechtsprechung der verschiedenen Senate des Bundesgerichtshofs ist stets ausgesprochen worden, daß die genannte geltungserhaltende Reduktion ihre Grenze dort findet, wo die Sittenwidrigkeit einer wettbewerbsbeschränkenden Regelung nicht allein in der zeitlichen Ausdehnung liegt, sondern weitere zur Anwendbarkeit des § 138 BGB führende Gründe hinzutreten (vgl. z.B. Sen.Urt. v. 28. April 1986 II ZR 254/85, NJW 1986, 2944, 2945; Sen.Urt. v. 29. Oktober 1990 II ZR 241/89, WM 1990, 2121, 2123; BGH, Urt. v. 17. Oktober 1973 VIII ZR 91/72, LM BGB § 138 (Bb) Nr. 35; ferner Paulusch aaO Rdnr. 148 ff. m.w.N.). Dann nämlich geht es nicht mehr lediglich darum, eine bloß quantitativ zu weitgehende, im übrigen aber von dem anzuerkennenden Willen der Parteien getragene Regelung auf das zulässige Maß zurückzuführen. Vielmehr müßte bei einer nicht bloß aus der quantitativen Überschreitung der zulässigen Grenzen hergeleiteten Sittenwidrigkeit das Gericht auf den übrigen Inhalt des sittenwidrigen Geschäfts rechtsgestaltend einwirken, um den Einklang mit der Rechtsordnung herzustellen. Das überschreitet nicht nur den den Gerichten eingeräumten Gestaltungsspielraum (vgl. Flume, Allg.Teil des BGB, Das Rechtsgeschäft, 3. Aufl. § 18, 9 Fn. 78 S. 389 und § 32, 6 S. 582; ferner Lammel aaO S. 256 ff., 286), weil wie die gerichtliche Praxis zeigt die unterschiedlichsten Regelungen denkbar sind, um z.B. einen sachgerechten, die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen berücksichtigenden Interessenausgleich zwischen dem aus einer Freiberuflersozietät ausscheidenden und den verbleibenden Gesellschaftern herbeizuführen. Es widerspricht auch dem mit § 138 BGB verfolgten Zweck, den Betroffenen das Risiko zuzuweisen, daß eine zwischen ihnen getroffene Vereinbarung Sittenwidrig und nichtig ist (vgl. BGHZ 68, 204, 206 f.; Sen.Urt. v. 28. April 1986 II ZR 254/86, NJW 1986, 2944, 2945).

c) Ein solcher Fall liegt hier vor. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das Wettbewerbsverbot des § 16 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages nicht nur wegen Überschreitung der zeitlichen und räumlichen Grenzen, sondern auch deswegen Sittenwidrig, weil es dem Gegenstand nach das zulässige Maß weit überschreitet. Dem ausscheidenden Sozius wird nämlich entgegen der Meinung der Kläger nicht lediglich eine konkurrierende Tätigkeit zu der Gemeinschaftspraxis verboten, vielmehr umfaßt die Regelung nach ihrem zweifelsfreien Wortlaut jede Ausübung des Tierarztberufes. Dementsprechend haben die Kläger von dem Beklagten verlangt, jegliche tierärztliche Tätigkeit in den von ihnen im Laufe der beiden Rechtsstreitigkeiten eingeschränkten zeitlichen und räumlichen Umfang zu unterlassen. Danach dürfte der Beklagte nicht im staatlichen oder kommunalen Veterinärwesen z.B. bei einem Veterinäramt oder einem Schlachthof tätig sein oder in einem abhängigen Dienstverhältnis, etwa für einen Tierzüchter, einen Pferdesportverein bzw. -verband oder eine Fachklinik tierärztliche Leistungen erbringen. Diese Einschränkung wirkt dabei umso einschneidender, als sich das Verbot wie bereits bemerkt nicht nur auf die tierärztliche Betreuung von bisherigen Kunden der Kläger erstreckt, sondern jeden potentiellen Klienten betrifft. Auch in dieser Überschreitung der gegenständlichen Grenzen eines Wettbewerbsverbots kommt das von § 16 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages verfolgte Ziel zum Ausdruck, den ausscheidenden Gesellschafter als Konkurrenten auszuschalten und ihm die Perspektive für eine tierärztliche Tätigkeit im Großraum E. außerhalb der Gemeinschaftspraxis zu nehmen. Diese Zielsetzung ist von dem berechtigten Anliegen der verbleibenden Gesellschafter, sich auf Zeit vor illoyaler Ausnutzung der in der Gemeinschaftspraxis erworbenen Kenntnisse und Verbindungen zu schützen, nicht gedeckt und begegnet obendrein Bedenken im Hinblick auf § 723 Abs. 3 BGB, weil diese Gestaltung des Wettbewerbsverbots geeignet wäre, ein Mitglied der Sozietät von der Ausübung seines Kündigungsrechts der gesetzlichen Regelung zuwider abzuhalten.

4. Da nach alledem das vereinbarte Wettbewerbsverbot in mehrfacher Hinsicht Sittenwidrig ist und jeder Anhaltspunkt fehlt, welche Regelung im Falle der Unwirksamkeit des § 16 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages gelten soll (vgl. Staub/Hüffer aaO vor § 22 Rdnr. 37), ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, welches nicht nur die zeitlichen und räumlichen Grenzen des Wettbewerbsverbots, sondern auch seinen Gegenstand abweichend vom Vertrag bestimmt hat, für eine teilweise Aufrechterhaltung der sittenwidrigen Klausel kein Raum. Weitere tatsächliche Feststellungen kommen nicht in Betracht, der Senat kann deswegen in der Sache selbst entscheiden.

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I Wettbewerbsverbot der Gesellschafter I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: Befreiung vom Wettbewerbsverbot, Berufsausübungsfreiheit einschränkendes Wettbewerbsverbot, Nachvertraglich, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Sittenwidrigkeit hinsichtlich Ort Zeit und Gegenstand, Vertragliches Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot der Gesellschafter

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BGH, Urteil vom 12. Dezember 1991 – IX ZR 178/91

12. Dezember 1991

§ 242 BGB, § 326 BGB, § 607 Abs 1 BGB, § 779 BGB, Art 20 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 28 Abs 1 S 1 GG, § 7 Abs 1 VglO, § 7 Abs 2 VglO, § 8 Abs 1 VglO

1. Nach geltendem Recht entfaltet ein außergerichtlicher Sanierungsvergleich eine Bindungswirkung nur für diejenigen Gläubiger, die ihn geschlossen haben. Sogenannte Akkordstörer sind grundsätzlich auch dann nicht gehindert, ihre Ansprüche gegen den Schuldner uneingeschränkt durchzusetzen, wenn eine ganz überwiegende Mehrheit der Gläubiger einen derartigen Vergleich befürwortet.

2. Die Annahme einer Gefahrengemeinschaft aller Gläubiger des in eine Krise geratenen Unternehmens mit der Folge einer Zulassung von Mehrheitsentscheidungen zum Zweck seiner außergerichtlichen Sanierung, die auch für nicht zustimmende Gläubiger verbindlich sind, würde die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten und gegen die verfassungsrechtliche Bindung des Richters an Gesetz und Recht verstoßen.

3. Gläubiger, die einem außergerichtlichen Sanierungsvergleich nicht zugestimmt haben, handeln grundsätzlich nicht rechtsmißbräuchlich, wenn sie ihre Ansprüche gegen den Schuldner in vollem Umfang geltend machen.

4. Zum Rücktritt von einem außergerichtlichen Sanierungsvergleich.

Tatbestand

Die Klägerin, eine dänische Bank, nimmt die beklagte Immobiliengesellschaft auf Rückzahlung eines bis zum 31. August 1989 prolongierten Betriebsmittelkredits von 10 Mio DM in Anspruch. Die Beklagte, die zur c.-Gruppe gezählt wird und der c. AG sowie mit dieser verbundenen Unternehmen Standorte vermietete und verpachtete, tritt dem Verlangen unter Berufung auf Sanierungsvereinbarungen mit Bankengläubigern der c.-Gruppe entgegen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Zur Abwendung eines der c.-Gruppe drohenden Konkursverfahrens kam es zwischen der überwiegenden Mehrzahl ihrer insgesamt etwa 150 Bankengläubiger zugunsten des sogenannten c.-Inlandkonzerns zu der „Vereinbarung unter den Banken vom 26. Februar 1989“ (fortan: erste Bankenvereinbarung). In dieser erklärten die Beteiligten, zu denen auch die Klägerin gehörte, mit für die Schuldner auflösend bedingter schuldbefreiender Wirkung einen Rangrücktritt gegen Besserungsschein in Höhe von entweder 33 1/3 % oder 50 % ihrer ungesicherten Forderungen. Die nicht vom Rangrücktritt betroffenen Forderungen sollten zunächst bis zum 31. Dezember 1990 gestundet werden. Die Klägerin wählte einen Rangrücktritt von 33 1/3 % der Klageforderung. Die c. AG, die dabei auch für die Beklagte handelte, erklärte ihr Einverständnis. Es stellte sich heraus, daß die Verzichtsleistungen zur Sanierung der c.-Gruppe nicht ausreichten und weitere Forderungsverzichte erforderlich wurden. Die D. G.-Bank (im folgenden: D. Bank) machte am 12. September 1989 sämtlichen Bankengläubigern den Vorschlag, die c. AG in die Lage zu versetzen, 25 % aller ungesicherten Forderungen der Bankengläubiger gegen Unternehmen der c.Gruppe bis zum 30. September 1989 zu bedienen, sofern diese auf 75 % ihrer ungesicherten Forderungen verzichteten. Dem stimmten mehr als 75 % der Bankengläubiger bis zum 16./17. September 1989 zu, so daß der am 12. September 1989 von der c. AG gestellte Vergleichsantrag am 18. September 1989 zurückgenommen werden konnte. Die Klägerin und einige weitere Banken verweigerten ihr Einverständnis. Die Klägerin forderte die Beklagte und die sechs sogenannten Poolbanken auf, ihr zu bestätigen, daß die erste Bankenvereinbarung im Verhältnis zu ihr weiter gültig sei. Dem widersprach die D. Bank als Sprecherin der übrigen Poolbanken zugleich im Namen der Beklagten mit Schreiben vom 17. Oktober 1989, in dem es heißt:

„die c. AG sowie die D. Bank … (sind) gehalten, alle Banken hinsichtlich ihrer unbesicherten Forderungen gegenüber der c. AG bzw. gegenüber Unternehmen des c.Konzerns gleichzubehandeln, wobei auch die H. GmbH als ein Unternehmen des c.-Konzerns einzubeziehen ist … Wegen des Gebotes der Gleichbehandlung werden die Sanierungsbanken dafür Sorge tragen, daß alle gerichtlichen oder außergerichtlichen Schritte unternommen und Einflußnahmen eingesetzt werden, um eine höhere Vergleichszahlung zu verhindern. Sollte eine höhere Vergleichszahlung auf gerichtlichem Wege von einem einzelnen Gläubiger angestrebt werden, so werden die Sanierungsbanken die c. AG veranlassen, erst nach Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten eine solche höhere Zahlung zu leisten.“

Daraufhin erklärte die Klägerin gegenüber den Poolführungsbanken einschließlich der D. Bank mit Schreiben vom 14. November 1989 den Rücktritt von der ersten Bankenvereinbarung und teilte dies der Beklagten durch Schreiben vom selben Tage mit. Mit der Klage hat die Klägerin Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 10 Mio DM nebst 7,75 % Zinsen ab 13. September 1989 begehrt. Diese meint, auch die Klägerin sei an die zweite Bankenvereinbarung vom September 1989 gebunden, und behauptet, dieser außergerichtliche Vergleich sei unumgänglich gewesen, um einen Konkurs der c.-Gruppe mit Einschluß der – selbst freilich nie insolventen – Beklagten und den Wegfall von etwa 50.000 Arbeitsplätzen zu verhindern. Ein solcher Konkurs hätte zu einem völligen Verlust der ungesicherten Forderungen sämtlicher Bankengläubiger geführt. Bei einem gerichtlichen Vergleichsverfahren hätten die Vermieter der ertragreichen und deshalb für Konkurrenzunternehmen interessanten Ladenlokale und Einkaufsmärkte von ihrem dann gegebenen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht, so daß ein Anschlußkonkurs unvermeidbar gewesen wäre. Dieses Ergebnis hätte nur durch eine gemeinsame Rettungsaktion aller beteiligten Banken vermieden werden können. Die Beteiligung anderer Gläubigergruppen sei nicht möglich gewesen. Deshalb sei es treuwidrig, wenn die Klägerin auf Kosten der zurückstehenden Banken ihre gesamte Forderung realisiere. Auch aus Gründen des Sozialstaatsprinzips sei die Klägerin zu einem Teilverzicht verpflichtet. Durch die Sanierungsbeiträge der Bankengläubiger sei sie um ihre jetzige Befriedigungschance ungerechtfertigt bereichert. Zumindest sei sie an die erste Bankenvereinbarung gebunden.

Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihre Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die ohne Mitwirkung der Klägerin zustande gekommene zweite Vereinbarung vom September 1989 wirke sich auf die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen nicht aus. Weder kenne die Rechtsordnung einen „außergerichtlichen Zwangsvergleich“ noch lasse sich eine derartige Rechtsfolge aus dem Gleichbehandlungsgebot des § 8 VerglO herleiten. Diese Bestimmung beziehe sich – ebenso wie die Vorschriften der Konkursordnung über den Zwangsvergleich – auf ein durch besondere Normen geregeltes gerichtliches Verfahren, an dem es hier fehle. Außerhalb eines solchen Verfahrens sei es jedem Gläubiger unbenommen, einer vertraglichen Regelung zwischen (anderen) Gläubigern und dem Schuldner beizutreten oder nicht. Die Vereinbarung vom September 1989 sei ausdrücklich in Kenntnis des Umstandes getroffen worden, daß sich nicht sämtliche Bankengläubiger an ihr beteiligten. Dritte könnten nicht dazu gezwungen werden, an einem Forderungsverzicht zugunsten des Schuldners teilzunehmen, selbst wenn ihre Verhaltensweise bei gleichem Verhalten der übrigen Gläubiger zu einem völligen Verlust der Forderungen geführt hätte. Auch das Sozialstaatsprinzip vermöge eine andere Betrachtungsweise nicht zu rechtfertigen. Das Nichteingehen der Klägerin auf den Sanierungsvorschlag habe den bei einem Konkurs befürchteten Arbeitsplatzverlust nicht verursacht und sei nicht geeignet, in Zukunft einen solchen Verlust zu bewirken. Von der Klägerin könne nicht die völlige Hintanstellung ihrer Interessen verlangt werden, zumal nicht sie, sondern die c. AG den Zusammenbruch verschuldet habe. Die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs habe die Beklagte nicht dargetan. Von der ersten Bankenvereinbarung sei die Klägerin wirksam zurückgetreten.

II.

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung stand. Mit Recht haben die Instanzgerichte der Klägerin den Klageanspruch aus § 607 Abs. 1 BGB zugesprochen.

1. Ihre Annahme, der zwischen Bankengläubigern und der c.-Gruppe mit Einschluß der Beklagten geschlossene Sanierungsvergleich vom 16./17. September 1989 stehe einer Durchsetzung des Anspruchs der Klägerin auf Rückzahlung des der Beklagten gewährten Betriebsmittelkredits nicht entgegen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

a) Die Klägerin hat dem von der D. Bank vorgeschlagenen Sanierungskonzept vom 12. September 1989 nicht zugestimmt und ist der darauf beruhenden Einigung mit einem Forderungsverzicht von 75 % nicht beigetreten. Deshalb bleibt diese für sie ohne rechtliche Wirkung. Ein außergerichtlicher Sanierungsvergleich kommt durch Vereinbarung des Schuldners mit jedem einzelnen der Gläubiger zustande, wobei sich diese in aller Regel untereinander verständigen (RG KuT 1941, 54, 55; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NJW 1956, 1801, 1802; OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NJW 1965, 399). Er entfaltet eine Bindungswirkung nur für diejenigen Gläubiger, die ihn geschlossen oder sich ihm angeschlossen haben (vgl. Künne, Außergerichtliche Vergleichsordnung 7. Aufl. S. 42; Paul J. Groß, Sanierung durch Fortführungsgesellschaften 2. Aufl. S. 489 f; Kohler-Gehrig, Außergerichtlicher Vergleich zur Schuldenbereinigung und Sanierung S. 4). In der Rechtsprechung findet sich – soweit ersichtlich – keine Entscheidung, in der eine andere Auffassung vertreten wird (vgl. RG KuT 1941, 54; BGH, Urt. v. 27. Februar 1961 – VII ZR 108/59, WM 1961, 403, 404; Urt. v. 7. Mai 1985 – VI ZR 229/83, WM 1985, 1151, 1152; BAG KTS 33 1972 , 193; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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aaO).

Die Revision meint demgegenüber, es sei vom Ergebnis her unbefriedigend, bei einer gelungenen außergerichtlichen Sanierungsaktion einzelne „Akkordstörer“, die ohne die Rettung der Beklagten durch die solidarische Aktion der überwiegenden Mehrheit der übrigen Bankengläubiger mit ihrer Klageforderung in vollem Umfang ausgefallen wären, für ihre mangelnde Solidarität zu belohnen. Auch aus rechtspolitischen Gründen dürfe die Rechtsordnung nicht vor dem Egoismus einzelner Gläubiger kapitulieren. Die Neigung, sich an außergerichtlichen Sanierungsaktionen zu beteiligen, um dadurch die Zerschlagung wirtschaftlicher Werte zu verhindern, würde empfindlich beeinträchtigt, wenn Außenseiter darauf vertrauen dürften, aus den Solidaritätsopfern der übrigen Gläubiger „Kapital schlagen“ zu können. Die Rechtsordnung müsse deshalb die Durchsetzung derartiger, auf Kosten anderer erlangter Sondervorteile jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden verhindern, in denen ein gerichtliches Vergleichsverfahren wirtschaftlich unvernünftig, weil von vornherein schon wegen des Nichterreichens der vom Gesetz verlangten Vergleichsquoten (§ 7 Abs. 1, 2 VerglO) aussichtslos sei und nur ein außergerichtlicher Vergleich eine Befriedigungschance eröffne.

Das Anliegen der Revision mag rechtspolitisch verständlich erscheinen. Die geltende Rechtsordnung stellt jedoch keine Instrumente bereit, die Klägerin zum Beitritt zu dem außergerichtlichen Sanierungsvergleich zu zwingen.

aa) Aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung, der in § 8 Abs. 1 VerglO für den gerichtlichen Vergleich im Vergleichsverfahren und in § 181 Satz 1 KO für den Zwangsvergleich im Konkursverfahren gesetzlichen Ausdruck gefunden hat, sind derartige Rechtsfolgen entgegen der Auffassung der Revision nicht herzuleiten. Diese Normen, die es grundsätzlich gebieten, allen von dem Vergleich betroffenen Gläubigern gleiche Rechte zu gewähren, sind im Zusammenhang mit der gesetzlichen Regelung zu sehen, daß mit Mehrheitsentscheidung, die der gerichtlichen Bestätigung bedarf, eine Verbindlichkeit des Vergleichs für und gegen sämtliche Vergleichsgläubiger oder nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger mit Einschluß derjenigen Gläubiger begründet wird, die dem Vergleich nicht beigetreten sind oder gegen ihn gestimmt haben (vgl. §§ 74, 78 VerglO; §§ 182, 184, 193 KO). Bei einem außergerichtlichen Vergleich fehlt es an einer Gesetzesbestimmung, derzufolge sein Inhalt auch für solche Gläubiger maßgeblich ist, die sich ihm nicht angeschlossen haben. Der Vergleich läßt ihre Rechtsstellung gegenüber dem Schuldner unberührt (vgl. Mühl, NJW 1956, 401, 403).

bb) Die Revision versucht ferner – insbesondere unter Berufung auf Habscheid (Festschrift für R. Bruns 1980 S. 253) -, die Verbindlichkeit eines außergerichtlichen Vergleichs für ihm nicht beigetretene Gläubiger mit dem Gedanken einer zwischen den Gläubigern eines insolventen Unternehmens bestehenden „materiellen (schlichten) Rechtsgemeinschaft“ zu begründen, für die der Gleichbehandlungsgrundsatz auch außerhalb eines gerichtlichen Vergleichs- oder Konkursverfahrens zumindest in entsprechender Anwendung der §§ 741 ff BGB maßgeblich sei.

Auch damit kann die Revision keinen Erfolg haben. Die in Teilen des Schrifttums zu findende Annahme einer zwischen den Gläubigern eines insolventen Schuldners bestehenden Gemeinschaft läßt sich auf die Motive des Entwurfs einer Konkursordnung (RT-Drucks. Nr. 200 II. Session 1874; abgedruckt bei Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen Vierter Band, Die gesamten Materialien zur Konkursordnung 1881) zurückführen. Danach

„treten die Gläubiger kraft Gesetzes in eine  G e m e i n s c h a f t  (communio incidens), in eine z u f ä l l i g e , denn … (es) entsteht … – durch die Existenz der anderen Forderungen, das Zahlungsunvermögen des Schuldners und die Kollision aller Gläubiger – unter ihnen die rechtliche Gemeinschaft. Diese allerdings ist es, welche das Verhältnis der Konkursgläubiger zu einander und das Konkursverfahren in Unterscheidung von jedem anderen Verteilungsverfahren charakterisiert. Das Befriedigungsrecht des Einzelnen erleidet durch den entstandenen Konkursanspruch eines Jeden rechtliche Beschränkung. Die Gemeinschaft hat zum Grund und Gegenstand: das Befriedigungsrecht eines jeden Gläubigers auf das gesamte, unzureichende Vermögen des Gemeinschuldners, zum Zweck und Inhalt: die gemeinschaftliche Befriedigung Aller aus diesem Vermögen. Darum darf kein Gläubiger rücksichtslos gegen die Anderen sein einzelnes Befriedigungsrecht gegen den Schuldner verfolgen …; das gleiche Recht Aller verlangt, daß Keiner seinen Anspruch anders als im gemeinschaftlichen Verfahren ausübe … Jede Vermehrung, jede Verminderung der Masse trifft alle Gläubiger gleichmäßig … Und weil das gleiche Recht Aller bedenklich gefährdet ist, wenn ein einzelner Gläubiger eigensinnig oder eigensüchtig sein Interesse aufgrund formalen Rechts durchsetzen kann, so müssen die Beschlüsse der Mehrheit die Minderheit binden. Das vor Allem ist der Grund, das Ziel und die Grenze eines Zwangsvergleiches (Akkordes)“ (Motive S. 18; Hahn aaO S. 47).

Voraussetzung für die Annahme einer zwischen den Gläubigern bestehenden Gemeinschaft ist nach diesen Ausführungen die Eröffnung des Konkursverfahrens. Das entspricht auch der Auffassung des Schrifttums (vgl. Würdinger, Theorie der schlichten Interessengemeinschaft 1934 S. 63, 66 ff; Berges, KTS 18 (1957), 49 ff; 21 (1960), 1, 9; Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. Vorbem. zu §§ 61-70, die von einer „Verfahrensgemeinschaft“ sprechen; Kilger, KO 15. Aufl. § 3 Anm. 10; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. § 3 Rdn. 2; im Ergebnis auch Wüst, Die Interessengemeinschaft 1958 S. 85 f; derselbe, Festschrift zum 60. Geburtstag von Walter Wilburg 1965 S. 257, 270). Bei einem außergerichtlichen Vergleich wird das Entstehen einer Rechtsgemeinschaft deshalb konsequent an den Abschluß des Vergleichs geknüpft und auf die an ihm beteiligten Gläubiger beschränkt (Mühl, NJW 1956, 401, 403; vgl. auch OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NJW 1965, 399). Die Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wird hier vornehmlich unter dem Gesichtspunkt erörtert, ob die dem Vergleich beigetretenen Gläubiger an diesen gebunden sind, wenn (wider Erwarten) ein Teil der Gläubiger dem Vergleich nicht Beitritt (vgl. RG KuT 1941, 54, 55; BGH, Urt. v. 27. Februar 1961 aaO; Hugo Emmerich, Die Sanierung I. Teil S. 64 f; Künne aaO S. 355), oder ob einem beigetretenen Gläubiger (insgeheim) eine höhere als die im Vergleich festgelegte Quote versprochen werden darf (vgl. RGZ 153, 395, 398; OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NJW 1965, 399 f; KG ZIP 1980, 963, 964 f). Lediglich Habscheid aaO S. 262 gibt zu erwägen, in Vorwirkung eines sonst notwendigen Insolvenzverfahrens „von einer Art Gefahrengemeinschaft aller Gläubiger“ auszugehen und in dieser Gemeinschaft Mehrheitsentscheidungen zu Lasten nicht zustimmender Gläubiger zuzulassen. Er räumt aber sogleich ein, daß dieser Weg wohl nicht ohne richterliche Rechtsfortbildung gemäß § 242 BGB zu beschreiten wäre, zumal die Rechtsprechung eine Mehrheitsgrenze zu finden habe.

Eine derart weitgehende Rechtsfortbildung wäre mit der verfassungsrechtlichen Bindung des Richters an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar. Der Gesetzgeber der Konkurs- und Vergleichsordnung hat die Voraussetzungen, unter denen einem Vergleich, dem nicht alle Gläubiger zugestimmt haben, Wirkungen zu Lasten außenstehender Gläubiger zukommen kann, im einzelnen festgelegt. Insbesondere hat er in beiden Gesetzen qualifizierte Mehrheiten der stimmberechtigten Gläubiger sowie bestimmte Gesamtsummen der Forderungen der zustimmenden Gläubiger vorgesehen, ohne die ein Vergleich nicht zustande kommt (§ 74 VerglO, § 182 KO). In der Vergleichsordnung werden zudem Mindestsätze von – je nach Zahlungsfrist – 35 % und 40 % verlangt (§ 7 Abs. 1, 2 VerglO), in der Konkursordnung insbesondere bei unredlichem Verhalten des Gemeinschuldners von 20 % (§ 187 KO). Ferner bedarf ein Vergleich zu seiner Wirksamkeit stets der Bestätigung durch das Gericht (§ 78 VerglO, § 184 KO). Diese ist unter bestimmten Voraussetzungen zu versagen (§ 79 VerglO, §§ 187 f KO). Das gilt namentlich dann, wenn wesentliche Verfahrensvorschriften nicht beachtet worden sind (§ 79 Nr. 1 VerglO) oder der Vergleich dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger oder der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger widerspricht (§ 79 Nr. 4 VerglO, § 188 Abs. 1 Nr. 2 KO). Der Gesetzgeber hat den auf einer Mehrheitsentscheidung der vergleichsbereiten Gläubiger beruhenden Vergleichszwang gegenüber „einzelnen Gläubigern, die aus bösem Willen, aus Eigensinn oder aus volkswirtschaftlicher Einsichtslosigkeit einem sachgemäßen Ausgleich widerstreben“ (Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses (Vergleichsordnung), RT-Drucks. Nr. 2340 III. Wahlperiode 1924/26 S. 14; vgl. auch die oben wiedergegebenen Auszüge aus den Motiven zur Konkursordnung), von der Einleitung bestimmter Verfahren und der Einhaltung der in Vergleichs- und Konkursordnung niedergelegten Voraussetzungen abhängig gemacht. Daraus ist zu folgern, daß ein außerhalb solcher Verfahren zustande gekommener Vergleich für Gläubiger, die ihm nicht zugestimmt haben, nicht verbindlich ist, auch wenn ihn eine für den Vergleich nach der Vergleichs- oder Konkursordnung ausreichende Mehrheit der Gläubiger aus vernünftigen wirtschaftlichen Erwägungen für geboten hält. In ein derart geschlossenes gesetzgeberisches Konzept einzugreifen, ist dem Richter grundsätzlich untersagt (vgl. BVerfGE 65, 182, 191 f; 69, 188, 204; 82, 6, 12). Dies gilt hier insbesondere auch deshalb, weil es an einer entsprechenden allgemeinen Rechtsüberzeugung fehlt (vgl. BVerfGE 34, 269, 290; 65, 182, 185). Volkswirtschaftliche und sozialpolitische Erwägungen, so berechtigt sie sein mögen, reichen schon angesichts der Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten namentlich in bezug auf Mindestsätze, Mehrheitsverhältnisse, Forderungssummen und die Bildung von Gläubigergruppen nicht aus, die von der Revision befürwortete Rechtsfortbildung durch den Richter zu rechtfertigen. Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers, dem Sanierungsgedanken in einem weiteren Umfang, als bislang geschehen, Geltung zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist auf Art. 1 Sechster Teil (§§ 243-305) des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Reform des Insolvenzrechts zu verweisen. Dort ist vorgesehen, die Rechtsstellung der Gläubiger und des Schuldners durch einen Insolvenzplan, der auch eine teilweise Befreiung des Schuldners von seinen Verbindlichkeiten vorsehen kann (§ 243 Abs. 2 Nr. 3), flexibler als im geltenden Recht zu gestalten.

cc) Eine Verbindlichkeit des Sanierungsvergleichs für die Klägerin ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) in Verbindung mit der Erwägung, daß durch das Gelingen der Sanierungsaktion 50.000 Arbeitsplätze erhalten werden konnten, die bei einem Scheitern vernichtet worden wären. Das Sozialstaatsprinzip enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit regelmäßig keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in geltendes Recht umgesetzt werden könnten. Es zu verwirklichen, ist vielmehr in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers (BVerfGE 65, 182, 193). Nach der gegenwärtigen, durch Vergleichs- und Konkursordnung bestimmten Gesetzeslage ist die Klägerin – wie dargelegt – an den Sanierungsvergleich nicht gebunden.

dd) Schließlich läßt sich eine Verbindlichkeit des Sanierungsvergleichs vom September 1989 für die Klägerin auch nicht aus ihrer Teilnahme an der ersten Bankenvereinbarung vom Februar 1989 herleiten. Die Revision meint, durch den Beitritt zu dieser Vereinbarung, mit dem die Klägerin ihre prinzipielle Sanierungsbereitschaft verbindlich bekundet habe, seien die beteiligten Banken in einem zumindest gesellschaftsähnlichen Verhältnis miteinander verbunden. Dieses begründe die wechselseitige Loyalitätspflicht, nicht nur den Grundsatz der Gleichbehandlung anzuerkennen, sondern sich auch Mehrheitsentscheidungen zu unterwerfen. Dies gelte jedenfalls in den Fällen, in denen – wie hier, wo mehr als 75 % aller Gläubigerbanken der zweiten Sanierungsvereinbarung zugestimmt hätten – eine qualifizierte, für grundlegende Entscheidungen vorgeschriebene und ausreichende Mehrheit erreicht werde.

Es mag gute Gründe dafür geben, die Teilnehmer an einer Sanierungsvereinbarung als eine Gemeinschaft mit gesellschaftsähnlichen Zügen anzusehen (vgl. OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Celle
NJW 1965, 399; KG ZIP 1980, 963, 964; Würdinger aaO S. 66, aber auch S. 69; Jaeger/Lent aaO Vorbem. zu §§ 66-70 S. 830; Mühl, NJW 1956, 401, 403; Künne aaO S. 354; Habscheid aaO S. 262; Kohler-Gehrig aaO S. 49 ff), die durch den Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung geprägt ist und in der Mehrheitsentscheidungen für sämtliche Teilnehmer verbindlich sein können. Derartige Mehrheitsentscheidungen – ihre grundsätzliche Zulässigkeit unterstellt – sind jedoch keinesfalls unbegrenzt möglich. § 745 Abs. 1 BGB beschränkt sie für die Bruchteilsgemeinschaft auf eine ordnungsgemäße Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift können wesentliche Veränderungen des Gegenstandes nicht beschlossen oder verlangt, das Recht eines Teilhabers auf seinem Anteil entsprechende Nutzungen nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden. Hierin kommt ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck, der auf andere „Interessengemeinschaften“ übertragen werden kann. Dieser läßt es als ausgeschlossen erscheinen, die Teilnehmer an einer außergerichtlichen Sanierungsvereinbarung Mehrheitsentscheidungen über grundlegende Veränderungen ihres Inhalts, namentlich über eine Veränderung der Quote zu unterwerfen, um die ihre Forderung gegen den Schuldner gekürzt werden soll. War in der ersten Bankenvereinbarung ein Rangrücktritt gegen Besserungsschein in Höhe von 33 1/3 % der ungesicherten Forderungen vorgesehen, wurde den Bankengläubigern in dem Sanierungsvorschlag vom 12. September 1989 ein endgültiger Forderungsverzicht von 75 % angesonnen. Darin liegt eine so wesentliche Änderung, daß ohne eine besondere Abrede, an der es hier fehlt, eine Verbindlichkeit des neuen Sanierungskonzepts durch Mehrheitsbeschluß der Teilnehmer an der ersten Vereinbarung nicht bewirkt werden konnte (vgl. in diesem Zusammenhang auch BGH, Urt. v. 26. Januar 1961 – II ZR 240/59, WM 1961, 301, 302).

b) Die Revision beruft sich ferner auf ein aus § 242 BGB abgeleitetes Leistungsverweigerungsrecht. Die Klägerin handele rechtsmißbräuchlich, soweit sie mehr verlange, als sie bei einer Teilnahme an dem Sanierungsvergleich erhalten hätte. Damit wolle sie im Ergebnis einen rechtsgrundlosen Sondervorteil auf Kosten derjenigen Bankengläubiger erlangen, die durch ihre Vermögensopfer die Sanierung der c.-Gruppe ermöglicht hätten.

Auch diesen Erwägungen ist nicht zu folgen. Daß der Beklagten gegen die Klägerin ein eigener Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht zusteht, sieht die Revision selbst. Die Klägerin hat aber auch nichts durch die Leistung der an dem Vergleich beteiligten Bankengläubiger erlangt, so daß auf sich beruhen kann, ob diese die Beklagte ermächtigt haben und wirksam ermächtigen konnten, den Bereicherungseinwand geltend zu machen.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist unter einer Leistung im Sinn des § 812 Abs. 1 BGB eine bewußte und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen, wobei sich die jeweilige Zweckrichtung nach dem übereinstimmenden Parteiwillen, beim Fehlen eines solchen nach objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers bestimmt (vgl. BGHZ 40, 272, 277; 58, 184, 186; 72, 246, 248 f; 105, 365, 369; BGB-RGRK/Heimann-Trosien, 12. Aufl. § 812 Rdn. 17). Empfänger der in den teilweisen Forderungsverzichten liegenden Leistungen der an dem Sanierungsvergleich beteiligten Gläubiger war nach dem mit diesem verfolgten Zweck allein die c.-Gruppe. Leistungsbeziehungen zu den an dem Vergleich nicht beteiligten Gläubigern bestanden nicht. Dann sind diese einem Bereicherungsanspruch nicht ausgesetzt. Daß der Wert der Forderung der Klägerin gegen die Beklagte gesunken oder ganz verlorengegangen wäre, wenn diese – was sie behauptet – ohne den vereinbarten teilweisen Forderungsverzicht zusammen mit der c. AG in Konkurs gefallen wäre, ist bereicherungsrechtlich ohne Bedeutung.

c) Entgegen der Meinung der Revision steht den an dem Vergleich beteiligten Gläubigern aufgrund ihres Forderungsverzichts auch nicht ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 f BGB) gegen die Klägerin zu, der die Durchsetzung der Klageforderung als rechtsmißbräuchlich erscheinen lassen könnte.

objektiv haben die an dem Vergleich beteiligten Gläubigerbanken ein Geschäft der Klägerin nicht besorgt. Die Sanierung der c.-Gruppe und damit die (angebliche) Verhinderung einer Insolvenz der Beklagten durch teilweisen Forderungsverzicht lag in erster Linie im Interesse der verzichtenden Banken selbst, weil nach dem Vortrag der Beklagten die Gefahr bestand, daß die Banken mit ihren ungesicherten Forderungen bei einem Konkurs der c. AG und der mit dieser verbundenen Unternehmen ganz ausfielen. Der Klägerin kam der Forderungsverzicht – ebenso wie allen anderen an dem Vergleich nicht beteiligten ungesicherten Gläubigern der Beklagten (und anderer Unternehmen der c.-Gruppe) – allenfalls mittelbar zugute, soweit er von Einfluß auf die Werthaltigkeit ihrer Forderung war. Diese mittelbare Beziehung reicht jedoch nicht aus, die Klägerin im Verhältnis zu den am Vergleich beteiligten Gläubigerbanken als Geschäftsherrin und diese als Geschäftsführer anzusehen (vgl. BGHZ 54, 157, 160 f; 72, 151, 153; 82, 323, 330; BGBRGRK/Steffen aaO Vor § 677 Rdn. 13 f).

Auch die Annahme eines subjektiv fremden Geschäfts kommt im Streitfall nicht in Betracht. Dazu müßte die Beklagte – da es an (auch) objektiv fremder Geschäftsführung fehlt – darlegen und beweisen, daß die an dem Vergleich beteiligten Banken den Willen hatten, ein Geschäft für die Klägerin zu führen, und daß dieser Wille nach außen erkennbar hervorgetreten ist (vgl. BGHZ 40, 28, 31; 62, 186, 189; 65, 354, 357; 82, 323, 331). Dies ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen. Sie beschränkt sich auf den Vortrag, die überwiegende Mehrheit der Bankengläubiger habe der Vereinbarung vom September 1989 zugestimmt und ihren jeweiligen Sanierungsbeitrag mit der Erwartung und der Zweckbestimmung erbracht, dadurch sicherzustellen, daß die ungesicherten Forderungen aller Bankengläubiger wechselseitig ebenso zurücktreten würden und durch den allseitigen und wechselseitig voneinander abhängigen Verzicht der beteiligten Banken die Befriedigung aller ungesicherten Forderungen zu den in der Bankenvereinbarung bestimmten Konditionen erfolgen könnte. Es ist schon zweifelhaft, ob damit der Wille der dem Vergleich beigetretenen Gläubiger, mit der Zustimmung zu dem Vergleich und ihren Forderungsverzichten auch ein Geschäft für die nicht beigetretenen Gläubiger (und nicht nur für sich selbst) zu führen, hinreichend dargetan ist. Jedenfalls ergibt sich aus dem Vorbringen nicht, daß ein solcher Wille nach außen erkennbar geworden ist.

Im übrigen setzt der Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag voraus, daß die Geschäftsführung – von dem hier nicht gegebenen Sonderfall des § 679 BGB abgesehen – dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Auch dies ist dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen. Zunächst kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Klägerin eine Geschäftsführung bei objektiver Betrachtung nur erwünscht sein konnte (vgl. BGHZ 47, 370, 372). Gerade weil die Beklagte selbst (noch) solvent war, konnte die Klägerin der Meinung sein, ein den Bankengläubigern der Beklagten angesonnener Forderungsverzicht von 75 % sei nicht angemessen, zumal die Forderungen von anderen, nicht dem Kreis der Banken angehörenden Gläubigern der Beklagten nicht geschmälert werden sollten (vgl. auch Künne aaO S. 315).

Daraus, daß die Klägerin der ersten Bankenvereinbarung zugestimmt hatte, konnte ihr mutmaßliches Einverständnis mit einer Geschäftsführung wegen der erheblich schlechteren Bedingungen des mit Telefax der DG Bank vom 12. September 1989 unterbreiteten neuen Sanierungskonzepts nicht ohne weiteres abgeleitet werden. Vielmehr mußten alle Gläubiger, die diesem Konzept innerhalb der bis 16.00 Uhr desselben Tages gesetzten Frist zustimmten, damit rechnen, daß die Klägerin – ebenso wie einige andere Bankengläubiger – ihre Zustimmung nicht geben werde. Dies gilt erst recht für solche Gläubiger, die sich mit dem neuen Konzept erst nach Ablauf der Frist einverstanden erklärten. Dafür spricht hier insbesondere, daß die Klägerin bereits den von den sogenannten Aktionärsbanken mit Telefax vom 7. September 1989 unterbreiteten, bis zum 11. September 1989, 16.00 Uhr, befristeten Sanierungsvorschlag, wonach alle Bankengläubiger auf 80 % ihrer ungesicherten Forderungen verzichten sollten, nicht angenommen hatte.

Daß das wirkliche oder mutmaßliche Einverständnis des Geschäftsherrn lediglich darin besteht, daß er dem durch die Geschäftsführung ihm zufließenden Vorteil zustimmt, genügt nicht. Vielmehr muß die gesamte Geschäftsbesorgung von dem vermuteten Einverständnis erfaßt und gedeckt sein (BGH, Urt. v. 12. Januar 1955 – VI ZR 273/53, LM BGB § 683 Nr. 3; BGHZ 82, 323, 331; BGB-RGRK/Steffen aaO Vor § 677 Rdn. 74). Deshalb kann allein daraus, daß der Klägerin eine durch die teilweisen Forderungsverzichte bewirkte Sanierung der c.Gruppe und ein dadurch verhinderter Wertverlust ihrer Forderung willkommen sein mußte, ihr mutmaßliches Einverständnis mit einer Geschäftsführung der dem Vergleich beitretenden Gläubiger nicht hergeleitet werden.

d) Der Klägerin ist ein rechtsmißbräuchliches Verhalten auch nicht deshalb vorzuwerfen, weil – wie die Beklagte gemeint hat – ihr Interesse an einer uneingeschränkten Durchsetzung ihrer Forderung gegenüber dem von der Mehrheit der Bankengläubiger verfolgten Ziel, den Zusammenbruch der c.-Gruppe und damit einen hohen Schaden auf seiten des Schuldners und zahlreicher mittelbar Betroffener, namentlich der Arbeitnehmer, durch eine außergerichtliche Sanierung zu vermeiden, vergleichsweise geringfügig und deshalb nicht schutzwürdig sei.

Zwar wird in der Literatur Rechtsmißbrauch bejaht, wenn sich relativ aus einem Vergleich mit den Interessen des Gegners eine Geringfügigkeit und damit Schutzunwürdigkeit der Position des Berechtigten ergibt. Das Recht des Gläubigers soll zurücktreten müssen, wenn ein sehr starkes Gefälle besteht, weil die Schutzbedürftigkeit der Rechtsgüter des anderen wesentlich höher erscheint oder weil dieser durch die Geltendmachung der Rechte des Gläubigers einen unverhältnismäßig hohen Schaden erlitte (Soergel/Teichmann, BGB 12. Aufl. § 242 Rdn. 293 ff). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Das zeigen bereits die bei Soergel/Teichmann aaO aufgeführten Beispiele für ein rechtsmißbräuchliches Verhalten, die durchweg „in direkter Nähe des Schikaneverbots“ liegen. Im Streitfall erscheinen weder die Interessen der Klägerin an der vollständigen Durchsetzung ihres Anspruchs im Vergleich zu den Interessen der Beklagten an einer Reduzierung ihrer Zahlungsverpflichtungen geringfügig, noch tritt durch die Geltendmachung der Klageforderung auf seiten der Beklagten (oder der c. AG und der Vergleichsbanken) ein Schaden ein, der in einem Mißverhältnis zu dem Ertrag der Klägerin stünde. Denn die c.Gruppe ist saniert, und die Beklagte hat nicht vorgetragen, zu der Erfüllung ihrer der Klägerin gegenüber bestehenden Darlehensschuld nicht in der Lage zu sein.

2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht eine Bindung der Klägerin an die erste Bankenvereinbarung vom Februar 1989 verneint. Die Klägerin ist wirksam von dieser Vereinbarung zurückgetreten.

a) Die erste Bankenvereinbarung ist ein Vergleich im Sinn von § 779 BGB. Die Verwirklichung der Ansprüche der Klägerin war unsicher (§ 779 Abs. 2 BGB). Diese Unsicherheit ist im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt worden. Die Klägerin hat einen „Rangrücktritt“ von einem Drittel ihrer Forderung erklärt und die Stundung der restlichen Forderung bis zum 31. Dezember 1990, unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 1992, eingeräumt. Die Beklagte hat sich verpflichtet, Zinsen für die restliche Forderung jeweils nachträglich zum Quartalsende zu begleichen und hat der Klägerin für ihren Rangrücktritt „Besserungsscheine“ (dazu Künne aaO S. 375) versprochen, die insbesondere aus künftigen Jahresüberschüssen gespeist werden sollten. Damit sind die für das Zustandekommen eines Vergleichs erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.

b) Die von den Parteien in der ersten Bankenvereinbarung übernommenen Verpflichtungen waren gegenseitig von einander abhängig. „Rangrücktritt“ und Stundung wurden von der Klägerin gewährt, weil ihr Zinszahlung und „Besserungsscheine“ versprochen wurden. Die erste Bankenvereinbarung ist deshalb als gegenseitiger Vertrag im Sinn der §§ 320 ff BGB auch dann zu werten, wenn ein Vergleich nicht bereits wegen des zu seiner Rechtsnatur gehörenden beiderseitigen Nachgebens ein gegenseitiger Vertrag sein sollte (vgl. BGH, Urt. v. 27. Februar 1974 – VIII ZR 206/72, WM 1974, 369, 370; BGB-RGRK/Steffen aaO § 779 Rdn. 20; MünchKomm/Pecher, BGB 2. Aufl. § 779 Rdn. 22; Palandt/Thomas, BGB 50. Aufl. § 779 Rdn. 1).

c) Es kann auf sich beruhen, ob die erste Bankenvereinbarung ihre Wirksamkeit bereits deshalb verlor und die Darlehensforderung der Klägerin in vollem Umfang wiederauflebte, weil sich eine Sanierung der c.-Gruppe auf dem dort gewählten Wege als undurchführbar erwies. Nach verbreiteter Meinung soll mangels entgegenstehender Vereinbarungen in Anlehnung an § 9 Abs. 2 VerglO die ursprüngliche Forderung, auf die in einem außergerichtlichen Sanierungsvergleich teilweise verzichtet wurde, wiederaufleben, wenn die Sanierung fehlschlägt und es zur Eröffnung des Konkursverfahrens kommt (vgl. Emmerich aaO S. 127 m.N. in Fußn. 2; Kohler-Gehrig aaO S. 72). Die Gläubiger sollen die Konkursquote nicht nur auf die herabgesetzte Forderung erhalten. In Fällen, in denen ein Konkursverfahren nicht eröffnet wird, weil die Sanierung des Schuldners mit Hilfe eines weiteren Vergleichs gelingt, erscheint ein Wiederaufleben der Forderungen von Gläubigern, die dem zweiten (erfolgreichen) Sanierungsvergleich nicht beigetreten sind, nicht ohne weiteres geboten. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner infolge der Sanierung in der Lage ist, die Verpflichtungen aus dem ersten Sanierungsvergleich zu erfüllen oder wenn der zu einer sanierten Unternehmensgruppe gehörende Schuldner – wie hier – selbst nie insolvent war.

Diese Frage bedarf im Streitfall keiner Vertiefung, weil die Klägerin wirksam von der ersten Bankenvereinbarung zurückgetreten ist. Die Instanzgerichte haben in dem Schreiben der D. Bank vom 17. Oktober 1989 zutreffend eine ernsthafte, endgültige Erfüllungsverweigerung und damit eine positive Forderungsverletzung gesehen, welche die Klägerin in entsprechender Anwendung von § 326 BGB ohne Fristsetzung und Ablehnungsandrohung zum Rücktritt von dem Vergleich berechtigte (vgl. BGH, Urt. v. 10. Dezember 1975 – VIII ZR 147/74, WM 1976, 75, 76; auch BGHZ 49, 56, 59 f; 65, 372, 374 f; 104, 6, 13 f; Urt. v. 21. Dezember 1984 – V ZR 233/82, WM 1985, 392, 394; Urt. v. 18. Januar 1991 – V ZR 315/89, WM 1991, 1131, 1134; BGB-RGRK/Ballhaus aaO § 326 Rdn. 44 ff; Palandt/Heinrichs aaO § 276 Rdn. 114; § 326 Rdn. 20). Die D. Bank hat in dem Schreiben unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, sie sei ohne gerichtlichen Zwang unter keinen Umständen bereit, ihren Verpflichtungen aus der ersten Bankenvereinbarung nachzukommen.

Die Revision meint, die Beklagte brauche sich das Schreiben der D. Bank als eine von einem Dritten erklärte Erfüllungsverweigerung nicht zurechnen zu lassen. Dem steht entgegen, daß die D. Bank als Erfüllungsgehilfin der Beklagten anzusehen ist. Diese hat sich ihrer auch gegenüber der Klägerin als Verhandlungsgehilfin beim Zustandekommen der zweiten Sanierungsvereinbarung bedient. Wenn die D. Bank im Zusammenhang mit dem Bemühen, auch die Klägerin zum Beitritt zu diesem Vergleich zu gewinnen, die Erfüllung der ersten Bankenvereinbarung gegenüber der Klägerin endgültig verweigerte, muß die Beklagte sich dies nach § 278 BGB zurechnen lassen. Das gilt um so mehr, als die Beklagte das Schreiben der c. AG vom 26. September 1989 mitunterzeichnet hatte, in welchem bereits angekündigt wurde, „daß wir sämtliche rechtlichen und sonstigen Möglichkeiten zur Gleichbehandlung und Beteiligung aller Gläubigerbanken vollumfänglich ausschöpfen werden“. Dies macht deutlich, daß das Schreiben vom 17. Oktober 1989 dem Willen der Beklagten entsprach.

Aufgrund des Rücktritts ist die Beklagte gehalten, die Klägerin so zu stellen, als habe diese den „Rangrücktritt“ von 33 1/3 % und die Stundung des restlichen Betrages nicht erklärt (§ 346 BGB). Dann aber kann die Klägerin den gesamten Betriebsmittelkredit in voller Höhe zurückverlangen.

Die Revision meint demgegenüber, für eine Anwendung der §§ 325, 326 BGB sei kein Raum, weil die an der ersten Bankenvereinbarung beteiligten Gläubiger in einem gesellschaftsähnlichen Verhältnis untereinander verbunden seien. Damit will die Revision ersichtlich für die Gesellschaft geltende Regeln (vgl. in diesem Zusammenhang BGBRGRK/v. Gamm aaO § 705 Rdn. 9; MünchKomm/P. Ulmer aaO § 705 Rdn. 139 ff) auf den Sanierungsvergleich übertragen. Dem ist zumindest in dieser Allgemeinheit auch dann nicht zu folgen, wenn man das Verhältnis zwischen den an einem Sanierungsvergleich teilnehmenden Gläubigern als eine Interessengemeinschaft mit gesellschaftsähnlichem Charakter wertet. Auf derartige Rechtsverhältnisse finden die Normen über die Gesellschaft nur insoweit entsprechende Anwendung, als sich das mit dem besonderen Charakter dieser Rechtsverhältnisse verträgt (vgl. BGB-RGRK/v. Gamm aaO Vor § 705 Rdn. 10; auch MünchKomm/P. Ulmer aaO Vor § 705 Rdn. 73, 84). Wie bereits erwähnt, kommt ein außergerichtlicher Sanierungsvergleich durch Vereinbarung des Schuldners mit jedem einzelnen Gläubiger zustande, auch wenn diese Verträge in einem engen („unlösbaren“) Zusammenhang miteinander stehen (BGH, Urt. v. 27. Februar 1961 – VII ZR 108/59, WM 1961, 403, 404). Deshalb wird im Schrifttum im Grundsatz mit Recht die Auffassung vertreten, daß auf das Verhältnis des einzelnen Gläubigers zum Schuldner die §§ 320 ff BGB anwendbar seien und der Gläubiger gegebenenfalls von dem Vergleich mit rückwirkender Kraft zurücktreten könne (Künne aaO S. 439 f). Im Streitfall erscheint diese Ansicht insbesondere deshalb richtig, weil das erste Sanierungskonzept unabhängig von dem Rücktritt der Klägerin scheiterte und die ganz überwiegende Mehrheit der Bankengläubiger dem zweiten, erfolgreichen Sanierungsvergleich beigetreten ist, ihre Interessen mithin durch den Rücktritt nicht beeinträchtigt wurden. Das gilt hier um so mehr, als die Klägerin die Rückwirkung des Rücktritts zeitlich auf etwa zwei Monate bis zum 13. September 1989 beschränkt wissen will und für die Zeit nach diesem Datum Leistungen der c.-Gruppe einschließlich der Beklagten auf die erste Bankenvereinbarung nicht mehr erbracht wurden. § 356 BGB steht einer Ausübung des Rücktrittsrechts in diesen Fällen nicht entgegen (vgl. RGZ 153, 395, 398; RG JW 1938, 178).

Ein Rücktritt der Klägerin von der ersten Bankenvereinbarung scheitert entgegen der von der Revision vertretenen Meinung auch nicht deshalb, weil diese Vereinbarung den zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag modifizierte und Darlehensverträge als Dauerschuldverhältnisse nach Überlassung der Darlehensvaluta bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen grundsätzlich nur mit Wirkung ex nunc gekündigt werden können (vgl. BGB-RGRK/Ballhaus aaO Vor § 607 Rdn. 8 f; § 609 Rdn. 16). Damit wird die Revision den Besonderheiten des Streitfalles nicht gerecht. Die Klägerin ist nicht von einem Darlehensvertrag zurückgetreten, sondern von einem Vergleich, der in bezug auf diesen Vertrag einen teilweisen Forderungserlaß und eine Stundungsabrede enthielt. Dem Rücktritt von einem solchen Vergleich stehen – zumal bei der zeitlichen Begrenzung der Rückwirkung – durchgreifende Bedenken nicht entgegen.

d) Deshalb sind der Klägerin entsprechend ihrem Antrag ab 13. September 1989 auch die begehrten vertraglichen Zinsen auf die gesamte Klageforderung zuzusprechen.

Schlagworte: Akkordstörer, Sanierung, Sanierungsfall, Sanierungsversuche

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OLG Stuttgart, Urteil vom 07.03.2019 – 14 U 26/16

7. März 2019

§ 60 HGB, § 138 BGB, § 242 BGB, § 826 BGB, Art. 12 Abs. 1 GG, § 46 Nr. 8 GmbHG I Wettbewerbsverbot Minderheitsgesellschafter

1. Auch ein umfassendes gesellschaftsvertragliches Konkurrenzverbot für einen Minderheitsgesellschafter unterliegt einer Abwägung mit der grundgesetzlich geschützten Berufsausübungsfreiheit. Es ist jedenfalls dann unwirksam, wenn der Minderheitsgesellschafter sein Anstellungsverhältnis als leitender Mitarbeiter der Gesellschaft vor Ablauf der für das Gesellschaftsverhältnis satzungsrechtlich vorgesehenen Kündigungsfrist wirksam beendet hat und eine fortbestehende Gefahr der „Aushöhlung“ der Gesellschaft nicht feststellbar ist.

2. Für einen Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der sog. „Geschäftschancenlehre“ bei Planungsleistungen für öffentliche Auftraggeber bedarf es besonderer Darlegungen, um die behaupteten Folgeprojekte als der Gesellschaft zugeordnet schlüssig annehmen zu können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Beauftragung (bislang) nur auf einzelne Leistungsphasen beschränkt erfolgte und (Folge-)Aufträge in Anwendung öffentlicher Vergaberegeln zur Erhaltung des Wettbewerbs vergeben wurden.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17. Dezember 2015, Az. 11 O 131/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17. Dezember 2015, Az. 11 O 131/15, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit einem gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbot und der gesellschafterlichen Treuepflicht.

Die Klägerin, eine 1987 gegründete GmbH mit Sitz in B., betreibt ein Ingenieurbüro für Wasserversorgungs- und -entsorgungsanlagen, Kläranlagen, Statik, Wasser-, Straßen- und Wegebau sowie ähnliche Ingenieurleistungen und die Vornahme aller damit zusammenhängenden Nebentätigkeiten. Die Beklagten sind Ingenieure. Sie waren bei der Klägerin seit 1988 (Beklagter Ziff. 2) bzw. 2004 (Beklagter Ziff. 1) angestellt, dort zuletzt als Teamleiter tätig und besaßen Prokura. Beide halten Geschäftsanteile an der Klägerin, der Beklagte Ziff. 2 seit 2001 und der Beklagte Ziff. 1 seit 2011. Der Beklagte Ziff. 2 ist mit 26 % am Stammkapital der Klägerin beteiligt, der Beklagte Ziff. 1 mit 13 %. Die übrigen 61 % hält der Geschäftsführer der Klägerin.

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin (Anlage K1) enthält u. a. folgende Bestimmungen:

§ 5 Gesellschafterbeschlüsse

[…]
(3) Beschlüsse der Gesellschafter kommen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustande, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt oder vorgeschrieben ist. […]

§ 7 Konkurrenzverbot

Kein Gesellschafter darf während seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar, gelegentlich oder gewerbsmäßig, unter eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung der Gesellschaft Konkurrenz machen oder sich an einem Konkurrenzunternehmen beteiligen.

Befreiungen vom Konkurrenzverbot können nur mit Zustimmung von mehr als 75 % aller vorhandenen Stimmen erteilt werden.

§ 9 Kündigung

(1) Jeder Gesellschafter kann das Gesellschaftsverhältnis unter Einhaltung einer Frist von 9 Monaten zum Schluß eines jeden Geschäftsjahres kündigen.

(3) Der Kündigende scheidet nach Ablauf der Kündigungsfrist aus der Gesellschaft aus.

(4) Besteht zwischen dem Kündigenden und der Gesellschaft ein Dienstverhältnis, bewirkt die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses eine Kündigung des Dienstverhältnisses auf den gleichen Stichtag.

§ 10 Ausschluß

(1) Wenn ein Gesellschafter seine Gesellschafterpflichten verletzt oder in seiner Person ein wichtiger Grund eintritt, der den übrigen Gesellschaftern die Fortführung der Gesellschaft nicht zumutbar erscheinen läßt, kann er durch Beschluß der Gesellschafterversammlung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.

(2) Als wichtiger Grund im Sinne des Abs. (1) gilt insbesondere […] der Umstand, dass ein Gesellschafter […] nicht mehr für die Gesellschaft tätig ist.

§ 13 Folgen des Ausscheidens

(1) Vom Tag des Ausscheidens an ruhen sämtliche Rechte aus dem Geschäftsanteil des ausgeschiedenen Gesellschafters.

(2) Die Gesellschafterversammlung kann in allen Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters entweder die Einziehung seines Geschäftsanteils oder seine Abtretung an eine von ihr zu benennende Person beschließen. […]

(3) Der ausgeschiedene Gesellschafter wird nach den Bestimmungen des § 14 dieser Satzung abgefunden.

[…]

§ 21 Schlußbestimmungen

Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, wird dadurch die Gültigkeit des übrigen Vertragsinhalts nicht berührt. Der Vertrag ist im Wege des Gesellschafterbeschlusses so zu ändern oder zu ergänzen, daß der angestrebte wirtschaftliche und vertragliche Zweck erreicht wird.

Mit Schreiben vom 7. November 2014 kündigten die Beklagten ihre Arbeitsverhältnisse gegenüber der Klägerin ordentlich zum 31. Dezember 2014.

Am 17. November 2014 gründeten die Ehefrauen der Beklagten die R. GmbH (im Folgenden: R.-GmbH) mit Sitz in B.. Gegenstand der R.-GmbH ist der Betrieb eines Ingenieurbüros für die Planung und Überwachung von Bauvorhaben jeder Art, insbesondere im Bereich des Straßenbaus, der Kanalsysteme, der Wasserversorgung, des Wasserbaus und der Abwassereinrichtungen.

Ab Ende November 2014 teilten verschiedene Gemeinden der Klägerin mit, zukünftig ganz oder teilweise statt mit der Klägerin mit den Beklagten bzw. der R.-GmbH zusammenarbeiten zu wollen (Anlagen K6–8).

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 kündigten die Beklagten ihre Gesellschaftsverhältnisse mit der Klägerin ordentlich zum 31. Dezember 2015. Am 2. Januar 2015 versandten sie an Kunden der Klägerin eine E-Mail, wonach sie die Arbeit im „neuen Büro“ bei der R.-GmbH begonnen hätten (GA 5). Jedenfalls seit Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse mit der Klägerin sind beide Beklagte für die R.-GmbH tätig. Am 13. Januar 2015 wurden sie als (weitere) einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen. Außer den Beklagten wechselten vier weitere Mitarbeiter der Klägerin zur R.-GmbH.

Die Klägerin hat in 1. Instanz die Beklagten auf Unterlassung jeglicher geschäftlicher Tätigkeit im Geschäftsbereich der Klägerin – hilfsweise von Geschäftsabschlüssen mit Kunden der Klägerin – bis zu ihrem Ausscheiden als Gesellschafter in Anspruch genommen. Ferner hat sie Auskunft verlangt über die von den Beklagten seit 7. November 2014 für sich bzw. die R.-GmbH abgeschlossenen Geschäfte und begehrt hieraus einen noch zu beziffernden Schadensersatz. Die Berechtigung ihrer Begehren folge aus dem vertraglich vereinbarten Konkurrenzverbot, ergebe sich aber auch aus dem Gesetz und infolge Verstoßes gegen die gesellschafterliche Treuepflicht. Die Beklagten sind demgegenüber der Auffassung, keinem Wettbewerbsverbot zu unterliegen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes in 1. Instanz, der dort gestellten Anträge sowie der Feststellungen des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch weder gemäß ihres Haupt- noch ihres Hilfsantrags zu. Die Beklagten unterlägen seit Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse zum 31. Dezember 2014 keinem gesetzlichen oder vertraglichen Wettbewerbsverbot mehr. § 60 HGB gelte nur für die Dauer des Anstellungsverhältnisses und das in § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages geregelte Wettbewerbsverbot sei gemäß § 138 BGB i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG nichtig, da es nach Ort, Zeit und Gegenstand über die schützenswerten Interessen der Klägerin hinausgehe und die Beklagten übermäßig beschränke. Die Beklagten seien nur noch formell an der Klägerin beteiligt und mit dieser bis zum Wirksamwerden ihrer Austrittsentscheidungen allein vermögensrechtlich verbunden. Auch aus einer Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht ließen sich die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung jeglicher Konkurrenz- bzw. Geschäftstätigkeit nicht herleiten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und verfolgt ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen weiter. Zwar habe sich ihr Unterlassungsbegehren nunmehr mit Ablauf der Kündigungsfrist der Gesellschaftsverhältnisse der Beklagten zum 31. Dezember 2015 in der Hauptsache erledigt. Seine Berechtigung für die Zeit bis zum Austritt der Gesellschafter folge gleichwohl aus dem nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wirksamen vertraglichen Wettbewerbsverbot. Angesichts des Gewinnbezugs- und Abfindungsanspruchs aus der Gesellschafterstellung sei das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot der Beklagten auch nicht ersatzlos. Unterlassungsansprüche gegen die Beklagten ergäben sich zudem aus der Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht. Aus ihr folge auch das Verbot, Geschäftschancen der Gesellschaft nicht zu deren Schaden auf eigene Rechnung zu nutzen. Die Beklagten hätten für Kunden der Klägerin Projekte durchgeführt, bei denen die Klägerin bereits Vorarbeiten oder Planungshilfe geleistet hätte und die ohne das Tätigwerden der Beklagten an sie vergeben worden wären. Ihr sei es deshalb vielfach nicht mehr möglich gewesen, die Leistungen abzurechnen. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 1004 i. V. m. § 826 BGB vor. Die Beklagten hätten bereits während ihrer Tätigkeit bei der Klägerin den Übergang zur R.-GmbH vorbereitet und Wettbewerbstätigkeit entfaltet. Gegenüber einem Mitarbeiter hätten sie geäußert, der Klägerin das Leben so schwer zu machen, dass alle Arbeitsplätze verloren gingen, und einen „Kampf bis zur völligen Vernichtung“ angedroht. Die Beklagten hätten überdies Insiderkenntnisse und Geschäftsgeheimnisse mißbraucht, indem sie Excel-Tabellen und Leistungsverzeichnisse der Klägerin bei ihrer Tätigkeit für die R.-GmbH verwendeten.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

unter Abänderung des am 17.12.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az.: 11 O 131/15, wie folgt zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache im Haupt- und Hilfsantrag erledigt ist.

2. Die Beklagten werden verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, für welche Geschäfte auf den Gebieten der Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsanlagen, Kläranlagen, Statik, des Wasser-, Straßen- und Wegebaus sowie aller damit zusammenhängenden Nebentätigkeiten der Kunden, welche zum 31.12.2014 bereits konkret der Klägerin zugeordnet waren, sie für sich selbst und/oder für die R. S. GmbH beginnend ab dem 01.01.2015 beauftragt wurden, welche Leistungen die Beklagten hierfür erbracht haben, die schriftlichen Bestellungen darüber vorzulegen und die erteilten Auskünfte eidesstattlich zu versichern.

Hilfsweise:

Die Beklagten werden verurteilt, Auskunft zu nachfolgend aufgeführten Projekten der Klägerin (aufgelistet in K 21)

1. „…“ für die Gemeinde F.
2. „…“ für die Gemeinde W.
3. „…“ für die Gemeinde M.
4. „…“ für die Gemeinde M.
5. „…“ für die Gemeinde V.
6. „…“ für die Gemeinde F.
7. „…“ für die Gemeinde K.
8. „…“ für die Gemeinde A.
9. „…“ für die Gemeinde M.
10. „…“ für die Gemeinde M.
11. „…“ für die Gemeinde M.
12. „…“ für die Gemeinde M.
13. „…“ für die G. L.
14. „…“ für die G.L.
15. „…“ für die G.L.
16. „…“ für die Gemeinde B.
17. „…“ für die Stadt T.
18. „…“ für die Stadt T.
19. „…“ für die Stadt T.
20. „…“ für den D.
21. „…“ für die Gemeinde U.
22. „…“ für die Gemeinde V.
23. „…“ für die Stadt B.
24. „…“ für die G.L.
25. „…“ für die Stadt E.
26. „…“ für die Stadt F.
27. „…“ für die Gemeinde V.

dahingehend zu erteilen, welche Tätigkeiten diese für sich selbst und/oder für die R. S. GmbH im Zusammenhang mit den vorbenannten Projekten der Klägerin wahrgenommen haben, deren Beauftragung nachzuweisen, und die erteilten Auskünfte eidesstattlich zu versichern.

3. Die Beklagten werden verurteilt, den nach Auskunftserteilung gemäß dem Antrag zu Ziffer 2 noch zu beziffernden Schadensersatz an die Klägerin zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das Urteil des Landgerichts und wiederholen im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. So sei in den streitgegenständlichen Beziehungen zwischen den Parteien die Gesellschafterstellung nur ein unbedeutendes Anhängsel der dienstvertraglichen Beziehungen gewesen. Alle schützenswerten Interessen der Klägerin, die ein Wettbewerbsverbot rechtfertigen könnten, bestünden lediglich auf der dienstvertraglichen Ebene. Über ihre Gesellschafterstellung verfügten die Beklagten hingegen über keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Klägerin. Durch das Auseinanderfallen der Kündigungsfristen zwischen Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis seien Regelungen zugunsten der Klägerin vereinbart worden, die in einem reinen Anstellungsverhältnis ohne Weiteres unzulässig wären.

Soweit sich die Klägerin auf die Verletzung gesellschafterlicher Treuepflichten stütze, widerspreche dem, dass die Klägerin den Beklagten einerseits untersage, Verträge mit Kunden abzuschließen und sie andererseits zum Abschluss solcher Verträge als Subunternehmer veranlasse. Außerdem habe die Klägerin auch mit ihrem Hilfsantrag nicht den Abschluss einzelner, schon konkretisierter Tätigkeiten verhindern, sondern den Beklagten Geschäfte mit ihren Kunden untersagen wollen. Das Wissen, das die Beklagten aus ihrem jeweiligen Arbeitsverhältnis erwarben, dürften sie arbeitsrechtlich verwerten.

Für die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2017 und vom 7. März 2019 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere auch zu der mit der Berufung geltend gemachten Feststellung, dass sich das ursprüngliche Unterlassungsbegehren erledigt habe (vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 1992 – XII ZR 221/90, NJW-RR 1992, 1032, 1033; Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl., § 91a Rn. 38 mwN).

Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Dabei ist die Klage zulässig. Zwar fehlt dem zuletzt als Ziff. 2 gestellten Auskunftsbegehren im Hauptantrag die für § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderliche gegenständliche Konkretisierung (vgl. dazu MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 5. Aufl., § 253 Rn. 145). Dieser genügt indes der Antrag in seiner hilfsweisen Fassung.

Im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht die Klage aber mangels Begründetheit abgewiesen, so dass auch dem Begehren auf Feststellung der Erledigung in der Berufungsinstanz nicht zu entsprechen war. Der Klägerin steht nach Überzeugung des Senats – soweit nicht ohnehin verjährt – schon kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten infolge deren anderweitigen beruflichen Engagements im Zusammenhang mit der R.-GmbH zu. Mangels materiell-rechtlicher Grundlage für den mit der Stufenklage verfolgten Hauptanspruch konnte über die darin verbundenen Anträge deshalb einheitlich entschieden werden (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. April 2017 – II ZR 179/16, NJW 2017, 2675 Rn. 23 mwN).

1. § 46 Nr. 8 GmbHG steht den mit der Klage verfolgten Begehren allerdings nicht entgegen. Den Prozess betreibt der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter. Da die Beklagten als betroffene und mitbeteiligte Gesellschafter gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG von der Abstimmung ausgeschlossen wären (vgl. BGH, Urteil v. 20. Januar 1986 – II ZR 73/85, NJW 1986, 2051), reduzierte sich eine Beschlussfassung zur überflüssigen Formalität (vgl. dazu BGH, Urteil vom 4. Februar 1991 – II ZR 246/89, ZIP 1991, 582 juris Rn. 9).

2. Mangels eines auf Schadensersatz gerichteten Hauptanspruchs (Klageantrag Ziff. 3) steht der Klägerin auch kein Auskunftsanspruch (Klageantrag Ziff. 2) zu.

a) Ein Auskunftsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegeben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2016 – II ZR 121/15, ZIP 2016, 1529 Rn. 17 mwN). Soll die begehrte Auskunft zur Vorbereitung vertraglicher Schadensersatzansprüche aus einem Dauerschuldverhältnis dienen, so genügen für das Auskunftsverlangen der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung und die Wahrscheinlichkeit eines daraus resultierenden Schadens (st.Rspr., BGH 26. September 2013 – VII ZR 227/12, NJW 2014, 381 Rn. 14; Urteil vom 1. August 2013 – VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 Rn. 20).

b) Nach dieser Maßgabe scheidet ein Auskunftsanspruch der Klägerin wegen möglicher Schadensersatzansprüche aus Zuwiderhandlungen gegen ein Verbot der Konkurrenztätigkeit unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt aus.

aa) Soweit es sich um mögliche Zuwiderhandlungen handelt, die sich im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 zugetragen haben, waren daraus folgende Schadensersatzansprüche bei Klageerhebung am 16. April 2015 jedenfalls verjährt.

(1) Unterstellt man, die Beklagten unterfielen der Pflicht nach § 60 HGB, Konkurrenztätigkeiten zu unterlassen, so hätte diese gesetzliche Pflicht zwar für die gesamte rechtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses bis hin zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gegolten (vgl. BAG NZA 2013, 207 Rn. 15), vorliegend demnach bis zum 31. Dezember 2014.

Ferner mögen die von der Klägerin vorgelegten Kundenschreiben der Gemeinde M. vom 20. November 2014 und der Stadt T. vom 9. Dezember 2014 (Anlagen K7, K8) den Verdacht einer hiernach unerlaubten Konkurrenztätigkeit mit Schadensfolge für die Klägerin begründen.

Soweit daraus Schadensersatzansprüche der Klägerin nach § 61 Abs. 1 HGB in Betracht kämen, haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2016 indes die Einrede der Verjährung erhoben. Diese ist als neues Angriffsmittel in der Berufungsinstanz nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Landgericht Ansprüche aus der Verletzung von § 60 HGB nur für die Zeit nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Beklagten geprüft (Gründe Ziff. I. 2, S. 8 des Urteils). Für den Zeitraum bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2014 hat das Gericht des ersten Rechtszugs solche Ansprüche erkennbar übersehen.

Nach § 61 Abs. 2 HGB verjähren Schadensersatzansprüche in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Prinzipal Kenntnis von dem Abschluss des Geschäfts erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Von den genannten Schreiben dürfte der Geschäftsführer der Klägerin jedenfalls zeitlich vor dem 16. Januar 2015 Kenntnis erlangt haben, so dass mögliche Schadensersatzansprüche in diesem Zusammenhang zum Zeitpunkt der Klageerhebung verjährt waren. Hierauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2017 (GA 204ff.) die Klägerin hingewiesen. Dem hat die Klägerin nicht widersprochen. Zu anderweitigen Wettbewerbsverstößen aus der Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, von denen sie erst nach dem 16. Januar 2015 Kenntnis erlangt hat, trägt die Klägerin nicht vor.

(2) Von der kurzen Verjährung des § 61 Abs. 2 HGB werden auch die vertraglichen Schadensersatzansprüche wegen Zuwiderhandlungen gegen ein Verbot der Konkurrenztätigkeit erfasst (vgl. jüngst bestätigend BAG NZA 2018, 1425 Rn. 44ff. mwN; zum allgemeinen Rechtsgedanken auch BAG NZA 2001, 94), wie sie infolge des in § 7 des Gesellschaftsvertrages geregelten Konkurrenzverbots grundsätzlich in Betracht kämen.

bb) Soweit es sich um mögliche Zuwiderhandlungen handelt, die sich im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zu ihrem Ausscheiden als Gesellschafter am 31. Dezember 2015 zugetragen haben, unterlagen die Beklagten sodann keinem Wettbewerbsverbot (mehr). Unter dem Gesichtspunkt der Konkurrenz war es deshalb den Beklagten nicht verboten, im Januar 2015 die Kunden der Klägerin über ihre neue Tätigkeit für die R.-GmbH zu unterrichten und fortan im Geschäftsbereich der Klägerin tätig zu werden.

(1) Für die Zeit nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse zwischen der Klägerin und den Beklagten war § 7 des Gesellschaftsvertrages gemäß § 138 BGB i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG unwirksam.

(a) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung können Wettbewerbsverbote für Gesellschafter einer GmbH ohne Weiteres in der Satzung einer Gesellschaft vereinbart werden. Sie sind jedoch zum einen nur in den von § 1 GWB vorgegebenen Grenzen zulässig. Zum anderen sind gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote am Maßstab von Art. 12 GG, § 138 Abs. 1 BGB zu messen, weil sie regelmäßig die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Gesellschafters berühren. Mit Rücksicht auf die insbesondere bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen – hier für die freie Berufsausübung – sind gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote nur zulässig, wenn sie nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht über die schützenswerten Interessen des Begünstigten hinausgehen und den Verpflichteten nicht übermäßig beschränken. Ob ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot diesen Anforderungen entspricht, ist aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere des mit dem Wettbewerbsverbot verfolgten Zwecks, zu beurteilen (BGH, Urteil vom 30. November 2009 – II ZR 208/08, ZIP 2010, 324 juris 13 f. mwN.).

(b) Das grundsätzlich berechtigte Interesse einer Gesellschaft zu verhindern, dass ein Gesellschafter sie von innen her aushöhlt oder gar zerstört und damit einen leistungsfähigen Wettbewerber zugunsten seiner eigenen Konkurrenztätigkeit ausschaltet, vermag – jedenfalls nach dem Ausscheiden der Beklagten als Arbeitnehmer der Klägerin – das in § 7 des Gesellschaftsvertrages enthaltene umfassende und unbeschränkte Konkurrenzverbot für die Beklagten nicht (mehr) zu rechtfertigen.

Zwar handelt es sich dabei grundsätzlich um ein schutzwürdiges Interesse, das auf die gesellschafterliche Treuepflicht zurückgeht, den Gesellschaftszweck loyal zu fördern und Handlungen zu unterlassen, die seine Erreichung behindern könnten (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 2009 – II ZR 208/08, ZIP 2010, 324 juris Rn. 16; Urteil vom 23. Juni 2009 – KZR 58/07, ZIP 2009, 2263 juris Rz. 17; Urteil vom 3. Mai 1988 – KZR 17/87, BGHZ 104, 246 juris Rn. 26; Urteil vom 5. Dezember 1983 – II ZR 242/82, BGHZ 89, 162 juris Rn. 17; Bergmann in E/B/J/S, HGB, 3. Aufl., § 112 Rn. 1f. zur OHG). Maßstab für das aus der Gesellschafterstellung folgende Gefahrenpotential für die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Interessen der Gesellschaft
ist deshalb die innere Stellung des Gesellschafters, aufgrund derer ihm die Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft möglich ist und die damit zugleich das Maß seiner Treuepflicht bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1983 – II ZR 242/82, BGHZ 89, 162 juris Rn. 17 zu § 112 HGB bei einem Gesellschafter aufgrund Mehrheitsbeteiligung). Je nach Umständen des Einzelfalles kann auch ein Minderheitsgesellschafter einen solchen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – KZR 58/07, ZIP 2009, 2263 juris Rn. 18 nur im Sachverhalt unklar BGH, Urteil vom 30. November 2009 – II ZR 208/08, ZIP 2010, 324). Allein das jedem GmbH-Gesellschafter zustehende Auskunfts- und Einsichtsrecht nach § 51a GmbHG wird für eine maßgebliche Einflussnahme indes nicht genügen, weil dieses bei Missbrauchsgefahr verweigert werden kann (vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., § 13 Rn. 50). Im Schrifttum wird ferner ein vertragliches Wettbewerbsverbot für einen Minderheitsgesellschafter dann als zulässig erachtet, wenn es sich um eine personalistisch strukturierte GmbH handelt, die sich insbesondere durch die persönliche Mitarbeit und Zusammenarbeit der Gesellschafter auszeichnet (vgl. dazu ausführlich etwa Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 2. Aufl., § 13 Rn. 227ff., 236).

(c) Nach diesen Maßstäben, von denen die Rechtsprechung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht erkennbar abgerückt ist, bestand in der Zeit nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit den Beklagten keine Gefahr mehr, dass diese die Gesellschaft von innen aushöhlen und infolge ihrer verbleibenden Gesellschafterstellung ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage berauben könnten.

Die Beklagten verfügten weder einzeln noch gemeinsam über eine Mehrheitsbeteiligung noch über Sonderrechte, aufgrund derer ihnen ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschäftsführung zukam. Die Satzung enthält auch keine Klauseln, aufgrund derer eine einstimmige Beschlussfassung notwendig ist, so dass den Beklagten eine Blockade strategisch wichtiger Unternehmensentscheidungen nicht möglich war. Zwar zeichnete sich die Gesellschaft während des Bestehens der Arbeitsverhältnisse mit den Beklagten insoweit personalistisch geprägt aus, als damit sämtliche Gesellschafter für den Gesellschaftszweck im Verbund tätig wurden, diesen also aktiv beförderten. Mit dem Ende ihrer Tätigkeit als Arbeitnehmer in leitender Position zum 31. Dezember 2014 entfielen jedoch fortan eben diese Umstände, die – unter dem Aspekt der personalistischen Struktur der Klägerin – bis dahin die Gefahr einer inneren Aushöhlung der Klägerin begründen konnten. Die Stellung der Beklagten reduzierte sich nunmehr auf das vermögensrechtliche Innehaben der Gesellschaftsbeteiligung, die sich – wie dargestellt – in Anbetracht ihres Umfangs für die Entscheidungsfindung innerhalb der Gesellschaft ohne tragenden Einfluss erwies.

Dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse vor Ablauf der Kündigungsfrist der Gesellschaftsverhältnisse auf einer freien Entscheidung der Beklagten beruhte, gebietet keine abweichende Bewertung. Unerheblich ist auch, dass § 7 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages die Möglichkeit einer Befreiung vorsieht (vgl. ausführlich OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
NZG 2011, 65 juris Rn. 28).

(d) Auch ein Interesse der Klägerin am Schutz vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit vermag das in § 7 der Satzung enthaltene Konkurrenzverbot nicht zu rechtfertigen.

Zwar ähnelt die vorliegende Konstellation, in der die Beklagten nach Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse weiterhin Gesellschafter der Klägerin blieben, derjenigen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Bei den Beklagten handelt es sich auch um Gesellschafter, die als vormalig leitende Angestellte während ihrer Tätigkeit besonderes Wissen um die Klägerin und ihre Geschäftstätigkeit erworben haben (vgl. dazu Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 246). Mit der Berufsausübungsfreiheit ist ein Nachvertragliches WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
indes nur dann vereinbar und nicht gemäß § 138 BGB Sittenwidrig, wenn und soweit es notwendig ist, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Es darf in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das hierfür notwendige Maß nicht überschreiten (st.Rspr., BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – II ZR 369/13, ZIP 2015, 472 Rn. 8 mwN).

Über die schutzwürdigen Interessen der Klägerin geht das in § 7 enthaltene Verbot der Konkurrenztätigkeit aber schon deshalb hinaus, weil es ein umfassendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
umfassendes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
vorsieht. Ein solches lässt sich, da der Kunden- bzw. Mandantenstamm regelmäßig durch eine Kundenschutzklausel hinreichend geschützt werden kann, nur unter engen Voraussetzungen durch ein nachvollziehbares Interesse am Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen rechtfertigen (vgl. Goette, DStR 1997, 2038; MünchKommGmbHG/Merkt, 3. Aufl., § 13 Rn. 240.; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, NJW 2000, 2584 juris Rn. 14). Die Gefahr einer – zwischen den Parteien streitigen – unerlaubten Verwendung einer Excel-Tabelle der Klägerin zur Durchführung von Ablöseberechnungen oder von Leistungsverzeichnissen genügt dafür nicht. Andere Gründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Allein die Beklagten durch ein umfassendes Tätigkeitsverbot als Wettbewerber schlicht auszuschalten, stellt kein berechtigtes Interesse dar (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 1984 – II ZR 229/83, ZIP 1984, 954 juris Rn. 15).

(e) § 7 des Gesellschaftsvertrages lässt sich auch nicht als (zulässige) Kundenschutzklausel aufrechterhalten.

Zwar kann ein die zeitlichen Schranken übersteigendes Wettbewerbsverbot auf das noch zulässige Maß zurückgeführt werden (st.Rspr., BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – II ZR 369/13, ZIP 2015, 472 Rn. 14 mwN). Eine solche geltungserhaltende Reduktion ist jedoch dann nicht möglich, wenn die Sittenwidrigkeit – wie hier – auf anderen Gründen beruht. Zum einen überschritte die dann erforderliche rechtsgestaltende Einwirkung den den Gerichten eingeräumten Gestaltungsspielraum. Zum anderen widerspräche es dem mit § 138 BGB verfolgten Zweck, den Betroffenen das Risiko zuzuweisen, dass eine zwischen ihnen getroffene Vereinbarung Sittenwidrig und nichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1997 – II ZR 238/96, NJW 1997, 3089 juris Rn. 9 mwN.; MünchKommGmbbHG/Merkt, 3. Aufl., § 13 Rn. 246f.; krit. Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 255). Anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus § 21 Satz 2 der Satzung. Danach ist der Gesellschaftsvertrag, wenn eine Bestimmung unwirksam ist oder wird, im Wege des Gesellschafterbeschlusses so zu ändern oder zu ergänzen ist, dass der angestrebte wirtschaftliche und vertragliche Zweck erreicht wird. Zum einen hat sich die Klägerin auf einen solchen Beschluss nicht berufen. Zum anderen widerspräche es gleichermaßen dem Zweck des § 138 BGB, wenn im Ergebnis der Mehrheitsgesellschafter ein nach § 138 BGB unwirksames Wettbewerbsverbot zu seinen Gunsten einseitig auf das zulässige Maß begrenzen könnte (vgl. auch Gitter, NZG 2010, 165, 169).

(2) Für die Zeit nach Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse mit der Klägerin unterlagen die Beklagten auch keinem aus der gesellschafterlichen Treuepflicht abgeleiteten Wettbewerbsverbot.

Ein umfassendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Wettbewerbsverbot
scheidet dabei aus denselben Gründen aus, die zur Unwirksamkeit des statutarischen Wettbewerbsverbots führen. Gleiches gilt für ein auf Kunden der Klägerin beschränktes Wettbewerbsverbot. Zwar kann eine statutarische Kunden- bzw. Mandantenschutzklausel gegenüber einem Minderheitsgesellschafter für die Zeit nach dessen Ausscheiden als Geschäftsführer oder – wie hier – als leitender Angestellter durch das Interesse der Gesellschaft am Schutz vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 1989 – II ZR 2/89, NJW-RR 1990, 226 juris Rn. 7). Ein solches Verbot folgt allerdings nicht schon aus der allgemeinen Treuepflicht des Gesellschafters.

c) Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Klägerin Schadensersatzansprüche wegen Verstoßes gegen das Verbot, einzelne Geschäftschancen an sich zu ziehen, dem Grunde nach zustehen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt für einen Geschäftsführer aus seiner Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, dass es ihm ohne ausdrückliche Erlaubnis nicht gestattet ist, im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte für eigene Rechnung zu tätigen oder tätigen zu lassen oder den Vollzug bereits von der Gesellschaft abgeschlossener Verträge durch Abwicklung auf eigene Rechnung oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen oder zu vereiteln (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10, NJW-RR 2013, 363 juris Rn. 21 mwN). Auch ein nicht geschäftsführender Gesellschafter soll selbst dann, wenn er keinem Wettbewerbsverbot unterliegt, wegen der ihm als Gesellschafter obliegenden Treuepflicht keine Geschäfte an sich ziehen dürfen, die in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fallen und dieser aufgrund bestimmter konkreter Umstände bereits zugeordnet sind (so BGH, Urteil vom 8. Mai 1989 – II ZR 229/88, NJW 1989, 2687 juris Rn. 9 zum Kommanditisten). Da Ausgangspunkt der im Fall eines Schadens bestehenden Ersatzpflicht die Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht ist, werden vom Anwendungsbereich der sog. „Geschäftschancenlehre“ grundsätzlich alle Gesellschafter einer GmbH erfasst (vgl. MünchKommGmbHG/Merkt, 3. Aufl., § 13 Rn. 279 Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 215 BeckOK/Wilhelmi, GmbHG, § 13 Rn. 202; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 13 Rn. 91; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 14 Rn. 35; Scholz/Seibt, GmbHG, 12. Aufl., § 14 Rn. 114). Die sog. „Geschäftschancenlehre“ steht als eigenständiges Rechtsinstitut neben einem Wettbewerbsverbot und ist hiervon unabhängig (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10, NJW-RR 2013, 363 Rn. 20; MünchKommGmbHG/Merkt, 3. Aufl., § 13 Rn. 279; undifferenziert OLGR Karlsruhe 2006, 306) und kann in zeitlicher Hinsicht infolge nachwirkender Treuepflicht auch nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft in Betracht kommen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Oktober 1976 – II ZR 104/75, NJW 1977, 247).

Wann ein Geschäft, das in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fällt, dieser in der Weise zugeordnet ist, dass das Ansichziehen als treuwidrig erschiene, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand des konkreten Einzelfalls bestimmen (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10, NJW-RR 2013, 363 Rn. 21 mwN). Eine Geschäftschance der Gesellschaft soll etwa vorliegen, wenn diese den Vertrag bereits geschlossen oder jedenfalls soweit vorbereitet hat, dass der endgültige Vertragsschluss nur noch eine Formsache ist (BGH, Urteil vom 16. März 2017 – IX ZR 253/15, BGHZ 214, 220) oder wenn die Gesellschaft als erste mit dem Geschäft in Berührung gekommen und der Geschäftsführer auf Seiten der Gesellschaft in Vertragsverhandlungen über ein bestimmtes Geschäft eingetreten ist, wobei unerheblich ist, ob er von der Geschäftschance nur privat Kenntnis erlangt hat (BGH, Urteil v. 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10, NJW-RR 2013, 363 Rn. 26f. mwN). Von Bedeutung kann auch sein, ob dem Betroffenen die Geschäftschance gerade mit Rücksicht auf seine Stellung in der Gesellschaft angetragen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1967 – II ZR 126/65, MDR 1967, 820 juris Rn. 10ff. zum Angebot über den Erwerb eines Grundstücks). Gleiches soll gelten, wenn der Gesellschafter erst über seine Mitgliedschaft von diesem Angebot erfahren hat und weiß, dass sie von der Gesellschaft genutzt werden soll, wohingegen eine Geschäftschance etwa ausscheidet, wenn der Vertragspartner mit der Gesellschaft keinen Vertrag schließen will (vgl. zum Ganzen Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rz. 217) oder die verbleibenden Gesellschafter eine Freigabe für das konkrete Geschäft erteilen (vgl. dazu Scholz/Schneider, GmbHG, 12. Aufl, § 43 Rn. 210; Fleischer NZG 2003, 985, 989).

Das Verbot, Geschäftschancen an sich zu ziehen, umfasst schließlich zugleich das Verbot, diese auf nahestehende Personen oder eine andere Gesellschaft umzuleiten, die durch den Gesellschafter beherrscht wird oder bei der er (künftig) als Geschäftsführer tätig wird (vgl. Ziemons in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 266).

bb) Vorliegend ist ferner zu beachten, dass der Bundesgerichtshof die Grundsätze der sog. „Geschäftschancenlehre“ zu Einzelgeschäften entwickelt hat, etwa dem Erwerb eines Grundstücks oder dem Erwerb eines Patents (vgl. etwa BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10; Urteil vom 8. Mai 1989 – II ZR 229/88; Urteil vom 23. September 1985 – II ZR 257/84; Urteil vom 10. Februar 1977 – II ZR 79/75; Urteil vom 8. Mai 1967 – II ZR 126/65; Urteil vom 23. September 1985 – II ZR 246/84).

Die vorliegende Fallkonstellation unterscheidet sich insoweit, als es nicht um einen einzelnen Kauf- oder Werkvertrag geht, sondern um ganze Bauprojekte, von denen die Klägerin meint, dass sie ihr bereits zugeordnet gewesen seien. Im Rahmen dieser Projekte sind verschiedene Ingenieurleistungen in der Regel nach verschiedenen Leistungsphasen (§ 43 HOAI) zu erbringen und nach der HOAI zu vergüten. Dabei kann grundsätzlich jede Leistungsphase gesondert beauftragt werden. Ohne besondere Umstände besteht selbst bei mündlicher Beauftragung keine Vermutung für einen Gesamtauftrag (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1979 – VII ZR 319/78, NJW 1980, 122 juris Rn. 13). Resultierend aus dem Interesse vor allem öffentlicher Auftraggeber, sich etwa wegen Planungs- oder Finanzierungsunsicherheiten möglichst unproblematisch vorzeitig vom Planer trennen zu können, gehört eine stufenweise Beauftragung im Planungsbereich mittlerweile gar zur gängigen Praxis (vgl. Pause, Die stufenweise Beauftragung nach der Reform des Bauvertragsrechts, ZfBR 2018, 211; zu den vielfältigen Motiven etwa bei Stemmer, Auswirkungen stufenweiser Auftragserteilung auf die Vergütung von Architekten-, Ingenieur- und Projektsteuerungsleistungen, in: Geschäftsbericht des BayrKommPrüfungsverbandes 1992, 136, 137), bei der regelmäßig für jede Leistungsphase oder für mehrere zusammengefasst ein neuer Auftrag erteilt wird (vgl. Blomeyer/Budiner, Architektenrecht, 3. Aufl., „Stufenweise Auftragserteilung“). Bei einem Bauprojekt geht es deshalb bei stufenweiser Beauftragung, wie sie die Klägerin bei einer Vielzahl von Projekten mit ihren ausschließlich öffentlichen Auftraggebern vorträgt, grundsätzlich um mehrere zukünftige Aufträge, die zu vergeben sind. Dies schließt zwar nicht aus, dass bereits zu Beginn eines Projekts ein Auftrag für sämtliche Leistungsphasen nebst Zusatzleistungen an ein Ingenieurbüro erteilt wird oder mit einem Büro ein Stufenvertrag dergestalt geschlossen wird, dasselbe Ingenieurbüro sukzessive mit den verschiedenen Leistungsphasen zu beauftragen. Ein Automatismus dafür besteht indes nicht, so dass jede Leistungsphase und gar Einzelleistungen innerhalb einer Leistungsphase (zur Abrechnung vgl. etwa Theißen in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 9. Aufl., § 43 Rn. 13) auch an ein anderes Ingenieurbüro vergeben werden können. Zwischen den Leistungsphasen können zudem erhebliche zeitliche Zäsuren liegen, etwa weil ein Projekt nicht weiter verfolgt und erst später wieder aufgegriffen wird, was zur Folge haben kann, dass bei Wiederaufnahme auch neue Planungsbüros eingesetzt werden. Dies verdeutlicht, dass während eines Bauprojektes immer wieder eine Wettbewerbssituation mit anderen Ingenieurbüros auftreten kann. In welchem Umfang Aufträge zur Bearbeitung von künftigen Leistungsphasen eines Gesamtprojektes bereits einer Gesellschaft zugeordnet werden können, ist deshalb genau zu prüfen.

Für die Frage, ob der Klägerin die in Anlage K 21 genannten Bauprojekte im Sinne der sog. „Geschäftschancenlehre“ bereits als echte Geschäftschancen zugeordnet waren und es sich nicht nur um bloße Geschäftshoffnungen gehandelt hat, für die sie noch in ebenbürtiger Konkurrenz stand zu anderen Ingenieurbüros, ist daher substantiiert vorzutragen, ob und wie sich eine Geschäftsanbahnung dargestellt hat, inwiefern es bereits Gespräche oder Verhandlungen über zukünftig zu beauftragende Leistungsphasen gegeben hat, woraus sich die konkrete und berechtigte Erwartung ergeben hat, mit den bislang noch nicht beauftragten Leistungen beauftragt zu werden und wieso die Klägerin größere Auftragschancen als sonstige am Wettbewerb teilnehmende Konkurrenten gehabt haben soll. Allein aus der Beauftragung mit den Leistungsphasen 1 bis 3 lässt sich nach dem Vorstehenden nicht auf eine Folgebeauftragung schließen. Für die Zuordnung eines Auftrags im Sinne der Geschäftschancenlehre ist die Klägerin gem. § 286 ZPO darlegungs- und beweispflichtig.

cc) Für die von der Klägerin als übernommen behaupteten Projekte ist zwar unbestritten, dass diese in den Geschäftsbereich der Klägerin fallen. Auch ist der Vortrag, soweit er in der Berufungsinstanz auf der Grundlage der neu gefassten Projektübersicht in Anlage K21 erstmals in das Verfahren eingebracht wurde, als neuer Tatsachenvortrag gem. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gleichwohl zuzulassen. Denn das Landgericht hat Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der sog. „Geschäftschancenlehre“ dahinstehen lassen (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 531 Rn. 27).

Nach Maßgabe vorstehender Ausführungen gilt im Einzelnen aber Folgendes:

(1) Mit Ausnahme der Projekte Nrn. 10, 11, 17 und 19 (dazu unter (2)) hat die Klägerin für keines der in Anlage K 21 genannten Projekte hinreichenden Vortrag erbracht, der die Annahme einer Zuordnung im Sinne der sog. „Geschäftschancenlehre“ schlüssig trägt. Der Vortrag der Klägerin ist pauschal und unsubstantiiert. Sie trägt zwar jeweils ausführlich vor, welche Leistungen sie für das konkrete Projekt schon erbracht habe, was in der Regel von den Beklagten auch nicht weiter bestritten wird. Schon die konkrete Auftragslage ist aber in vielen Fällen unklar und wird nicht dargestellt, wie im Übrigen Vortrag zur Fortführung von Verhandlungen zu dem konkreten Projekt und einer möglichen Weiterbeauftragung fehlt. Die Klägerin zieht sich vielmehr auf pauschale Behauptungen mit dem beispielhaften Inhalt zurück, man sei bereits mit Leistungsphase 1-3 beauftragt gewesen, woran sich entsprechend „gängiger Praxis“ (GA 232, 243) eine Folgebeauftragung anschließe. Für einen schlüssigen Vortrag müsste die „gängige Praxis“ jeweils dargestellt werden, woran es fehlt. Denn maßgeblich ist die konkrete Geschäftspraxis im Einzelfall. Allein die Befassung mit einem Projekt führt noch nicht zu seiner Zuordnung an den Auftragnehmer und sagt noch nichts darüber aus, an wen die noch ausstehenden Leistungen vergeben werden.

Auch die nicht näher substantiierte Behauptung, die weitere Beauftragung sei nur noch von einem Gemeinderatsbeschluss über die Erschließungsplanung abhängig gewesen („reine Formsache“, GA 243; GA 232), genügt nicht. Sofern sich die Gemeinde nicht bereits vertraglich gebunden hat, steht es ihr grundsätzlich frei, mit weiteren Leistungen auch andere Ingenieurbüros zu beauftragen (vgl. etwa Schreiben der Gemeinde H. vom 15.01.2015, Anlage K 6).

Ferner ist zu berücksichtigen, dass öffentliche Auftraggeber, um die es sich vorliegend handelt, in der Regel Planungsleistungen nach dem Vergaberecht öffentlich ausschreiben oder zumindest mehrere Angebote einholen und sodann den wirtschaftlichsten Anbieter vorziehen. Solche Vergabevorgänge sprechen gegen eine der Klägerin bereits zugeordnete Geschäftschance. Denn damit ist der allgemeine Konkurrenzkampf eröffnet, der einem Auftragsautomatismus widerspricht.

Zu den einzelnen Projekten:

(a) Projekt Nr. 1:

Es fehlt die Darlegung, welcher Auftrag in welchem Umfang erteilt wurde. Ferner erschließt sich nicht, aus welchen objektiven Umständen die Klägerin die weitere Beauftragung – gerade von ihr – erwarten konnte. Am Projekt beteiligt waren unstreitig weitere Planungsbüros (Büro S. K. R.). Zwar mag die Klägerin im November 2014 Projektpläne im Hinblick auf eine mögliche künftige Beauftragung mit den Leistungsphasen 1 bis 7 im Rahmen einer Gemeinderatssitzung vorgestellt haben. Damit befand sie sich aber noch in der Phase der Akquise, die als solche allein noch keine ihr zuzuordnende Vertragschance begründet.

(b) Projekt Nr. 2:

Insoweit gelten die Erwägungen zu Nr. 1. Im Übrigen bedeutet die zeitlich frühere Befassung mit anderweitigen Planungsobjekten dieser Gemeinde keinen Rückschluss auf eine neuerliche Geschäftschance. Diese ist vom (bloßen) Kundenschutz qualitativ zu unterscheiden.

(c) Projekt Nr. 3:

Der Zuordnung einer Geschäftschance betreffend die Leistungsphasen 5 bis 8 bei Bauabschnitt III des Baugebiets „W.“ steht die nach dem Vortrag der Klägerin erfolgte Auftragsvergabe im Wege öffentlicher Ausschreibung, an welcher sich die Klägerin beteiligt hat, entgegen. Woraus sich eine bereits zuvor zuzuordnende Geschäftschance der Klägerin ergeben soll, bleibt unklar. Jahre zurückliegende anderweitige Planungsleistungen für diesen Auftraggeber bieten keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer Geschäftschance Ausgang des Jahres 2014. Der Kundenschutz ist erneut von der Geschäftschance zu unterscheiden.

(d) Projekt Nr. 4:

Zu diesem Projekt trägt die Klägerin weder zur Auftragserteilung noch zur weiteren Entwicklung von Vertragsverhandlungen mit dem Auftraggeber vor. Eine Geschäftschance erschließt sich daraus nicht. Dem Verweis auf einen fehlenden Gemeinderatsbeschluss als „Formsache“ fehlt es an einem tragfähigen tatsächlichen Anknüpfungspunkt.

(e) Projekt Nr. 5:

Ob die Beklagten bzw. die R.-GmbH zu diesem Projekt überhaupt Leistungen erbracht haben, ist zwar streitig, kann aber dahingestellt bleiben. Denn erneut nicht schlüssig dargelegt ist die von der Klägerin nur behauptete Geschäftschance, etwa durch Vortrag zu Verhandlungen mit der Auftraggeberin.

(f) Projekt Nr. 6:

Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten erfolgte die Beauftragung der R.-GmbH im Wege der öffentlichen Vergabe, indem die Gemeinde zur Abgabe eines Angebots aufforderte. Dies steht sowohl der Annahme einer Geschäftschance als auch einem „Ansichziehen“ als Nutzen für eigene Rechnung entgegen.

(g) Projekt Nr. 7:

Die Klägerin legt schon nicht schlüssig dar, dass sie außerhalb der von ihr erstellten Variantenberechnung (Anlage K78) mit weiteren Planungsleistungen befasst war. Woraus auf die Zuordnung auch nachfolgender Leistungsphasen geschlossen werden könnte, bleibt unklar. Für eine Zuordnung sorgt im Übrigen auch nicht, dass die Beklagten bei ihren Ausführungsarbeiten auf Planungen der Klägerin – die ihr aber von der Gemeinde übergeben worden waren – zurückgriffen.

(h) Projekt Nr. 8:

Über die pauschale Behauptung einer Zuordnung hinaus bleibt unklar, warum die Klägerin trotz ausdrücklicher Aufforderung durch die Gemeinde kein Angebot für weitere Planungsleistungen abgab. Von einer Zuordnung an die Klägerin lässt sich schon deshalb nicht ausgehen, wie im Übrigen der Zuschlag im allgemeinen Wettbewerb auf Aufforderung durch den Auftraggeber kein Ausnutzen von Geschäftschancen darstellt. Allein die Erbringung früherer Leistungsphasen bedeutet noch keine zugeordnete Vertragsaussicht auf die weiteren Leistungsphasen.Randnummer102

(i) Projekt Nr. 9:

Die bloße Behauptung, „langfristige Leistungen der Leistungsphase 2“ erbracht zu haben, trägt nicht die Annahme einer Geschäftschance für weitere Leistungsphasen. Ob die Klägerin Ende des Jahres 2014 überhaupt im Projekt aktiv war, erscheint ohnehin wegen des Schreibens der Gemeinde M. vom 20. November 2014 (Anlage K7) fraglich.

(j) Projekt Nr. 12:

Eine Beauftragung der Klägerin für die Leistungsphasen 1 und 2 ist streitig. Eine Zuordnung von weiteren Leistungsphasen an die Klägerin scheidet aber schon mangels Darstellung der Einzelheiten zu Auftragsumfang und weiterer Entwicklung der Vertragsbeziehungen aus.

(k) Projekt Nr. 13:

Allein aus der Übernahme von Planungsleistungen in der Vergangenheit für andere Projekte lässt sich nicht auf eine Geschäftschance im vorliegenden Projekt schließen.

(l) Projekt Nr. 14:

Auch hier lässt sich aus der Beauftragung mit früheren Leistungsphasen nicht zwingend auf die Weiterbeauftragung schließen, sondern bedarf besonderer Darlegungen zum Vertragsverhältnis, an denen es fehlt. Dies gilt erst recht wegen des unbestrittenen Vortrags der Beklagten, dass die Stadt L. ihre Aufträge stets abschnittsweise erteilt (vgl. GA 379).

(m) Projekt Nr. 15:

Hierzu gelten in gleicher Weise die Ausführungen zu Projekt Nr. 14.

(n) Projekt Nr. 16:

Zwar trägt die Klägerin vor, bis einschließlich Leistungsphase 8 dieses Projekts von der Gemeinde als Auftraggeberin betraut worden zu sein, was die Beklagten zu Leistungsphase 8 aber bestreiten. Gegen eine vertragliche Bindung der Klägerin spricht schon die von der Klägerin vorgelegte Veröffentlichung, dass die Gemeinde eine gesonderte Beauftragung der R.-GmbH mit der Leistungsphase 8 beschloss (Anlage K 136, S. 3). Die Klägerin trägt nichts zu einer Vertragsbrüchigkeit der Gemeinde vor, so dass unklar bleibt, woraus sie dann gleichwohl die Zuordnung dieser letzten Leistungsphase herleiten will.

(o) Projekt Nr. 18:

Es ist schon aufgrund der zeitlichen Abläufe nicht schlüssig, dass Vorarbeiten durch Photodokumentationen im Jahr 2012 (Anlage K143), die nach Klägervortrag nur der Leistungsphase 1 zuzuordnen seien, eine berechtigte Erwartung auf die Beauftragung mit Leistungen der Phasen 5 bis 8 im Jahr 2015 begründen können, wie ohnehin nichts zur weiteren vertraglichen Entwicklung mit dem Auftraggeber dargelegt wird. Die sog. „Geschäftschancenlehre“ ist nicht mit einem allgemeinen Kundenschutz gleichzustellen.

(p) Projekt Nr. 20:

Hierzu trägt die Klägerin nur vor, dieses Projekt bis zum Jahr 2014 bearbeitet zu haben ohne darzulegen, welche weiteren Leistungsmöglichkeiten ihr entgangen und im Gegenzug von den Beklagten bzw. der R.-GmbH wahrgenommen worden sein sollen. Eigene Leistungen hat die Klägerin nach ihrem Vortrag schon im Jahr 2014 abgerechnet. Aus der von der Klägerin vorgelegten Sitzungsvorlage zur Verbandsversammlung vom 22. Mai 2015 ergibt sich zwar, dass die R.-GmbH beim Umbau von „weiteren 3 Außenstationen“ für den Zweckverband im Jahr 2015 tätig war (Anlage K 151, S. 3f.). Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten handelt es sich dabei indes um ein gesondert vom Zweckverband beauftragtes Bauprojekt, bei welchem die Beauftragung der R.-GmbH auf den Wunsch des Zweckverbandes zurückgehe. Der Zweckverband übertrage Planungs- und Überwachungsleistungen auch unterschiedlichen Ingenieurbüros. Tatsächlich ist schon aus der Sitzungsvorlage zu ersehen, dass die Klägerin für das Bauprojekt unter TOP 5 beauftragt war.Randnummer118

(q) Projekt Nr. 21:

Ungeachtet der mangelhaften Darlegung einer begründeten Erwartung, mit den behaupteten Leistungsphasen 1 bis 8 für dieses Projekt beauftragt zu werden, haben die Beklagten substantiiert bestritten, dass die R.-GmbH mit den behaupteten Folgeleistungen je beauftragt wurde. Den Auftrag habe eine Fa. P. erhalten. Das im Mitteilungsblatt der Gemeinde benannte Projekt (Anlage K 155) stehe damit in keinem Zusammenhang (GA 405f.). Dem hat die Klägerin nicht mehr widersprochen. Selbst wenn demnach für die Klägerin eine begründete Auftragsaussicht bestanden hätte, fehlte es am „Ansichziehen“ – der Nutzung für eigene Rechnung (vgl. Ziemons in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 266) – derselben durch die Beklagten.

(r) Projekt Nr. 22:

Hierzu behauptet die Klägerin pauschal ohne jeden sachlichen Anknüpfungspunkt, ihr sei eine Leistungserbringung durch die Beklagten unmöglich gemacht worden. Welche weitere Beauftragung durch die Gemeinde im Raum stand, wird nicht dargelegt. Der Vortrag der Beklagten, dass die R.-GmbH für dieses Baugebiet schon keinen Auftrag erhalten habe wie im Übrigen die Gemeinde das Projekt schon seit dem Jahr 2013 nicht mehr weiter betreibe, blieb unerwidert. Damit lässt sich weder von einer Aussicht auf eine Beauftragung noch von einem Ansichziehen durch die Beklagten ausgehen.

(s) Projekt Nr. 23:

Aus einer Beschlussfassung der Stadt B. im Jahr 2009 lässt sich schon nicht auf eine konkrete Auftragsvergabe an die Klägerin schließen, die sich überdies noch als „Geschäftschance“ im Jahr 2015 qualifizieren ließe. Mag im Jahr 2009 auch zunächst eine Absicht der Stadt bestanden haben, die Klägerin mit weiteren Aufträgen zu betrauen, so bedarf die Annahme, dass die Klägerin hiervon auch noch im Jahr 2015 berechtigterweise ausgehen konnte, besonderer Umstände. Hierfür legt sie nichts dar. Nach dem Vortrag der Beklagten geht die Beauftragung der R.-GmbH vielmehr auf eine Angebotsaufforderung der Stadt im Mai 2015 zurück. Dem hat die Klägerin nicht widersprochen. Damit lässt sich aber schon keine der Klägerin zuzuordnende Auftragschance (mehr) erkennen. Die Stadt als Auftraggeberin hatte selbst unzweifelhaft mit der Aufforderung an die R.-GmbH hiervon Abstand genommen. Allein der Umstand, dass das zur Umsetzung gelangte Projekt „W.“ Teil des von der Klägerin bis 2009 erstellten Flussgebietsmodells war, bedeutet in Anbetracht der dargestellten Besonderheiten bei der Auftragsvergabe von Planungsleistungen nicht die Übernahme einer „Geschäftschance“ durch die Beklagten.

(t) Projekt Nr. 24:

Die Behauptung der Klägerin, das genannte Projekt „Ausbau des T. in W.“ habe seine weitere Fortsetzung durch die R.-GmbH als Leistungsphasen 4 bis 8 erfahren, haben die Beklagten substantiiert bestritten. An dem Projekt seien überhaupt keine weiteren Arbeiten mehr durchgeführt worden; die R.-GmbH habe dazu jedenfalls keinen Auftrag erhalten. Die R.-GmbH habe im Jahr 2015 von der Stadt lediglich einen hiervon sachlich unabhängigen Auftrag erhalten. Diesem Vortrag hat die Klägerin nichts entgegnet.

(u) Projekt Nr. 25:

Dem substantiierten Vortrag der Beklagten, wonach sich die von der Klägerin hierzu bislang erbrachten Leistungen in der Erstellung einer Studie erschöpften, hat die Klägerin nicht widersprochen. Woraus sich die begründete Erwartung einer weiteren Beauftragung mit Planungs- und Umsetzungsleistungen ergeben soll, erschließt sich nicht. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten erfolgte die Beauftragung der R.-GmbH im Übrigen nach einer Ausschreibung der Auftraggeberin, also im allgemeinen Wettbewerb.

(v) Projekt Nr. 26:

Ungeachtet des fehlenden substantiellen Vortrags zu einer begründeten Auftragserwartung ist nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten von einem Einvernehmen zwischen dem Baubürgermeister der Stadt F. und dem Geschäftsführer der Klägerin auszugehen, dass die R.-GmbH die Leistungsphase 4 sowie Umplanungen bzw. Zweitplanungen zur Leistungsphase 3 übernehmen werde (GA 421f.). Selbst im Fall einer begründeten Auftragserwartung wäre danach von einer schlüssig vorgetragenen Freigabe durch die Klägerin auszugehen.Randnummer130

(w) Projekt Nr. 27:

Ungeachtet des fehlenden substantiellen Vortrags zu einer begründeten Auftragserwartung tragen die Beklagten unwidersprochen vor, dass es eine Beauftragung der R.-GmbH nicht gegeben habe, so dass es an einem „Ansichziehen“ fehlt.

(2) Zu den Projekten Nrn. 10, 11 und 17 räumen die Beklagten zwar ein, dass diese der Klägerin als Geschäftschance zuzuordnen seien. Nach dem unbestrittenen weiteren Vortrag der Beklagten ist aber davon auszugehen, dass die Klägerin bei diesen Projekten ihre vertragliche Geschäftschance wieder aufgegeben, zumindest aber, wie auch zu Projekt Nr. 19, die Freigabe einer Übernahme durch die R.-GmbH bzw. die Beklagten erteilt hat.

So tragen die Beklagten zu den Projekten Nr. 10 und 11 vor, dass sie erst auf ausdrücklichen Wunsch der Gemeinde M. tätig geworden seien. Die Gemeinde M. habe den Beklagten durch die Leiterin des Eigenbetriebs Abwasser mitgeteilt, dass die Klägerin zu Projekt 10 die weiteren Leistungsphasen zurückgegeben habe bzw. sich nicht mehr darum kümmere (GA 369) und zu Projekt 11 vom Vertrag zurückgetreten sei (GA 372). Hierzu hat sich die Klägerin zwar nicht weiter eingelassen. Das von ihr als Anlage K7 vorgelegte Schreiben der Gemeinde M. vom 20. November 2014 stützt indes den Vortrag der Beklagten. Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass die zunächst unstreitig vorhandene Geschäftschance der Klägerin in Form umfassender Beauftragung durch die Klägerin selbst wieder aufgegeben wurde, jedenfalls aber eine konkludente Freigabe durch die Klägerin erfolgte. Soweit für die Erteilung einer Freigabe wie bei der Aufhebung eines Wettbewerbsverbotes die Beschlussfassung der Gesellschafter gefordert wird, erübrigte sich diese wegen des Stimmrechtsausschlusses der individuell betroffenen Beklagten gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 GmbHG.

Zu Projekt Nr. 17 tragen die Beklagten näher vor, zwischen der Klägerin und dem Tiefbauamtsleiter der Stadt T. im Jahr 2015 sei es zu einem Einvernehmen gekommen, dass die Klägerin die noch offenen Leistungsphasen zurückgebe und ihre Ausführung sodann von der R.-GmbH übernommen werde (GA 393). Dies bestreitet die Klägerin schon nicht. Der Wunsch der Stadt T. als Auftraggeberin nach einer Freigabe des Projekts ergibt sich im Übrigen schon aus dem von der Klägerin als Anlage K 8 vorgelegten Schreiben der Stadt vom 9. Dezember 2014.

Zu Projekt Nr. 19 ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin die Leistungsphasen 1 bis 7 erbracht hat. Die Übernahme der Leistungsphase 8 durch die Klägerin ist indes streitig, was aber dahingestellt bleiben kann. Denn die Beklagten berufen sich ferner darauf, dass die Stadt T. auch zu diesem Projekt mit der Klägerin Gespräche geführt habe, ausweislich derer die Stadt der Klägerin mitteilte, das Projekt mit dem Beklagten zu 2 weiterführen zu wollen und zu dürfen (GA 399f.). Dem ist die Klägerin nicht weiter entgegengetreten. Auf ein Einvernehmen mit der Klägerin lässt insoweit die als Anlage K 150 vorgelegte Email des Geschäftsführers der Klägerin vom 7. Dezember 2016 an die Stadt T. schließen, wonach die Klägerin ihre Honorarforderung um die Leistungsphase 8 und die örtliche Bauüberwachung gekürzt habe. Daraus kann zumindest eine Freigabe der weiteren Vertragsausführung durch die Klägerin gefolgert werden.

(3) Auch anderweitig lassen sich keine Abwerbemaßnahmen betreffend einzelner konkreter Projekte oder Aufträge erkennen. Die von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Gemeinde M. (Anlage K7), der Stadt T. (Anlage K8) und der Gemeinde H. (Anlage K6) geben nicht zu erkennen, dass die Beklagten selbst in diesem Sinne tätig geworden wären.

(4) Soweit die Klägerin in ihren Ausführungen behauptet, sie habe ihre Leistungen gegenüber ihren Auftraggebern nicht mehr abrechnen können (beispielhaft GA 236), ist dies nicht nachvollziehbar. Wer auf vertraglicher Grundlage leistet, kann regelmäßig auch abrechnen. Dies verdeutlicht etwa die Aufforderung der Stadt T. zur Abrechnung mit Schreiben vom 9. Dezember 2014 (Anlage K8). Bei reinen Akquiseleistungen mag dies anders sein, was aber in das wirtschaftliche Risiko des Leistenden fällt.

d) Ein über das Verbot, einzelne Geschäftschancen an sich zu ziehen, hinausgehendes Wettbewerbsverbot folgt auch nicht aus § 826 BGB. Soweit die Beklagten weder einem vertraglichen noch einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterlagen, begründete der Abschluss von Geschäften im Geschäftsbereich der Klägerin auch dann keine Ansprüche gemäß § 826 BGB, wenn die Beklagten der Klägerin zuvor einen „Kampf bis zur völligen Vernichtung“ angedroht hätten.

2. Die von der Klägerin mit zuletzt gestelltem Klageantrag Ziff. 1 begehrte Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Haupt- und Hilfsantrag erledigt sei, ist unter Heranziehung der Berufungsschrift (vgl. zur Auslegung von Klageanträgen BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 – II ZR 305/14, MDR 2016, 1350 Rn. 12) als auf das in 1. Instanz unter Ziff. 1 geltend gemachte Unterlassungsbegehren bezogen auszulegen.

Dem Antrag ist nicht zu entsprechen, weil es am Eintritt einer Erledigung fehlt. Eine solche setzt voraus, dass die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (st.RSpr., BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – IX ZR 83/17, ZIP 2018, 802 Rn. 7 mwN). Das Unterlassungsbegehren der Klägerin war unbegründet. Einen Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagten besaß die Klägerin bei Ablauf der das gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsverhältnis beendenden Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des 31. Dezember 2015 nicht. Zur Begründung sei auf die Ausführungen zu den mit Klageanträgen Ziff. 2 und 3 geltend gemachten Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen verwiesen.

3. Der Vortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 15. März 2019 gab keine Veranlassung für eine Wiedereröffnung der Verhandlung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Umstellung des Auskunfts- und Schadensersatzbegehrens von der ursprünglichen Projektliste in 1. Instanz (Anlage K20) zur Projektliste in der Berufungsinstanz (Anlage K21) beinhaltet eine Klagerücknahme hinsichtlich der zuletzt nicht mehr enthaltenen Projekte. Zu dieser haben die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2019 ihr Einverständnis erklärt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 ZPO. Der Streitwert war mit bis zu 750.000 € festzusetzen, nachdem die Klägerin ihren entgangenen Gewinn zuletzt mit 707.994,00 € bezifferte.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt. Zu entscheiden war allein über ihre Anwendung im Einzelfall.

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I Nachvertragliches Wettbewerbsverbot I Gezielte Behinderung I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: Abwerbeverbot, Befreiung vom Wettbewerbsverbot, Berufsfreiheit, BGB § 242, BGB § 826, Entbehrlichkeit wegen Förmelei, Förmelei, Geschäftschancenlehre, Gezielte Behinderung, Haftung für Wettbewerbsverstöße, illoyales Ausnutzen, Kundenschutzklausel, Mitbewerber gezielt behindert, nachvertragliches Abwerbeverbot, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Rechtsfolgen bei Wettbewerbsverstoss, Schadensersatz bei Wettbewerbsverstoss, Treuepflicht, Treuepflicht in der GmbH, Treuepflicht und Stimmrecht, Treuepflicht und Zustimmungspflicht, Treuepflicht unter den Gesellschaftern, Treuepflicht zwischen Gesellschafter und GmbH, unlauterer Wettbewerb, Unterlassungsanspruch bei Wettbewerbsverstoss, UWG § 4 Nr. 4, Verletzung der Treuepflicht, Verstoß gegen die Geschäftschancenlehre, Verstoß gegen Geschäftschancenlehre, Verstoß gegen Wettbewerbsverbot, Vertragliches Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot der Gesellschafter

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OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.01.2006 – 8 U 27/05 – Wettbewerbsverbot

10. Januar 2006

Wettbewerbsverbot I Geschäftschancenlehre

§ 11 Abs 2 S 2 BewG, § 74 Abs 2 HGB

1. Im Rahmen der Bewertung eines Gesellschaftsanteils nach dem sog. Stuttgarter Verfahren sind bei der Prognose der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft (§ 11 Abs. 2 S. 2 BewG) auch solche für den voraussichtlichen künftigen Jahresertrag der Gesellschaft erheblichen Steuertatbestände zu berücksichtigen, die zum maßgeblichen Bewertungsstichtag zwar bereits das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen haben, aber noch nicht in Kraft getreten sind (hier: Fiktiver Abzug von 25% Körperschaftssteuer trotz eines vor dem 1. Januar 2001 liegenden Bewertungsstichtages).

2. Ein ausgeschiedener GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
ausgeschiedener Gesellschafter
Gesellschafter
unterliegt einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot auch nach den Grundsätzen der sog. Geschäftschancenlehre nur dann, wenn er Organ der Gesellschaft war oder in einer vergleichbaren Stellung die Geschäftsführung der Gesellschaft beherrscht oder maßgeblich beeinflusst hat (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 8. Mai 1989 – II ZR 229/88, GmbHR 1989, 460 = MDR 1989, 974 = NJW 1989, 2687).

Der BGH (z.B. NJW 86, 585, 586) hat auch das gesellschaftsrechtliche Rechtsinstitut der so genannten Geschäftschancenlehre aus der Stellung eines Geschäftsführers der GmbH entwickelt und damit aus der speziellen Treuepflicht der die Geschäfte führenden Personen als gesellschaftsrechtliche Auswirkung (vgl. hierzu auch z. B. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
GmbHR 92, 668; Timm GmbHR 81, 177 sowie Scholz/Winter GmbHG, 9. Auflage, § 14 GmbHG Rdn. 59).

Auch bei der Rechtsprechung des BGH zur Geschäftschancenlehre geht es immer um die Ausnutzung einer dem Geschäftsführer einer GmbH (z. B. BGH WM 67, 679; BGH WM 77, 361, 362; BGH NJW 86, 585, 586) oder einem die Geschäfte führenden Gesellschafter oder Kommanditisten einer Personenhandelsgesellschaft (z. B. BGH WM 85, 1444; BGH NJW 89, 2687, 2688) in dieser Eigenschaft angetragene Geschäftschance, die dieser, anstelle sie im Rahmen seiner Geschäftsführungskompetenz der Gesellschaft zuzuführen, im eigenen Interesse nutzt und damit seine besondere Treuepflichten verletzt.

3. Ein Minderheitsgesellschafter, der zugleich Angestellter der Gesellschaft ist, kann nicht über eine Erweiterung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten in Bezug auf die Verwertung der als Angestellter erworbenen Kenntnisse einem Wettbewerbsverbot unterworfen werden, das nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts unwirksam wäre und auch im Gesellschaftsvertrag nicht vereinbart ist.

Urteil

I. Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe – 14 O 5/01 KfH III – vom 17.12.2004 werden zurückgewiesen.

 

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 15% und die Beklagte 85%.

 

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Den Parteien wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenpartei gegen Sicherheitsleistung durch Bürgschaft im Sinne des § 108 Abs. 1 ZPO in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung in gleicher Art Sicherheit in Höhe von 120% des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

V. Der Berufungsstreitwert wird auf 101.706,53 € festgesetzt.

 

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Auszahlung eins Abfindungsentgelts in Anspruch.

Der Geschäftsanteil des Klägers, der Minderheitsgesellschafter der Beklagten war, wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 24.11.1994 (Anlage K 1; im Folgenden: GV) auf nominell 9.500,– DM festgesetzt. Das Stammkapital der Beklagten beläuft sich auf 50.000,– DM.

Bereits seit 1988 war der Kläger Angestellter der Beklagten. Dieses Anstellungsverhältnis kündigte er mit Schreiben vom 25.05.2000 zum 30.06.2000 und schied zum Monatsende Juni 2000 bei der Beklagten aus.

Der Kläger bearbeitete bei der Beklagten den Bereich des so genannten Desktop-Publishing (DTP), zuletzt zusammen mit einer freien Mitarbeiterin und einer Auszubildenden.

Durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28.09.2000 (Anlage K 5) wurde der Geschäftsanteil des Klägers eingezogen. Der maßgebliche notarielle Gesellschaftsvertrag vom 24.11.1994 (Anlage K 1) enthält u.a. folgende Regelungen:

㤠8 Einziehung

 
1. Die Gesellschafter können die Einziehung von GeschäftsanteilenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung von Geschäftsanteilen
mit Zustimmung des betroffenen GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Zustimmung
Zustimmung des betroffenen Gesellschafters
jederzeit beschließen.

 
3. Die Einziehung geschieht unbeschadet der Regelung der §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG gegen Entgelt.

§ 9 Abfindungsentgelt

 
1. Das Abfindungsentgelt bemisst sich nach dem gemeinen Wert des Anteils, der nach den Grundsätzen des so genannten Stuttgarter Verfahrens oder eines anderen von der höchstrichterlichen Steuerrechtsprechung anerkannten Verfahrens gleicher Zielrichtung zu ermitteln ist.
 
2. Maßgeblich für die Ermittlung des gemeinen Werts ist die Bilanz, die von der Gesellschaft auf den Bilanzstichtag zu errichten ist, der weniger als 6 volle Monate vor oder nach dem Einziehungszeitpunkt liegt.

 
3. Das Entgelt ist in 10 gleichen Jahresraten jeweils zu Beginn des Geschäftsjahres zu entrichten. Die Gesellschafter können eine kürzere Tilgungszeit beschließen.

 
4. Noch nicht getilgte Teile des Entgelts verzinsen sich zu Fünf vom Hundert jährlich. Die Gesellschafter können einen anderen Hundertsatz beschließen. Die Zinsen sind jeweils am Ende eines Geschäftsjahres zu entrichten.

 
5. Eine Sicherstellung kann nicht verlangt werden.

§ 10 Ausschließung

 
1. Ein Gesellschafter kann ausgeschlossen werden, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt, der seine Mitgliedschaft für die übrigen Gesellschafter unzumutbar macht.

 
3. Der Ausgeschlossene hat Anspruch auf Erstattung des Werts seines Geschäftsanteiles; § 9 findet entsprechende Anwendung.

§ 19 Wettbewerbsverbot

Den Gesellschaftern und den Geschäftsführern der Gesellschaft kann Befreiung von dem Wettbewerbsverbot erteilt werden. Über Art und Umfang der Befreiung beschließen die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit.

§ 25 Salvatorische Klausel

Die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen dieses Vertrages lässt die Wirksamkeit im Übrigen unberührt, soweit Treu und Glauben nicht zwingend entgegenstehen. Die ungültige Bestimmung ist umzudeuten oder durch Beschluss der Gesellschafterversammlung so zu ändern oder zu ergänzen, dass der mit der ungültigen Bestimmung beabsichtigte wirtschaftliche und rechtliche Zweck erreicht wird. Dasselbe gilt, wenn bei der Durchführung des Gesellschaftsvertrages eine ergänzungsbedürftige Lücke offenbar wird.“

Mit der Klage hat der Kläger eine Abfindung von 150.100,– DM (76.744,91 €) begehrt.

Die Beklagte hat diesen Betrag für weit überhöht gehalten, mit einem Schadensersatzanspruch wegen behaupteter Verletzung eines Wettbewerbsverbots aufgerechnet und in einem überschießenden Teilbetrag von 39.635,70 € (77.520,70 DM) Widerklage erhoben.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Parteivorbringens, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsbegründung wird auf das von beiden Parteien mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts vom 17.12.2004 (I 467 ff.) Bezug genommen, durch welches das Landgericht nach Erhebung eines Sachverständigen-Gutachtens und mündlicher Anhörung des Sachverständigen B. der Klage in Höhe von 48.295,86 € nebst diversen Zinsen stattgegeben und die Klage im Übrigen sowie die Widerklage abgewiesen hat.

Der Kläger bringt zur Begründung seiner Berufung und in Abwehr der Berufung der Beklagten vor, das Landgericht habe prinzipiell seinen Abfindungsanspruch zutreffend festgelegt, jedoch rechtsfehlerhaft bei den Bemessungsgrundlagen nach dem so genannten „Stuttgarter Verfahren“ einen fiktiven 25%-igen Abzug für Körperschaftssteuer vorgenommen. Dies habe zu einer unberechtigten Kürzung des Klagebetrags in Höhe von 13.774,97 € geführt, die mit der Berufung begehrt würden. Die landgerichtliche Begründung für den fiktiven Abzug sei weder überzeugend noch halte sie rechtlicher Überprüfung stand. Mit schutzwerten Belangen der in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter könne nicht argumentiert werden. Die Auffassung des Landgerichts sei mit den steuerlichen Vorschriften nicht vereinbar.

Dagegen habe das Landgericht zutreffend Gegenansprüche der Beklagten verneint. Damit sei auch die Widerklage unbegründet. Es habe kein Wettbewerbsverbot des Klägers bestanden. Der Vergleich mit Freiberuflersozietäten scheitere bereits an den völlig unterschiedlichen Voraussetzungen. Im Übrigen habe die Beklagte den vom Kläger bearbeiteten DTP-Bereich nie für besonders wichtig erachtet und folgerichtig – obwohl etwas anders möglich gewesen sei – nach dessen Weggang auch nicht weiter betrieben. Der jetzige Vortrag der Beklagten verdrehe deshalb die wirklichen Gegebenheiten. Der Kläger habe im Übrigen keinen der bisherigen Kunden der Beklagten „mitgenommen“. Die Beklagte verkenne auch die arbeitsvertragliche Problematik des Falles. Falsch sei schließlich, dass die Beklagte die Tätigkeit des Klägers im DTP-Bereich besonders honoriert habe, schon gar nicht durch Übertragung von Gesellschafteranteilen.

Zu Recht sei das LG schließlich von der Fälligkeit der klägerischen Forderung ausgegangen.

Der Kläger beantragt:

 
1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 17.12.2004, AZ: 14 O 5/01 KfH III, zugestellt am 04.01.2005, wird im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger insgesamt 62.070,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 12.414,16 € für die Zeit vom 31.01.2001 bis 31.12.2004 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

12.414,16 € für die Zeit vom 01.01.2001 bis 31.12.2001,

24.828,33 € für die Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2002,

37.242,49 € für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2003,

49.656,65 € für die Zeit vom 01.01.2004 bis 31.12.2004

und aus 62.070,83 € seit 01.01.2005 zu zahlen.

 
2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte beantragt:

 
1. Die Klage wird unter Abänderung des am 17.12.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Karlsruhe, Aktenzeichen 14 O 5/01 KfH III, abgewiesen.
 
2. Der Kläger wird unter Abänderung des am 17.12.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Karlsruhe, AZ: 14 O 5/01 KfH III, verurteilt, an die Beklagte € 39.635,70 zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
 
3. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
 
4. Die Revision wird zugelassen.

 

Die Beklagte legt zur Begründung ihrer Berufung und zur Abwehr der Berufung des Klägers dar, das Landgericht habe unter Rechtsverletzung der Klage überwiegend stattgegeben, weil der Abfindungsanspruch des Klägers durch die Aufrechnung der Beklagten erloschen sei. Zumindest sei ein etwaiger Anspruch des Klägers nicht in 5 Jahresraten auszuzahlen gewesen, da die 10-Jahresregelung wirksam sei, zumal der Kläger selbst der Einziehung zugestimmt habe.

Völlig zu Unrecht habe das Landgericht eine Pflichtverletzung des Klägers mit einem hieraus resultierenden kausalen Schaden der Beklagten verneint.

De facto habe der Kläger den DTP-Bereich ohne jeden Ausgleich von der Beklagten auf sich selbst übergeführt. Dies habe für den Unternehmenswert der Beklagten und die Anteile der Mitgesellschafter zu einer erheblichen Werteinbuße geführt. Bei sachgerechter Betrachtung habe der Kläger selbstverständlich einem Wettbewerbsverbot unterlegen. Ähnlich wie in den Fällen freiberuflicher Tätigkeiten könne es nicht angehen, die Kunden mitzunehmen und daneben noch eine Abfindung zu verlangen.

Zu Unrecht habe das Landgericht allein darauf abgestellt, dass der Kläger nicht Mehrheitsgesellschafter oder Geschäftsführer der Beklagten gewesen sei. Der vorliegende Sachverhalt sei von einer eigenverantwortlichen Stellung des Klägers im DTP-Bereich gekennzeichnet, die von der Beklagten neben regelmäßigen Gehaltssteigerungen mit einer Anhebung der Gesellschaftsbeteiligung des Klägers von 4% auf 19% im Jahr 1994 honoriert worden sei.

Der Kläger habe pflichtwidrig das Vertrauen der Mitgesellschafter in das Bestehen dieses Bereichs als Grundlage erheblicher Gewinne verletzt, in dem er bewusst die beiden einzigen Kunden an sich gezogen habe. Dies begründe einen Schadensersatzanspruch der Beklagten, zumal deren Tätigkeit im fraglichen Bereich allein wegen des Wegbrechens der entscheidenden Kundenbeziehungen nicht habe fortgeführt werden können. Auf jeden Fall sei beim Kläger die so genannte „Geschäftschancenlehre“ anzuwenden.

Die Arbeitnehmerstellung des Klägers bei der Beklagten sei durch seine gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten überlagert.

Im Gegensatz zu seinem Vortrag habe der Kläger die beiden Kunden des DTP-Bereichs auch tatsächlich abgeworben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf sämtliche vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen der erkennenden Gerichte und ergänzend auf den Gesamtinhalt der Akten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Berufungen beider Parteien sind unbegründet.

 
A) Berufung des Klägers:

Der Kläger begehrt mit seiner Berufung die weitere Zahlung von 13.774,97 € von der Beklagten, weil das Landgericht rechtsfehlerhaft bei der Berechnung des Abfindungsentgelts des Klägers gemäß § 9 GV einen fiktiven Abzug von 25% Körperschaftssteuer vorgenommen habe und damit den vom Sachverständigen B. errechneten Betrag zu Unrecht auf rechnerisch unstreitige – 94.458,50 DM verringert habe. Tatsächlich stehe dem Kläger der volle Betrag von 62.070,83 € zu (vgl. II 59).

Das Landgericht hat jedenfalls im Ergebnis insoweit richtig entschieden.

Allerdings ist dem Kläger zuzugeben, dass die Erwägung des Landgerichts (US 7), ein Unterlassen des Abzugs werde den schutzwerten Belangen der Gesellschaft der verbleibenden Gesellschafter nicht gerecht, weil diese bei einem etwaigen Ausscheiden unterschiedlichen Bewertungsgrundsätzen ausgesetzt wären, die Entscheidung nicht trägt.

Für das Ausscheiden eines GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausscheiden
Ausscheiden eines Gesellschafters
ist stets die zu diesem Zeitpunkt geltende Rechts- und Bewertungslage maßgeblich. Scheiden mithin zwei oder mehrere Gesellschafter zum gleichen Zeitpunkt aus, ist auch die Rechts- und Bewertungslage gleich. Ein anerkennenswertes Vertrauen darauf, dass auch bei unterschiedlichen Ausscheidungszeitpunkten die gleiche Rechts- und Bewertungslage zugrunde zu legen ist, gibt es dagegen nicht.

 
1. Gemäß § 9 Nr. 1 des GV der Beklagten vom 24.11.1994 ist Grundlage zur Ermittlung des Abfindungsentgelts des Klägers nach der Einziehung seines Geschäftsanteils an der Beklagten vom 28.09.2000 der gemeine Wert des Anteils, der nach den Grundsätzen des so genannten Stuttgarter Verfahrens oder eines anderen von der höchstrichterlichen Steuerrechtsprechung anerkannten Verfahrens gleicher Zielrichtung zu ermitteln ist.

 

In § 11 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) ist bestimmt, dass Anteile an Kapitalgesellschaften mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen. Die Schätzung des gemeinen Werts der Anteile unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft nach der Regelung in § 11 Abs.2 Satz 2 BewG wird dabei nach dem so genannten „Stuttgarter Verfahren“ vorgenommen.

 Das Stuttgarter Verfahren ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH (z. B. BFH, Urteil v. 04.05.1984, III R 61/83, BStBl. 1984 II 657 m.w.N.) als geeignetes Schätzungsverfahren anerkannt und damit der Berechnung gem. § 9 GV zugrunde zu legen.
 
2. Der vom Sachverständigen B. in seinem Gutachten vom 30.09.2004 errechnete und bei seiner mündlichen Anhörung vom 17.12.2004 geringfügig korrigierte Wert des Geschäftsanteils des Beklagten nach dem Stuttgarter Verfahren steht bis auf den oben genannten Streitpunkt zwischen den Parteien nicht mehr im Streit.

Auch der Senat hält die Darlegungen des Sachverständigen mit Ausnahme des von ihm unterlassenen Abzugs einer fiktiven Körperschaftssteuer von 25% auf das ermittelte Betriebsergebnis für überzeugend und folgt ihnen.

 
a) Der Sachverständige hat die Unterlassung des genannten Abzugs in seinem Gutachten (S. 15) und anlässlich seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht (I 459) damit begründet, dass die Körperschaftssteuer erst ab dem Bewertungsstichtag 01.01.2001 mit 25% abzuziehen sei und sich aus der Kommentierung bei Troll/Gebel/Jülicher sowie aus den Erläuterungen zu den Erbschaftssteuerrichtlinien der Finanzverwaltung ergebe, dass die Auswirkungen des so genannten Halbeinkünfteverfahrens erst bei Bewertungsstichtagen ab dem 01.01.2001 zu berücksichtigen seien.
 
b) Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
 
aa) Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, Stand: 31.03.2005, § 12 ErbStG Tz. 351 legen dar, dass die Betriebsergebnisse – auch für in die Berechnung einzubeziehende zurückliegende Wirtschaftsjahre vor dem Systemwechsel vom körpersteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren zu dem Halbeinkünfteverfahren durch das am 01.01.2001 in Kraft getretene Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 (BGBl. I 2000, 1433), in diesen Fällen allerdings mit einem fiktiven Betrag in Höhe von 25% des zu versteuernden Einkommens – unter Berücksichtigung der Körperschaftssteuerbelastung zu korrigieren sind.

In Tz. 352 (a.a.O.) wird dargestellt, dass gegen die Berücksichtigung der Definitivbesteuerung erst ab dem 01.01.2001 bei der Anteilsbewertung teilweise eingewandt werde, es komme auf den Zeitpunkt an, zu dem ein gedachter Erwerber erstmals mit einer derartigen Belastung der Erträge habe rechnen können, was jedenfalls bei Abschluss des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens der Fall gewesen sei.

Eine eigene Stellungnahme zur Streitfrage geben Troll/Gebel/Jülicher insoweit nicht ab.

Dagegen vertritt Weinmann (ZEV 2001, 184; vgl. im Übrigen auch die vom Landgericht (US 7) zitierten Literaturstimmen) die Ansicht, es unterliege keinem Zweifel, dass die für die Bestimmung des Ertragshundertsatzes aus der Vergangenheit abgeleitete Schätzgrundlage partiell angepasst werden müsse, soweit geänderte Gesetze den künftigen Jahresertrag beeinflussten. Das Stuttgarter Verfahren lasse keine andere Möglichkeit, als die geminderten Ertragsaussichten in das Schätzungsverfahren zu integrieren.

 
bb) Der BFH hat in dem bereits genannten Urteil vom 04.05.1984 (BStBl. 1984 II 657) für den sachlich gleich gelagerten Sachverhalt der am 01.01.1977 in Kraft getretenen Körperschaftssteuerreform entschieden, dass bei einer Anteilsbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren zum 31.12.1976 – und damit vor Inkrafttreten des Gesetzes – die VStR 1977 auch insoweit anzuwenden seien, als sie die Auswirkungen der Körperschaftssteuerreform 1977 berücksichtigten. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG seien bei der Schätzung des gemeinen Werts u.a. die Ertrags „aussichten“ der Kapitalgesellschaft zu berücksichtigen. Mithin sei eine vorausschauende Betrachtungsweise ausdrücklich vorgeschrieben. Danach komme es bei der Anteilsbewertung auf den voraussichtlichen künftigen Jahresertrag an. Der in den letzten drei Jahren vor dem Bewertungsstichtag tatsächlich erzielte jährliche Durchschnittsertrag bilde lediglich eine wichtige Beurteilungsgrundlage für die Schätzung dieses voraussichtlichen künftigen Jahresertrages. Künftiger Jahresertrag sei bei der Anteilsbewertung zum 31.12.1976 derjenige Ertrag, der ab 01.01.1977 erzielt werde. Da mit dem 01.01.1977 die Körperschaftssteuerreform in Kraft getreten sei, seien deren Auswirkungen auf die Höhe des Jahresertrags bei der Anteilsbewertung zum 31.12.1976 zu berücksichtigen. Dies widerspreche nicht dem der Vermögensbesteuerung zugrunde liegenden Stichtagsprinzip und verstoße auch nicht gegen das verfassungsrechtlich geschützte Rückwirkungsverbot. Auch ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG sei nicht erkennbar. Jeder fiktive Erwerber würde bei einem Kauf der Anteile am 31.12.1976 die mit der Körperschaftssteuerreform verbundenen Vorteile in seine Kaufpreisüberlegungen einbeziehen.

Im Hinblick auf die im damaligen Rechtsstreit umstrittene Frage der Anwendbarkeit zweier Regelungen der neuen Steuerrichtlinien auf die Anteilsbewertung hat der BFH mit den wirtschaftlichen Auswirkungen für die Anteilseigner und – bezüglich der Ausschüttungsentscheidungen der Gesellschaft – mit den Folgen der Anlagepolitik der Gesellschafter argumentiert und zutreffend festgestellt, dass sich auch ein fiktiver Käufer auf den bei der Bewertung abzustellen ist, mit den Erwägungen der Gesellschafter befassen und diese in seine Investitionsentscheidungen einbeziehen wird.

Diese Grundsätze gelten nach Überzeugung des Senats prinzipiell gleichermaßen für den vorliegenden Rechtsstreit.

Es kann dabei nicht nur darauf abgestellt werden, ob die Folgen der neuen steuerrechtlichen Lage für den Anteilseigner wirtschaftlich günstig sind. Ein fiktiver Käufer wird gleichermaßen auch negative Folgen in seine Überlegungen einbeziehen, die sich auch erst durch eine zeitlich wesentlich spätere Klärung der Rechtslage durch den BFH ergeben können und jedenfalls bedenken, dass die durch das eingeführte Halbeinkünfteverfahren definitive 25%ige Körperschaftssteuer der Gesellschaft den voraussichtlichen künftigen Jahresertrag und damit die an die Gesellschafter ausschüttungsfähigen Beträge mindern wird (vgl. hierzu auch Weinmann ZEV 2001, 184).

Die Berücksichtigung der Definitivbelastung der Kapitalgesellschaft mit Körperschaftssteuer auch für Einkommen eines Wirtschaftsjahres, auf das das KStG a.F. noch anwendbar ist, haben auch die einheitlichen Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 13.02.2001 (ZEV 2001, 150) vorgesehen, allerdings erst für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 31.12.2000 entstanden ist oder entsteht.

Diese steuerrechtliche Verfahrensanweisung der obersten Finanzbehörden der Länder bindet jedoch den Senat nicht.

 

Maßgebend für die Bewertung des gemeinen Werts eines Gesellschaftsanteils nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ist nicht die konkrete Steuerpflicht eines – ohnehin nur fiktiven-Erwerbers, sondern eine Gesamteinschätzung der Wertparameter des Anteils, die sich sowohl an den Erträgen der letzten drei zurückliegenden Jahre mit einem deutlichen Übergewicht des letzten Jahres (3-facher Faktor) als auch an einem voraussichtlichen künftigen Jahresertrag des – unter neuem Steuerrecht – am 01.01.2001 beginnenden Geschäftsjahres orientieren.

Es spricht nach Auffassung des Senats viel dafür, dass eine im nach dem Gesellschaftsvertrag maßgeblichen Zeitpunkt vorzunehmende Bewertung durch bereits beschlossene und bekannte einschlägige Änderungen der Steuergesetzgebung beeinflusst wird (vgl. hierzu auch die bei Troll/Gebel/Jülicher a.a.O. § 12 ErbStG Tz 352 zitierten Literaturmeinungen). Bei einer unter Abwägung aller Gesichtspunkte vorzunehmenden Gesamtwürdigung durch den Senat spricht danach mehr dafür, den vom Landgericht vorgenommenen Abzug von 25% Körperschaftssteuer (fiktiv), der umgesetzt in die Berechnung des Ertragshundertsatzes unstreitig zu einem Abfindungsentgelt des Klägers von 94.458,50 DM (48.295,86 €) führt, für richtig zu halten.

Die Berufung des Klägers ist danach als unbegründet zurückzuweisen.

 
B) Berufung der Beklagten:

 

Auch die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht Schadensersatzansprüche der Beklagten wegen eines dem Kläger anzulastenden Verstoßes gegen ein Wettbewerbsverbot verneint und die Fälligkeit der klägerischen Forderung in der aus dem Tenor ersichtlichen Abstufung bejaht.

 
1. Der Senat teilt in vollem Umfang die Erwägungen des Landgerichts (US 8), dass § 19 GV kein Vertragliches WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Vertragliches Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
zu Lasten des Klägers als Gesellschafter enthält und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen zustimmend Bezug.

 

Nach ihrem Wortlaut beinhaltet die erst in der Gesellschafterversammlung vom 30.07.1993 als § 17a neu in die Satzung aufgenommene Regelung (vgl. notarielle Urkunde des Notars Dr. R. vom 30.07.93, S. 8/9 im Anlagenband Kläger), die in der notariellen Urkunde vom 24.11.1994 des Notarvertreters K. unverändert zu § 19 des Gesellschaftsvertrages wurde (Anlagenband Kläger Anlage 1) eine aus Steuergründen geschaffene so genannte Öffnungsklausel, die entgegen der Ansicht des Landgerichts Hamburg (GMBHR 1998, 739) nicht dazu führt, ihr ohne weiteres auch das – tatsächlich nicht geregelte – Vorliegen eines Wettbewerbsverbots zu unterlegen.

Die Unterlassung einer klaren gesellschaftsvertraglichen Regelung geht insoweit zu Lasten der Beklagten.

Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass der Kläger unbestritten vorgetragen hat (I 111), der Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten H. sei Teilhaber an der I. AG, einer Konkurrentin der Beklagten, ohne dass die Beklagte insoweit etwas unternommen oder ihn von seinem vermeintlichen Wettbewerbsverbot befreit hätte.

 
2. Der Kläger hat gegen kein aus gesetzlichen Gründen bestehendes Wettbewerbsverbot verstoßen.

 
a) Der BGH hat ein gesetzliches WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Wettbewerbsverbot
unter bestimmten Voraussetzungen beim Geschäftsführer der GmbH (BGH NJW 86, 585, 586), beim geschäftsführenden Gesellschafter einer OHG (BGH NJW 86, 584) sowie beim geschäftsführenden Kommanditisten einer KG (BGH NJW 89, 2687, 2688) entwickelt.

 

Zweck dieses gesetzlichen Wettbewerbsverbots ist nach der Rechtsprechung des BGH (z. B. BGHZ 70, 331, 335 f.; BGHZ 89, 162 = NJW 84, 1351, 1353; BGHZ 104, 246, 251 m.w.N.) die Verhinderung der Aushöhlung oder gar inneren Zerstörung der Gesellschaft durch den geschäftsführenden Gesellschafter.

Der BGH (z.B. NJW 86, 585, 586) hat auch das gesellschaftsrechtliche Rechtsinstitut der so genannten Geschäftschancenlehre aus der Stellung eines Geschäftsführers der GmbH entwickelt und damit aus der speziellen Treuepflicht der die Geschäfte führenden Personen als gesellschaftsrechtliche Auswirkung (vgl. hierzu auch z. B. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
GmbHR 92, 668; Timm GmbHR 81, 177 sowie Scholz/Winter GmbHG, 9. Auflage, § 14 GmbHG Rdn. 59).

Auch bei dieser Rechtsprechung des BGH zur so genannten Geschäftschancenlehre geht es immer um die Ausnutzung einer dem Geschäftsführer einer GmbH (z. B. BGH WM 67, 679; BGH WM 77, 361, 362; BGH NJW 86, 585, 586) oder einem die Geschäfte führenden Gesellschafter oder Kommanditisten einer Personenhandelsgesellschaft (z. B. BGH WM 85, 1444; BGH NJW 89, 2687, 2688) in dieser Eigenschaft angetragene Geschäftschance, die dieser, anstelle sie im Rahmen seiner Geschäftsführungskompetenz der Gesellschaft zuzuführen, im eigenen Interesse nutzt und damit seine besondere Treuepflichten verletzt.

Im Gegensatz dazu reicht selbst eine 50%-ige Beteiligung an einer Gesellschaft ohne das Hinzutreten weiterer, den Einfluss verstärkender Elemente nicht dazu aus, von einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot auszugehen (BGH WM 74, 75; OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Karlsruhe
(15. Zivilsenat) GmbHR 99, 539; vgl. auch OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Karlsruhe
(6. Zivilsenat) BB 84, 2015, offen gelassen bei BGHZ 104, 246, 251, allgemein nach der Stellung der Gesellschafter differenzierend auch Röhricht WPg 92, 766, vgl. auch Scholz/Winter a.a.O. § 14 GmbHG Rdn. 59).

Nichts anderes gilt bei der Rechtsprechung zu einem vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbot und einem auch insoweit erforderlichen bestimmenden Einfluss des Handelnden (vgl. z. B. BGHZ 80, 69; BGH NJW 82, 938; Timm GmbHR 81, 177).

Für den Fall eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eines Geschäftsführers hat der BGH (BGHZ 91, 1 ff.) die direkte Heranziehung der Schutzvorschrift des § 74 Abs. 2 HGB mit der Erwägung verneint, dass die Gefahr, die von der Konkurrenzfähigkeit eines ehemaligen Geschäftsführers für die Kundenbeziehungen der Gesellschaft ausgehe, erheblich größer sei als die bei einem – auch leitenden – Angestellten, weil der Geschäftsführer das Unternehmen viel mehr als jeder Angestellte repräsentiere, selbst wenn es sich um einen Geschäftsführer handle, der nicht zugleich Gesellschafter sei (a.a.O. Seite 4).

Dies rechtfertige, dass beim Geschäftsführer die nachwirkenden Treuepflichten weiter gingen. Dies ergäbe sich auch aus der gesetzgeberischen Wertung des § 85 GmbHG, der dem Geschäftsführer – im Gegensatz zu einem „normalen“ Angestellten – ein durch bestimmte Merkmale eingeschränktes nachvertragliches Wettbewerbsverbot auferlege und damit den wesentlichen Unterschied zwischen einem Organmitglied und einem Angestellten herausstelle, soweit es um die Verwertung der im Unternehmen erworbenen Kenntnisse und Beziehungen gehe (a.a.O. S. 5/6).

Der BGH hat damit eine klare Trennungslinie zwischen Organmitgliedern der Gesellschaft und Angestellten gezogen, auch soweit beide in der Gesellschaft das gleiche Tätigkeitsfeld bearbeiten.

Allerdings hat der BGH (NJW 89, 2687) unter Berücksichtigung der Umstände des zu entscheidenden Einzelfalles (a.a.O. S. 2688) einem Kommanditisten, der keinem Wettbewerbsverbot unterlag, wegen der ihm als Gesellschafter obliegenden Treuepflicht untersagt, ein konkretes Grundstückskaufgeschäft an sich zu ziehen, das in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fiel und dieser aufgrund bestimmter konkreter Umstände bereits zugeordnet war.

Maßgeblich war dabei für den BGH, dass der mit Einverständnis des einzigen Komplementärs wie ein stillschweigender Geschäftsführer agierende Kommanditist das Geschäft für sich persönlich abgeschlossen hatte, obwohl die Gesellschaft als erste mit dem Geschäft in Berührung gekommen war, der Kommanditist auf Seiten der Gesellschaft in die Vertragsverhandlungen zu dem Geschäft eingeschaltet war und er in seiner Gesellschaftereigenschaft die näheren Umstände erfahren hatte, sei es, dass er mit den Vorgängen befasst war, sei es, dass er aufgrund seines Informationsrechts als Gesellschafter davon Kenntnis erlangt hatte (a.a.O. S. 2688).

Angesichts des auch diesen Streitfall kennzeichnenden beherrschenden Einflusses des handelnden Kommanditisten und der klaren Betonung des gesellschaftsrechtlichen Bezugs des konkreten Einzelgeschäfts kann diese Entscheidung nach Überzeugung des Senats nicht verallgemeinert werden (zur Treuepflicht des Gesellschafters bei personalistischer Struktur der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Struktur der Gesellschaft
und Fragen enger persönlicher Bindung und Zusammenarbeit vgl. auch Röhricht WPg 92, 766; Hartmann/Cortrie DB 81, 1073 sowie Scholz/Winter a.a.O. § 14 GmbH-G Rdn. 59).

Soweit Weisser (DB 89, 2010, 2011) dieser Entscheidung entnimmt, dass es nach der Rechtsprechung des BGH nicht auf die formale Stellung des Handelnden, sondern allein auf die von ihm tatsächlich ausgeübte Funktion als Maßstab seiner Beschränkung im Bereich von Geschäftschancen ankomme, vermag der Senat dies nur bedingt zu teilen.

Die vom Senat angenommene erhöhte Treuepflicht trifft zunächst unzweifelhaft alle Organmitglieder der Gesellschaft. Im Bereich der übrigen Gesellschafter ist zwar die tatsächlich ausgeübte Funktion für die Beurteilung bedeutsam, jedoch nur im Zusammenwirken mit dem tatsächlich hieraus folgenden Einfluss auf die Geschäftsführung (vgl. hierzu BGHZ 104, 246, 251).

Je größer der Einfluss eines Gesellschafters auf die Leitung und Entscheidungskompetenz der Gesellschaft ist, desto höher sind die Anforderungen an die Treuepflicht gegenüber dieser.


 
b) Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles unterliegt der Kläger bei Anwendung der vorstehenden Rechtsprechungsgrundsätze keinem Wettbewerbsverbot gesetzlicher Art.

Der Kläger war zwar, nachdem sein Gesellschaftsanteil von zunächst 4% unter zwischen den Parteien streitigen Umständen auf 19% erhöht wurde, Minderheitsgesellschafter der Beklagten. Er war jedoch weder Geschäftsführer, noch standen ihm nach dem Gesellschaftsvertrag Sonderrechte zu, aufgrund derer er Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen konnte. Er hatte daher keine Möglichkeit, die GmbH von innen her auszuhöhlen.

Nach den Umständen des Falles kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass er Kenntnisse für sich ausnutzte, die er in seiner Eigenschaft als Gesellschafter erlangte. Seine Spezialkenntnisse im Bereich der DTP hat der Kläger nicht aufgrund seiner erst Jahre später eingeräumten Minderheitsgesellschafterstellung, sondern durch die Verwertung seiner Arbeitskraft als Angestellter der Beklagten erlangt. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass er in dem streitigen DTP-Bereich schon vor seiner Anstellung bei der Beklagten tätig war. Einen im Sinne der gesellschaftsrechtlichen Rechtsprechungsgrundsätze bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung der Beklagten hat der Kläger auch nicht durch die Tatsache erlangt, dass er jahrelang als einziger Angestellter der Beklagten unter teilweiser Heranziehung einer freien Mitarbeiterin und einer Auszubildenden den DTP-Bereich bearbeitet hat. Dies unterschied ihn nicht von einem nicht gesellschaftsrechtlich verbundenen Angestellten und machte ihn nicht zu einem die Geschäftsführung maßgeblich beeinflussenden oder gar beherrschenden Mitarbeiter, zumal die wesentliche Geschäftsstruktur der Beklagten auf anderen Gebieten lag.

Insoweit kann der Streit der Parteien, ob der in der Satzung der Beklagten niedergelegte Geschäftszweck die Tätigkeit des Klägers überhaupt umfasst oder nicht, dahinstehen.

Der Senat geht insoweit zu Gunsten der Beklagten davon aus, dass der wirkliche Gesellschaftszweck und die Realität in der Abwicklung der Geschäfte der Gesellschaft maßgebend ist (im Rahmen des § 112 HGB vgl. hierzu BGHZ 70, 331, 332; BGHZ 89, 162 = NJW 84, 1351, 1353).

Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger die ihm von der Geschäftsleitung übertragenen Arbeiten als angestellter Mitarbeiter durchführte. Unstreitig hat die Beklagte den Wunsch des Klägers, Mitgeschäftsführer zu werden, abschlägig beschieden.

In diesem Zusammenhang kann nicht übersehen werden, dass auch ein allein als Angestellter mit Spezialaufgaben betrauter Mitarbeiter im Falle seines Ausscheidens diese Spezialkenntnisse mitnehmen und konkurrierend verwenden kann und damit eine für die Geschäfts- und Gewinnsituation der Gesellschaft erhebliche Auswirkung auslösen kann, ohne sich schadensersatzpflichtig zu machen.

Als Arbeitnehmer unterlag der Kläger unstreitig keinem wirksam vereinbarten arbeitsrechtlichen Wettbewerbsverbot, zumal eine Karenzentschädigung entsprechend § 74 Abs. 2 HGB nicht vereinbart war.

Der Senat teilt insoweit die Auffassung des OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Köln
(NJW-RR 91, 1316; vgl. dazu auch LG Bochum, NJW-RR 91, 1315 und OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
(6. Zivilsenat) BB 84, 2015), dass es nicht angeht, einen Minderheitsgesellschafter, der zugleich Arbeitnehmer der GmbH ist, über eine Erweiterung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht in Bezug auf die Verwertung der als Arbeitnehmer erworbenen Kenntnisse einem Wettbewerbsverbot zu unterwerfen, das nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts unwirksam wäre und auch im Gesellschaftsvertrag nicht vereinbart ist.

Schließlich ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten kein abweichendes Ergebnis aus der Rechtsprechung des BGH zur Auseinandersetzung von Gesellschaften freiberuflicher Art wie etwa Anwaltssozietäten oder ärztlichen Gemeinschaftspraxen (vgl. hierzu z. B. BGH ZIP 90. 1200, 1201; NJW 94, 796, 797; ZIP 94, 378, 380; ZIP 95, 833, 834; DStR 2000, 1021, 1022).

Soweit es dort darum geht, anstelle einer kompletten Abfindung der Gesellschaftsbeteiligung des ausscheidenden Sozius nur die Sachwerte zu teilen oder abzufinden und dem Ausscheidenden darüber hinaus anstelle einer weiteren Abfindung das Mitnehmen von Mandanten zu gestatten, handelt es sich um gesellschaftsvertragliche Regelungen der jeweiligen Sozietäten, an denen es vorliegend gerade fehlt.

Auch im Übrigen ist der in diesen Fällen entschiedene Sachverhalt mit der vorliegenden Konstellation eines Arbeitnehmers und Minderheitsgesellschafters nicht vergleichbar.

Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass die mit dem streitigen DTP-Bereich erwirtschafteten Erträge der Gesellschaft gerade nicht in die Abfindungsberechnung des Klägers eingehen.

Demgemäß bestehen Schadensersatzansprüche der Beklagten aus einem behaupteten Wettbewerbsverbotsverstoß des Klägers schon dem Grunde nach nicht.

Die von der Beklagten gegen die Klagforderung erklärte Aufrechnung ist deshalb ebenso wie die auf den gleichen Rechtsgrund gestützte Widerklagforderung der Beklagten unbegründet.

Ergänzend nimmt der Senat auf die Erwägungen im landgerichtlichen Urteil (US 9/10) Bezug.

 
3. Das Landgericht hat unter Heranziehung der salvatorischen Klausel des § 25 GV die in § 9 Nr. 3 GV enthaltene Stundungsregelung – zahlbar in 10 gleichen Jahresraten – dahin modifiziert, dass das Abfindungsentgelt des Klägers in 5 Jahren zurückzuzahlen sei, weil der 10-Jahreszeitraum nicht mehr den neueren Rechtsgrundsätzen entspreche.

Diese Feststellung weist weder Verstöße gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze noch gegen Denkgesetze auf und bindet deshalb den Senat (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass der Senat die Entscheidung des Landgerichts auch teilt. In der Rechtsprechung des BGH (z. B. NJW 89, 2685) ist eine Auszahlung der Abfindung in 15 Jahresraten trotz einer Verzinsung von 6% selbst für den Fall einer Hinauskündigung aus wichtigem Grund für unwirksam gehalten worden.

Der BGH (a.a.O., S. 2686) hat dabei erwogen, dass zwar Ratenzahlungsvereinbarungen und hinausgeschobene Fälligkeitstermine grundsätzlich nicht zu beanstanden sind. Hierfür spreche nicht nur, dass es für die Gesellschaft eine erhebliche Belastung bilden könne, wenn größere Abfindungsbeträge innerhalb einer kurzen Frist bereitgestellt werden müssten. Vielmehr komme hinzu, dass sich die für den ausscheidenden Gesellschafter ergebenden Nachteile durch eine angemessene Verzinsung des Abfindungsguthabens zumindest teilweise wieder ausgleichen ließen. Dennoch sei nicht in Abrede zu stellen, dass sich eine längerfristige Ratenzahlungsvereinbarung für den ausscheidenden Gesellschafter durchaus ähnlich auswirken könne wie eine Abfindungsbeschränkung. Das Interesse der Unternehmenserhaltung dürfe daher nicht einseitig über das Abfindungsinteresse gestellt werden.

Offen gelassen hat der BGH in dieser Entscheidung, ob eine Ratenregelung zwischen 5 und 10 Jahren sittengemäß und unter dem Blickwinkel der Kündigungsfreiheit im Sinne des § 723 BGB nicht zu beanstanden sei (a.a.O. S. 2686 m.w.N.; vgl. zum Stand der Literaturauseinandersetzung auch Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Auflage, § 34 GmbHG Rdn. 32; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Auflage, § 34 GmbHG Rdn. 88; Scholz/Westermann GmbHG, 8. Auflage, § 34 GmbHG Rdn. 31).

In der Entscheidung BGH NJW 93, 2101, 2103 wurde eine Auszahlung des mit 6% zu verzinsenden Abfindungsguthabens in 5 Jahresraten nicht beanstandet.

Unter Abwägung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles hält der Senat die in § 9 GV getroffene Regelung über die Auszahlung des Abfindungsentgelts in 10 Jahresraten für unangemessen und unwirksam.

Von der in § 9 Ziff. 3 GV vorgesehenen Möglichkeit, eine kürzere Tilgungszeit zu beschließen, hat die Gesellschafterversammlung der Beklagten keinen Gebrauch gemacht.

Auf die Zustimmung des Klägers zum Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 28.09.2000 über die Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten schon deshalb nicht wesentlich an, weil nach den satzungsrechtlichen Bestimmungen der Beklagten die Entschädigung des betroffenen Gesellschafters bei Einziehung des Anteils mit seiner Zustimmung wie auch bei seiner Ausschließung gegen seinen Willen (§ 10 Ziff. 3 GV) gleichermaßen aus § 9 GV abzuleiten ist.

Die Verzinsung liegt mit 5% unter den vom BGH entschiedenen Sachverhalten. Eine Sicherstellung des Abfindungsentgelts kann nicht verlangt werden, so dass der ausgeschiedene Gesellschafter das wirtschaftliche Risiko einer Insolvenz der Gesellschaft trägt.

Die vom Landgericht bei 5 Jahresraten mit 9.659,17 € jährlich festgestellten Raten sind auch nicht so, dass von einer erheblichen und unzumutbaren Belastung der Gesellschaft durch ihre Bereitstellung die Rede sein kann.

Insgesamt ist danach die Entscheidung des Landgerichts nach Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden.

Hiernach war auch die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die Vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus den §§ 708 Nr. 10, 108, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.

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OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.1996 – 15 U 162/95

23. Oktober 1996

§ 138 Abs 1 BGB

Ein im Gesellschaftsvertrag einer GmbH festgelegtes nachvertragliches Wettbewerbsverbot darf den Verpflichteten, gleichgültig, ob dieser nur Gesellschafter oder Gesellschafter-Geschäftsführer ist, in der Berufsausübung nicht übermäßig beschränken und damit nicht über die schützenswerten Interessen der GmbH als Begünstigter hinausgehen. Der danach vorzunehmende Interessenausgleich erfordert eine umfassende Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch die Berücksichtigung des Zwecks, der mit der Vereinbarung des Wettbewerbsverbots verfolgt wird. Das gilt sowohl für den Gegenstand des Wettbewerbsverbots als vor allem auch für die zeitliche Dauer und den örtlichen Bereich (Anschluß BGH, 1986-07-14, II ZR 296/85, WM IV 1986, 1282).

Aus dem Tatbestand

Der Kl. ist Geschäftsführer der mit Gesellschaftsvertrag vom 26.9.1990 gegründeten Bekl. Als Gesellschafter ist er zu 20% an der Bekl. beteiligt. Je 40% des Stammkapitals halten die Brüder EWO und RO. Gegenstand des Unternehmens war anfänglich nach §2 des Gesellschaftsvertrags die Untersuchung, Beratung und Planung für Grundbau und Bodenmechanik, Ingenieur- und Hydrogeologie, Tiefbau, Erdbau und Wasserbau, Deponie und Abfalltechnik, Altlastensanierung sowie Boden-, Wasser- und Abfallanalytik. Im September/Oktober 1994 wurde diese Bestimmung dahin geändert, daß Gegenstand des Unternehmens nunmehr nur noch ist die ingenieurmäßige (Unterstreichung seitens des Senats) Untersuchung, Beratung und Planung auf den folgenden Gebieten: Grundbau und Bodenmechanik, Ingenieur- und Hydrogeologie, Tiefbau, Erdbau und Wasserbau, Deponietechnik sowie Altlastensanierung.

§11 des Gesellschaftsvertrags lautet in der ursprünglichen und in der späteren Fassung aus dem Jahre 1994:

Jedem Gesellschafter ist es untersagt, unmittelbar oder mittelbar, unter eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung auf dem Betätigungsgebiet der Gesellschaft Konkurrenz zu machen. Er darf sich auch nicht als Mitunternehmer oder Gesellschafter an einem Konkurrenzunternehmen beteiligen.

Das Wettbewerbsverbot gilt auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters, und zwar für die Dauer von zwei Jahren. Die Befreiung vom WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Befreiung
Befreiung vom Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
bedarf eines einstimmigen Beschlusses aller Gesellschafter.

Auf der Gesellschafterversammlung vom 27.8.1996 wurde gegen die Stimme des Kl. der Abs.2 des §11 geändert und wie folgt neu gefaßt:

„Das Wettbewerbsverbot gilt auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters, und zwar für das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen für die Dauer von zwei Jahren.”

Eine Entschädigung für den vom Wettbewerbsverbot betroffenen Gesellschafter sieht der Gesellschaftsvertrag nicht vor.

Die Kündigung des Gesellschaftsvertrags [ist] erstmals zum 31.12.2000 möglich … . Nach §8 Abs.2 ist die Einziehung eines Geschäftsanteils ohne Zustimmung des betroffenen GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Zustimmung
Zustimmung des betroffenen Gesellschafters
zulässig, wenn der Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer ist und seine Geschäftsführerfunktion aufgibt oder sonst verliert.

Der Kl. besitzt als Dipl.-Ingenieur Fachkenntnisse vor allem auf den Gebieten des Grund- und Tiefbaus. Einen schriftlichen Geschäftsführervertrag schlossen die Parteien nicht. Der Kl. erhielt zunächst ein Jahresgehalt von 145000 DM, das sich inzwischen erhöht hat.

Der Kl. ist der Meinung: Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei gemäß §138 BGB i.V.m. Art.12 GG nichtig. Es komme einem Berufsverbot gleich. Die in §11 des Gesellschaftsvertrages enthaltene Regelung hätte im Falle seines Ausscheidens als Gesellschafter und Geschäftsführer zur Folge, daß er für einen Zeitraum von zwei Jahren beschäftigungslos und damit nicht in der Lage sei, seinen sowie den Unterhalt seiner Familie zu sichern. …

Das LG hat für Recht erkannt, das in §11 des Gesellschaftsvertrags der Bekl. vereinbarte Wettbewerbsverbot des Kl. als Gesellschafter sei unwirksam. …

Aus den Entscheidungsgründen

Die zulässige Berufung der Bekl. hat in der Sache keinen Erfolg. …

Der Kl. ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Bekl. Zwar trifft ihn, worauf die Bekl. im Ansatz zutreffend hinweist, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, weil ein solches Verbot in seinem nur mündlich abgeschlossenen Geschäftsführer-Dienstvertrag nicht vereinbart ist. Das hier in Rede stehende nachvertragliche Wettbewerbsverbot bezieht sich jedoch auf den Kl. in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der Bekl. Es hindert ihn, soweit es reicht, auch unter diesem Gesichtspunkt an der zukünftigen Aufnahme einer Berufstätigkeit außerhalb der Bekl., unabhängig davon, ob es ihm als Geschäftsführer oder Gesellschafter der Bekl. auferlegt ist. Nach der Rspr. des BGH darf ein im Gesellschaftsvertrag festgelegtes nachvertragliches Wettbewerbsverbot den Verpflichteten – gleichgültig, ob dieser nur Gesellschafter oder, wie der Kl., Gesellschafter-Geschäftsführer ist – in der Berufsausübung nicht übermäßig beschränken und damit nicht über die schützenswerten Interessen der Bekl. als Begünstigter hinausgehen. Der danach vorzunehmende Interessenausgleich erforderte eine umfassende Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch die Berücksichtigung des Zwecks, der mit der Vereinbarung des Wettbewerbsverbots verfolgt wird. Das gilt sowohl für den Gegenstand des Wettbewerbsverbots als vor allem auch für die zeitliche Dauer und den örtlichen Bereich (vgl. BGH, WM 1986, 1282 m.w.N. über seine bisherige Rspr.). Unter dem Blickwinkel des §138 BGB ist nach dieser höchstrichterlichen Rspr. eine Vertragsklausel nichtig, die es dem Verpflichteten untersagt, für die Dauer des Verbots weder selbständig noch unselbständig noch beratend, auch nicht gelegentlich oder mittelbar, auf Gebieten tätig zu werden, die zum Aufgabenbereich der Gesellschaft gehören. Für eine solche Regelung, durch die der Verpflichtete allgemein für die Dauer des Verbots als Wettbewerber der GmbH ausgeschaltet wird, besteht kein berechtigtes Interesse der Gesellschaft. Sie ist mit den verfassungsrechtlich garantierten Grundrechten aus Art.2 und Art.12 GG nicht vereinbar (vgl. BGH v. 26.3.1984 – II ZR 229/83, BGHZ 91, 1 [5] = ZIP 1984, 954 [956] = NJW 1984, 2366 = GmbHR 1984, 234).

Das hier streitgegenständliche nachvertragliche Wettbewerbsverbot in §11 Abs.2 des Gesellschaftsvertrags, durch das dem Kl. untersagt ist, unmittelbar oder mittelbar, unter eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung auf dem Betätigungsgebiet der Gesellschaft Konkurrenz zu machen oder sich als Mitunternehmer oder Gesellschafter an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen, ist genau so weitreichend und umfassend wie das Verbot, in dessen Vereinbarung der BGH in der soeben genannten Entscheidung einen Verstoß gegen §138 Abs.1 BGB gesehen hat. Während das Wettbewerbsverbot in dem vom BGH entschiedenen Fall auf Oberfranken beschränkt war, verbietet die beanstandete Regelung hier vergleichbar dem Kl. Tätigkeiten in Nordrhein-Westfalen. Bei der Beurteilung der sachlichen Tragweite des Wettbewerbsverbots kommt es auf die konkreten Einzelumstände, welche die Bekl. in ihrer Berufungsbegründung angeführt hat, nicht an. Eine Ausgleichszahlung als Entschädigung für das tatsächliche Berufsverbot über zwei Jahre sieht der Gesellschaftsvertrag nicht vor und erst recht keine Zahlung, die der Tragweite dieses Verbots angemessen wäre. Der Kl. hat … im einzelnen einleuchtend und nachvollziehbar dargelegt, daß das Wettbewerbsverbot genau die Tätigkeiten erfaßt, die seiner Ausbildung entsprechen und die er während seiner gesamten bisherigen beruflichen Tätigkeit ausgeübt hat. Er ist Fachmann für die Bereiche Grund- und Tiefbau und damit für die Bereiche, in denen die Bekl. jedenfalls nach der Änderung des §2 des Gesellschaftsvertrags den wesentlichen Gegenstand ihres Unternehmens sieht. … Der Senat sieht es als überzeugend an, wenn der Kl. im Hinblick auf die angespannte Arbeitsmarktlage darauf hinweist, daß er auf den weiteren Tätigkeitsgebieten eines Dipl.-Bauingenieurs, auf denen er allenfalls theoretische und zudem noch veraltete und zeitlich überholte Kenntnisse hat, keine Berufschancen hat.

Lediglich in zeitlicher Hinsicht wäre das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, wenn die anderen Umstände nicht vorlägen, nicht zu beanstanden.

Den berechtigten Belangen der Bekl. wäre mit einer Klausel, die es dem Kl. untersagt, für die Dauer von zwei Jahren nach seinem Ausscheiden aus der Bekl. Kontakte zu solchen Auftraggebern aufzunehmen, die zum Kundenstamm der Bekl. gehören oder in naher Vergangenheit vor dem Zeitpunkt des Ausscheidens gehört haben (Kundenschutzklausel), hinreichend Genüge getan. Diesen beschränkten Anforderungen genügt jedoch die Wettbewerbsklausel in §11 des Gesellschaftsvertrags selbst nicht in der geänderten Fassung vom 27.8.1996. …

Durch Beschluß vom 17.11.1997 – II ZR 327/96 hat der BGH die Revision der Bekl. nicht zur Entscheidung angenommen.

Schlagworte: Geschäftsführer, Gesellschafter, Gesellschaftsvertrag, Nachvertraglich, Wettbewerbsverbot

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