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OLG Saarbrücken, Urteil vom 07.12.2022 – 5 U 67/21

§ 31 BGB, § 164 Abs 1 BGB, § 249 Abs 1 BGB, § 278 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 675 Abs 1 BGB, § 826 BGB, § 35 Abs 1 S 1 GmbHG, § 60 Abs 1 S 1 InsO, § 61 S 1 InsO, § 287 Abs 1 S 1 ZPO

1. Zur Inanspruchnahme einer Anwaltssozietät auf Schadensersatz wegen behaupteter Falschberatung durch den geschäftsführenden Partner über die Möglichkeiten einer Unternehmenssanierung und wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen anlässlich dessen späterer Tätigkeit als Sanierungsgeschäftsführer im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens.

2. Hat es ein Rechtsanwalt gegenüber den – in den Schutzbereich des von der Gesellschaft erteilten Mandats einbezogenen – Gesellschaftern übernommen, diese zu den Möglichkeiten einer Unternehmenssanierung zu beraten, und empfiehlt er ihnen als eine von mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten die Durchführung eines Schutzschirmverfahrens als „Königsweg“, so verbleibt die unternehmerische Entscheidung für oder gegen diesen Vorschlag grundsätzlich bei den Gesellschaftern und begründet ihr Vorwurf, dieser Rat habe sich in der Folge als wirtschaftlich nachteilig erwiesen, nicht ohne weiteres eine anwaltliche Pflichtverletzung.

3. Tritt der geschäftsführende Partner einer Rechtsanwaltssozietät im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens als Sanierungsgeschäftsführer („CRO“) in die Geschäftsführung des Unternehmens ein, so sind in dieser Eigenschaft begangene Pflichtverletzungen, für die er als Organ Dritten gegenüber haftet, nur dem Unternehmen und nicht (auch) der Anwaltssozietät zuzurechnen.

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das am 28. Juni 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 9 O 240/18 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Klägern zur Last.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 29.185.166,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger begehren von der Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung und Mitwirkung an einer Unternehmenssanierung; sie beanstanden – zusammenfassend – das „rücksichtslose Vorgehen“ des Geschäftsführers und namensgebenden Partners der Beklagten, Rechtsanwalt F., in dessen Eigenschaft als „Sanierungsberater“, der die Kläger zu 1) und zu 2) „als Alleingesellschafter eines in der Krise befindlichen Traditionsfamilienunternehmens zunächst unter falschen Versprechungen zu einer Insolvenz mit Schutzschirmverfahren überredet“ habe, „um dann eine Sanierung auf Kosten eben dieser Gesellschafter durchzuführen“, und dies „alles nur, um selbst ein beträchtliches Honorar zu kassieren“ (Bl. 3 GA). Die Kläger zu 1) und 2) waren bis zum 9. Juni 2017 Geschäftsführer sowie – mit 42,5 Prozent bzw. 57,5 Prozent der Anteile – alleinige Gesellschafter der B. (im Folgenden: Schuldnerin) mit Sitz in S., einem im Bereich Metallverarbeitung tätigen Unternehmen; außerdem hielten sie über die B. 95 Prozent der Anteile an der B., die ihrerseits 100prozentige Anteilsinhaberin an einer tschechischen Tochtergesellschaft war. Die Klägerinnen zu 3) und 4) sind Vermögensverwaltungsgesellschaften der Kläger zu 1) und 2). Die Beklagte ist eine auf Insolvenz- und Wirtschaftsrecht spezialisierte Rechtsanwaltssozietät in Form einer PartGmbB; sie war spätestens aufgrund eines unter Vollmachtserteilung am 6. Oktober 2016 (Anlage K13) erteilten Mandats anwaltliche Beraterin der Schuldnerin, ihr namensgebender Partner war vom 12. Oktober 2016 bis zum 12. Juli 2017 „Sanierungsgeschäftsführer“ der Schuldnerin (sog. „Chief Restructuring Officer“ bzw. „C.“) und als solcher neben den Klägern zu 1) und 2) im Handelsregister eingetragen (HRB … AG Saarbrücken).Randnummer2

Die Finanzlage der Schuldnerin hatte sich spätestens im Jahre 2016 verschlechtert; in ihrem Auftrag hatte die S. M. Partner (SMP) GmbH bis zum 29. Juli 2016 ein sog. „Turnaround-Konzept“ erstellt (Anlage K20), auch fanden Gespräche mit den Gläubigerbanken statt, da eine am 1. September 2014 geschlossene „Restrukturierungsvereinbarung“ (in Auszügen als Anlage K24 vorgelegt) bereits gerissen worden war und der erteilte Waiver zum 31. Dezember 2016 auslief. Auf Vermittlung des Ehemannes der Klägerin zu 1), einem Rechtsanwalt, kam es am 18. Juli 2016 zu einem ersten Treffen zwischen den Klägern zu 1) und zu 2) und dem Geschäftsführer der Beklagten, dem vorab zwei Bilanzen der Schuldnerin übersandt worden waren; in der Folgezeit fanden zahlreiche weitere Unterredungen statt. Schon bei dem ersten Treffen und ebenso in der Folge riet der Geschäftsführer der Beklagten zur Durchführung eines sog. „Schutzschirmverfahrens“ als „Königsweg“. Nach ihrer schriftlichen Bevollmächtigung stellte die Beklagte am 7. Oktober 2016 für die Schuldnerin einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Antrag auf Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung und Durchführung eines Schutzschirmverfahrens unter Bestellung des Rechtsanwaltes G. zum vorläufigen Sachwalter (Anlage K6). Mit Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 29. Dezember 2016 – Az. 103 IN 40/16 – wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, das Schutzschirmverfahren angeordnet und Rechtsanwalt G. zum Sachwalter bestellt. Am 26. April 2017 kam es zur notariellen Beurkundung eines Vertrages „über die Veräußerung von Geschäftsanteilen an der B. und der B. mit Vereinbarung von Kooperations- und Lizenzverträgen und Abschluss eines Asset-Deals bei der B. nebst Gesellschafterversammlung der vorbezeichneten Gesellschaften mit Beschlussfassung zur Neufassung der Gesellschaftsverträge“ (UR Nr. … des Notars Dr. P., Saarbrücken, Anlage K7). Darin veräußerten die Kläger zu 1) und 2) insgesamt 82 Prozent ihrer Anteile an der Schuldnerin an die Firma B. und weitere Investoren zum Kaufpreis von 1,- Euro je Geschäftsanteil (Abschnitt B. Ziff. III. des Vertrages), sie selbst schieden aus der Geschäftsführung der Schuldnerin aus (Abschnitt B. Ziff. II. § 3 des Vertrages). Außerdem veräußerte die B. 25,1 Prozent ihrer Anteile an der B. zum Preis von 3,5 Mio. Euro (Abschnitt B. Ziff. IV des Vertrages). Die Klägerinnen zu 3) und zu 4) veräußerten Forderungen gegen die Schuldnerin in Höhe von nominal 7.000.000,- Euro und 225.420,20 Euro (Klägerin zu 3) sowie 7.000.000,- Euro und 488.890,02 Euro (Klägerin zu 4) für je 1,- Euro an die Firma B. (Abschnitt D des Vertrages). Ein von der Beklagten unter dem 5. April 2017 eingereichter Insolvenzplan (Anlage K23), der auf Seite 10 den Hinweis enthielt, dass die Kläger zu 1) und 2) als Altgesellschafter der Schuldnerin „keine Ansprüche aus ihren Versorgungszusagen zur Insolvenztabelle anmelden“ würden, wurde nach seiner Annahme in der Fassung vom 28. April 2017 mit Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 28. April 2017 bestätigt (Anlage K36); am 1. Juni 2017 wurde das Verfahren aufgehoben. Für ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Schutzschirmverfahren stellte die Beklagte der Schuldnerin mehrere Rechnungen über insgesamt mindestens 491.470,- Euro (Anlagen K32 bis K34), außerdem weitere 53 Einzelrechnungen für die zusätzlich notwendig werdende rechtliche Beratung in Höhe von insgesamt mindestens 119.192,43 Euro (Bl. 51 GA).Randnummer3

Mit ihrer am 13. Dezember 2018 zum Landgericht Saarbrücken eingereichten Klage haben die Kläger mehrere Pflichtverletzungen des Geschäftsführers der Beklagten geltend gemacht, die dieser zunächst im Rahmen der anwaltlichen Beratung und sodann auch während des Schutzschirmverfahrens in seiner Eigenschaft als Sanierungsgeschäftsführer ihnen gegenüber begangen haben soll. Sie haben behauptet, von ihm in der Zeit vom 18. Juli 2016 bis zum 14. Dezember 2016 im Rahmen eines anwaltlichen Mandats persönlich beraten worden zu sein. Sinn und Zweck des Mandats sei gewesen, die Schuldnerin und die mit ihr verbundenen Unternehmen in einer Weise zu sanieren, die die Belange der Kläger bestmöglich wahren würde; ein besonderer Fokus habe darauf gelegen, es den Klägern zu ermöglichen, alle Forderungen gegen die Schuldnerin zeitnah und vollständig zu realisieren. Das Mandat sei bei dem ersten Treffen durch die Kläger zu 1) und 2) mündlich erteilt worden, hierbei und danach sei die Sicherung der klägerischen Forderungen immer wieder zur Sprache gekommen; zusätzlich hätten auch die Klägerinnen zu 3) und 4) die Beklagte mandatiert, da eine sinnvolle Beratung nur bei gleichzeitiger Interessenwahrung aller Kläger möglich gewesen sei. Der Geschäftsführer der Beklagten habe wiederholt – auch schriftlich – auf die Mandatierung durch die Kläger zu 1) und 2) Bezug genommen und sie am 14. Dezember 2016 aufgefordert, sich „einen anderen Berater“ zu suchen, was diese als Kündigung verstanden und woraufhin sie am 19. Dezember 2016 die Prof. Dr. T. mandatiert hätten, wodurch Honorare in Höhe von 297.500,- Euro angefallen seien, die sie im Verhältnis ihrer Anteile an der Schuldnerin beglichen hätten (Anlage K17). Dagegen seien der Zeuge Rechtsanwalt S. nur rechtlicher Berater außerhalb des Insolvenzrechts und der Zeuge D. nur Moderator zwischen der Schuldnerin und den Banken gewesen.Randnummer4

Bei der Beratung vor Eröffnung des Schutzschirmverfahrens habe der Geschäftsführer der Beklagten in mehrfacher Hinsicht pflichtwidrig gegenüber den Klägern gehandelt, indem er diese nicht über die Risiken dieses Verfahrens aufgeklärt, keine Alternativszenarien zu dem Schutzschirmverfahren geprüft und darüber aufgeklärt und ihnen auch wahrheitswidrig zugesichert habe, ein saniertes Unternehmen zu bekommen, ohne dass sie dazu einen Eigenkapitalbeitrag leisten müssten. Gegenüber den rechtlich vollkommen unerfahrenen Klägern zu 1) und 2) habe er die besonderen Erfahrungen der Sozietät auf dem Gebiet der Unternehmenssanierung herausgestellt, dadurch besonderes Vertrauen in Anspruch genommen und die Beauftragung der Beklagten erwirkt. Dabei habe er ihnen das Gefühl gegeben, dass sie die Dinge in seine Hand legen könnten, gleichzeitig aber aus finanziellem Eigeninteresse ständig massiven Druck auf sie ausgeübt, Horrorszenarien ausgemalt, mit Verlusten in Millionenhöhe gedroht, falls sie sich gegen das Schutzschirmverfahren entscheiden würden und versprochen, dass das Schutzschirmverfahren ihnen viel Geld ersparen und die Schuldnerin in 5,5 Monaten saniert sein werde, ohne dass die Kläger Vermögenswerte aufgeben müssten. Die von den Klägern favorisierte alternative Lösung einer außergerichtlichen Sanierung auf Basis des „Turnaround-Konzepts“ habe er damit abgetan, dass dieser Weg völlig falsch sei. Tatsächlich sei das Schutzschirmverfahren der falsche Weg gewesen, da eine Vielzahl günstigerer Alternativen bestanden hätten und insbesondere sowohl eine außergerichtliche Sanierung als auch eine Regelinsolvenz jeweils günstiger gewesen wären. Für die richtigerweise anzuratende außergerichtliche Sanierung unter kurzfristiger Erhöhung der Liquiditätslage hätten zahlreiche Alternativen zur Verfügung gestanden, die dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt gewesen seien, so u.a. eine von der damaligen Ministerpräsidentin telefonisch in Aussicht gestellte finanzielle Unterstützung durch das Land, eine Liquiditätserhöhung mittels Factoring, die Fortführung bereits begonnener erfolgversprechender Gespräche mit den Banken über eine Verlängerung der Finanzierung, die auf Betreiben des Geschäftsführers der Beklagten abgebrochen worden seien, die Aufnahme neuer Überbrückungskredite bei Dritten, auch unter Besicherung durch die tschechische Tochtergesellschaft, oder auch die Erhöhung des Eigenkapitals durch die Kläger, zu der diese bei entsprechender Belehrung durch den Geschäftsführer der Beklagten bereit gewesen wären. Bei zutreffender Beratung hätten sich die Kläger nicht für das Schutzschirmverfahren entschieden und auch keinen Insolvenzantrag gestellt, sondern sich entsprechend dem geschuldeten Rat dafür entschieden, die Krise durch eine nach obigen alternativen oder kumulativen Szenarien zu generierende kurzfristige Liquidität zu überbrücken; dann wäre die Schuldnerin wirtschaftlich gesundet, und die Kläger zu 1) und 2) hätten ihre werthaltigen Ansprüche aus den Versorgungszusagen (1.725.445,- bzw. 4.628.856,- Euro) nicht verloren, kein weiteres Eigenkapital (84.150,- bzw. 113.850,- Euro) aufbringen, den Berater P. nicht beauftragen (126.437,50 bzw. 171.062,50 Euro) und ihre Anteile an der B. (je 3.810.528,50 Euro) nicht unter Wert verkaufen müssen; auch die offenen Forderungen der Klägerinnen zu 3) und 4) in Höhe von 7.225.419,20 Euro bzw. 7.488.889,02 Euro wären dann befriedigt worden. Selbst unter Zugrundelegung der hypothetischen Annahme, dass sich die Schuldnerin nicht erholt hätte, hätten die Kläger bei Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden und „überwiegend“ realisieren können, was sich schon daraus ergebe, dass das Amtsgericht auch die nachrangigen Gläubiger aufgefordert habe, ihre Forderungen anzumelden. Hingegen sei die Sanierung im Rahmen des Schutzschirmverfahrens, wie von dem Geschäftsführer der Beklagten bezweckt, auf Kosten der Kläger zugunsten der Beklagten und der gesicherten Gläubiger erfolgt.Randnummer5

Auch nach Einleitung des Schutzschirmverfahrens habe der namensgebende Partner der Beklagten pflichtwidrig nicht im Sinne der Kläger gehandelt, indem er als Sanierungsgeschäftsführer Einfluss auf die Stimmung im Gläubigerausschuss genommen, die Kläger zu 1) und 2) schlechtgemacht und es abgelehnt habe, einen umfassenden Investorenprozess durchzuführen. Statt dessen habe er übereilt auf dem sehr nachteiligen „1-Euro-Deal“ mit der B. bestanden, zu dem es nur ein noch schlechteres Konkurrenzangebot gegeben habe, und hierzu ihr Ausscheiden aus der Geschäftsführung unter Niederlegung aller Ämter bis zur Abwicklung des Insolvenzplanes gefordert; dadurch hätten sie den überwiegenden Anteil an der Gesellschaft ohne nennenswerte Gegenleistung verloren. Erstmals am 26. April 2017 habe er ihnen eröffnet, dass sie auf ihre Pensionsansprüche verzichten müssten, und sie massiv unter Druck gesetzt, einen Verzicht zu erklären, mit der Behauptung, sie hätten keine andere Wahl. Erfolgversprechenden Verhandlungen mit einem chinesischen Investor, der Y. Ud., die am 8. Dezember 2016 und 19. Januar 2017 mit zwei vielversprechenden Letter of Intent ihr Interesse an einer Beteiligung an der Schuldnerin ausgedrückt habe, habe er sich verweigert. Danach sei ein Kontrollerwerb der Schuldnerin für 1,- Euro geplant gewesen, wobei weder verlangt worden wäre, dass die Kläger ihre Geschäftsführerstellung aufgäben, noch, dass sie auf ihre Versorgungszusagen verzichteten und auch nicht, dass Anteile an der B. veräußert würden. Der Geschäftsführer der Beklagten habe mangels Interesse an einem chinesischen Investor – „aus eigenen kulturellen/rassistischen Ressentiments“ (Bl. 132 GA) – an entsprechenden Treffen gar nicht erst teilgenommen und die Abgabe eines indikativen Angebots durch Verzögerung der Unterlagenübersendung boykottiert. Auch ein von P. im Auftrag der Kläger zu 1) und zu 2) erarbeitetes Konzept einer doppelnützigen Treuhand, das für die Kläger ebenfalls deutlich vorteilhafter gewesen wäre, habe er nicht in Erwägung gezogen. Jeder dieser anderen Wege hätte den Belangen der Schuldnerin und der übrigen Gläubiger mindestens genauso gut Rechnung getragen, wie das vom Geschäftsführer der Beklagten angenommene Angebot der B., ohne dass die Kläger dann ihre Forderungen verloren hätten und einen Eigenkapitalbeitrag hätten leisten müssen. Den Klägern wären ohne dieses Fehlverhalten die mit der Klage geltend gemachten Verluste nicht entstanden.Randnummer6

Die Beklagte hat, auch unter Hinweis auf die – unstreitige – Rechnungsstellung an die Schuldnerin, eine persönliche Mandatierung durch die Kläger in Abrede gestellt und behauptet, der Zeuge W. habe sich bei Herstellung des Erstkontakts mit ihrem namensgebenden Partner erkundigt, ob dieser sich eine Sanierung der Schuldnerin über ein Insolvenzverfahren im Wege des Insolvenzplans vorstellen könne; allein darauf habe sich die Anfrage bezogen. Bei dem Gespräch sei mitgeteilt worden, dass die Kläger unter keinen Umständen mehr bereit seien, Nachschüsse zu leisten und auch nicht bereit seien, sich künftig unternehmerisch zu engagieren. Die Schuldnerin habe sich schon seit dem Jahre 2014 in einer Krise befunden, ihre Lage habe sich stetig verschlechtert. Der Geschäftsführer der Beklagten habe das Turnaround Konzept der SMP und die ihm zur Verfügung gestellten weiteren Unterlagen sorgfältig geprüft und den – durch die Zeugen S. und D. rechtlich beratenen – Klägern zu 1) und 2) das von ihm favorisierte Schutzschirmverfahren empfohlen; nur über diese Möglichkeit einer Sanierung habe er informieren, dagegen nicht auch die Arbeit der SMP überprüfen oder alternative Sanierungsvorschläge unterbreiten sollen. Die geschuldete Aufklärung über allgemeine Risiken des Schutzschirmverfahrens sei erfolgt, das Konzept der SMP umfassend geprüft und es sei auch erläutert worden, weshalb das Schutzschirmverfahren die deutlich besseren Chancen zur Sanierung geboten habe. Nach dem Konzept der SMP seien im „Base Case“ 10 Mio. Euro an Zuführungen erforderlich gewesen, wozu die Kläger nicht bereit gewesen seien, nach dem – angesichts der Umsatzerwartungen realistischen – „Stress Case“ sei damit kein saniertes Unternehmen zu erreichen gewesen; dagegen habe das Schutzschirmverfahren als Vorteile u.a. einen Zufluss von 6 Mio. Euro Insolvenzausfallgeld, die leichtere Verwirklichung des zwingend erforderlichen Personalabbaus und einen Verzicht der ungesicherten Gläubiger auf 25 Prozent ihrer Forderungen mit sich gebracht. Anderweitige Hilfen, auch seitens des Bundeslandes, seien nicht näher konkretisiert worden und unterlägen, zumindest in größerem Umfang, europarechtlichen Bedenken; zudem habe mit Blick auf die „gerissene“ Restrukturierungsvereinbarung auch keine Bereitschaft der Banken bestanden, diese zu verlängern; die Gewährung weiterer Kredite sei aussichtslos gewesen. Die Kläger hätten eine voll informierte, eigenverantwortliche Entscheidung getroffen, nachdem ihnen alle Vor- und Nachteile des Schutzschirmverfahrens bekannt gewesen seien. Mit Blick auf eine drohende ZahlungsunfähigkeitBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Zahlungsunfähigkeit
der Schuldnerin, die bei Antragstellung durch eine Bescheinigung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A. bestätigt worden sei und die mit Zahlung der Dezember-Gehälter durch die Schuldnerin eingetreten wäre, sei zuletzt Eile geboten gewesen.Randnummer7

Auch während des Verfahrens seien dem Geschäftsführer der Beklagten keine Pflichtverletzungen vorzuwerfen. Ohnehin sei die Beklagte als Beraterin der Schuldnerin in dieser Phase gehalten gewesen, primär deren interessen zu wahren und nicht diejenigen der Kläger; Handlungen ihres Geschäftsführers in dessen Eigenschaft als weiterer Sanierungsgeschäftsführer („C.“) der Schuldnerin müsse sich die Beklagte nicht zurechnen lassen. Auch habe in der Sache keine Alternative zur erfolgten Veräußerung des Unternehmens bestanden. Die beiden letter of intent der chinesischen Y. Gruppe hätten keine konkreten Konditionen enthalten, wohl aber eine – während des Insolvenzverfahrens unannehmbare – Bedingung, dass der Investor während einer sog. „Exclusivity Period“ einziger Verhandlungspartner sei; zudem sei trotz Rückfragen lediglich eine sehr unzureichende Vertraulichkeitsvereinbarung übersandt worden. Das Konzept des P. sei schon deshalb nicht ohne weiteres umzusetzen gewesen, da eine doppelnützige Treuhand bei einem Anwalt als Treuhänder einen Parteiverrat darstelle; außerdem habe P. in der fünften Gläubigerausschusssitzung darauf hingewiesen, dass sein zuvor präsentiertes Konzept als gegenstandslos zu betrachten sei, was jede Prüfungspflicht des Geschäftsführers der Beklagten habe entfallen lassen. Eine Regelinsolvenz hätte im Zweifel zur Zerschlagung des Unternehmens und zum Verlust sämtlicher Arbeitsplätze geführt und die Kläger noch schlechter gestellt.Randnummer8

Im Übrigen sei der von den Klägern behauptete Schaden insgesamt unschlüssig; mangels Darstellung eines konkreten alternativen Ablaufes sei schon nicht feststellbar, welcher Schaden den Klägern aus der vermeintlich falschen Beratung oder aus angeblichen Pflichtverletzungen des C. entstanden sei, auch erfülle der Vortrag zum Schaden nicht die Anforderungen an den erforderlichen Gesamtvermögensvergleich. Die bloß isoliert geltend gemachten einzelnen Schadensposten seien auch größtenteils für sich genommen schon nicht ersatzfähig. Die Versorgungszusagen der Kläger seien praktisch wertlos gewesen, da keine Sicherung, etwa durch den Abschluss von Lebens- oder Rentenversicherungsverträgen oder eine insolvenzfeste Abtretung oder Verpfändung erfolgt sei. Auch könne sich hieraus im Wege der Naturalrestitution kein Anspruch auf eine Einmalzahlung ergeben, da ein solcher nicht bestanden hätte. Der geleistete Eigenkapitalbeitrag habe nichts mit der Beklagten oder ihrem Geschäftsführer zu tun, sondern sei eine Forderung des Gläubigerausschusses als Ausgleich dafür gewesen, dass die Kläger 25,1 Prozent der Anteile an der Schuldnerin behalten durften. Die Anwaltsgebühren des P. seien kein ersatzfähiger Schaden, weil zwischen den Klägern und der Beklagten kein Mandatsverhältnis bestanden habe, dieses aber selbst nach ihrer Darstellung jedenfalls im Dezember 2016 beendet gewesen sei. In die Veräußerung der Anteile an der B. sei die Beklagte nicht eingebunden gewesen; zudem sei der Verkauf durch die B. erfolgt und nicht durch die Kläger. Auch die Forderungen der Klägerinnen zu 3) und 4) seien praktisch wertlos gewesen.Randnummer9

Das Landgericht hat nach informatorischer Anhörung der Parteien Beweis erhoben über die behauptete Mandatserteilung durch Vernehmung der Zeugen W. und S.. Mit dem zur Berufung angefallenen, durch Beschluss vom 16. September 2021 berichtigten Urteil (Bl. 585 ff.; 644 ff. GA), auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat es die Klage abgewiesen. Vertragliche Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzung scheiterten schon daran, dass die Kläger einen Vertragsschluss über ein anwaltliches Beratungsmandat zwischen ihnen und der Beklagten nicht nachgewiesen hätten. Aufgrund der Beweisaufnahme sei nicht ersichtlich, dass sie den Geschäftsführer der Beklagten zu dem Zweck kontaktiert hätten, in erster Linie ihre eigenen Forderungen zu schützen; vielmehr sei Gegenstand der Beauftragung der Beklagten nur die Prüfung der insolvenzrechtlichen Option eines Schutzschirmverfahrens im Hinblick auf die Schuldnerin gewesen, weitergehende Zusagen des Geschäftsführers der Beklagten seien nicht erwiesen. Soweit durch Auskünfte des Geschäftsführers der Beklagten zu Fragen der Geschäftsführerhaftung ein Auskunftsvertrag konkludent zustande gekommen sei, fehle es der Darlegung eines kausalen Schadens. Das der Beklagten erteilte Mandat habe auch keine weitergehende drittschützende Wirkung für die Kläger gehabt. Ihre Einbeziehung in den Schutzbereich dieses Vertrages scheide mit Blick auf die gegensätzliche Interessenlage ebenso aus wie eine Schutzwirkung des Geschäftsführeranstellungsvertrages zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und der Schuldnerin. Eine außervertragliche Haftung nach der Insolvenzordnung oder wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung treffe allenfalls den Geschäftsführer der Beklagten, sein vermeintliches, nicht vorsätzliches Fehlverhalten könne der Beklagten jedenfalls nicht zugerechnet werden, weil dieser insoweit nicht „in Ausführung einer ihm zustehenden Verrichtung“ für die beklagte Partnerschaftsgesellschaft gehandelt habe.Randnummer10

Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgen die Kläger ihr früheres Begehren uneingeschränkt weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Darstellung halten sie die Beklagte weiterhin in vollem Umfang für haftbar. In Bezug auf das angefochtene Urteil beanstanden sie vornehmlich die ihres Erachtens unzureichende Tatsachenfeststellung durch das Landgericht einschließlich der daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen zu den vertraglichen Beziehungen der Parteien und halten an ihrer Ansicht fest, dass die Beklagte ihnen gegenüber zu einer umfassenden Beratung verpflichtet gewesen sei. Rechtsfehlerhaft sei auch die Verneinung einer Haftung der Beklagten für von ihrem Geschäftsführer in Ausübung seiner Tätigkeit als „C.“ begangene Pflichtverletzungen analog § 60 InsO; insbesondere sei diese Tätigkeit durchaus anwaltstypisch, nicht auf wirtschaftliche Belange beschränkt und der Beklagten daher auch zuzurechnen.Randnummer11

Die Kläger beantragen (Bl 753 GA),Randnummer12

das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. Juni 2021 – 9 O 240/18 – wie folgt abzuändern:Randnummer13

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) 5.746.561,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Randnummer14

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2) 8.724.297,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Randnummer15

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 3) 7.225.419,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Randnummer16

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 4) 7.488.889,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Randnummer17

Die Beklagte beantragt (Bl. 661 GA),Randnummer18

die Berufung zurückzuweisen.Randnummer19

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres früheren Vorbringens.Randnummer20

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 9. November 2020 und 19. April 2021 (Bl. 419 f, 509 ff. GA) sowie des Senats vom 16. November 2022 (BI. 1017 ff. GA) verwiesen. Der Senat hat die Kläger erneut ausführlich angehört; auch diesbezüglich wird auf die vorgenannte Sitzungsniederschrift des Senats Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht – im Ergebnis – weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, den Klägern günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO). Diese können von der Beklagten keinen Schadensersatz wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen ihres Geschäftsführers anlässlich der Beratung über die Möglichkeit einer Sanierung der Schuldnerin (dazu unter 1.) oder während des anschließenden Schutzschirmverfahrens (dazu unter 2.) verlangen.

1.

Von den Klägern geltend gemachte Schadensersatzansprüche wegen angeblicher Pflichtverletzungen aus Anlass ihrer Beratung vor Beantragung des Schutzschirmverfahrens sind unbegründet. Die Kläger sind zwar, unbeschadet der vom Landgericht verneinten Frage einer Mandatierung der Beklagten durch die Kläger, bei sachgerechter Auslegung der wechselseitigen Vertragserklärungen in den Schutzbereich des für die Schuldnerin erteilten Beratungsmandats mit einbezogen worden mit der Folge, dass eigene vertragliche Schadensersatzansprüche der Kläger gegen die Beklagte hier durchaus in Betracht kommen. Jedoch fehlt es auch auf Grundlage ihres im Senatstermin konkretisierten Vorbringens an einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers der Beklagten (§ 278 BGB), und außerdem haben sie auch nicht dargelegt und bewiesen (§ 287 ZPO), dass sie durch ein – unterstellt – pflichtwidriges und schuldhaftes, der Beklagten zurechenbares Verhalten einen – mit ihrer Klage auf insgesamt 29.185.166,- Euro bezifferten – Vermögensschaden überhaupt dem Grunde nach erlitten haben:

a)

Soweit das Landgericht vertragliche Schadensersatzansprüche der Kläger gegen die Beklagte (§§ 280 Abs. 1, 675 BGB) schon mangels Bestehens eines Schuldverhältnisses zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits verneint hat, vermag der Senat dem jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Er teilt zwar im Ausgangspunkt, auch unbeschadet der Einwände der Berufung, die vom Landgericht auf der Grundlage sehr eingehender Feststellungen (§ 529 Abs. 1 ZPO) getroffene Annahme, dass Vertragspartner des Mandats über die Beratung zu den Möglichkeiten einer Sanierung des Unternehmens der Schuldnerin allein diese werden sollte, die anlässlich der Beauftragung der Beklagten – erkennbar, § 164 Abs. 1 BGB – durch die Kläger zu 1) und 2) als ihre Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) vertreten wurde, die der Beklagten später auch das Mandat zu ihrer weiteren Betreuung während des Schutzschirmverfahrens erteilte und die im Übrigen auch – unstreitig – sämtliche Rechnungen der Beklagten bezahlt hat. Jedoch können die Kläger aus diesem Vertrag zwischen der Schuldnerin und der Beklagten über die Beratung vor Eröffnung des Schutzschirmverfahrens eigene vertragliche Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte geltend machen. Sie sind nämlich in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der Schuldnerin in den Schutzbereich des Beratungsmandates mit der Schuldnerin mit einbezogen worden:

aa)

Ein Anwaltsvertrag hat auch ohne ausdrückliche Regelung Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten, sofern sich dies aus einer maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben geprägten ergänzenden Auslegung des Beratervertrages ergibt (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 – IX ZR 56/15, ZIP 2016, 371). Hierzu müssen nach ständiger Rechtsprechung folgende Kriterien erfüllt sein: Der Dritte muss mit der Hauptleistung des Rechtsanwalts bestimmungsgemäß in Berührung kommen. Der Gläubiger muss ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Beratungsvertrags haben. Die Einbeziehung Dritter muss dem schutzpflichtigen Berater bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein. Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Drittschutz regelmäßig dann, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt (BGH, a.a.O.; Urteil vom 21. Juli 2016 – IX ZR 252/15, BGHZ 211, 251). Ob ein bestimmter Dritter im Einzelfall aufgrund dieser Kriterien in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen ist, ist damit zunächst eine Frage der Auslegung.

bb)

Im Streitfall war für die Beklagte, die sich gegenüber der Schuldnerin durch ihren namensgebenden Partner vertreten ließ und dessen Wissen sie sich zurechnen lassen muss, ausreichend erkennbar, dass die Erkenntnisse aus der für die Schuldnerin angefragten Beratung über die Möglichkeit der Durchführung eines Schutzschirmverfahrens bestimmungsgemäß – auch – den Klägern zu 1) und zu 2) sowie – darüber hinaus – den Klägern zu 3) und zu 4) als von ihnen beherrschten Vermögensgesellschaften zugute kommen sollten. Das insoweit erforderliche Näheverhältnis zwischen der Leistungspflicht des Schuldners und dem Dritten ist bei Anwaltsverträgen regelmäßig dann gegeben, wenn die Leistung des Rechtsanwalts bestimmte Rechtsgüter des Dritten nach der objektiven Interessenlage im Einzelfall mit Rücksicht auf den Vertragszweck bestimmungsgemäß beeinträchtigen kann. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob die vom Anwalt zu erbringende Leistung nach objektivem Empfängerhorizont auch dazu bestimmt ist, dem Dritten Schutz vor möglichen Vermögensschäden zu vermitteln. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein Dritter die Beratungsleistung als Grundlage für Dispositionen über sein eigenes Vermögen verwenden oder ihm auf ihrer Grundlage ein Vermögensvorteil zugewendet werden soll und rechtfertigt die Annahme einer Haftung des Beraters gegenüber Gesellschaftern der von ihm beratenen Gesellschaft, weil die Gesellschafter durch Vermögensdispositionen Schäden erleiden (BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 – IX ZR 252/15, BGHZ 211, 251; vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297; Göbel/Harig, NZI 2019, 492, 494). Da die Sanierung einer Gesellschaft regelmäßig ohne die Mitwirkung ihrer Gesellschafter nicht gelingen kann, sind die interessen der GmbH und des Gesellschafters bei der Feststellung einer etwaigen Insolvenzreife gerade auch aus dem Blickwinkel eines Beraters aufs engste miteinander verwoben (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297). Für die vorgelagerte Beratung zur Sanierung einer in der Krise befindlichen Gesellschaft, die derartige Fragen einschließlich haftungsrechtlicher Aspekte auch für die beteiligten Gesellschafter einschließt, kann nichts anderes gelten. Auch das weiterhin notwendige Einbeziehungsinteresse der Schuldnerin kann hier nicht verneint werden. Die Beauftragung der Beklagten mit der Beratung zur Durchführung eines möglichen Schutzschirmverfahrens diente ersichtlich nicht nur der Unterrichtung der Schuldnerin; vielmehr sollten die daraus gewonnenen Erkenntnisse auch den Klägern in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter bzw. Kreditgeber der Schuldnerin erkennbar als Entscheidungsgrundlage dienen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297). Dies war für die Beklagte bei Aufnahme der Beratung durch ihren Geschäftsführer auch ohne weiteres ersichtlich. Selbst wenn darüber nicht ausdrücklich gesprochen worden sein sollte, wusste dieser – ausweislich seiner Angaben aus der Anhörung vor dem Landgericht – um die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin, die Beteiligungs- und Vermögensverhältnisse und die daraus resultierenden Anliegen und Risiken auch für die Kläger dieses Rechtsstreits. Da diesen mangels unmittelbarer vertraglicher Beziehung keine eigenen vertraglichen Ansprüche gegen die Beklagte zustehen, besteht schließlich auch eine ihre Einbeziehung in das von der Schuldnerin erteilte Mandat rechtfertigende Schutzbedürftigkeit.

b)

Allerdings fehlt es auf Grundlage der im zweiten Rechtszug ergänzten mündlichen Angaben der Kläger zu 1) und 2) (Senatsniederschrift vom 16. November 2022, Bl. 1017 ff. GA) weiterhin an einer der Beklagten zuzurechnenden (§ 278 BGB) Pflichtverletzung ihres Geschäftsführers im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB. Der von den Klägern erhobene Vorwurf, dieser habe ihnen – d.h. den Klägern zu 1) und 2), auch mit Wirkung für die Kläger zu 3) und 4) – pflichtwidrig zur Durchführung des Schutzschirmverfahrens geraten, obschon sich andere, gleichfalls zur Verfügung stehende Alternativen als für sie wirtschaftlich günstiger erwiesen hätten, geht bei näherer Betrachtung ins Leere, weil die Beklagte einen solchen Rat vorliegend nicht schuldete. Konkrete mandatsbezogene Pflichtverletzungen der Beklagten oder ihres Geschäftsführers anlässlich der Beratung zu den Möglichkeiten, die das Insolvenzrecht für die Sanierung des Unternehmens der Schuldnerin bot, für die die Beklagte möglicherweise vertraglich einzustehen hätte, sind nicht dargetan und nach den Umständen auch nicht erkennbar.

aa)

Maßstab für den Umfang der anwaltlichen (Beratungs-)Pflichten ist das dem Rechtsanwalt erteilte Mandat. Danach ist der Rechtsanwalt zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet, soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf. Unkundige muss er über die Folgen ihrer Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH, Urteil vom 1. März 2007 – IX ZR 261/03, BGHZ 171, 261, m.w.N.). Die Erklärungen des rechtlichen Beraters müssen dem Mandanten, der verlässlich über bestimmte Rechtsfolgen unterrichtet werden will, um darauf seine Entscheidung gründen zu können, eine annähernd zutreffende Vorstellung von den Handlungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteilen vermitteln (BGH, Urteil vom 1. März 2007 – IX ZR 261/03, BGHZ 171,3 261). Hingegen ist es nicht Aufgabe des Beraters, dem Mandanten grundlegende Entschlüsse in dessen Angelegenheiten abzunehmen (BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 – IX ZR 149/04, VersR 2009, 1224; Beschluss vom 19. Juli 2012 – IX ZR 178/11, juris = BRAK-Mitt 2012, 262 Ls.; Senat, Urteil vom 9. Mai 2018 – 5 U 53/17, juris). Der Rechtsanwalt ist, wenn nicht im Einzelfall anderes vereinbart wurde, kein Wirtschaftsberater seines Mandanten und deshalb nicht verpflichtet, diesem auch auf unternehmerischem Gebiet Ratschläge zu erteilen (Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts 9. Aufl., Kap. 2 Rn. 449; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 – IX ZR 178/11, juris = BRAK-Mitt 2012, 262 Ls.). Es obliegt vielmehr dem Mandanten selbst zu beurteilen, ob er eine bestimmte Vorgehensweise als wirtschaftlich vorteilhaft erachtet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 – IX ZR 184/11, juris).

bb)

Dies zugrunde legend, fehlt es im Streitfall schon an einer schuldhaften mandatsbezogenen Pflichtverletzung des Geschäftsführers der Beklagten, die sich die Beklagte gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müsste:

(1)

Dass der Geschäftsführer der Beklagten den Klägern – unstreitig – zur Durchführung eines Schutzschirmverfahrens – als „Königsweg“ – geraten hat, trägt den Vorwurf einer solchen Pflichtverletzung nicht, selbst wenn dieser Rat – wie die Kläger jetzt meinen – „falsch“, d.h.: wirtschaftlich für sie nachteilig gewesen sein sollte. Die – unternehmerische – Entscheidung, welche der mehreren, ihnen zur Verfügung stehenden Optionen, deren Existenz ihnen unstreitig bekannt war, als geeignete Grundlage einer – von ihnen als notwendig erkannten – Sanierung gewählt werden sollte, oblag allein den Klägern als Geschäftsführern und Gesellschaftern der Schuldnerin. Diese Entscheidung konnten die Beklagte und ihr Geschäftsführer den Klägern nicht abnehmen, und dies wollte dieser – erkennbar – auch nicht tun, was sich nicht zuletzt darin zeigt, dass er nach seiner unwidersprochen gebliebenen Einlassung (Bl. 513 GA) den Klägern gegenüber von Anfang an deutlich gemacht hatte, die Sanierung des Unternehmens nur im Rahmen des von ihm vorgeschlagenen Verfahrens zu den von ihm formulierten Bedingungen, d.h. aus der Position des Sanierungsgeschäftsführers heraus, zu übernehmen. Auf dieser Grundlage oblag es den Klägern, denen bereits das alternative Sanierungskonzept der S. vorlag, die Wirtschaftlichkeit dieses weiteren Vorschlages zu beurteilen und sich für die eine oder andere Vorgehensweise zu entscheiden; damit, dass die Beklagte und ihr Geschäftsführer mit der von ihm ausgesprochenen Empfehlung – auch – das Risiko dieser unternehmerischen Entscheidung übernehmen würden, konnten und durften die Kläger nicht rechnen.

(2)

Dass der Geschäftsführer der Beklagten die Kläger über einzelne Voraussetzungen oder Rechtsfolgen des von ihm empfohlenen Schutzschirmverfahrens unzutreffend informiert oder falsche Erwartungen geweckt und ihnen dadurch den Blick auf die ihnen obliegende unternehmerische Entscheidung erschwert oder verstellt haben könnte, haben die Kläger auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Angaben der Kläger zu 1) und zu 2) im Senatstermin nicht nachvollziehbar behauptet.

(a)

Das gilt zunächst für den Vorwurf, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihnen gegenüber wahrheitswidrig „zugesichert“, dass sie kein Eigenkapital benötigen und binnen 5,5 Monaten ein saniertes Unternehmen erlangen würden (u.a. Bl. 48 f. GA) bzw. ihnen „garantiert“, dass die Schuldnerin innerhalb von 5,5 Monaten saniert wäre, ohne dass die Kläger Vermögenswerte aufgeben müssten (u.a. Bl. 25 GA). Dass den Klägern solche Erfolge in Aussicht gestellt wurde, ist im Ausgangspunkt zwar unstreitig; der Geschäftsführer der Beklagten hat dies in seiner erstinstanzlichen Anhörung eingeräumt, weshalb es insoweit keines weiteren Beweises bedurfte. Die Meinung der Kläger, der Geschäftsführer der Beklagten habe damit bindende Zusagen abgegeben, teilt der Senat allerdings nicht. Denn dass diese Aussagen – erkennbar – unter wirtschaftlichen Vorbehalten standen und der Geschäftsführer der Beklagten für die angestrebte Entwicklung des Unternehmens keine Garantie übernehmen wollte, liegt aus der – maßgeblichen, §§ 133, 157 BGB – objektiven Empfängerperspektive auf der Hand, und ausschließlich mit dieser Einschränkung war ersichtlich auch die von den Klägern schriftsätzlich (Bl. 25 GA) in Bezug genommene Anlage K22 zu verstehen, die eine Präsentation der wesentlichen Abläufe des Schutzschirmverfahrens enthielt und auf erkennbar nicht konkret fundierten Erwartungen beruhte. Anwaltliche Beraterverträge haben Dienstvertragscharakter (vgl. § 611 BGB); ein Erfolg wird – was allgemein bekannt ist – nicht geschuldet, und dies musste auch den Klägern klar sein, die die – im Senatstermin eingehend von ihnen geschilderten – Unwägbarkeiten der wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Unternehmens nur zu gut kannten (vgl. insbes. die Angaben der Klägerin zu 1) Bl. 1017 Rs. GA, die sich der Kläger zu 2) zu eigen gemacht hat). Davon abgesehen, zeugen ihre Angaben eindrucksvoll davon, dass sie selbst die – von ihnen so bezeichneten – „Zusagen“ des Geschäftsführers der Beklagten auch nur mit dieser Einschränkung, d.h. als aussichtsreiche Hoffnung, nicht jedoch als „Garantie“ im Sinne einer unbedingten Einstandspflicht verstanden haben. So bejahte die Klägerin zu 1) auf Nachfrage des Senats zwar diese Frage, verwies zur Begründung aber – nur – auf das aus ihrer Sicht „sichere Auftreten“ des Geschäftsführers der Beklagten sowie darauf, dass dieser bereits Herrn Rechtsanwalt Staab als Sachwalter genannt und erklärt habe, ein solches Verfahren schon mehrmals durchgeführt zu haben. Dass ihr bei all dem die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten zu diesem Zeitpunkt bewusst waren, musste sie auf weitere Nachfrage jedoch ebenso einräumen wie den Umstand, dass ihr der konkrete Gehalt einzelner „Zusagen“, etwa Beginn und Ende des in Aussicht gestellten Zeitraumes von 5,5 Monaten nicht bekannt war (Bl 1018 GA). Schon das zeigt, dass auch sie selbst, ebenso wie ihr Bruder, die Angaben des Geschäftsführers der Beklagten zutreffend, nämlich als unter wirtschaftlichem Vorbehalt stehende Aussichten und nicht im Sinne von Garantien, eingeordnet hat.

(b)

Der weitere schriftsätzlich geäußerte Vorwurf der Kläger, sie seien über „Nachteile und Risiken“ des Schutzschirmverfahrens nicht aufgeklärt worden (Bl. 47 GA), entbehrt auch auf Grundlage der weiteren Angaben der Kläger zu 1) und 2) im Senatstermin jeder ausreichenden Substanz. Im Rahmen der Anhörung wurden diese ausdrücklich danach befragt, welche Vorwürfe sie in diesem Zusammenhang gegenüber der Beklagten und ihrem Geschäftsführer erheben; hierzu haben sie sich nicht näher geäußert, sondern sich auf die pauschale Beanstandung zurückgezogen, dieser habe sie – so die Klägerin zu 1) wörtlich – „unter Vorspiegelung falscher Tatsachen… in das Schutzschirmverfahren reingedrängt“ (Bl. 1018 Rs. GA). Auch der Kläger zu 2), der sich die Angaben seiner Schwester zu eigen gemacht hat, hat diese lediglich dahin ergänzt, dass „definitiv… keine Risiken“ genannt worden seien. Das genügt jedoch nicht zur Darlegung einer Pflichtverletzung, nachdem die Beklagte schriftsätzlich im Einzelnen vorgetragen hatte, welche – eingehenden – Erläuterungen den Klägern zum Schutzschirmverfahren gegeben wurden, und dazu auf entsprechenden, zu den Akten gereichten Schriftverkehr (insbes. Schreiben an die Kläger zu 1) und 2) vom 5. August 2016, Anlage K16) verweisen kann, in dem dies näher ausgeführt wurde. Welche weitergehende Aufklärung über konkrete Nachteile oder Risiken die Kläger hiernach noch vermissten, haben sie auch dem Senat nicht erklärt. In Ermangelung dessen bleibt ihr Vorwurf, sie seien darüber nicht aufgeklärt worden, nicht einlassungsfähig und eine Bewertung, ob diesbezüglich Aufklärungspflichten verletzt wurden, nicht möglich.

(c)

Genauso pauschal und unzureichend ist der Vorwurf der Kläger, die Beklagte habe diese nicht auf „andere Sanierungsmöglichkeiten“ hingewiesen (Bl. 47; Anh. K1/K2). Dass es zum Schutzschirmverfahren Alternativen gab, wussten die Kläger, nachdem in ihrem Auftrag die S. ein sog. „Turnaround-Konzept“ erstellt hatte (Anlage K20), das dem Geschäftsführer der Beklagten auch übermittelt worden war, dessen Umsetzung aber mit erheblichen Herausforderungen, insbesondere zusätzlichem Kapitalbedarf, verbunden war und das nach Angaben im Senatstermin „für die Gesellschafter schon negativ hätte ausgehen können“ (Bl 1019 GA), weshalb sie mit diesem auch – ganz offenbar – haderten. Den Klägern war insbesondere bekannt, dass mit Blick auf die „gerissene“ Restrukturierungsvereinbarung weiterhin Gespräche mit den Gläubigerbanken stattfanden, und dass – so ihre Darstellung im Senatstermin – auch noch andere Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung existierten. Welche konkreten weiteren Alternativen der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen der Beratung noch hätte aufzeigen müssen, die für sie besser gewesen wären, sagen sie nicht. Aus der Nähe betrachtet, geht auch dieser Vorwurf vielmehr – nur – dahin, dass der Geschäftsführer der Beklagten ihnen das Schutzschirmverfahren empfahl und keine Beratung zugunsten der anderen, ihnen bekannten, (vermeintlich) „besseren“ Alternative erfolgte. Genau diese wirtschaftliche Entscheidung war aber von den Klägern zu treffen, die Beklagte schuldete sie nicht.

c)

Unabhängig von dem vorher gesagten kommt vorliegend hinzu, dass – vermeintliche – Schadensersatzansprüche der Kläger auch am Fehlen eines kausalen Schadens scheitern würden. Selbst wenn der Rat des Geschäftsführers der Beklagten zur Durchführung des Schutzschirmverfahrens – zusammenfassend gesprochen – „falsch“ gewesen sein sollte, was in Anbetracht der weiteren, mit offenkundigen Nachteilen für die Kläger verbundenen anderen Alternativen nicht auf der Hand liegt, und sofern darin, unbeschadet des fehlenden Willens zur Übernahme auch des wirtschaftlichen Risikos durch die Beklagte, eine ihr zuzurechnende Pflichtverletzung läge, legen die Kläger auch – bis zuletzt – nicht dar, wie sie sich bei – vermeintlich – zutreffender Beratung statt dessen konkret verhalten hätten und welche weniger nachteiligen Folgen sich dann daraus für ihr eigenes Vermögen jetzt ergeben würden.

aa)

Da der Ersatzpflichtige nach § 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen hat, der ohne seine Pflichtverletzung bestünde, ist im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtmäßigem Verhalten des Rechtsanwalts genommen hätten, insbesondere wie der Mandant auf eine dementsprechende Beratung reagiert hätte und wie seine Vermögenslage dann wäre. Nur eine Vermögensminderung, die durch das haftungsbegründende Ereignis verursacht ist, das heißt ohne dieses nicht eingetreten wäre, ist als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297). Dabei hat grundsätzlich der Geschädigte den Ursachenzusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und dem Schaden als anspruchsbegründende Voraussetzung darzutun und nachzuweisen (§ 287 ZPO; BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 – IX ZR 232/01, NJW-RR 2006, 923). Für die richterliche Überzeugungsbildung reicht eine überwiegende, freilich auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit aus. Auch die Darlegungslast des Geschädigten ist erleichtert: Es genügt, dass er Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten. An die Darlegung eines hypothetischen Geschehens dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden (BGH, a.a.O.; Urt. v. 25. November 1999 – IX ZR 332/98, WM 2000, 197, 198 f). Außerdem kommen zugunsten des Mandanten Beweiserleichterungen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447: Anscheinsbeweis, keine Beweislastumkehr). In Verträgen mit rechtlichen Beratern gilt die Vermutung, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahegelegen hätte (BGH, a.a.O.; Beschluss vom 15. Mai 2014 – IX ZR 267/12, WM 2014, 1379; Fahrendorf/Mennemeyer, a.a.O., Kap. 4 Rn. 797). Kommen als Reaktion auf eine zutreffende Beratung hingegen mehrere objektiv gleich vernünftige Verhaltensmöglichkeiten in Betracht, hat der Mandant den Weg zu bezeichnen, für den er sich entschieden hätte. Ihn trifft in einem solchen Fall die volle Beweislast, weil der Anscheinsbeweis bei der Möglichkeit alternativer Verhaltensweisen nicht durchgreift (BGH, Urteil vom 20. März 2008 – IX ZR 104/05, NJW 2008, 2647; Senat, Urteil vom 9. Mai 2018 – 5 U 53/17, juris; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer, a.a.O., Kap. 4 Rn. 795).

bb)

Im Streitfall haben die Kläger nicht vorgetragen, wie sie sich bei – unterstellt – zutreffender Beratung durch den Geschäftsführer der Beklagten konkret verhalten hätten.

(1)

Die Kläger haben wiederholt, auch im Senatstermin und, nach entsprechendem Hinweis des Senats (Bl. 1020 GA), zuletzt mit weiterem Schriftsatz vom 22. November 2022 behauptet, sie hätten sich bei – ihres Erachtens – zutreffender Beratung gegen die Durchführung des Schutzschirmverfahrens und für eine Sanierung in Eigenverwaltung auf Grundlage des Konzepts der S. entschieden. Das genügt vorliegend jedoch nicht zur Darstellung eines konkreten anderen Verhaltens. Denn auch diese – scheinbare – „Alternative“ enthält wiederum, für sich genommen, zahllose Möglichkeiten, zwischen denen die Kläger sich hätten entscheiden müssen, und wie sie sich hier verhalten hätten, bleibt bis zuletzt offen. Entscheidend ist dabei vor allem, dass – wie sie selbst ausgeführt haben – in diesem Fall ein erheblicher Finanzbedarf der Schuldnerin hätte abgedeckt werden müssen, um die Sanierung in Eigenverwaltung zu stemmen, und ihnen dazu nach eigener Darstellung verschiedene Wege („Optionen“) mit unterschiedlichen finanziellen Folgen auch für ihr eigenes Vermögen zur Verfügung standen. Die Kläger sagen jedoch – bis zuletzt – nicht, welchen dieser Wege sie dann in welchem Umfang und zu welchen Konditionen beschritten hätten. Ganz im Gegenteil hat die Klägerin zu 1) in ihrer Anhörung vor dem Senat explizit bekräftigt, dass „so viele Fragen, Prognosen und Annahmen“ existierten und es „ja tausend Varianten“ gegeben habe sowie auch „mehrere Interessenten, die gerne gekauft hätten“, was noch eine – weitere – Alternative gewesen sei (Bl. 1019 GA). Eine schlüssige Alternativbetrachtung ist auf Grundlage dieser Darstellung nicht möglich. Deshalb verweisen die Kläger in diesem Zusammenhang auch vergebens auf einen Beweis des ersten Anscheins; dieser kommt ihnen hier nicht zugute, dafür fehlt es schon an der Grundlage. Denn auch dafür müsste zunächst bekannt sein, für welche der von ihnen aufgezeigten Alternative(n) sich die Kläger – alternativ oder kumulativ – entschieden hätten (vgl. zur Maklerhaftung Senat, Urteil vom 5. März 2021 – 5 U 37/20, VersR 2021, 774, m.w.N.). Dies ist jedoch bis zuletzt – auch im Rahmen des nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten weiteren Schriftsatzes vom 22. November 2022, der zu dem entsprechenden Hinweis des Senats Stellung nimmt, nicht geschehen.

(2)

Die Kläger können die konkrete Entscheidung, die sie bei vermeintlich zutreffender Beratung getroffen hätten, auch nicht deshalb offen lassen, weil – wie sie zuletzt erneut wiederholen (Schriftsatz vom 22. November 2022) – sämtliche von ihnen aufgezeigten Alternativen vorteilhafter gewesen wären als das Schutzschirmverfahren bzw. dann (so zuletzt) „sämtliche Schäden… entfallen“ wären. Das ist nämlich – offenkundig – nicht der Fall, wie sie selbst im Senatstermin einräumen mussten. Nach Darstellung der Kläger sollen insbesondere eine (allenfalls politisch in Aussicht gestellte) finanzielle Unterstützung durch das Land, eine Liquiditätserhöhung mittels Factoring, eine Fortführung der (bis dahin wenig erfolgreichen) Gespräche mit den Gläubigerbanken über eine Verlängerung der Finanzierung, die Aufnahme neuer Überbrückungskredite bei Dritten oder eine Erhöhung des Eigenkapitals, zu der die Kläger „äußerstenfalls“ (Bl. 931 GA) bereit gewesen wären, zur Verfügung gestanden haben; davon geht im Übrigen auch das zuletzt noch vorgelegte „Turnaround-Konzept“ (Anlage zum Schriftsatz vom 22. November 2022), insbesondere in den dort auf S. 117 ff. verzeichneten „Liquiditätsmaßnahmen“, aus. Es liegt jedoch auf der Hand, dass all diese verschiedenen alternativen oder kumulativen Optionen nicht wirtschaftlich gleichwertig waren und für die Kläger mit unterschiedlich hohen Risiken für ihr eigenes Privatvermögen verbunden gewesen wären („… für uns als Gesellschafter schon negativ (hätten) ausgehen können“, so die Klägerin zu 1), Bl. 1019 GA). Denn die Kläger hätten hier – zusammengefasst – vor der Entscheidung gestanden, sich entweder auf die z.T. noch sehr vagen Zusagen Dritter zu verlassen, und dies vor dem Hintergrund, dass die laufende Finanzierung zum Jahresende auslief, während die Gespräche mit den Banken unstreitig nicht vor dem Abschluss standen, mithin spätestens dann Insolvenz drohte, oder auf ihr Privatvermögen zurückzugreifen und sofort massiv eigenes Kapital zu investieren, dessen Schicksal in diesem Fall, ebenso wie der Erfolg jeder der von ihnen beschriebenen anderen Maßnahme, angesichts der Rahmenbedingungen höchst ungewiss gewesen wäre. Selbst wenn – wie sie meinen – jede dieser anderen Alternativen zu einer „kurzfristigen Erhöhung der Liquidität“ und zur „Vermeidung der Insolvenz“ geführt hätte (zuletzt Bl. 961 GA), bleiben die damit verbundenen unterschiedlichen Auswirkungen auf die Vermögenslage der Schuldnerin und der Kläger offensichtlich und enthob dies sie nicht der Notwendigkeit, konkret zur von ihnen bei (unterstellt) zutreffender Beratung beschrittenen Alternative vorzutragen, weil nur auf dieser Grundlage eine Schadensermittlung möglich ist. Dies haben sie jedoch – auch im Rahmen ihres zeitlich letzten Schriftsatzes – nicht getan.

d)

In weiterer Konsequenz kann – darüber hinaus – nicht festgestellt werden, dass den Klägern durch eine – im Folgenden unterstellte – ursächliche Verletzung von Beratungspflichten ein eigener Vermögensschaden entstanden ist. Wie die Beklagte schon erstinstanzlich zu Recht beanstandet und worauf im Ansatz auch schon das Landgericht hingewiesen hat, fehlt an einem den gebotenen Gesamtvermögensvergleich ermöglichenden Sachvortrag der Kläger, den diese trotz ihnen gegenüber geäußerter Beanstandungen auch nach einem nochmaligen Hinweis des Senats (Bl. 1020 GA) bis zuletzt (Schriftsatz vom 22. November 2022, Bl. 1022 ff. GA) nicht gehalten haben.

aa)

Ein (hier: unterstellt) haftpflichtiger Rechtsanwalt hat den geschädigten Mandanten gemäß § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie dieser bei pflichtgerechtem Verhalten des Rechtsberaters stünde (BGH, Urteil vom 21. Juli 2005 – IX ZR 49/02, NJW 2005, 3275). Ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich regelmäßig nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (sog. Differenzhypothese). Erforderlich ist ein Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst. Dieser erfordert eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. September 2016 – IX ZR 255/13, WM 2018, 139 und die Bl. 960 GA zitierten Entscheidungen BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 – IX ZR 169/08, juris; Urteil vom 20. Januar 2005 – IX ZR 416/00, VersR 2006, 87, dort auch m.w.N.). Die Differenzbetrachtung darf nicht auf einzelne Rechnungspositionen beschränkt werden (BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 – IX ZR 115/18, DStR 2019, 2102). Insoweit ist grundsätzlich die gesamte Schadensentwicklung bis zur letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen in die Schadensberechnung einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 07. Februar 2008 – IX ZR 149/04, NJW 2008, 2041; Urteil vom 16. Juli 2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447). Dabei sind künftige Entwicklungen nur zu berücksichtigen, wenn sie aufgrund der vorgetragenen Tatsachen mit dem Beweismaß des § 287 ZPO beurteilt werden können (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 – IX ZR 249/02, WM 2004, 475). Der Mandant ist erst geschädigt, wenn sich seine Vermögenslage „unterm Strich“ schlechter darstellt, also ohne die dem Berater anzulastende Pflichtverletzung (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2018 – IX ZR 176/16, NJW-RR 2019, 373). Sind Vorteile unmittelbare Folge aus dem schadensstiftenden Ereignis, so sind sie – ohne dass es eines etwaigen Vorteilsausgleichs bedürfte – unmittelbar in die Berechnung des vom Kläger darzulegenden und gemäß § 287 ZPO in Verbindung mit der zusätzlichen Beweiserleichterung des § 252 Satz 2 BGB zu beweisenden Schadens einzubeziehen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2018 – IX ZR 176/16, NJW-RR 2019, 373; Urteil vom 21. Oktober 2021 – IX ZR 9/21, VersR 2022, 117 wie Bl. 1034 GA).

bb)

Danach fehlt es hier an der schlüssigen Darlegung eines ersatzfähigen Vermögensschadens, woran auch zuletzt eingereichte weitere Stellungnahme der Kläger (Schriftsatz vom 22. November 2022) nichts ändert. Denn die Kläger, denen die dargestellten Anforderungen an den Gesamtvermögensvergleich ausweislich ihrer schriftsätzlichen Ausführungen bekannt waren (u.a. Bl. 960, 1034 und die dort zitierte Rechtsprechung), haben bis zuletzt ihre hypothetische Vermögenslage bei – unterstellt – zutreffender Beratung und Entscheidung zur Durchführung einer – konkret vorzutragenden – Sanierung in Eigenverwaltung nicht der realen Vermögenslage gegenübergestellt. Infolgedessen fehlt es an einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage für die Feststellung, dass sich ihre Vermögenslage bei Befolgung des – ihres Erachtens zutreffenden, nicht erteilten – Rates jetzt besser darstellen würde, als es tatsächlich der Fall ist.

(1)

Die von den Klägern vorgelegte Schadensberechnung, die einen Gesamtschaden von 29.185.166 Euro beziffert, beruht in rechtlich unzulässiger Weise – nur – auf den in der Klageschrift aufgeführten Einzelpositionen, mit denen angebliche Verluste begründet werden, die sonst vermeintlich nicht entstanden wären. So sollen durch den Entschluss, die Schuldnerin im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens zu sanieren, einerseits zusätzliche Aufwendungen veranlasst worden sein, indem die Kläger zu 1) und zu 2) jeweils einen weiteren Eigenkapitalbeitrag sowie anwaltliche Beraterkosten für das Mandat des P. hätten zahlen müssen; zum anderen sei ein Schaden dadurch entstanden, dass sämtliche Kläger im Rahmen der Sanierung auf (vermeintlich werthaltige) Forderungen verzichtet bzw. Vermögen unter Wert veräußert hätten, so die Kläger zu 1) und 2) durch den Verzicht auf Versorgungszusagen der Schuldnerin und einen angeblichen Unterwertverkauf von Anteilen an der B. und die Kläger zu 3) und zu 4) durch Veräußerung ihrer Forderungen gegen die Schuldnerin zum Preis von 1,- Euro. Die mit der Berufung wiederholte (Bl. 960 GA) Behauptung, diese Vermögensnachteile wären bei korrekter Beratung nicht entstanden, weil sich die Kläger in diesem Fall nicht für ein Schutzschirmverfahren entschieden, sondern anderweitig disponiert hätten, und – so zuletzt – dann „sämtliche Schäden… entfallen“ wären, übersieht, dass die Dinge dann insgesamt anders verlaufen wären und dies dann ebenfalls mit erheblichen – auch nachteiligen – Auswirkungen auf das Vermögen der Kläger verbunden gewesen wäre, etwa aufgrund des (weiteren) Eigenkapitaleinsatzes, zur dem sie „äußerstenfalls“ (Bl. 931 GA) bereit gewesen wären. Andererseits liegt es nahe, dass die tatsächliche Entwicklung mit Vermögensvorteilen verbunden war, nachdem die Kläger noch immer 18 Prozent der Gesellschaftsanteile der Schuldnerin halten (Bl. 1018 Rs. GA), deren – nicht bekannter – Wert nach erfolgter Sanierung ebenfalls in die Vergleichsbetrachtung einfließen müsste. Die schlichte Berufung auf einzelne Verluste, die sich als Folge des Schutzschirmverfahrens darstellen mögen, ist dagegen keine konkrete Gegenüberstellung betroffener Vermögenspositionen und genügt nicht zur Behauptung eines nach §§ 249 ff. BGB ersatzfähigen Vermögensschadens. Denn damit haben die Kläger – nur – in unzulässiger Weise einzelne Rechnungsposten herausgegriffen und ohne Rücksicht auf den Gesamtzusammenhang isoliert als Schaden geltend gemacht. Wie sich ihre Vermögenslage bei zutreffender Beratung jetzt insgesamt darstellte, sagen sie nicht; dies ist – wie die Beklagte zu Recht einwendet – angesichts der seinerzeit prekären wirtschaftlichen Lage der Schuldnerin, deren Entwicklung trotz Bereitschaft, weiteres Kapital zuzuschießen, vollkommen offen war und die – auch nach Darstellung der Kläger zumindest „hilfsweise“ – am Ende des Tages die Möglichkeit einer Regelinsolvenz denkbar erscheinen ließ, wohl auch praktisch nicht möglich. Der erforderliche „rechnerische Unterschied zwischen der realen Vermögenslage und derjenigen, die ohne die Vertragsverletzung des Beraters eingetreten wäre“ (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 – IX ZR 167/02, VersR 2004, 867), kann damit nicht einmal im Umfang eines Mindestbetrages ermittelt werden.

(2)

Auch dem sehr umfangreichen Vorbringen der Kläger zu anderen Sanierungsalternativen, von denen sie behaupten, dass sie diese bei zutreffender Beratung – alternativ oder kumulativ – ergriffen hätten, ist keine konkrete Gegenüberstellung ihrer tatsächlichen aktuellen mit einer sonst hypothetisch bestehenden Vermögenslage zu entnehmen. Die Kläger tragen auch in diesem Kontext nicht näher vor, wie sich ihr Vermögen bei – unterstellt – zutreffender Beratung entwickelt hätte, was zunächst Kenntnis davon voraussetzte, welche – unstreitig erforderlichen – Schritte sie in diesem Fall unternommen hätten, um den Kapitalbedarf der in der Krise befindlichen Schuldnerin zu decken. Erforderlich wären konkrete Angaben dazu, von wem in welchem Umfang Fremdkapital angeworben oder welches weitere Eigenkapital dann investiert worden wäre, ggf. an wen das Unternehmen verkauft worden wäre und zu welchem Preis, welche (persönlichen) Sicherheiten die Kläger dann ggf. gestellt hätten und welche finanziellen Auswirkungen ihre konkret zu benennende Entscheidung für die Vermögenslage der Schuldnerin und, in letzter Konsequenz, auch für ihre eigenen Forderungen und Beteiligungen gehabt hätte. Selbst unter Berücksichtigung der durch § 287 ZPO erleichterten Darlegungslast lassen ihre umfangreichen Ausführungen aus der Klageschrift ebenso wenig wie die im weiteren Verlauf erfolgten Ergänzungen erkennen, dass in diesem Fall die jetzt als Verlust geklagten Einzelpositionen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung dann nicht oder nur in zumindest im Wege einer Mindestschätzung zu ermittelnder geringerer Höhe eingetreten wären. Denn die Kläger beschränken sich bis zuletzt darauf, unterschiedliche, wirtschaftlich nicht gleichwertige Möglichkeiten aufzuzeigen, die ihnen bei vermeintlich zutreffender Beratung offen gestanden und unter Umständen eine – ggf. auch nur vorübergehende – Fortführung des Unternehmens in Eigenverwaltung ermöglicht hätten. Welchen Weg das Unternehmen genommen und welches Schicksal infolgedessen ihr privates Vermögen dann ereilt hätte, insbesondere auch unter Berücksichtigung noch vorhandener Vermögenswerte, u.a. der noch immer gehaltenen Gesellschaftsanteile, bleibt mangels Benennung eines konkreten Weges und der Auswirkungen der jeweiligen Entscheidung für die Schuldnerin völlig offen.

(3)

Ist jedoch unklar, wie und mit welchem Ergebnis eine von den Klägern in den Raum gestellte hypothetische Sanierung der Schuldnerin in Eigenverwaltung verlaufen wäre, so kann – anders als die Kläger offenbar meinen – auch nicht festgestellt werden, dass die von ihnen behaupteten einzelnen Schadenspositionen in Höhe von insgesamt 29.185.166,- Euro dann nicht entstanden und schon deshalb als solche – ganz oder teilweise – einen nach § 249 ff. BGB ersatzfähigen Vermögensschaden begründen. Denn die von den Klägern aufgezeigten alternativen und/oder kumulativen Varianten, unter denen eine Sanierung nach ihrer Ansicht hätte erfolgen müssen, waren ersichtlich nicht gleichwertig, wie bereits ausgeführt und von ihnen selbst eingeräumt wurde, und in ihrem Erfolg höchst ungewiss. Es macht offenkundig einen Unterschied, ob Fremdkapital angeworben worden wäre, ob dafür möglicherweise Sicherheiten aus dem privaten Vermögen der Kläger gestellt werden mussten, oder ob die Kläger entsprechend ihrer geäußerten Bereitschaft sogar weiteres eigenes Kapital investiert hätten; dabei stellen sie – nachvollziehbar – in den Raum, dass auch nach einer Sanierung in Eigenverwaltung möglicherweise eine Regelinsolvenz hätte nachfolgen müssen, der sie sich schon zur Vermeidung ihrer Haftung, der sie sich ausweislich ihrer Anhörung bewusst waren, nicht verschlossen hätten. Daher liegt es nahe, anzunehmen, dass eine Fortführung des Unternehmens zu weiteren Verlusten und zu weiteren Vermögensnachteilen in gegenwärtig nicht überschaubarer Höhe für die Kläger geführt hätte; dies hat die Klägerin zu 1) durch ihren Hinweis auf die Möglichkeit, wonach das SMP-Konzept für die Gesellschafter „schon negativ“ ausgehen könne (Bl 1019 GA), ausdrücklich eingeräumt. Dass die Kläger sich gleichwohl „unterm Strich“ vermögensrechtlich bessergestellt hätten, als es nach Durchführung des Schutzschirmverfahrens jetzt der Fall ist, liegt vor diesem Hintergrund fern; jedenfalls wird die dafür notwendige Vergleichsbetrachtung mit dem schlichten Verweis auf (angebliche) Einzelschäden, die sonst nicht entstanden wären, nicht vorgenommen. Dementsprechend fehlt es auch insoweit an einer ausreichenden Grundlage für die Annahme, die vermeintlich falsche Beratung durch den Geschäftsführer der Beklagten habe sich bei der gebotenen Gesamtbetrachtung, und sei es auch nur in Höhe eines durch Schätzung zu ermittelnden Mindestschadens, auf ihre Vermögenslage nachteilig ausgewirkt.

(4)

Der von den Klägern nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichte Schriftsatz vom 22. November 2022 (Bl. 1022 ff. GA) bietet keinen Anlass, den vorliegenden Fall abweichend in ihrem Sinne zu beurteilen. Auch die dortigen Ausführungen beschränken sich darauf, den bisherigen Vortrag der Kläger entgegen den Vorgaben der dort zitierten Rechtsprechung weiterhin für ausreichend zu erachten; die geforderte Gegenüberstellung einer konkreten hypothetischen mit der realen Vermögenslage der Kläger erfolgt auch dort weiterhin nicht. Dementsprechend bestand danach kein Anlass, die mündliche Verhandlung, auch zum Zwecke der Erteilung eines nochmaligen Hinweises auf die fehlende Schlüssigkeit der Schadensberechnung, wiederzueröffnen (§ 156 ZPO). Denn die Kläger waren schon zuvor mehrfach, zuletzt auch durch den Senat (Bl. 1020 GA), auf entsprechende Bedenken hingewiesen worden, die im Senatstermin eingehend erörtert worden sind, insbesondere auch mit dem – weiteren – Hinweis auf die Notwendigkeit, eine konkrete hypothetische Entwicklung vorzutragen; hierzu haben sie in Kenntnis der von ihnen zitierten einschlägigen Rechtsprechung und der dortigen Anforderungen Stellung genommen (zuletzt erneut Bl. 1034 ff. GA), ohne die ihnen bekannten fortbestehenden Mängel in ihrer Darstellung zu beheben.

e)

Andere Rechtsgrundlagen, die geeignet sein könnten, einen auf den (vermeintlich) fehlerhaften Rat zur Durchführung des Schutzschirmverfahrens gestützten Schadensersatzanspruch der Kläger zu begründen, sind nicht ersichtlich; insbesondere kommen auch gesetzliche Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung, hier vornehmlich: wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch den Geschäftsführer der Beklagten (§§ 826, 31 BGB), nicht in Betracht. Hinweise auf ein sittenwidriges, d.h. gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßendes Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten liegen ohnehin nicht vor; sie lassen sich insbesondere nicht damit begründen, dass dieser das Schutzschirmverfahren als „Königsweg“ bezeichnete und die Kläger „beständig“ dazu „gedrängt“ haben soll, diesen Weg zu beschreiten, weil diese Verhaltensweisen, sowohl für sich genommen als auch in der Gesamtschau, auch unter Berücksichtigung der Angaben der Kläger in ihrer Anhörung durch den Senat, einen solchen Vorwurf nicht trägt. Überdies bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Kläger vorsätzlich schädigen wollte. Davon abgesehen, scheitern andere als vertragliche Schadensersatzansprüche aber ebenfalls auch daran, dass sich auf Grundlage der Darstellung der Kläger kein durch die (vermeintliche) unerlaubte Handlung verursachter Vermögensschaden feststellen lässt, für dessen Berechnung ebenfalls die §§ 249 ff. BGB gelten würden, die eine nachprüfbare Darstellung dazu erforderten, wie sich die Kläger andernfalls verhalten hätten und wie sich ihre Vermögenslage dann – im Vergleich zu ihrer tatsächlichen Situation – darstellte. Daran fehlt es, wie bereits ausgeführt wurde, und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug genommen wird.

2.

Soweit die Kläger ihren Schadensersatzanspruch unabhängig von dem vorher Gesagten – auch – auf (vermeintliche) Pflichtverletzungen des namensgebenden Partners der Beklagten in seiner nach Beantragung des Schutzschirmverfahrens übernommenen Funktion als Sanierungsgeschäftsführer (C.) der Schuldnerin stützen, ist hierfür, der in diesem Punkt vollkommen zutreffenden Annahme des Landgerichts folgend, schon keine Rechtsgrundlage ersichtlich.

a)

Schadensersatzansprüche der Kläger aus einem – spätestens mit Unterzeichnung der entsprechenden Vollmacht vom 6. Oktober 2016 „wegen Antrag auf Eröffnung des Schutzschirmverfahrens mit Eigenverwaltung nach § 270b InsO“ (Anlage K13) nunmehr zweifelsfrei durch die Schuldnerin erteilten – Mandatsverhältnis (§§ 280 Abs. 1, 675 BGB) kommen nicht in Betracht. Vertragliche Rechtsbeziehungen, die im Anschluss an die vorangegangene Beratung nunmehr die weitere Betreuung der Schuldnerin im Rahmen des Schutzschirmverfahrens regeln, sind danach allein zwischen der Schuldnerin und der Beklagten begründet worden; hiervon gehen – ersichtlich – auch die Kläger aus. Die vorausgegangene, auch interessen der Kläger mitberücksichtigende Beratung zu den Möglichkeiten, die das Insolvenzrecht für die Sanierung des Unternehmens der Schuldnerin bot, war dagegen mit Stellung des Insolvenzantrages abgeschlossen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 – IX ZR 161/09, juris = BRAK-Mitt 2011, 283 Ls.). Eine Einbeziehung der Kläger auch in den Schutzbereich dieses (neuen) Mandats mit der Schuldnerin kommt demgegenüber nicht in Betracht. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen, die die Rechtsprechung an die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte stellt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 – IX ZR 252/15, BGHZ 211, 251), liegen nicht (mehr) vor. Im Gegensatz zu der vorausgegangenen Beratung, die – auch – dazu dienen sollte, den Klägern als Gesellschafter bei ihrer Entscheidungsfindung behilflich zu sein, fehlt es hier an der erforderlichen Leistungsnähe, jedenfalls aber am Interesse der Schuldnerin an der Einbeziehung der Kläger in den Vertrag. Während nämlich die Überlegungen zum „richtigen Weg“ einer Sanierung der Schuldnerin neben ihren eigenen Belangen erkennbar auch die insoweit gleichgerichteten Vermögensinteressen der Gesellschafter berührte, verfolgen die im laufenden Schutzschirmverfahren betreute Gesellschaft und ihre Gesellschafter nunmehr sogar gegenläufige interessen, zumal wenn diese sich – wie hier – erheblicher Forderungen gegen die Gesellschaft berühmen. Anerkanntermaßen dient jedoch der Vertrag zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Allgemeinen nicht dem Schutze des Vertragsgegners des Mandanten (BGH, Urteil vom 23. April 2009 – IX ZR 167/07, VersR 2010, 667; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer, a.a.O., Kap. 1 Rn. 359). Dieser Gesichtspunkt kommt auch für das Mandat der Beklagten während der Betreuung der Schuldnerin im laufenden Schutzschirmverfahren zum Tragen. Er schließt es aus, diesem Vertrag zugunsten einzelner Gesellschafter/Gläubiger der Gesellschaft einen drittschützenden Charakter beizumessen.

b)

Ebenso wenig ist durch die Betrauung des namensgebenden Partners der Beklagten mit den Aufgaben eines Sanierungsgeschäftsführers der Schuldnerin („C.“) ein Vertragsverhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten begründet worden. Die Kläger sind an diesem Vertrag selbst nicht beteiligt; auch besteht mangels Leistungsnähe und Einbeziehungsinteresse der Schuldnerin kein Grund, ihnen daraus Drittschutz zuzubilligen. Darüber hinaus begründete der – alsbald im Handelsregister vollzogene – Eintritt in die Geschäftsführung der Schuldnerin vertragliche Beziehungen aber auch nur mit dem Geschäftsführer der Beklagten als Person, nicht hingegen auch mit der beklagten Sozietät, die hier in Anspruch genommen werden soll. Zwar schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs derjenige, der einen einer Anwaltssozietät angehörenden Rechtsanwalt beauftragt, im Zweifel mit allen der Sozietät angehörenden Rechtsanwälten einen Anwaltsvertrag ab (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999 – IX ZR 338/97, NJW 1999, 3040, m.w.N). Dieser Grundsatz kommt jedoch dann nicht zur Anwendung, wenn der Anwalt einer Sozietät mit einer Tätigkeit betraut wird, die an sich außerhalb der eigentlichen Aufgaben des Anwalts liegt; in einem solchen Fall liegt vielmehr die Annahme eines Einzelmandats nahe (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1988 – III ZR 195/86, NJW-RR 1988, 1299; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer, a.a.O., Kap. 1 Rn. 121). So verhält es sich auch hier; denn bei dem Eintritt des namensgebenden Partners der Beklagten in die Geschäftsführung der Schuldnerin handelte es sich nicht um eine anwaltstypische Tätigkeit, weil es an der dafür typischen Rechtsbeistandspflicht fehlte (vgl. für die Tätigkeit als Treuhänder BGH, Beschluss vom 5. Juli 2007 – IX ZR 257/06, GI aktuell 2010, 46; OLG Celle, MDR 2006, 1198).

c)

Zu Recht hat das Landgericht auch eine Haftung der Beklagten analog §§ 60, 61 InsO i.V.m. § 31 BGB wegen eines vermeintlichen Fehlverhaltens ihres namensgebenden Partners in dessen Eigenschaft als Sanierungsgeschäftsführer „C.“ der Schuldnerin abgelehnt.

aa)

Der Senat legt das Klagebegehren – sinnwahrend – dahin aus, dass die Kläger, die zur Wahrung der ausreichenden Bestimmtheit ihrer Klage (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) die Ansprüche aus § 60 und § 61 InsO grundsätzlich in ein Rangverhältnis bringen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 – IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104), ihr Schadensersatzbegehren vorrangig auf die – wohl speziellere, vgl. Thole, in: midt, InsO 20. Aufl., § 61 Rn. 1 – Bestimmung des § 61 InsO und lediglich hilfsweise auch auf § 60 InsO analog stützen wollen.

bb)

In der Sache ist das Landgericht richtigerweise davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer der Beklagten, der vor Beantragung des Schutzschirmverfahrens als „C.“ in die Geschäftsführung der Schuldnerin eingetreten und als solcher in das Handelsregister eingetragen war, in dieser Eigenschaft grundsätzlich einer persönlichen Haftung nach den §§ 60, 61 InsO analog unterliegt. Diese Vorschriften betreffen zwar – wörtlich – nur die Schadensersatzpflicht des Insolvenzverwalters: Dieser ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO allen Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen; ferner schuldet er gemäß § 61 Satz 1 InsO einem Massegläubiger Schadensersatz, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht erfüllt werden kann. Anerkanntermaßen sind die §§ 60, 61 InsO aber in der Eigenverwaltung einer juristischen Person analog auf die vertretungsberechtigten Geschäftsleiter anzuwenden (BGH, Urteil vom 26. April 2018 – IX ZR 238/17, BGHZ 218, 290). Denn das Gesetz enthält im Blick auf die Haftung der Geschäftsleiter bei Anordnung der Eigenverwaltung über das Vermögen einer insolventen Gesellschaft eine unbeabsichtigte Regelungslücke, weil die Verweisung des § 270 Abs. 1 Satz 2 InsO auf §§ 60, 61 InsO die Organe des Schuldners nicht unmittelbar erfasst und diese Gesetzeslücke auch nicht anderweitig (insbes. auch nicht gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 3 BGB; § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG, § 43 Abs. 2 GmbHG) angemessen ausgefüllt werden kann (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 26. April 2018 – IX ZR 238/17, BGHZ 218, 290).

cc)

Ob der Geschäftsführer der Beklagten anlässlich seiner Tätigkeit für die Schuldnerin die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftung analog § 61 InsO, hilfsweise auch analog § 60 InsO verwirklicht hat, kann hier allerdings offenbleiben. Denn er selbst wird als Person mit der Klage nicht belangt, und der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, dass die allein in Anspruch genommene beklagte Sozietät – als selbständiger Träger von Rechten und Pflichten, vgl. § 7 Abs. 2 PartGG und § 124 HGB – unter den gegebenen Umständen für etwaige, von ihrem namensgebenden Partner in seiner Eigenschaft als Sanierungsgeschäftsführer begangene Pflichtverletzungen nicht einzustehen hätte. Denn die §§ 60, 61 InsO begründen zunächst nur eine persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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des Insolvenzverwalters bzw. – hier – des Geschäftsleiters. Darüber hinaus hat nach der Zurechnungsnorm des § 31 BGB auch die eigenverwaltete Gesellschaft gegenüber Gläubigern für Pflichtverletzungen ihrer Geschäftsleiter einzustehen (BGH, Urteil vom 26. April 2018 – IX ZR 238/17, BGHZ 218, 290). Eine Haftung der beklagten Sozietät, der der Geschäftsleiter als namensgebender Partner ebenfalls angehörte, für die dieser aber insoweit nicht tätig war, scheidet dagegen im vorliegenden Fall aus (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 31 BGB auf die Anwaltssozietät freilich BGH, Urteil vom 3. Mai 2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169). Denn § 31 BGB stellt die Eintrittspflicht der juristischen Person schon nach seinem Wortlaut unter die Voraussetzung, dass der durch das Organ verursachte Schaden „durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung“ zugefügt wurde, d.h.: dass sein Handeln in den ihm zugewiesenen Wirkungskreis fiel (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1986 – VI ZR 47/85, BGHZ 98, 148; RG, Urteil vom 14. März 1939 – III 128/37, RGZ 162, 129, 169; Leuschner, in: MünchKomm-BGB 9. Aufl., § 31 Rn. 22; Katzenstein, in: Geigel, Der Haftpflichtprozess 28. Aufl., § 31 Rn. 15). Die in § 31 BGB normierte haftungsrechtliche Zurechnung knüpft nämlich an die Fähigkeit des Organs an, für die juristische Person zu handeln; eine Haftung kommt hingegen nicht in Betracht, wenn das Organ für eine andere juristische Person gehandelt hat (auch: desselben Konzerns; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2014 – VI ZR 501/13, BeckRS 2014, 23725; Katzenstein, in: Geigel, a.a.O., § 31 Rn. 15). Das entspricht auch dem Ziel der Regelung, durch eine Verbreiterung der Haftungsmasse den Rechtsverkehr vor Schadenshandlungen zu schützen, die das Organ in amtlicher Eigenschaft begangen hat (Otto, in: jurisPK-BGB 9. Aufl., § 31 BGB Rn. 30; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Januar 1987 – VI ZR 303/85, BGHZ 99, 298). Deshalb ist ein solches Handeln in amtlicher Eigenschaft, und zwar gerade für den Zurechnungsadressaten, tatbestandliche Voraussetzung und vom Anspruchssteller zu beweisen (BeckOGK/Offenloch, 1.8.2022, BGB § 31 Rn. 130). Daran fehlt es hier, weil bei objektiver Betrachtung mangels abweichender konkreter, fallbezogener Erkenntnisse mit der Beklagten davon ausgegangen werden muss, dass ihr namensgebende Partner die von ihm in seiner Eigenschaft als Sanierungsgeschäftsführer getroffenen Entscheidungen insoweit – nur – für die von ihm gesetzlich vertretene Schuldnerin getroffen hat und dabei nicht (mehr) in amtlicher Eigenschaft für die beklagte Sozietät tätig war (vgl. weiterhin BGH, Urteil vom 13. Januar 1987 – VI ZR 303/85, BGHZ 99, 298). Den danach erforderlichen Nachweis können die Kläger insbesondere auch nicht mit dem Hinweis führen, es sei (allgemein) üblich, dass Sanierungsgeschäftsführer von der mandatierten Anwaltskanzlei vermittelt oder entsandt würden, und dementsprechend werbe auch die Beklagte (allgemein) mit einer „Betreuung“ bei Schutzschirmverfahren (Bl. 947 f. GA). Denn die allein entscheidenden konkreten Abläufe, die hier zur Berufung des namensgebenden Partners der Beklagten zum Sanierungsgeschäftsführer der Schuldnerin geführt haben, und die von den Klägern beanstandeten Pflichtverletzungen während der Ausübung dieses Amtes (zuletzt Bl. 949 GA) bieten keine genügenden Anhaltspunkte für die Annahme, dieser habe dabei nicht (nur) in amtlicher Eigenschaft für die von ihm vertretene Schuldnerin, sondern (zugleich) in amtlicher Eigenschaft auch für die – von der Schuldnerin gesondert vertraglich beauftragte – Beklagte gehandelt. Sein (mutmaßlich) pflichtwidriges Handeln ist daher, anders als die Kläger bis zuletzt meinen, entsprechend der weiter oben erwähnten höchstrichterlichen Rechtsprechung gemäß § 31 BGB ggf. der eigenverwalteten Gesellschaft, nicht jedoch – auch – der beklagten Sozietät zuzurechnen.

c)

Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB gegen die Beklagte wegen einer von ihrem namensgebenden Partner während des Schutzschirmverfahrens begangenen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung hat das Landgericht ebenfalls zu Recht abgelehnt.

aa)

Da die von den Klägern behaupteten schädigenden Handlungen des Geschäftsführers der Beklagten – konkret: die Verbreitung „schlechter Stimmung“ zu Lasten der Kläger im Gläubigerausschuss, die Verweigerung eines „umfassenden Investorenprozesses“ zugunsten eines nachteiligen „1-Euro-Deals“ und der ihnen abverlangte weitere Eigenkapitalzuschuss sowie der Verzicht auf Pensionsansprüche – ausnahmslos von dem namensgebenden Partner der Beklagten in dessen Eigenschaft als Sanierungsgeschäftsführer („C.“) begangen worden sein sollen, d.h. als Organ der Schuldnerin, kommt eine Zurechnung dieser (vermeintlichen) unerlaubten Handlungen nach § 31 BGB zu Lasten der Beklagten aus den bereits oben näher dargelegten Gründen nicht in Betracht. Dass der Geschäftsführer der Beklagten insoweit in amtlicher Eigenschaft gerade für die Beklagte gehandelt haben könnte, ist auf der Grundlage der klägerischen Darstellung nicht erkennbar.

bb)

Im Übrigen vermag der Senat, ebenso wenig wie das Landgericht, eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Geschäftsführers der Beklagten (§ 826 BGB) auch während der Dauer des Insolvenzverfahrens nicht zu erkennen.

(1)

Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (z.B. BGH, Urt. v. 15. Oktober 2013 – VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380, m. w. N.). Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urt. v. 15. Oktober 2013 – VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380). Dafür ist hier schon auf Grundlage des Klagevorbringens nichts ersichtlich. Insbesondere ergibt sich die für die Annahme der Sittenwidrigkeit erforderliche besondere Verwerflichkeit des Verhaltens des Geschäftsführers der Beklagten nicht aus dessen von den Klägern wiederholt ins Feld geführten wirtschaftlichen Eigeninteressen, die sich hier im Wesentlichen in seinen Vergütungsansprüchen widerspiegeln, die hier für sich genommen auch nicht aus dem Rahmen fallen oder für die Kläger besonders überraschend sein mussten. Dass der Geschäftsführer der Beklagten als „C.“ und Mitglied der Geschäftsführung seine Vorstellungen umzusetzen verstand und dabei möglicherweise auch gegen den Willen der anderen Gesellschafter-Geschäftsführer handelte, die seiner Expertise offenbar nichts entgegenzusetzen hatten, reicht für diesen Vorwurf ebenfalls nicht aus. Nachdem die wirtschaftlichen Gegebenheiten im laufenden Verfahren von den Klägern weitreichende Zugeständnisse bei ihren Ansprüchen gegen die Schuldnerin erforderten, verstieße es mangels Darlegung besonderer, im Einzelfall als verwerflich erscheinender Umstände auch nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn der Geschäftsführer der Beklagten die Kläger im Interesse der von ihm vertretenen Schuldnerin in der dargestellten Weise nachhaltig zur weiteren Mitwirkung angehalten und ihnen die Konsequenzen einer Verweigerung eindringlich vor Augen geführt haben sollte.

(2)

Dessen unbeschadet, fehlt es schon auf Grundlage der Darstellung der Kläger ersichtlich auch an dem von § 826 BGB geforderten Schädigungsvorsatz. Dieser erfordert nicht nur, dass dem Handelnden die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände bekannt sind, an denen es hier schon fehlt, sondern notwendig ist auch ein zumindest bedingter VorsatzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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dahin, dass der Täter die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Nachteil eines Anderen auswirken könnte sowie die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und zumindest billigend in Kauf genommen hat, ohne dass er eine genaue Vorstellung über den Kausalverlauf und die Schadenshöhe haben müsste (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2003 – IV ZR 371/02, VersR 2004, 210). Auch dafür ist hier nichts ersichtlich; insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen seiner Sanierungsbemühungen die von den Klägern behaupteten Schäden und Schadensfolgen vorausgesehen und gewollt oder jedenfalls billigend in Kauf genommen haben könnte. Es erscheint schon naheliegend, jedenfalls aber ist es hier auch unwiderlegt, dass dieser, seiner glaubhaften Einlassung anlässlich seiner erstinstanzlichen Anhörung (Bl. 513 GA) entsprechend, im Interesse einer möglichst effizienten, nach mehreren kostenträchtigen vergeblichen Versuchen nunmehr allgemein um Schadensbegrenzung bemühten übertragenden Sanierung des Unternehmens der Schuldnerin gehandelt hat.

d)

Schließlich gilt für alle hier in Betracht zu ziehenden vertraglichen oder gesetzlichen Schadensersatzansprüche gleichermaßen, dass auch insoweit ein kausaler Schaden der Kläger – im Sinne der Differenzhypothese – von ihnen nicht schlüssig dargelegt wurde; insoweit wird zur Erläuterung vorab auf die obigen Ausführungen verwiesen. Weil der Schadensersatzverpflichtete den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB; s. die obigen Nachweise und weiterhin noch BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 – IX ZR 121/99, BGHZ 144, 343), mithin die Kläger – bei unterstellter Schadensersatzpflicht – nur beanspruchen könnten, so gestellt zu werden, wie sie bei sachgerechtem Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten stünden, bedürfte es hierzu auch an dieser Stelle eines konkreten Vortrages im Sinne einer Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage der Kläger, ohne Beschränkung auf einzelne Rechnungsposten (vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. September 2016 – IX ZR 255/13, WM 2018, 139). Da die Kläger hier – zusammengefasst – die pflichtwidrige „Abwicklung“ ihres Unternehmens beanstanden, die ihrerseits nunmehr zu angeblichen Verlusten in Höhe von 29.185.166,- Euro geführt haben soll, müssten sie zur schlüssigen Darlegung eines Vermögensschadens auch vortragen, wie sich ihre Vermögenslage bei – unterstellt – sachgerechter Behandlung der Angelegenheiten jetzt darstellen würde. Dazu wäre es erforderlich gewesen, darzulegen, welche konkrete (bessere) Verwertungsmöglichkeit dann zur Ausführung gekommen wäre und welche Auswirkungen diese konkrete Entscheidung auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Schuldnerin, des Verfahrens sowie, infolgedessen, auf ihre eigene Vermögenslage gehabt hätte. Da sämtliche von ihnen in diesem Zusammenhang geltend gemachten (vermeintlichen) Pflichtverletzungen nach Eröffnung des Schutzschirmverfahrens begangen worden sein sollen, d.h. zu einem Zeitpunkt, zu dem die von ihnen beanspruchten Beträge in weitem Umfang Insolvenzforderungen waren (§§ 38, 270 Abs. 1 Satz 2 InsO), bedürfte es dazu der Darstellung eines aus sich heraus schlüssigen Sanierungsplanes, der diese Entwicklung berücksichtigte und neben der hypothetischen finanziellen Entwicklung der Masse auch sämtliche Forderungen der Kläger mit ihrer auf sie ggf. – nur – entfallenden Quote ausweist; des Weiteren auch hier nachvollziehbarer Vortrag zur tatsächlichen Vermögenslage unter Berücksichtigung kongruenter Vermögenszuwächse, ohne all dies ist ein Gesamtvermögensvergleich nicht möglich. Der schlichte Hinweis der Kläger auf zwei andere, einander ausschließende Verwertungsalternativen, konkret: die Veräußerung an einen chinesischen Investor zu lediglich rudimentär dargestellten Konditionen oder eine Sanierung nach dem zwischenzeitlich vorgelegten Konzept ihres Beraters P., genügt diesen Anforderungen nicht, weil Feststellungen dazu, dass die Vermögenslage der Kläger sich insgesamt – „unterm Strich“ – jetzt tatsächlich schlechter darstellt, als es ohne die behauptete Pflichtverletzung der Fall wäre, auf dieser Grundlage nicht getroffen werden können. Da dieser Mangel, auf den zuletzt auch der Senat die Kläger ausdrücklich aufmerksam gemacht hat, bis zum Schluss nicht behoben wurde, insbesondere auch nicht mit ihrem weiteren Schriftsatz vom 22. November 2022, der dazu Stellung nimmt und aus den bereits dargelegten Gründen keinen Anlass gibt, die mündliche Verhandlung fortzusetzen, musste ihre Schadensersatzklage auch vor diesem Hintergrund erfolglos bleiben.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO; danach haben die Kläger die Kosten ihrer erfolglosen Berufung nach Kopfteilen zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.Randnummer61

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.Randnummer62

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.

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