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OLG Hamburg, Urteil vom 25.7.2019 – 3 U 12/16

UWG §§ 3, 4 Nr. 4, 8 I; ZPO §§ 286, 287 I Abwerbeverbot I gezielte Behinderung

1. Eine Vereinbarung eines Wettbewerbers mit den Leitungskräften eines anderen Mitbewerbers, eine konzertierte Abwerbung eines Großteils von dessen Mitarbeitern durch dessen Leitungskräfte – gleichsam „von innen heraus“ – vorzunehmen, ist grundsätzlich geeignet, den Tatbestand der unangemessenen Beeinträchtigung nach § 4 Nr. 10 UWG aF (§ 4 Nr. 4 UWG nF) zu erfüllen.

2. Eine solche mit einem externen Unternehmen vereinbarte Mitarbeiterabwerbung durch die Leitungskräfte des betroffenen Mitbewerbers stellt eine Störung des Betriebsablaufs dar, die in ihrer Intensität signifikant über Telefonanrufe eines Dritten hinausgeht. Eine solche Störung des Betriebsablaufs des Unternehmens muss der betroffene Mitbewerber nicht hinnehmen.

3. Für die Verwirklichung dieser Variante des Behinderungstatbestandes ist erforderlich, dass sich feststellen lässt, dass das betroffene Unternehmen aufgrund der Handlungen des Wettbewerbers nicht mehr in der Lage war, seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen.

4. Für die haftungsbegründende Kausalität muss der Anspruchsteller Tatsachen dazu vortragen, warum die Abwerbung welchen konkreten Mitarbeiters den betreffenden Mitbewerber derart beeinträchtigt hat, dass er weder durch interne Umstrukturierungen noch durch Rekrutierungsbemühungen am Markt seine Leistung am Markt hat erbringen können. Dabei sind auch Ereignisse in den Blick zu nehmen, die zu der behaupteten Mitarbeiterabwerbung nicht in Beziehung stehen, wie etwa externe Ereignisse oder aber auch der Einfluss von Mitarbeiterabgängen, die ohne Bezug zum Wettbewerber erfolgt sind.

5. Für die haftungsausfüllende Kausalität muss der Anspruchsteller auch für die Schätzung nach § 287 ZPO Tatsachen vortragen, die es erlauben, eine konkrete Verknüpfung zwischen dem Ausscheiden der einzelnen Mitarbeiter einerseits und der der Schadensberechnung zugrunde liegenden Differenz zwischen der prognostizierten Geschäftsentwicklung und der tatsächlichen Geschäftsentwicklung andererseits herzustellen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 22.12.2015, Az. 312 O 12/10, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die angefochtene Entscheidung ist hinsichtlich dessen Ziffer 2. ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen angeblich unlauterer Mitarbeiterabwerbung auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger ist mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 29.10.2013 bestellter Insolvenzverwalter über das Vermögen der vormaligen Klägerin, der W. KG (nachfolgend „Schuldnerin“ genannt). Die Schuldnerin war bis September 2009 als Aktiengesellschaft verfasst. Sie betrieb ein Bankhaus und war im Fondsgeschäft, insbesondere im Bereich des Auflegens geschlossener ImmobilienfondsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Immobilienfonds
, tätig. Die Beklagte zu 2 ist eine Privatbank, die Beklagte zu 1 ist eine im Mai 2009 zunächst unter der Firmierung B. Invest AG gegründete 100%ige Tochter der B. Beteiligungsholding GmbH, deren einzige Gesellschafterin die Beklagte zu 2 ist. Mit der Beklagten zu 1 wollte die Beklagte zu 2 ein eigenes Emissionshaus etablieren.

Hintergrund des vorliegenden Rechtsstreits ist, dass im Jahr 2009 insgesamt 18 Mitarbeiter der Schuldnerin sowie jeweils drei Mitarbeiter der Schwestergesellschaften W. Treuhand AG und W. Fondsmanagement GmbH zur neugegründeten Beklagten zu 1 wechselten. Ferner wechselten die beiden einzigen verbliebenen Vorstandsmitglieder der Schuldnerin und ein Vorstandsmitglied der W. Treuhand AG zur Beklagten zu 1. Es kündigten sechs Mitarbeiter der Schuldnerin zum 30.06.2009, nämlich Herr S. O. (Senior Acquisitions Manager), K. B. (Senior Konzeptionärin Immobilien Development), I. M. (Assistentin des Vorstands v. Q.), T. M. (Senior Development Manager), A. R. (Leitung Konzeption) und K. Z. (Senior Acquisitions Manager), sieben Personen zum 30.09.2009, nämlich A. D. (freie Mitarbeiterin im Bereich Public relations), C. B. (Sales, Vertriebsdirektorin für die Vertriebspartner Freie Finanzdienstleister), P. E. (Sales, Leiter Teilbereich Vertriebssteuerung), C. S. (Produktmanagement), E. B. (Sales, Vertriebsdirektor für den Bereich Regionalbanken), H. R. (Sales, Teilbereichsleiter Vertrieb Freie Finanzdienstleister) und H. K. (Sales, Vertriebsdirektor für den Bereich Regionalbanken) sowie weitere fünf Mitarbeiter mit Wirkung zum 31.12.2009, nämlich Herr M. L. (Leiter Akquisition), H. B. (Leiter Immobilien Development), A. W. (Sales, Leiter des Teilbereichs Produktmanagement), S. H. (Assistentin des Vorstands B.) und S. W. (Teamassistenz). Ferner wechselten die beiden einzig verbliebenen Vorstände der Schuldnerin, die Herren v. Q. (zugleich Aufsichtsrat W. Treuhand AG) und A. B.. Zudem kündigten drei Mitarbeiter der Schwestergesellschaft W. Treuhand AG und wechselten zu der Unternehmensgruppe der Beklagten sowie drei Mitarbeiter der Tochtergesellschaft W. Fondsmanagement GmbH. Auch das Vorstandsmitglied der W. Treuhand AG, Frau K. EB., kündigte zum Jahresende 2009.

Der Kläger sieht hierin eine Gezielte Behinderung der Schuldnerin durch die Beklagten. Zum Beleg beruft er sich auf die zeitlichen Abläufe der Mitarbeiterwechsel einerseits und eine Reihe von Privaturkunden andererseits

Im Einzelnen:

Zum 12.02.2009 erstellte der damalige Vorstand der Schuldnerin die Unternehmenspräsentation „Ausrichtung der Unternehmensstrategie vor dem Hintergrund der Finanzkrise“ (Anlage K 79).

Mit E-Mail vom 02.04.2009 schrieb Herr v. Q. den persönlich haftenden Gesellschaftern der Beklagten zu 2, den Herren Dr. P. und R. (Anlage K 60). In dem Schreiben heißt es u.a.:

„die letzten Tage seit unserem Gespräch, für das ich mich an dieser Stelle sehr bedanken möchte, habe ich dazu genutzt, mit den meisten Schlüsselpersonen zu sprechen. Ich bin dabei auf eine uneingeschränkte breite Unterstützung unserer Idee gestoßen. Keiner zögerte auch nur für einen Moment, was wiederum bestätigt, wie breit und tief die derzeitige Unzufriedenheit hier ist.

Wir haben verstanden, dass Sie kein Interesse am Erwerb des Bankhauses W. oder der W. Invest AG haben, aber durchaus interessiert sind, ein eigenes Emissionshaus zu etablieren. [..]

Für den Aufbau dieses Geschäftsbereichs erstellen wir jetzt einen Geschäftsplan, dessen Entwurf wir mit Ihnen nach Ostern diskutieren möchten. [..] Auf Basis dieses Plans können wir dann die weiteren Details unseres gemeinsamen Vorhabens besprechen.

Parallel setzen wir Führungskräfte hier die Gespräche fort, wer alles mit im Team sein wird und wer zu welchem Zeitpunkt anfangen kann. Unsere Arbeitsthese ist, dass wir ab dem 1. Juli 2009 ein arbeitsfähiges Team herausgelöst haben werden.“.

Unter dem 22.04.2009 schickte Herr v. Q. eine schriftliche Bewerbung an die Beklagte zu 2, zu Händen des Leiters der Personalabteilung, Herrn H., für das neue Emissionshaus (Anlage K 63). Gleiches tat die Sekretärin M. am 27.4.2009 (Anlage K 63).

Am 28.04.2009 fand ein Treffen bei der Beklagten zu 2 statt, bei dem die als Anlage K 62 eingereichte Präsentation „Aufbau eines Emissionshauses für geschlossene Immobilienfonds“, die auf der Titelseite das Logo der B. Bank aufweist, besprochen wurde. Anwesend aus der W. Gruppe waren v. Q. (Vorstand Schuldnerin und Aufsichtsrat W. Treuhand AG), A. B. (Vorstand der Schuldnerin), K. EB. (Vorstand W. Treuhand AG und Geschäftsführerin W. Fondsmanagement GmbH), M. L., (Leiter Immobilienakquisition der Schuldnerin) und A. R. (Leitung Immobilien Konzeption der Schuldnerin).

Am 30.04.2009 erteilte der Prokurist und Justiziar der Beklagten zu 2, Herr Dr. von K., einer Anwaltskanzlei einen Gutachtenauftrag, in dem darauf verwiesen wird, dass Mitarbeiter der Schuldnerin, darunter zwei der Vorstandsmitglieder, beabsichtigten, ihre Vertragsverhältnisse mit der Schuldnerin zu beenden und Vertragsangebote der (zukünftigen) Beklagten zu 1 oder von Tochtergesellschaften erwarteten.

Am 05.05.2009 wurde die Beklagte zu 1 gegründet und am 14.05.2009 ins Handelsregister eingetragen.

Am 13.05.2009 wurde der 3. Nachtrag des Anstellungsvertrages mit Frau EB. (W. Treuhand AG) von Herrn v. Q. und ihr unterzeichnet. Mit dieser Vertragsänderung wurde Frau EB. ein Kündigungsrecht mit einer Frist von 6 Monaten eingeräumt (Anlage K 16). Dieses übte sie vor dem 30.06.2009 aus.

Herr v. Q. erzielte Anfang Mai 2009 eine mündliche Einigung über die Aufhebung seines Dienstverhältnisses zum 31.12.2009 und schloss mit der Schuldnerin am 29.5.2009 einen Aufhebungsvertrag (Anlage K 48). Nach der Präambel des Vertrages legte Herr v. Q. sein Vorstandsamt mit Wirkung zum 01.06.2009 nieder, das Anstellungsverhältnis endete einvernehmlich mit Ablauf des 31.12.2009. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wurde aufgehoben.

Am 09.06.2009 schickte die Sekretärin M. per E-Mail während ihrer Arbeitszeit bei der Schuldnerin, aber von ihrem privaten E-Mail-Account, eine To-Do-Liste an Dr. von K. (Anlage K 67). In dieser To-Do-Liste sind Mitarbeiter der Schuldnerin mit Aufgaben genannt, nämlich die Mitarbeiter B., L., O., M. und W., die alle am 09.06.2009 noch in einem wirksamen Arbeitsverhältnis bei der Schuldnerin standen.

Am 14.06.2009 um 21:06 Uhr schrieb Herr B. eine E-Mail an Herrn H. und berichtete über den Stand der Personalplanung (Anlage K 64).

Am 29.06.2009 kündigte die Beklagte zu 2 mit einer Pressemitteilung an, dass mit der Beklagten zu 1 ein neues Emissionshaus gegründet worden sei (Anlage K 18).

Am 04.09.2009 wurde die formwechselnde Umwandlung der Schuldnerin von einer Aktien- zu einer Kommanditgesellschaft ins Handelsregister eingetragen. Am 07.09.2009 kündigte Herr B. unter Verweis auf die Umwandlung und bot den Abschluss eines Aufhebungsvertrages an.

Am 02.11.2009 übersandte die ehemalige Vertriebsmitarbeiterin B. der Schuldnerin für die Beklagte zu 1 eine Werbe-E-Mail an Vertriebspartner der Beklagten zu 1. Die Schuldnerin schloss aus der E-Mail an Herrn K., dass die Beklagte zu 1 ihre Vertriebsdaten nutzte und erwirkte die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 01.12.2009, Az. 312 O 751/09. Das im Verfahren 312 O 751/09 erstellte Sachverständigengutachten vom 30.12.2009 (Anlage K 82) ergab, dass es teilweise Übereinstimmungen bei den Vertriebspartnerkundendaten gebe. Nach einem Privatgutachten stimmten 8.799 von 10.974 Datensätzen auf den Vertriebspartnerdateien der Schuldnerin und der Beklagten zu 1 überein (Anlage K 83). In dem Verfahren des Landgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 312 O 251/10 gaben die ehemaligen Vorstände der Beklagten zu 1, Dr. K., v. Q. und B. eidesstattliche Versicherungen ab, dass sie von der Verwendung der Vertriebspartnerdatenbank keine Kenntnis gehabt hätten. Das Landgericht Hamburg stellte mit Verfügungsurteil vom 06.07.2010 – 312 O 251/10 – eine fast vollständige Übernahme fest und untersagte der hiesigen Beklagten zu 1 die Weitergabe und Verwendung dieser Datei gestützt auf § 87a UrhG (Anlage K 88).

Die Schuldnerin erstattete am 24.11.2009 Strafanzeige gegen ihre beiden ehemaligen Vorstandsmitglieder und eine zur Beklagten gewechselte Mitarbeiterin wegen des Verdachts des Verrats von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen. Daraufhin durchsuchte die Staatsanwaltschaft Hamburg am 17.12.2009 die Betriebs- und Geschäftsräume beider Beklagten. Die Beklagten ließen daraufhin durch die interne Revision der Beklagten zu 2 eine Sonderprüfung dazu durchführen, ob sich Daten, die der Schuldnerin zuzuordnen waren, auf dem Server der Beklagten zu 1 befanden. Das Protokoll der internen Revision vom 03.06.2010 liegt – nur dem Gericht – als Anlage K 113 vor. Die interne Revision hat ergeben, dass in erheblichem Umfang Dateien aus dem Hause der Schuldnerin auf den Servern der Beklagten zu 1 gespeichert waren. Im Revisionsprotokoll wird festgestellt, dass der Fund geschäftsrelevanter Daten der Schuldnerin auf Schwächen im internen Kontroll-/ Risikomanagementsystem der Beklagten zu 1 hinweise. Diese Feststellung wurde als „schwerwiegend“ eingestuft.

Der Kläger hat in erster Instanz gegen die Beklagte zu 1 Unterlassungsansprüche sowie gegen beide Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz verfolgt sowie die Feststellung der darüber hinausgehenden Schadensersatzpflicht begehrt.

Der Kläger hat geltend gemacht, ihm stünden die geltend gemachten Ansprüche wegen einer gezielten Behinderung aus Wettbewerbsrecht sowie aus Aktienrecht und aus Deliktsrecht zu.

Der Kläger hat behauptet, die ehemaligen Vorstände der Schuldnerin seien von der Beklagten zu 2 zum Vertragsbruch verleitet worden. Im März/April 2009 sei von Herrn v. Q., Herrn Dr. von K. sowie zwei der persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten zu 2 der Plan gefasst worden, unter dem Dach der neu zu gründenden Beklagten zu 1 das Geschäft der Schuldnerin zu übernehmen. Nach diesem gemeinsamen Plan habe durch heimliche Gespräche der Herren v. Q. und B. mit den Schlüsselpersonen der Kern des Personals der Schuldnerin „herausgelöst“ werden sollen. Ein Verleiten zum Vertragsbruch ergebe sich daraus, dass der Beklagten zu 2 jedenfalls der Anstellungsvertrag des Herrn v. Q. bekannt gewesen sei.

Der Kläger hat behauptet, die ehemaligen Vorstände B. und v. Q. sowie EB. hätten daraufhin im Auftrag der Beklagten zu 2 mit den ehemaligen Mitarbeitern der Schuldnerin gesprochen, um diese zu einem Wechsel zu den Beklagten zu bewegen. Spätestens im Juni 2009 hätten die Beklagten begonnen, vertraglich an die Schuldnerin gebundene Mitarbeiter zu beschäftigen. Die Beklagte zu 2 müsse sich als Muttergesellschaft das Verhalten der Beklagten zu 1 zurechnen lassen.

Der Kläger trägt vor, außer den von den Beklagten abgeworbenen Mitarbeitern habe die Schuldnerin nur in geringem Umfang Mitarbeiter durch Kündigung oder Nichtverlängerung befristeter Verträge verloren. So seien im Jahr 2009 lediglich acht Mitarbeiter aus dem Unternehmen der Schuldnerin ausgeschieden, die nicht zu den Beklagten gegangen seien. Vier Mitarbeitern davon sei wegen unzureichender Leistung gekündigt worden. Diese Kündigungen seien alle zum 09.02.2009 bzw. zum 31.03.2009 erfolgt. Bei einer Mitarbeiterin sei der bis zum 30.06.2009 laufende Vertrag nicht verlängert worden. Nur drei Mitarbeiter hätten unter Verweis auf Probleme mit einem Vorstandsmitglied selbst gekündigt. Zum 11.11.2009 stammten hingegen 94 % der bei der Beklagten zu 1 beschäftigten Mitarbeiter aus dem Hause der Schuldnerin bzw. deren Tochter-/Schwestergesellschaften.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte zu 1 habe die in der Folge bei ihr eingestellten Mitarbeiter in unlauterer Weise abgeworben und Behinderungswettbewerb betrieben. Es müsse als wettbewerbswidrig gelten, wenn eine Partei sich der Vorstände des zu schädigenden Unternehmens selbst als Personalberater bediene, um ein Team aus (nur) diesem Unternehmen herauszulösen. Der Gutachtenauftrag, der Inhalt der Präsentation Anlage K 62 und der Umstand, dass wichtige Mitarbeiter der Schuldnerin die Geschäftsstrategie mit der Beklagten zu 2 besprochen hätten, zeige, dass die Beklagte zu 2 nicht ihr eigenes Geschäft habe aufbauen, sondern dass sie durch den heimlichen Einsatz der Vorstände der Schuldnerin deren Geschäftskonzept habe übernehmen wollen.

Der Kläger hat geltend gemacht, dass die Ergebnisse der internen Revision der Beklagten zu 2 belegten, dass die übernommenen Dateien bei der Beklagten verwendet worden seien. Die Schadensersatzverpflichtung rühre auch daher, dass die Beklagten neben dem Schlüsselteam sämtliche für den Aufbau eines Emissionshauses notwendigen Datenbestände gespeichert und verwendet hätten. Die Beklagten müssten gewusst haben, dass der ehemalige Mitarbeiter der Schuldnerin, Herr E., die Vertriebspartnerdatei auf dem Server der Beklagten gespeichert und genutzt habe. Es sei insbesondere nicht glaubhaft, dass Herr B. nicht von den Aktivitäten seines Vertriebssystems gewusst habe. Auch der unstreitig bei der staatsanwaltschaftlichen Durchsuchung in der Rechtsabteilung der Beklagten zu 2 aufgefundene Anstellungsvertrag des Herrn v. Q. belege, dass die Beklagten Kenntnis von dessen vertraglicher Bindung an die Schuldnerin gehabt hätten. Der Lizenzvertrag der Schuldnerin für ihre Fondsgeschäftssoftware sei in der Rechtsabteilung der Beklagten zu 2 ebenso gefunden worden wie die Change Requests Dokumentation und die GAP Analyse (Anlage K 66). Diese Unterlagen hätten es der Beklagten zu 2 erspart, notwendige Anpassungsleistungen der Software erst noch vornehmen zu müssen. Ein weiteres Indiz für die Unlauterkeit des Handelns der Beklagten sei der Umstand, dass die Satzung der Schuldnerin (als AG) nahezu identisch übernommen worden sei (vgl. Anlagen K 45 und K 46).

Zum erlittenen Schaden hat der Kläger vorgetragen, aufgrund der Arbeitsplatzwechsel der Mitarbeiter zu der Beklagten zu 1 habe die Schuldnerin hohe Verluste erlitten. Der Schuldnerin stehe ein Schadensersatzanspruch in Form des Ersatzanspruches für den infolge der Abwerbung entgangenen Gewinn zu. Die Beklagte zu 2 hafte als Mitbewerberin der Schuldnerin und zudem als Muttergesellschaft der Beklagten zu 1, die beherrschenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausgeübt habe.

Im Geschäftsjahr 2009 hätte die Schuldnerin nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge einen Umsatz von € 12.059.555,00 und einen Gewinn von rund € 2.600.000,00 vor Steuern erwirtschaftet. Für das Jahr 2010 seien Erträge in Höhe von € 17,8 Mio. und ein Vorsteuergewinn von € 5,2 Mio. geplant gewesen. Für 2011 hätten Erträge von € 18,9 Mio. und ein Vorsteuerergebnis von € 5,8 Mio. erzielt werden sollen. Dies ergebe sich aus der Unternehmenspräsentation „Ausrichtung der Unternehmensstrategie […]“, die der damalige Vorstand der Schuldnerin zum 12.2.2009 erstellt habe, um die Ausrichtung der Unternehmensstrategie der Schuldnerin vor dem Hintergrund der Finanzkrise darzustellen (Anlage K 79).

Tatsächlich habe die Schuldnerin 2009 infolge der Abwerbungen lediglich Erträge in Höhe von € 3.627.327,00 erwirtschaftet und einen Verlust von € 12.130.872,28 erlitten. Allein aus Neuemissionen hätte die Schuldnerin im Jahr 2009 nach den Planungen Umsätze in Höhe von € 9.361.000,00 erzielt, tatsächlich seien es dann nur € 1.629.696,00 gewesen, so dass der Verlust € 7.731.304,00 betragen habe. Durch die Abwerbungen habe die Schuldnerin Personalkosten in Höhe von € 206.395,00 gespart. Da der Schuldnerin 2009 Erträge in Höhe von € 8.432.228,00 entgangen seien, ergebe sich bei Anrechnung der ersparten Personalkosten ein entgangener Gewinn von € 8.225.833,00.

Darüber hinaus seien der Schuldnerin Kosten für die Rekrutierung neuen Personals in Höhe von € 267.654,00 entstanden (Anlagen K 94 bis K 112). Außerdem sei eine Gehaltserhöhung nebst Sonderzahlung für den letzten verbleibenden Fonds- und Assetmanager A., insgesamt € 19.686,00, angefallen. Der entgangene Gewinn und diese zusätzlichen Kosten ergebe die Klagforderung von € 8.513.173,00.

Am 19.01.2010 hat die Beklagte zu 2 die Beklagte zu 1, die in der Zwischenzeit in K. AG umfirmiert worden ist, an einen Treuhänder zum Zwecke des Verkaufs übergeben.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 29.10.2013 (Anlage K 199) ist über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 22.10.2014 dem Gericht die Aufnahme des Verfahrens angezeigt.

Der Kläger hat den auf die Handlungen zu Ziffer I. 1 bezogenen Auskunftsantrag zu Ziffer I. 2 am 28.4.2015 für erledigt erklärt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

I. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre),

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder freie Mitarbeiter oder freie Mitarbeiterinnen der Klägerin, die zur Klägerin in einem wirksamen Vertragsverhältnis stehen,

a) abzuwerben, wenn die Beklagte zu 1 Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder freie Mitarbeiter oder freie Mitarbeiterinnen der Klägerin über deren aktuelle Vorgesetzte bei der Klägerin ansprechen lässt,

hilfsweise: über deren aktuelle Vorgesetzte bei der Klägerin auf einen Arbeitsplatzwechsel zu dem Unternehmen der Beklagten zu 1 oder mit dieser gesellschaftsrechtlich verbundener Unternehmen ansprechen zu lassen und dadurch abzuwerben, ohne dass diese aktuellen Vorgesetzten dies dem Inhaber oder den Inhabern der Klägerin zuvor mitteilen und dieser oder diese ihr vorheriges Einverständnis erklärt/erklären,

b) abzuwerben, um in den Besitz von internen Informationen über den Betrieb der Klägerin zu gelangen,

hilfsweise: abzuwerben und diese Personen im Zuge dessen zu veranlassen, ihr interne Informationen über den Betrieb der Klägerin mitzuteilen, ohne den oder die Inhaber der Klägerin zuvor in Kenntnis zu setzen und ohne dass dieser oder diese sein/ihr vorheriges Einverständnis erklärt/erklären,

c) zu Zwecken der Gewinnung von betriebsinternen Informationen anzusprechen.

hilfsweise: zu veranlassen, ihr interne Informationen über den Betrieb der Klägerin mitzuteilen, ohne den oder die Inhaber der Klägerin zuvor in Kenntnis zu setzen und ohne dass dieser oder diese sein/ihr vorheriges Einverständnis erklärt/erklären,

II. Die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 werden als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 8.513.173,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben bestritten, dass von ihnen Mitarbeiter der Schuldnerin abgeworben worden seien. Vielmehr sei die Beklagte zu 2 aus dem Kreis der damaligen Vorstände der Schuldnerin angesprochen worden. Es sei weder Ziel der Einstellung der Mitarbeiter gewesen, Geschäftsgeheimnisse der Schuldnerin zu erlangen noch die Schuldnerin zu behindern.

Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 2 sei Ende März 2009 von einem der damaligen Vorstandsmitglieder der Schuldnerin darauf angesprochen worden, ob Interesse daran bestehe, einige leitende Mitarbeiter der Schuldnerin, die erwögen, sich von der Schuldnerin zu trennen, einzustellen und entsprechende Geschäftsaktivitäten zu entwickeln. Dies sei auf konkretes Interesse der Beklagten zu 2 gestoßen, die einen Unternehmenskauf aber entgegen der Meinung des Klägers nie erwogen habe. Bei einem Treffen Anfang April 2009 habe die Beklagte zu 2 beschlossen, ein entsprechendes Geschäftsmodell auf- und umzusetzen und mit den wechselwilligen Mitarbeitern der Schuldnerin, die an dem Treffen teilgenommen haben, Einstellungsverhandlungen aufzunehmen. Nach der Gründung der Beklagten zu 1 hätten sich weitere Mitarbeiter der Schuldnerin für eine berufliche Alternative bei der Beklagten zu 2 bzw. der Beklagten zu 1 interessiert und initiativ beworben.

Die Beklagten haben bestritten, die Herren v. Q., B. oder irgendeinen anderen Mitarbeiter dazu veranlasst zu haben, ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Schuldnerin zu verletzen. Die Beklagten hätten von solchen etwaigen Verletzungen nichts gewusst. Weder die Vorstände der Beklagten zu 2 noch die der Beklagten zu 1 hätten das Ziel gehabt, Geschäftsgeheimnisse der Schuldnerin zu erlangen. Es seien auch nicht sämtliche Beteiligte davon ausgegangen, dass das notwendige Know-how, die notwendigen Kontakte, Goodwill und Produktideen in Form von Unterlagen, Vertragsmustern und Dateien mitgebracht würden. Gegenüber den neuen Mitarbeitern habe es sogar gegenteilige Anweisungen gegeben. Sie Bestreiten, dass die ehemaligen Mitarbeiter sich nicht mehr bemüht hätten, Projekte für die Schuldnerin anzubinden.

Die Beklagten haben bestritten, dass Ziel ihrer Tätigkeit die Erlangung von Geschäftsgeheimnissen der Schuldnerin gewesen sei. Sie haben behauptet, dass die ehemaligen Vorstände der Beklagten zu 1 keine Kenntnis von der Existenz der Dateien gehabt hätten, die bei der internen Revision aufgefunden wurden und dass die Vorstände diese auch nicht genutzt hätten.

Die Beklagten meinen ferner, dass selbst, wenn sie gezielt ganze Teams abgeworben hätten, was aber nicht der Fall sei, dies zulässig gewesen wäre. Anlass für eine Beweiserhebung bestehe nicht, denn der Kläger habe nicht einen greifbaren Anhaltspunkt für eine Abwerbung vorgetragen.

Tatsächlich seien die Mitarbeiter der Schuldnerin unzufrieden und zudem ob der finanziellen Lage der Schuldnerin verunsichert gewesen. So hätten sich bereits im vierten Quartal 2008 Gerüchte verdichtet, dass die Finanzkraft der W.-Gruppe erheblich angeschlagen sei. Anfang 2009 seien mehrere Mitarbeiter betriebsbedingt entlassen worden. Nachdem das Vorstandsmitglied, Herr J. Sch., zum Jahresende 2008 die Schuldnerin verlassen habe, habe es im 1. Quartal 2009 Gerüchte gegeben, dass auch Herr P., Vorstandsmitglied der Schuldnerin, das Unternehmen verlassen wolle. Diese und weitere Umstände im Hause der Schuldnerin, wie die Verschiebung der Bonuszahlung für das Jahr 2008 von Mai auf November 2009, hätten zu Unzufriedenheit und Unruhe unter den Mitarbeitern geführt. Dennoch seien keine Maßnahmen ergriffen worden, um die Mitarbeiter zu halten, wie die Auszahlung versprochener Boni oder die Zuteilung von mehr Verantwortung. Stattdessen hätten die Aufsichtsräte, insbesondere der spätere persönlich haftende Gesellschafter, Prof. Schulte, sich immer stärker in das operative Geschäft eingemischt, was im Markt und den Mitarbeitern bekannt gewesen sei.

Die Beklagten haben behauptet, bis zum April 2009 hätten bereits 18 Mitarbeiter die Schuldnerin verlassen und seien zu anderen Unternehmen, nicht aber zu einer der beiden Beklagten gewechselt. Insgesamt hätten 22 Mitarbeiter die Schuldnerin im Laufe des Jahres 2009 verlassen und seien zu anderen Unternehmen als den Beklagten gewechselt. Herr B. habe mit einer marktführenden britischen GroßBank Bewerbungsgespräche geführt. Herr v. Q. habe mit einer anderen Bank und einem Fondshaus Gespräche geführt. Der Vortrag des Klägers zu den behaupteten Abwerbungen bestehe aus Behauptungen ins Blaue, Spekulationen und Vermutungen.

Die Beklagten haben ferner die Höhe der Schadensersatzforderung bestritten. Sie haben vorgetragen, dass das Ausrichtungspapier eine geschönt optimistische Sicht der Dinge zeige und zudem zu einem Zeitpunkt erstellt worden sei, als das Bankhaus W. & Co. noch zur W. Group gehört habe und als noch für den Monat April 2009 eine Kapitalerhöhung von € 5 Mio. erwartet worden sei.

Mit Urteil vom 22. Dezember 2015 hat das Landgericht die auf Unterlassung und Schadensersatz gerichtete Klage insgesamt und ohne Beweisaufnahme abgewiesen.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung, die er Frist- und formgerecht eingelegt und begründet hat, nur gegen die Abweisung des Schadensersatzanspruchs und verfolgt seinen Zahlungsantrag in der Berufungsinstanz fort.

Der Kläger macht geltend, dass Landgericht habe verkannt, dass eine Gezielte Behinderung nach der Rechtsprechung auch dann vorliegen könne, wenn die Maßnahme zwar unmittelbar der Förderung des eigenen Absatzes oder Bezugs diene, aber dieses Ziel durch eine unangemessene Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitarbeiters erreicht werden solle, so dass der Mitbewerber seine eigene Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen könne. Es gebe im Rahmen des § 4 Nr. 10 UWG aF zwei Alternativen: Die erste Alternative stelle auf den Zweck ab und erfordere eine Verdrängungs- bzw. Behinderungsabsicht. Die zweite Alternative stelle auf die Folgen der Behinderung ab und erfordere eine Prüfung, ob der Mitbewerber diese Form des Behinderungswettbewerbs noch hinnehmen müsse.

Der Kläger bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen und macht ergänzend geltend, es habe einen gemeinsamen Tatplan im Sinne eines mittäterschaftlichen Vorgehens gegeben, jedenfalls aber eine Teilnahme der Beklagten. Das Landgericht habe verkannt, dass von Beginn an die Beklagte zu 2 – und seit ihrer Gründung auch die Beklagte zu 1 – zumindest in Mittäterschaft mit den Herren v. Q. und B. die Abwerbehandlungen vorgenommen habe. Die Beklagte zu 2 habe die Beklagte zu 1 als Plattform zur Verfügung gestellt. Die Mitarbeiterabwerbung sei dann auf Basis des gefassten gemeinsamen Plans mit Wissen und Wollen der Beklagten zu 2 durch die aktuellen Vorstände der Schuldnerin vorgenommen worden.

Der Kläger behauptet, Herr v. Q. sei bei der Beklagten zu 2 wegen Eigenkapitalzwischenfinanzierungen für die Schuldnerin vorstellig geworden und habe ggf. angeregt, dass die Beklagte zu 2 die Schuldnerin kaufe. Die Herren Dr. P., R. und v. Q. hätten erst im Gespräch die gemeinsame Idee entwickelt und den Tatentschluss gefasst, dass die aktuellen Vorstände der Schuldnerin einfach während ihrer Organstellungen das gewollte Emissionshaus für die Beklagte zu 2 aufbauen und die Mitarbeiterrekrutierungen vornehmen. Im Anschluss an das Schreiben von Herrn v. Q. gemäß Anlage K 60 habe Herr R. unmittelbar den Personalleiter der Beklagten zu 2 beauftragt, sich um die Vertragsgestaltungen zu kümmern, aber gerade nicht um eine Rekrutierung am Markt. Für die Gründung der Beklagten zu 1 und der weiteren benötigten Gesellschaften habe man dem Notar die Satzungen der W.-Gesellschaften überlassen.

Die Beklagten hätten sich entgegen der Annahme des Landgerichts auch keineswegs passiv verhalten, sondern den Vorständen der Schuldnerin ihren Personalleiter, Herrn H., zur Seite gestellt, damit dieser sich um die Vertragsgestaltungen kümmere. Die aktuellen Vorstände der Schuldnerin hätten heimlich das Personal im eigenen Betrieb rekrutiert und sodann die von den Beklagten verlangten Daten unmittelbar an die Personalabteilung der Beklagten zu 2 gegeben, damit diese die initial am 6.4.2009 entworfene Personalplanungsdatei in Wellenbewegungen abarbeiten und die Verträge erstellten konnte. Das Landgericht habe weiter unberücksichtigt gelassen, dass es zwischen der Beklagten zu 2 und den in Rede stehenden Vorständen der Schuldnerin die Absprache gegeben habe, dass die Verträge 1:1 übernommen würden. Das Landgericht habe über das Bestehen eines gemeinsamen Tatplans nur Mutmaßungen angestellt und damit eine gebotene Beweisaufnahme vorweg genommen. Insbesondere die Annahme, dass die Initiative zu dem ersten Gespräch von Herrn v. Q. ausgegangen sei, stelle eine Würdigung dar, die das Landgericht nicht ohne Beweisaufnahme hätte vornehmen dürfen. Aus dem Schreiben gemäß Anlage K 60 werde vielmehr ersichtlich, dass Herr v. Q. erst nach dem Gespräch mit den Herrn Dr. P. und R. überhaupt mit den Schlüsselpersonen im Hause Schuldnerin gesprochen habe.

Der Kläger wiederholt seinen Standpunkt, dass nach seinem Vortrag die Beklagten mit Behinderungsabsicht gehandelt hätten. Ohne eine Verdrängung der Schuldnerin hätten die Herren v. Q. und B. nicht für die Beklagten arbeiten können. Auch die Anzahl der abgeworbenen Mitarbeiter spreche für Verdrängungsabsicht. Andere Möglichkeiten der Rekrutierung seien gleichwohl nicht in Betracht gezogen worden. Auf die möglichen Beweggründe der ehemaligen Mitarbeiter komme es hingegen nicht an. Einem wirtschaftlich gesunden Unternehmen sei kein besserer Schutz zuzubilligen, als einem, das sich in einer schwierigen Situation befinde. Die Übernahme von Mitarbeitern, Vertriebspartnerdaten, Betriebsunterlagen, IT-Know-how bis hin zur Gehaltsstruktur stelle eine wettbewerbswidrige putschartige Übernahme dar.

Letztlich könne aber dahinstehen, ob die Beklagten mit Behinderungsabsicht handelten. Denn jedenfalls hätten die streitgegenständlich eingesetzten Mittel und Methoden dazu geführt, dass die Schuldnerin ihre Leistungen am Markt durch eigene Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise habe zur Geltung bringen können. So sei der Einsatz der Vorstände als Headhunter im Betrieb des Mitbewerbers unlauter. Die Eingriffsintensität sei ungleich höher als der Anruf eines externen Personalberaters. Dies gelte erst recht, wenn der Mitbewerber auf Grund der Umsetzung des gemeinsamen Vorhabens durch die Vorstände Kenntnis der Gehaltsstruktur erlange, um so die Verträge 1:1 übernehmen zu können. Durch die Übernahme der Gehaltsstruktur und der vereinbarten Übernahme der Verträge 1:1 hätten die Beklagten erreichen wollen, keine Gehaltsverhandlungen führen zu müssen. Diese Mitarbeiter seien schon vor Vornahme der Kündigung nicht mehr motiviert gewesen für die Schuldnerin zu arbeiten, sondern hätten sich nur noch auf ihre zukünftige Tätigkeit bei der Beklagten zu 1 konzentriert. Die Herren v. Q. und B. hätten aufgrund ihrer parallelen Tätigkeit für die Beklagten ihre Verträge mit der Schuldnerin gebrochen.

Der Kläger wiederholt in Bezug auf den haftungsausfüllenden Tatbestand seinen erstinstanzlichen Vortrag und rügt ergänzend, das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass das als Anlage K 79 von den Vorständen der Schuldnerin erstellte Restrukturierungsprogramm nicht habe umgesetzt werden können, wenn derselbe Vorstand einen Monat später verabredet habe, ein Konkurrenzunternehmen aufzubauen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 22.12.2015, 312 O 12/10, werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von Euro 8.513.173,– nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise:

auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 22.12.2015, 312 O 12/10, aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Hamburg zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie tragen ergänzend vor, es habe weder eine Behinderungsabsicht noch eine unangemessene Beeinträchtigung der Schuldnerin gegeben. Die Fallgruppe der Vertriebsstörung sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Zudem sei bei der Abwägung der beteiligten Interessen stets auch das Interesse der Arbeitnehmer an der Durchführung eines gewünschten Arbeitsplatzwechsels zu berücksichtigen. Es habe keine Abwerbung der ehemaligen Vorstände der Schuldnerin durch die Beklagte zu 2 gegeben und keine Abwerbung von Mitarbeitern der Schuldnerin durch deren ehemalige Vorstände. Der Kläger habe keine einzige Abwerbungshandlung konkret vorgetragen. Die Mitarbeiter hätten von sich aus die Schuldnerin aufgrund der dortigen Umstände verlassen. Selbst wenn es unterstelltermaßen Abwerbehandlungen gegeben haben sollte, wären diese den Beklagten nicht zuzurechnen. Es sei ein Missverständnis, aus der Beteiligung am Aufbau eines Emissionshauses auf eine Beteiligung an der Abwerbung von Mitarbeitern zu schließen. Jeglicher Vortrag, es habe einen Tatplan der Abwerbung durch Herrn v. Q. gegeben, werde bestritten. Der Vortrag einer 1:1-Übernahme der Verträge spreche dafür, dass gerade nicht mit besseren Konditionen gelockt worden sei.

Dass die Schuldnerin nach dem Weggang von Mitarbeitern neues Personal habe einstellen müssen, habe nicht dazu geführt, dass sie ihre Leistungen am Markt nicht mehr angemessen habe zur Geltung bringen können. Hierfür seien vielmehr die eigenen hausgemachten Umstände verantwortlich. Da anzunehmen gewesen sei, dass sich noch weitere Mitarbeiter der Schuldnerin bei der Beklagten zu 1 bewerben würden, sei es auch eine übliche Vorsorgemaßnahme gewesen, ein arbeitsrechtliches Gutachten einzuholen. Die Beklagten seien auch davon ausgegangen, dass die Herren v. Q. und B. Aufhebungsvereinbarungen mit der Schuldnerin unter Aufhebung von Wettbewerbsverboten abschließen würden. Dass Daten und Geheimnisse über die Mitarbeiter der Beklagten zu 1 zugeflossen seien, werde bestritten; jedenfalls sei es nicht das Ziel der Beklagten gewesen. Die ehemaligen Vorstände der Schuldnerin hätten auch nicht ihre Pflichten gegenüber der Schuldnerin vernachlässigt. Die anderslautenden Ausführungen des Klägers seien pure Spekulation. Die Dokumente über die Personalplanung seien von den Mitarbeitern als Gemeinschaftswerk in ihrer Freizeit zusammengetragen worden.

Die Beklagten Bestreiten weiterhin den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch nach Grund und Höhe.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Mai 2019 wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

A.

Das Landgericht hat, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das Landgericht hat zu Recht eine Gezielte Behinderung aufgrund der Handlung mit Verdrängungsabsicht verneint (dazu nachfolgend 2). Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass der Tatbestand der gezielten Behinderung auch ohne Vorliegen einer Behinderungsabsicht verwirklicht werden kann, bleibt diese Rüge im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg (dazu nachfolgend 3.). Zwar kommt im Streitfall die Annahme einer gezielten Behinderung in Form einer unangemessenen Beeinträchtigung dem Grunde nach in Betracht. Das Klägervorbringen erweist sich indes auch insoweit als unschlüssig (dazu nachfolgend 3. b). Auch die haftungsausfüllende Kausalität ist zu verneinen (dazu nachfolgend 3. c).

1.

Der Kläger begehrt vorliegend die Zahlung von Schadensersatz in Bezug auf eine in der Vergangenheit liegende Verletzungshandlung. Damit kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Vornahme der angegriffenen Handlung an (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – I ZR 176/14, GRUR 2016, 730, Rn. 19 = WRP 2016, 966 – Herrnhuter Stern), mithin auf § 4 Nr. 10 UWG aF. Änderungen haben sich indes durch Überführung des Behinderungstatbestands in § 4 Nr. 4 UWG nF in der Sache nicht ergeben.

2.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG aF (§ 4 Nr. 4 UWG nF) eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können (st. Rspr; vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Juni 2016 – I ZR 137/15, GRUR 2017, 92, Rn. 14 = WRP 2017, 46 – Fremdcoupon-Einlösung).

a)

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Abwerben fremder Mitarbeiter als Teil des freien Wettbewerbs grundsätzlich erlaubt. Es ist nur dann wettbewerbswidrig, wenn unlautere Begleitumstände hinzukommen, insbesondere unlautere Mittel eingesetzt oder unlautere Zwecke verfolgt werden. Einen unlauteren Zweck stellt es dar, wenn Mitarbeiter eines Mitbewerbers zum Vertragsbruch verleitet werden, d.h. wenn gezielt und bewusst auf deren Vertragsbruch hingewirkt wird. Dagegen ist das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch zu verleiten, grundsätzlich nicht unlauter, wenn nicht besondere die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten. Dem liegt der Gedanken zu Grunde, dass die schuldrechtliche Bindung zwischen dem Wettbewerber und seinem Vertragspartner Dritten gegenüber im Allgemeinen keine rechtlichen Wirkungen zu entfalten vermag und dass die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes schon bei Ausnutzen fremden Vertragsbruchs gewissermaßen zu einer Verdinglichung der schuldrechtlichen Verpflichtungen führen würde (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 – I ZR 96/04, BGHZ 171, 73 = GRUR 2007, 800 Rn. 14 f. – Außendienstmitarbeiter). Dem Tatbestandsmerkmal der gezielten Absicht lässt sich andererseits auch nicht entnehmen, dass (allein) die subjektive Kenntnis der einen Mitbewerber behindernden Umstände die Unlauterkeit begründen kann, wenn sich die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten des Mitbewerbers objektiv im Rahmen dessen hält, was dem Wettbewerb als solchen eigen ist (vgl. BGH, GRUR 2007, 800, Rn. 22 – Außendienstmitarbeiter).

b)

Das Landgericht hat zu Recht eine Gezielte Behinderung mit Verdrängungsabsicht durch die Beklagten verneint.

aa)

Soweit der Kläger auch in der Berufungsinstanz seinen Standpunkt wiederholt, dass die Herren v. Q. und B. – mithin der vollständige Vorstand der Schuldnerin – ohne eine Verdrängung der Schuldnerin nicht für die Beklagten hätten arbeiten können, greift dieser Einwand nicht durch. Der Kläger hat keinen schlüssigen Vortrag über etwaige Verleitungshandlungen der Beklagtenseite geleistet. Nach dem Klägervortrag war Herr v. Q. schon im März 2009 mit dem Hauptaktionär und Aufsichtsratsmitglied der Schuldnerin, Prof. Schulte, über eine Aufhebung seines Anstellungsvertrages in Kontakt getreten (Anlage K 43). Die Behauptung des Klägers, v. Q. sei auf dem in der E-Mail vom 02.04.2009 (Anlage K 60) in Bezug genommenen Treffen mit den persönlich haftenden Gesellschaftern der Beklagten zu 2, Herrn Dr. P. und Herrn R., nicht nur zur Kündigung, sondern zum Vertragsbruch verleitet worden, erweist sich vor diesem Hintergrund als unschlüssig. Vielmehr spricht die Kontaktaufnahme zum Hauptaktionär dafür, dass er keinen Vertragsbruch, sondern eine einvernehmliche vorzeitige Vertragsauflösung herbeiführen wollte. Zwar lässt sich der vom Kläger vorgelegten Präsentation vom 28.04.2009 gemäß Anlage K 62 entnehmen, dass die bisherigen Vorstände der Schuldnerin tatsächlich bereits Ende April zumindest intern im Hause der Beklagten tätig geworden sind, was den Bruch ihrer zu diesem Zeitpunkt noch aktiven Dienstverträge mit der Schuldnerin nahe legt. Dass es die Beklagtenseite auf einen solchen Bruch indes angelegt hätte, lässt sich den vom Kläger vorgetragenen Umständen nicht entnehmen. Vielmehr stellt dies seitens der Beklagten allenfalls ein Ausnutzen fremden Vertragsbruchs dar, der im Bereich der Mitarbeiterabwerbung nach den obigen Maßstäben nicht als unlauter anzusehen ist. Daher ist auch das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 2. August 2013 – 11 U 25/11 -, mit dem im Verhältnis zwischen dem Kläger und Herren B. festgestellt ist, dass dieser seinen Anstellungsvertrag verletzt hat, nicht als Beleg eines Verleitens zum Vertragsbruch heranziehbar. Bei Herrn B. lässt sich durch den Senat ebenfalls nicht feststellen, dass dieser Vertragsbruch auf einem Verleiten durch die Beklagten beruhte.

bb)

Besondere die Unlauterkeit begründende Umstände, die ein Ausnutzen fremden Vertragsbruchs – hier der Vorstände der Schuldnerin – als unlauter erscheinen lassen können, liegen nicht vor. Solche ergeben sich in der Gesamtschau auch nicht aus den weiteren vom Kläger behaupteten Umständen. Zum einen lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass der Markt der geschlossenen Immobilienfonds so beschaffen gewesen wäre, dass ein erfolgreicher Markteintritt der Beklagten zu 1 nur durch eine Ausschaltung der Schuldnerin als Konkurrent möglich gewesen wäre. Wie der Kläger selbst vorgetragen hat, hatte die Finanzmarktkrise zu einem Personalabbau auch bei Wettbewerbern und zu betriebsbedingten Kündigungen bei vielen Emissionshäusern der Branche geführt, so dass Mitarbeiter freigesetzt worden sind. Zwar haben die Beklagten andere Möglichkeiten der Rekrutierung unstreitig nicht genutzt. Allerdings steht der Annahme einer Verdrängungsabsicht insoweit entgegen, dass es auch der Schuldnerin ihrerseits offen gestanden hätte, abgeworbene Mitarbeiter durch am Markt freigesetzte Mitarbeiter anderer Mitbewerber zu ersetzen. Zum anderen hat der Kläger, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, weder vermutete konkrete Motive für die behauptete Behinderungsabsicht ausreichend vorgetragen, wie z.B. vorangegangene wirtschaftliche oder persönliche Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten, noch sind irgendwelche Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass primär eine Schädigung der Schuldnerin bezweckt gewesen wäre und nicht lediglich die Förderung des Aufbaus eines eigenen Unternehmens. In diesem Gesamtzusammenhang erweist sich auch der Umstand, dass die Beklagten nach dem insoweit unwidersprochenen Klägervortrag die Gefahr eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB durch externe Rechtsanwälte hatten prüfen lassen, nicht als Indiz für ein Handeln mit Verdrängungsabsicht, sondern nur als Absicherung der eigenen Position. Auch die Vielzahl der durch die Vorstände – nach streitigem Vortrag – vorgenommenen Mitarbeiterabwerbungen genügt nicht für die Annahme der Unlauterkeit. Der Kläger hat keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass die abgeworbenen Mitarbeiter ihrerseits zu einem Bruch ihrer Anstellungsverträge verleitet worden seien. Hierfür genügt weder das Schreiben kurzer E-Mails während der Arbeitszeit noch die Ausübung eines vertraglichen Kündigungsrechts. Dass gegenüber irgendeinem Mitarbeiter wegen schlechter Arbeitsmoral disziplinarische Maßnahmen von Seiten der Schuldnerin auch nur angedroht worden seien, hat der Kläger nicht behauptet.

cc)

Auch die – streitige – Übernahme von Vertriebspartnerdaten, Betriebsunterlagen, IT-Know-how und Gehaltsstruktur lassen nicht den Schluss auf eine unlautere Zwecksetzung der Beklagten zu. Der Vortrag, dass von einzelnen Mitarbeitern Dokumente der Schuldnerin gesichert worden seien, die dann später auf den Servern der Beklagten aufgefunden worden seien, lässt nicht den Schluss zu, dass es der Beklagten auf diese Geschäftsinformationen der Schuldnerin angekommen und von Verdrängungsabsicht getragen worden ist. Zwar ist von einer Nutzung der Vertriebspartnerdatenbank durch die Beklagte zu 1 nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts auszugehen. Das Landgericht hat festgestellt, dass die ehemalige Vertriebsmitarbeiterin der Schuldnerin, Frau B., am 02.11.2009 für die Beklagte zu 1 eine Werbe-E-Mail an Vertriebspartner der Beklagten zu 1 übersandte. In dem Verteiler befand sich Herr K., der die Mail an Herrn M., Prokurist bei der Schuldnerin, weiterleitete. Herr K. war ein persönlicher Kontakt des Prokuristen M. und als Mitarbeiter einer Werbeagentur in die Vertriebspartnerliste eigentlich nicht einzutragen. Der Kläger ist jedoch den erforderlichen Tatsachenvortrag dazu schuldig geblieben, aus welchem sich die – von den Beklagten bestrittene – Kenntnis der Leitungsebene der Beklagten zu 2 ableiten ließe. Zudem lässt sich aus dem Klägervortrag nicht ableiten, dass diese – streitigen – Übernahmen von Betriebsinterna die Existenz der Schuldnerin am Markt in Frage gestellt hätten.

3.

Eine geschäftliche Handlung kann, worauf der Kläger zutreffend hinweist, einen Wettbewerber aber auch unter der Voraussetzung unlauter gezielt behindern, wenn sie, auch ohne in Verdrängungsabsicht vorgenommen zu sein, zwar unmittelbar der Förderung des eigenen Absatzes oder Bezugs dient, aber dieses Ziel durch eine unangemessene Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers erreicht werden soll, so dass der Mitbewerber seine eigene Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2007, 800 Rn. 23 – Außendienstmitarbeiter; BGH, Urteil vom 19. Februar 1009 – I ZR 136/06, GRUR 2009, 685 Rn. 41 = WRP 2009, 1340 – ahd.de; Urteil vom 12. Januar 2017 – I ZR 253/14, GRUR 2017, 397, Rn. 49 = WRP 2017, 434 – World of Warcraft II; Urteil vom 19. April 2018 – I ZR 154/16, GRUR 2018, 1251, Rn. 23 und 27 = WRP 2018, 1322 – Werbeblocker II; Senat, Urteil vom 6. November 2014 – 3 U 86/13, GRUR-RR 2015, 110, 112, zitiert nach juris Rn. 212). Der Tatbestand der unlauteren Behinderung beinhaltet daher zwei Varianten. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen (1. Variante), oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können (2. Variante; vgl. Senat, GRUR-RR 2015, 110, zitiert nach juris Rn. 212). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (BGH, GRUR 2017, 92, Rn. 14 – Fremdcoupon-Einlösung; GRUR 2017, 397, Rn. 49 – World of Warcraft II; GRUR 2018, 1251, Rn. 23 und 27 – Werbeblocker II; Senat, GRUR-RR 2015, 110, zitiert nach juris Rn. 212).

a)

Im Streitfall kommt dem Grunde nach eine Verwirklichung der 2. Variante der gezielten Behinderung in Form einer unangemessenen Beeinträchtigung in Betracht. Der Senat ist mit dem Kläger der Auffassung, dass eine Vereinbarung eines Wettbewerbers mit den Leitungskräften eines anderen Mitbewerbers über eine konzertierte Abwerbung eines Großteils von dessen Mitarbeitern gleichsam „von innen heraus“ grundsätzlich den Tatbestand der unangemessenen Beeinträchtigung zu erfüllen geeignet ist.

aa)

Eine Gezielte Behinderung kann in der Verursachung oder Herbeiführung der konkreten Gefahr einer Betriebsstörung im Wege der Beeinträchtigung der betrieblichen Abläufe im Unternehmen des Mitbewerbers liegen. Eine mittelbare Betriebsstörung kann in der Abwerbung von Mitarbeitern liegen (vgl. Büscher/Wille, UWG, 2019, § 4 Nr. 4, Rn. 90 ff.). Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein zum Zwecke der Abwerbung eines Mitarbeiters geführter Telefonanruf an dessen Arbeitsplatz, der über eine erste Kontaktaufnahme hinausgeht, unlauter ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2007 – I ZR 183/04, GRUR 2008, 262 – Direktansprache am Arbeitsplatz III). Der Grund liegt in der damit verbundenen Störung des Betriebsablaufs, die der betroffene Mitbewerber nicht hinnehmen muss. Während der Einsatz von ehemaligen Mitarbeitern des Konkurrenten zur Abwerbung weiterer Mitarbeiter wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden ist (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, 4. Aufl. 2016, UWG § 4 Abs. 4, Rn. 36), stellt sich dies bei der Abwerbung von Mitarbeitern durch andere aktive Mitarbeiter desselben Dienstherrn zugunsten eines Konkurrenten anders dar. Eine solche Handlung kann zum einen – im Unterschied zur bloßen Information über andere Arbeitsmöglichkeiten – den Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem abwerbenden Mitarbeiter verletzen und daher unter dem Gesichtspunkt des Verleitens zum Vertragsbruch wettbewerbswidrig sein, wenn sie von einem Mitbewerber initiiert wird, oder unlauter sein, wenn zum anderen über die Vertragsverletzung hinaus weitere Umstände hinzutreten, die die Unrechtmäßigkeit des Verhaltens verstärken (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, aaO., § 4 Abs. 4, Rn. 36).

bb)

Wird die Abwerbung in Verabredung mit dem Wettbewerber von den Leitungskräften des betroffenen Mitbewerbers systematisch „von innen“ vorgenommen, stellt dies regelmäßig eine unlautere Störung des Betriebsablaufs des betroffenen Unternehmens dar, die der betroffene Mitbewerber nicht hinzunehmen braucht. Die mit einem externen Unternehmen vereinbarte Abwerbung durch Leitungskräfte des betroffenen Mitbewerbers von innen reicht hinsichtlich der Störung des Betriebsablaufs signifikant über Telefonanrufe eines Dritten hinaus. Die Autorität und das Vertrauen der (abwerbenden) Leitungskräfte hat im Betriebsablauf regelmäßig besonderes Gewicht; ein Effekt, der sich bei einer hohen Anzahl angesprochener Kollegen weiter verstärken kann. Zwar ist es immer möglich und zulässig, dass mehrere Mitarbeiter eines Unternehmens ihrem bisherigen Chef von sich aus folgen und der Wechsel einzelner Mitarbeiter daher aus eigenem Antrieb ohne Mit- oder Einwirkung des Vorgesetzen erfolgt. Von einer – wie im Streitfall von den Beklagten behaupteten – selbstmotivierten Kündigung einer Vielzahl von Mitarbeitern ohne Störung des Betriebsablaufes durch den Vorgesetzten kann indes dann nicht mehr ohne Weiteres ausgegangen werden, wenn der neue Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Mitarbeiterkündigungen noch nicht gegründet oder seine Gründung noch nicht öffentlich publik gemacht worden war. Davon kann auch nicht mehr ausgegangen werden, wenn ein Wechsel größerer Teile des Personalstammes eine aktive Zusammenarbeit von leitenden Mitarbeitern des betroffenen Wettbewerbers einerseits und der Personalabteilung des abwerbenden Wettbewerbers andererseits voraussetzt, wie es im Streitfall mit der vom Kläger behaupteten einvernehmlichen Personal- und Abwerbungsplanung möglich erscheint.

cc)

Der Kläger hat im Streitfall unter Antritt von Zeugenbeweis behauptet, die ehemaligen Vorstände B. und v. Q. sowie EB. (W. Treuhand AG) hätten mit den Gesellschaftern der Beklagten zu 2 vereinbart, sämtliche Schlüsselmitarbeiter des Unternehmens der Schuldnerin anzusprechen, um diese zu einem Wechsel zu den Beklagten zu bewegen. An die Substantiierung des – von den Beklagten bestrittenen – Vortrags des Klägers sind im Streitfall keine zu strenge Anforderungen zu stellen, da der Kläger – ebenso wie die Schuldnerin – typischerweise keine eigenen Wahrnehmungen von den Absprachen ihrer Vorstände mit den Beklagten und den daraus resultierenden Handlungen hat, ebenso wenig wie von den weiteren Abwerbegesprächen.

Grundsätzlich genügt für die Substantiierung, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz zum Beleg ihrer Behauptung geeignet sind. Unerheblich ist dabei, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden. Der Pflicht zur Substantiierung ist nur dann nicht genügt, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass das Gericht auf Grund ihrer Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist, also die gesetzlichen Voraussetzungen der daran geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind, oder sie aufs Geratewohl, d. h. ins Blaue hinein aufgestellt und – mit anderen Worten – aus der Luft gegriffen sind. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie sich nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – I ZR 81/10, GRUR 2012, 945, Rn. 33 – Tribenuronmethyl, mwN). Dabei ist nach der Rechtsprechung die Angabe von Einzelheiten zum Zeitpunkt und zum Ablauf bestimmter Ereignisse nicht erforderlich, wenn diese Einzelheiten für die Rechtsfolge der unter Beweis gestellten Haupttatsache nicht entscheidend sind. Misst das Gericht diesen Einzelheiten für die Zuverlässigkeit oder die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung Bedeutung zu, sind sie durch entsprechende Nachfrage bei der Beweisaufnahme zu klären (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 – VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217, Rn. 12).

Dem genügt der klägerische Vortrag. Der Kläger hat ausreichend Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass sich die Beklagten mit der Leitungsebene der Schuldnerin verabredet habe, um von innen die Rekrutierung weiteren Personals in großen Stil vorzunehmen. Diese Anhaltspunkte hat er unter Bezugnahme auf Privaturkunden, beispielsweise die Anlage K 60, zu stützen versucht. Er hat insoweit unter anderem behauptet, dass die interne Ansprache der Mitarbeiter gerade durch die Vorstände der Schuldnerin (und nicht durch die Beklagten selbst) vereinbart worden sei (vgl. Anlage K 129). Er hat ferner behauptet, die Beklagten hätten Daten zur Weitergabe an die Personalabteilung der Beklagten zu 2 verlangt, damit diese die initial am 06.04.2009 entworfene Personalplanungsdatei in Wellenbewegungen habe abarbeiten und die Verträge habe erstellen können (vgl. Anlage K 163) sowie, dass die Gehaltsstruktur durch die Vorstände preisgegeben worden sei nebst der Absprache, dass die Verträge 1:1 übernommen würden (vgl. Anlage K 144).

b)

Der Streitfall war indes auch ohne Beweisaufnahme über den streitigen Klägervortrag entscheidungsreif. Denn für die Verwirklichung dieser Variante des Behinderungstatbestandes ist erforderlich, dass sich feststellen lässt, dass das betroffene Unternehmen aufgrund der Handlungen des Wettbewerbers nicht mehr in der Lage war, seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Daran fehlt es im Streitfall. Der Kläger hat nicht – wie erforderlich – hinreichend dazu vorzutragen, dass durch die behauptete Verabredung und deren Umsetzung eine kausale Behinderung dergestalt eingetreten ist, dass die Schuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen ist, ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen.

Für die haftungsbegründende Kausalität gilt der Maßstab des § 286 ZPO (st. Rspr, vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – KZR 25/14, BGHZ 211, 146 = NJW 2016, 3527, Rn. 42 – Lottoblock II). Für den Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten des als Schädiger in Anspruch genommenen und der Rechtsgutsverletzung bedarf es daher des Vollbeweises (vgl. Cepl/Voß/Rinken, ZPO, 2. Aufl., § 287 Rn. 6). Es fehlt dem Klagvorbringen an konkretem tatsächlichen Vortrag zu den genauen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit der Schuldnerin sowie an Vortrag zu einer Verknüpfung der Tätigkeitsbereiche und Aufgaben der einzelnen – nach dem Vortrag des Klägers – abgeworbenen Mitarbeiter einerseits mit den Beschränkungen andererseits, denen die Schuldnerin konkret unterlegen gewesen ist. Es fehlt daher an Tatsachenvortrag, der eine Verknüpfung zwischen den vorgeworfenen Handlungen und der behaupteten Folge festzustellen geeignet ist, nämlich, dass es ihr deshalb unmöglich geworden ist, ihre Leistung am Markt mit eigenen Anstrengungen in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Der Kläger hat keine Tatsachen dazu vorgetragen, warum die Abwerbung eines welchen konkreten Mitarbeiters die Schuldnerin derart beeinträchtigt hat, dass sie weder durch interne Umstrukturierungen noch durch Rekrutierungsbemühungen am Markt ihre Leistung am Markt hat erbringen können. Dabei sind auch Ereignisse in den Blick zu nehmen, die zu der behaupteten Mitarbeiterabwerbung nicht in Beziehung stehen, wie etwa externe Ereignisse (Finanzkrise, wirtschaftliche Situation auf den in Rede stehenden Markt insgesamt) oder aber auch der Einfluss von Mitarbeiterabgängen, die ohne Bezug zu der Beklagtenseite erfolgt sind. Auch insoweit fehlt es am Vortrag tatsächlicher Umstände, die erkennen lassen, dass gerade der Fortgang der in Rede stehenden Mitarbeiter und nicht sonstige Umstände der Grund dafür gewesen sind, dass die Schuldnerin ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr hat zur Geltung bringen können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerseite selbst vorgetragen hat, dass die Finanzmarktkrise zu einem Personalabbau auch bei Wettbewerbern und zu betriebsbedingten Kündigungen bei vielen Emissionshäusern der Branche geführt habe, so dass Mitarbeiter freigesetzt worden seien.

c)

Zudem erweist sich der klägerische Vortrag auch in Bezug auf die haftungsausfüllende Kausalität als nicht schlüssig.

aa)

Der Kläger berechnet den Schaden anhand einer Differenzbetrachtung zwischen der Umsatzplanung für 2009 und den tatsächlich erzielten Umsätzen. Er stützt sich hierbei auf das Dokument „Ausrichtung der Unternehmensstrategie vor dem Hintergrund der Finanzkrise“ vom 12.02.2009 (Anlage K 79). Demnach hätte die Schuldnerin im Geschäftsjahr 2009 Erträge von etwas über 12 Mio EUR erwirtschaftet. In Folge der Behinderung durch die Beklagten seien allerdings nur Erträge in Höhe von 3,6 Mio EUR erwirtschaftet worden. Abzüglich ersparter Aufwendungen (Personalkosten) und zuzüglich zusätzlicher Aufwendungen (Rekrutierungskosten) sowie Sonderzahlungen und Gehaltserhöhungen betrage der Differenzschaden 8.513.173 EUR. Der Kläger behauptet unter anderem, die Umsatzplanung für 2009 sei realistisch gewesen und die Schuldnerin wäre ungeachtet der angespannten Finanzlage ohne das schädigende Ereignis in der Lage gewesen, ihren Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Herauslösung des Bankhauses W. aus der W. Gruppe habe keine Auswirkungen auf die Umsätze gehabt. Indes sei der Vertrieb durch die Abwerbemaßnahmen zum Erliegen gekommen.

bb)

Die Beklagten haben diesen Vortrag bestritten und sich insbesondere auf die Schieflage der Schuldnerin und die negative Marktlage berufen. Sie haben geltend gemacht, die Umsatzplanung für 2009 sei geschönt gewesen. Bereits die Gewinnprognose der Schuldnerin sei zu optimistisch gewesen. Die gravierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Schuldnerin seien in dem Ausrichtungspapier gemäß Anlage K 79 nicht berücksichtigt gewesen. Ab Mai 2009 sei durch die Herauslösung der W. Bank aus dem Konzern das Finanzierungsvehikel ausgeschieden. Die Finanzkrise habe erst 2009 ihre volle Wirkung entfaltet. Die Beklagten haben geltend gemacht, der Kläger habe keine Tatsachen dafür vorgetragen, weshalb der Mitarbeiterwechsel konkrete Projekte beeinträchtigt habe. Es sei auch nicht plausibel, wenn die ersten 7 Personen die Schuldnerin zum 30.06.2009, weitere 8 zum 30.09.2009 und weitere fünf 5 erst zum Jahresende 2009 in Richtung der Beklagten verlassen haben, die Beklagten für die gesamte Differenz verantwortlich machen zu wollen. Zudem hätten weitere 13 Mitarbeiter im Laufe des Jahres 2009 die Schuldnerin mit anderem Ziel verlassen. Hingegen hätten die meisten Mitarbeiterwechsel erst zum Anfang 2010 stattgefunden.

cc)

Der Sachvortrag des Klägers war vor dem Hintergrund des Bestreitens der Beklagten weder ausreichend, einen entgangenen Gewinn dem Grunde nach noch in der geltend gemachten Höhe belegen zu können.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt das Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO nicht nur für die Höhe des Schadens, sondern auch für die Frage, ob ein Schaden überhaupt entstanden ist (vgl. BGH, NJW 2016, 3527, Rn. 42 – Lottoblock II). Nach dieser Norm entscheidet der Tatrichter unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch er ist. Der Tatrichter muss nach pflichtgemäßem Ermessen auch beurteilen, ob nach § 287 Abs. 1 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens möglich ist. Demzufolge ist ein Gewinnentgang bereits dann zu bejahen, wenn es nach den gewöhnlichen Umständen des Falls wahrscheinlicher ist, dass der Gewinn ohne das haftungsbegründende Ereignis erzielt worden als dass er ausgeblieben wäre. Diese Prognose kann zwar nur dann angestellt werden, wenn der Geschädigte konkrete Anknüpfungstatsachen darlegt und nachweist; an die Darlegung solcher Anknüpfungstatsachen dürfen jedoch keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Wer Ersatz des Gewinns verlangt, der ihm in Folge einer durch eine unlautere geschäftliche Handlung verursachten Verminderung seines Umsatzes entgangen ist, muss allerdings dem Gericht die Tatsachen vortragen, die es diesem ermöglichen zu beurteilen, dass er den als Schadenersatz verlangten Betrag tatsächlich als Gewinn erzielt hätte, wenn der Konkurrent das beanstandete Verhalten nicht vorgenommen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 1997 – X ZR 2/96, NJW-RR 1998, 331, 333 – Chinaherde; Urteil vom 14. Februar 2008 – I ZR 135/05, GRUR 2008, 933, Rn. 19 = WRP 2008, 1227 – Schmiermittel; Urteil vom 21. Januar 2016 – I ZR 90/14, GRUR 2016, 860, Rn. 21 = WRP 2016, 1142 – Deltamethrin II; BAG, Urteil vom 26. September 2012 – 10 AZR 370/10, NJW 2013, 331, Rn. 20, mwN). Die Bestimmung des § 252 S. 2 BGB, nach welcher der Gewinn als entgangen gilt, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte und die Vorschrift des § 287 ZPO, nach der das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung darüber entscheidet, wie hoch sich ein unter den Parteien streitiger Schaden beläuft, entheben den Verletzten zwar der Notwendigkeit, den entgangenen Gewinn genau zu belegen. Sie ersparen es ihm jedoch nicht, dem Gericht eine tatsächliche Grundlage zu unterbreiten, die diesem eine wenigstens im Groben zutreffende Schätzung des entgangenen Gewinns ermöglicht (BGH, GRUR 2016, 860, Rn. 21 – Deltamethrin II). Eine Schätzung darf nur dann unterbleiben, wenn sie mangels konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre; eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens, auch in Form der Schätzung eines Mindestschadens, lässt § 287 ZPO grundsätzlich nicht zu (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – VII ZR 84/10, NJW 2013, 525, Rn. 23; BAG, NJW 2013, 331, Rn. 19; Büscher/Hohlweck, UWG, 2019, § 9 Rn. 92; Cepl/Voß/Rinken, ZPO, 2. Aufl., § 287 Rn. 7, jeweils mwN). Der Schädiger, der sich auf eine Reserveursache beruft, muss seinerseits Anknüpfungstatsachen darlegen und beweisen, aus denen das Gericht mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit auf die Einschränkung oder den Ausschluss des Ersatzanspruchs schließen kann (BGH, Urteil vom 30. Mai 2001 – VIII ZR 70/00, NJW-RR 2001, 1542; BAG, NJW 2013, 331, Rn. 21, mwN).

(2) Im Streitfall fehlen bereits greifbare Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung. Nach freier Überzeugung des Senats kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass die Grundannahmen der Schuldnerin aus dem Dokument „Ausrichtung der Unternehmensstrategie vor dem Hintergrund der Finanzkrise“ vom 12.02.2009 (Anlage K 79) realistisch waren. Konkreten Tatsachenvortrag hat der Kläger dazu nicht gehalten. Die Beklagten haben zu Recht auf die problematischen Rahmenbedingungen, die einer Verwirklichung des im Strategiepapier angestrebten Ziels entgegenstehen könnten, hingewiesen. Der Umsetzbarkeit des Strategiepapiers stand nicht nur die Finanzkrise, sondern auch der Ausfall des Mutterhauses der Schuldnerin als Kreditgeberin bzw. als Finanzierungsvehikel ab Mai 2009 entgegen. Angesichts dessen hätte der Kläger seine Behauptung, die gesetzten Ziele hätten ohne die beanstandete Mitarbeiterabwerbung in jedem Fall erreicht werden können, mit konkretem, auch an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen orientierten Tatsachenvortrag untermauern müssen. Das hat er trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats in der Berufungsverhandlung nicht getan. Vor diesem Hintergrund erscheint es daher nach freier Überzeugung des Senats nicht feststellbar, dass die Schuldnerin ihr Konzept für 2009 überhaupt erfolgreich am Markt hätte umsetzen können. Dem steht auch nicht entgegen, dass Herr v. Q. dieses Konzept selbst verantwortet hat. Das bietet einerseits keine Gewähr für die Richtigkeit seiner Grundannahme. Andererseits bestanden unstreitig zwischen ihm und dem Hauptaktionär unterschiedliche Auffassungen über die Ausrichtung des Unternehmens, weshalb er mit E-Mail vom 29.03.2009 (Anlage K 43) darum bat, aus der Unternehmensgruppe der Schuldnerin im Laufe des Jahres 2009 Ausscheiden zu können. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu 1 die von der Schuldnerin avisierten Objekte auch ihrerseits nicht zum Gegenstand von Immobilienfonds gemacht hat, fehlt es dem Klägervortrag in Bezug auf die bereits aufgelegten oder geplanten Fondsvorhaben zudem an einer Gesamtmarktdarstellung in den jeweiligen Zielländern. Gleiches gilt für nicht oder nicht in geplantem Umfang erfolgte Neuemissionen. Die fehlende Information über jene Marktbedingungen und Gesamtumstände stehen im Streitfall einer Wahrscheinlichkeitsschätzung ebenfalls im Wege.

(3) Das negative Geschäftsergebnis kann folglich der behaupteten Verletzungshandlung nach Auffassung des Senats nicht hinreichend dem behaupteten schädigenden Ereignis zugeordnet werden. Eine Schadensschätzung ist dem Senat daher nicht möglich. Liegt ein multikausaler Geschehensablauf vor, kann das Tatgericht eine Schadensschätzung ablehnen, wenn greifbare Anknüpfungstatsachen für eine Zuordnung der negativen Betriebsergebnisse zur unlauteren Abwerbung der Mitarbeiter fehlen (vgl. BAG, NJW 2013, 331, Rn. 27). Denn auch der als Schädiger in Anspruch Genommene muss die Möglichkeit haben, sich im Prozess mit den Schätzungsgrundlagen auseinanderzusetzen und Einwände geltend zu machen. Dies kann er nicht, wenn – wie auch im Streitfall – ein negatives Geschäftsergebnis einer Verletzungshandlung nicht ausreichend zugeordnet und ein hinreichender Zusammenhang zwischen den Abwerbungen und den eingetretenen Verlusten nicht erkennbar wird (vgl. BAG, NJW 2013, 331, Rn. 27). Die Beklagten haben insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass es nicht plausibel sein kann, wenn die ersten sieben Personen die Schuldnerin erst zum 30.06.2009 in Richtung der Beklagten und weitere acht zum 30.09.2009 verlassen haben und weitere fünf zum Jahresende 2009, die Beklagten aber gleichwohl für die gesamte Erlösdifferenz des Jahres 2009 verantwortlich zu machen.

(4) Dem Klägervortrag fehlt es letztlich auch unter dem Blickwinkel der haftungsausfüllenden Kausalität an der für die Schätzung nach § 287 ZPO erforderlichen konkreten Verknüpfung zwischen dem Ausscheiden der einzelnen Mitarbeiter einerseits und der der Schadensberechnung zugrundeliegenden Differenz zwischen der prognostizierten Geschäftsentwicklung für 2009 und der tatsächlichen Geschäftsentwicklung andererseits. Auch insoweit fehlt es dem Klagvorbringen, worauf der Senat hingewiesen hat, an konkretem tatsächlichen Vortrag zu den genauen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit der Schuldnerin sowie einer Verknüpfung der Tätigkeitsbereiche und Aufgaben der einzelnen – nach dem Vortrag des Klägers – abgeworbenen Mitarbeiter einerseits mit den Beschränkungen andererseits, denen die Schuldnerin konkret unterlegen gewesen ist. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass gerade aufgrund des Ausscheidens bestimmter, namentlich zu benennender Mitarbeiter für bereits aufgelegte Fonds nicht genügend Kapital hatte eingeworben werden können. Der Kläger hat keine Tatsachen dazu vorgetragen, warum die Abwerbung welchen konkreten Mitarbeiters die Schuldnerin derart beeinträchtigt hat, dass sie weder durch interne Umstrukturierungen noch durch Rekrutierungsbemühungen am Markt ihre Leistung am Markt hat angemessen erbringen können. Dies gilt neben den vorhandenen externen Ereignissen im Zuge der Finanzkrise insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass andere Mitbewerber unstreitig im nämlichen Zeitraum Stellen aufgrund der Finanzkrise gestrichen und Mitarbeiter freigesetzt haben. Andererseits stellen die unstreitigen Abgänge vor der behaupteten Verabredung der ehemaligen Vorstände der Schuldnerin mit der Beklagten zu 2 sowie der Umstand, dass weitere – nach Klägervortrag acht, nach Beklagtenvortrag mindestens 13 – Mitarbeiter im Laufe des Jahres 2009 die Schuldnerin mit anderem Ziel verlassen haben, die Erreichbarkeit der Umsatzprognose auch insoweit in Frage, dass nicht unterstellt werden kann, dass der Schuldnerin der Mitarbeiterstamm für die nächsten Monate auch ohne Dazwischentreten der Beklagten ungeschmälert erhalten geblieben wäre. Vor diesem Hintergrund fehlt es auch für die vom Kläger beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens an konkreten Anknüpfungstatsachen, die eine sachverständige Begutachtung ermöglichten.

dd)

Auch in Bezug auf die – von der Beklagtenseite bestrittenen – Rekrutierungskosten fehlt es an Tatsachenvortrag, der die Beurteilung der adäquaten Kausalität zwischen den aufgewendeten Beträgen und dem jeweiligen Mitarbeiterfortgang ermöglicht. Der Kläger hat Kosten für die Rekrutierung neuen Personals in Höhe von € 267.654,00 (Anlagen K 94 bis K 112) als zusätzliche Aufwendungen, mithin als eigenen Vermögensschaden, geltend gemacht. Er hat vorgetragen, welcher neue Mitarbeiter zum Ersatz welchen abgeworbenen Mitarbeiters eingestellt worden sei und welche – durch Vorlage entsprechender Rechnungen unterlegte – Rekrutierungskosten damit verbunden gewesen seien. Dieser, von den Beklagten bestrittene, Vortrag ist ebenfalls nicht ausreichend, einen konkreten ersatzfähigen Schaden schlüssig darzulegen. Der Kläger hat bereits keinen Beweis dafür angeboten, dass die aufgewandten Rekrutierungskosten tatsächlich für den jeweiligen nach seinem Vortrag zu ersetzenden Mitarbeiter angefallen waren, obwohl die Beklagten dies bestritten hatten. Angesichts dessen war die Vorlage entsprechender Rechnungen nicht ausreichend, da sich aus ihnen keine Zuordnung zu einzelnen ersetzten Mitarbeitern ergibt. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, warum diese Positionen tatsächlich neu zu besetzen waren. Trotz entsprechenden Hinweises des Senats in der Berufungsverhandlung hat der Kläger zur Kausalität der Rekrutierungskosten nicht weiter vorgetragen. Mithin war es dem Senat nicht möglich festzustellen, ob die vakant gewordenen Stellen tatsächlich durch externe Kräfte wieder hatten besetzt werden müssen und nicht entweder durch Umsetzung innerhalb des Unternehmens hätten besetzt werden können oder aufgrund der Schwäche des Marktes im Zuge der Restrukturierung ohnehin hätten entfallen sollen. Denn der Umstand, dass die Schuldnerin selbst Kündigungen im Jahre 2009 ausgesprochen hatte, entspricht dem eigenen Vortrag der Klägerseite. Zudem fehlt es dem Vortrag des Klägers an der erforderlichen Gegenüberstellung der aufgewendeten Kosten zu den konkret eingesparten Aufwendungen. Daher kamen die vom Kläger angeführten Rekrutierungskosten im Streitfall auch nicht als (Mindest-) Schadensersatzposition in Betracht.

ee)

Soweit der Kläger Schadensersatz für eine Gehaltserhöhung nebst Sonderzahlung für den letzten verbleibenden Fonds- und Assetmanager A. in Höhe von insgesamt € 19.686,00 geltend macht, stellt auch diese streitige Position keinen Schaden dar, der mit dem den Beklagten vorgeworfenen Verhalten in einem adäquat-kausalen Verhältnis steht. Vielmehr ist die Gewährung von Gehaltserhöhungen ein vernünftiges Mittel, um im Wettbewerb angesichts der Turbulenzen auf dem Markt als geeignet empfundenes Personal an sich zu binden.

4.

Der geltend gemachte Schadensersatz findet entgegen der Ansicht des Klägers in §§ 3 Abs. 1, 9 UWG ebenfalls keine Stütze. Es fehlt auch insoweit an Tatsachenvortrag, aus denen sich eine unlautere Behinderung und ein kausaler Schaden feststellen ließe. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Für etwaige Ansprüche aus § 826 BGB und aus § 117 AktG gilt entsprechendes.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 ZPO, 709, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die vorliegende Sache erschöpft sich in der Anwendung gesicherter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall.

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Schlagworte: Abwerbeverbot, Abwerbung, Gezielte Behinderung, Mitarbeiter, Mitbewerber gezielt behindert, nachvertragliches Abwerbeverbot, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, unlauterer Wettbewerb, UWG § 4 Nr. 4