Auftragsvermittlung
BGB § 134; BRAO § 49b Abs. 3 Satz 1
Vermittelt ein Dritter einem Rechtsanwalt den Auftrag eines Mandanten zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung und lässt er sich für die Leistung bezahlen, ist die dem zugrunde liegende Vereinbarung unwirksam.
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 6. April 2023 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin betreibt das Internetportal „g. „. Sie bietet über die von ihr entwickelte Software Dienstleistungen für Betroffene an, die einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid wegen eines Verstoßes gegen Vorschriften bei der Teilnahme am Straßenverkehr (Geschwindigkeits-, Abstands-, Wechsellicht-, Mobiltelefon-, Überhol- oder Vorfahrtsverstoß) erhalten haben. Zur rechtlichen Überprüfung der erhobenen Vorwürfe gegenüber den Betroffenen und wegen der aus dem Prüfungsergebnis folgenden Handlungsmöglichkeiten arbeitet die Klägerin mit Partnerkanzleien zusammen, zu denen auch die Beklagte, eine Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung, gehörte.2
Im Zeitraum vom 1. Dezember 2020 bis zum 30. Juni 2021 schaltete die Klägerin ihre Partnerkanzleien ein, nachdem die Betroffenen bei der Klägerin die erforderlichen Unterlagen eingereicht hatten, einschließlich einer auf die jeweilige Kanzlei lautenden Vollmacht. Die Partnerkanzleien übernahmen die rechtliche Betreuung der Betroffenen, prüften die Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen den Vorwurf eines Verkehrsrechtsverstoßes und erteilten entsprechenden Rat. Auf Wunsch der Betroffenen übernahmen sie auch die weitere Vertretung. Aus der rechtlichen Betreuung erwuchsen den Partnerkanzleien Vergütungsansprüche, die in vielen Fällen Rechtsschutzversicherer der Betroffenen deckten.3
Für ihre Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum stellte die Klägerin der Beklagten „Lizenzgebühren“ in Höhe von insgesamt 235.056,98 € in Rechnung. Die Zahlung dieses Betrags verlangt sie mit der vorliegenden Klage. Die Klägerin erhob die Gebühren ausschließlich im Blick auf Betroffene mit Rechtsschutzversicherung, und zwar in zwei Teilbeträgen zunächst bei Erteilung der Deckungszusage durch den Versicherer (114 €) und dann bei Endabrechnung des Mandats durch die Beklagte (76 €). Die Parteien streiten darüber, ob es zu einer Einigung über diese Abrechnungsmodalitäten gekommen ist. Die Klägerin ist der Ansicht, bei den geforderten Gebühren handele es sich nicht um ein Entgelt für die Vermittlung von Aufträgen im Sinne des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO. Entgolten werde vielmehr pauschaliert die Nutzung der von der Klägerin entwickelten digitalen Infrastruktur durch die Partnerkanzleien.4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageforderung in voller Höhe weiter.
Entscheidungsgründe
Die unbeschränkt zugelassene Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat die Vertragsbeziehung zwischen den Parteien für nichtig gehalten. Die Klägerin könne Zahlung auch weder unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen noch habe sie einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss gegen die Beklagte. Ein Anspruch ergebe sich schließlich nicht aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus Delikt.7
Zwischen den Parteien sei eine vertragliche Vereinbarung jedenfalls dadurch zustande gekommen, dass die Beklagte die ihr übermittelten Fälle zur Bearbeitung angenommen habe. Die Klägerin habe einen Erfolg geschuldet, nämlich die Gewinnung von Mandaten für die Beklagte. Die Leistungen hätten nach übereinstimmendem Verständnis der Parteien nicht unentgeltlich erbracht werden sollen.8
Die getroffene Vereinbarung verstoße gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO. Sie habe in der entgeltlichen Vermittlung von Mandaten bestanden, weil der jeweilige Fall erst an die Beklagte weitergeleitet worden sei, nachdem der Betroffene die Vollmacht eingereicht gehabt habe, und weil die Vergütung an das konkrete Mandat angeknüpft habe. Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO sei die Nichtigkeit der Vereinbarung gemäß § 134 BGB.9
Es bestehe auch kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Allerdings seien Bereicherungsansprüche weder nach § 814 BGB noch gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin könne gleichwohl nicht Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB verlangen. Die erbrachten, in der Vermittlung von Mandaten bestehenden Leistungen seien gesetzeswidrig und daher wertlos. Wegen des Verbots des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO habe die Leistung von keiner anderen Person erbracht werden können.10
Auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Ausgleich von Allgemeinkosten oder sonstigen Aufwendungen im Zusammenhang mit den vermittelten Mandaten bestehe nicht. Nach der gelebten Geschäftsbeziehung der Parteien hätten Allgemeinkosten und sonstige Aufwendungen nicht gesondert vergütet, sondern mit dem von der Klägerin für die Verschaffung von Einzelmandaten jeweils berechneten Entgelt (Provision) abgegolten sein sollen. Dann aber bestehe auch kein bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch für diese Leistungen. Darüber hinaus lasse sich anhand des Vorbringens der Parteien ein erstattungsfähiger Betrag nicht fundiert bestimmen.11
Der Klägerin stünden gegen die Beklagte auch keine Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB zu. Derartige Ansprüche kämen nur dann in Betracht, wenn eine Partei die Verbotswidrigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt oder in Folge von Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Hätte auch die andere Partei die Verbotswidrigkeit kennen müssen, sei der Anspruch wegen Mitverschuldens zu kürzen. Vorliegend sei von einem anspruchsausschließenden Mitverschulden der Klägerin auszugehen.
II.
Das hält rechtlicher Prüfung stand.13
1. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Klageanspruch seine Grundlage nicht in einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien findet.14
a) Maßgeblich ist im Ausgangspunkt das Vorbringen der Klägerin. Rechtfertigt dieses nicht die Annahme des geltend gemachten Zahlungsanspruchs, kommt es auf den Vortrag der Beklagten, die eine Einigung über die Abrechnungsmodalitäten bestritten hat, nicht an.15
b) Nach dem Vortrag der Klägerin besteht die zwischen den Parteien getroffene Einigung offenkundig in der entgeltlichen Vermittlung konkreter Mandate. Darin liegt ein Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO.16
aa) Nach § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO ist die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten gleich welcher Art unzulässig. Das daraus folgende Verbot richtet sich damit sowohl gegen den Rechtsanwalt, der einen Teil der Gebühren abgibt oder einen sonstigen Vorteil gewährt, als auch gegen den Rechtsanwalt oder Dritten, der den Teil der Gebühren oder den sonstigen Vorteil entgegennimmt. Der Begriff des sonstigen Vorteils ist vor dem Hintergrund des Verbotszwecks weit zu verstehen. Es soll vermieden werden, dass Rechtsanwälte in einen Wettbewerb um den Ankauf von Mandaten treten. Die Anwaltschaft ist kein Gewerbe, in dem Mandate „gekauft“ und „verkauft“ werden (BT-Drucks. 12/4993, S. 31). Ein Rechtsanwalt, dem ein Mandat vermittelt wird, darf hierfür den Vermittler nicht belohnen (BGH, Urteil vom 20. Juni 2016 – AnwZ (Brfg) 26/14, WM 2017, 684 Rn. 18). Unter einem sonstigen Vorteil ist auch die Erbringung von berufsfremden Dienstleistungen zu verstehen, etwa die sofortige Bezahlung der Rechnungen von Kraftfahrzeugwerkstätten und Abschleppunternehmern durch den Rechtsanwalt für den Mandanten (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2016, aaO). Allerdings bedarf es eines besonderen Bezugs des Vorteils zum vermittelten Auftrag. Das Verbot des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO erfasst nur Provisionszahlungen für ein konkret vermitteltes Mandat (BGH, Urteil vom 20. Juni 2016, aaO Rn. 19; BVerfG, NJW 2008, 1298 Rn. 24). Die Vermittlung muss ursächlich für die Vorteilsgewährung sein (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2016, aaO).17
bb) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Dass es aus dem Inhalt der von der Klägerin behaupteten Vertragsbeziehung zwischen den Parteien auf einen Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO geschlossen hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.18
Die Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte beschränkte sich nicht auf die Leistungen herkömmlicher Werbemedien, welche von § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO nicht erfasst werden (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1298 Rn. 24). In dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall bot der Rechtsanwalt seine Leistung auf der von dem Auktionshaus (nur) zur Verfügung gestellten Plattform selbst an. Über ein solches Bereitstellen einer Plattform ging die Tätigkeit der Klägerin weit hinaus. Sie mündete zielgerichtet in der Vermittlung eines auf einen konkreten Verkehrsrechtsverstoß bezogenen Mandats. Insbesondere wurden der Beklagten nicht nur mögliche Interessenten an ihrer anwaltlichen Tätigkeit benannt (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, DStRE 2022, 505). Der Beklagten wurde nicht nur – zur Erleichterung ihrer eigenen Akquisetätigkeit – die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit potentiellen Mandanten verschafft. Die Klägerin übermittelte der Beklagten den jeweiligen Fall bereits mit unterzeichneter, auf diese lautender Vollmacht. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände lag darin zugleich der Auftrag an die Beklagte zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung gemäß § 675 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 – IX ZR 225/04, ZIP 2006, 1101 Rn. 9). Dass sich dieser zunächst auf die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen den Vorwurf eines Verkehrsrechtsverstoßes beschränkte, ist ohne Bedeutung. Die Auftragserteilung beruhte auf dem zielgerichteten Einwirken der Klägerin auf die Nutzer ihres Internetportals und damit auf ihrer Vermittlungstätigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1991 – VII ZR 342/89, BGHZ 114, 87, 95; st. Rspr. zu § 652 BGB).19
Die von der Klägerin beanspruchte Vergütung bezog sich auf die Vermittlungstätigkeit. Nach dem Vortrag der Klägerin bestand ein Anspruch gegen die Beklagte nur in den Fällen, in denen der Betroffene die Beklagte beauftragt hatte und die Rechtsschutzversicherung des Betroffenen eine Deckungszusage erteilte. Der Klage liegen demnach (ausschließlich) Entgelte zugrunde, die sich auf einzelne, der Beklagten vermittelte rechtsschutzversicherte Mandanten beziehen. Dem vom Berufungsgericht angenommenen Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO steht nicht entgegen, dass der Betrieb des Internetportals auch weitere Tätigkeiten der Klägerin erforderlich gemacht haben mag und diese zum Teil auch der Beklagten zugutegekommen sein mögen. Entscheidend ist, für welche Tätigkeit die Beklagte vereinbarungsgemäß bezahlen sollte. Das war die Vermittlung konkreter Mandate.20
cc) In der vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen engen Auslegung des Tatbestands des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1298 Rn. 24) hat der Senat keine Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Grundgesetz. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Verbot nicht unverhältnismäßig. Die Vermeidung eines Wettbewerbs unter Rechtsanwälten um den Ankauf von Mandaten ist ein legitimer Zweck. Das Verbot ist geeignet, um diesen Zweck zu erreichen. Ein milderes Mittel, um zu verhindern, dass Mandate „gekauft“ und „verkauft“ werden, gibt es nicht. Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die mit § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO verbundene Beschränkung der Berufsausübung steht in keinem unangemessenen Verhältnis zu den Zwecken des Verbots. Dessen Auswirkungen auf die grundsätzlich geschützte Akquisetätigkeit der Rechtsanwälte sind gering. Insbesondere die Möglichkeiten zur Werbung um Mandate bleiben unberührt. Der Rechtsanwalt darf werben und sich zu diesem Zwecke auch der Hilfe Dritter bedienen, soweit er dabei die gesetzlichen Vorgaben beachtet. Davon zu unterscheiden ist der Ankauf von Mandaten. Dabei geht es nicht um anwaltliche (Eigen- oder Dritt-)Werbung, sondern um die Gewährung von Vorteilen für die Vermittlung konkreter Mandate. Es gibt auch keinen notwendigen Zusammenhang zwischen anwaltlicher Werbung und der Vermittlung konkreter Mandate. Die dem Streitfall zugrundeliegende Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien hätte unschwer auch ohne die verbotene Vermittlungstätigkeit ausgestaltet werden können.21
dd) Entgegen der Ansicht der Revision macht die im Streitfall vorzunehmende Beurteilung eines Verstoßes gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV erforderlich.22
(1) Der von der Revision hergestellte Bezug zu Art. 15 Abs. 3 Buchst. b und c der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. EU L 376 S. 36) trägt nicht. Es geht hier nicht um Anforderungen im Sinne von Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2006/123/EG (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Januar 2023 – C-292/21, NZBau 2023, 466 Rn. 55). Nur auf die dort genannten Anforderungen bezieht sich Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG. Die Prüfung, ob solche Anforderungen die Bedingungen des Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG erfüllen, obliegt überdies dem einzelstaatlichen Gericht (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2018 – C-360/15, C-31/16, EuZW 2018, 244 Rn. 133; vom 19. Januar 2023, aaO Rn. 63).23
(2) Auch der Hinweis der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Art. 24 der Richtlinie 2006/123/EG macht keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV erforderlich. Art. 24 der Richtlinie 2006/123/EG enthält Regelungen zur kommerziellen Kommunikation durch Angehörige reglementierter Berufe. Die kommerzielle Kommunikation ist in Art. 4 Nr. 12 der Richtlinie 2006/123/EG legaldefiniert. Danach bezeichnet der Ausdruck alle Formen der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbildes eines Unternehmens, einer Organisation oder einer natürlichen Person dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt. Darum geht es hier offensichtlich nicht. § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO beschränkt nicht die kommerzielle Kommunikation der Rechtsanwaltschaft, wie etwa Werbung, Direktmarketing oder Sponsoring (vgl. EuGH, Urteil vom 5. April 2011 – C-119/09, EuZW 2011, 681 Rn. 29). Verboten ist der An- und Verkauf von Mandaten, der auch nicht in einem notwendigen Zusammenhang mit einer kommerziellen Kommunikation der Rechtsanwaltschaft steht.24
c) Rechtsfolge des vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verstoßes gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO ist die Nichtigkeit der behaupteten Vereinbarung gemäß § 134 BGB. § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO ist ein Verbotsgesetz im Sinne der Vorschrift.25
2. Im Ergebnis mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich der Klageanspruch auch nicht nur teilweise aus den §§ 812 ff BGB ergibt.26
a) Übersehen hat das Berufungsgericht allerdings, dass bereits die Kon-diktionssperre des § 817 Satz 2 BGB eingreift und es deshalb auf den Wert der von der Beklagten erlangten Leistungen gemäß § 818 Abs. 2 BGB nicht ankommt. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht Vortrag der Beklagten zu den Voraussetzungen des § 817 Satz 2 BGB vermisst. Vielmehr ergeben sich aus dem unstreitigen Vortrag der Klägerin nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen der Kondiktionssperre.27
aa) Die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB setzt voraus, dass der Leistende vorsätzlich verbotswidrig gehandelt hat. Dem steht es gleich, wenn er sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat (BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 – IX ZR 225/04, ZIP 2006, 1101 Rn. 28; vom 1. Oktober 2020 – IX ZR 247/19, ZInsO 2020, 2485 Rn. 33 mwN; st. Rspr.). Dies beruht darauf, dass die Abwicklung nach Bereicherungsrecht nicht demjenigen, der eine gesetzwidrige Geschäftsbesorgung vornimmt, auf einem Umweg entgegen § 134 BGB doch eine Vergütung verschaffen soll. Die Abwicklung soll nur verhindern, dass der Empfänger der Leistungen daraus einen ungerechtfertigten Vorteil zieht; dies gilt vor allem dann, wenn die Nichtigkeit des Vertrags auch erlaubte Leistungen erfasst. § 817 Satz 2 BGB beugt einer Umgehung der Nichtigkeitsanordnung des § 134 BGB vor (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 – IX ZR 50/98, WM 2000, 1342, 1346).28
bb) Auf Seiten der Klägerin hat man sich dem Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO leichtfertig verschlossen. Es handelt sich um eine Frage der Würdigung, die der Senat auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten unstreitigen Vortrags der Klägerin selbst entscheiden kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1989 – III ZR 9/88, NJW 1989, 3217, 3218; vom 15. Juni 1993 – XI ZR 172/92, NJW 1993, 2108). Die Klägerin kannte das Verbot des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO und hat sich nach eigenen Angaben intensiv und jahrelang mit dem Provisionsverbot beschäftigt. In Anbetracht der offensichtlich auf die Verschaffung konkreter Mandate ausgerichteten Tätigkeit musste es sich den für die Klägerin verantwortlich handelnden Personen aufdrängen, dass man den Partnerkanzleien nicht in der vorliegenden Art und Weise konkrete Mandate gegen Entgelt vermitteln durfte.29
b) Eine einschränkende Auslegung der Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB ist im Streitfall nicht geboten. Insbesondere machen Sinn und Zweck des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO die Gewährung eines Bereicherungsanspruchs nicht zwingend erforderlich. Weder ist das Verbotsgesetz vor allem zum Schutz desjenigen erlassen worden, der gegen Entgelt Mandate vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 Rn. 21) noch ist die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustands mit Sinn und Zweck des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO unvereinbar (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014, aaO Rn. 22).30
Die Anwendung der Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB ist auch nicht unbillig im Sinne von § 242 BGB. Dies ist insbesondere nicht deshalb der Fall, weil die nach dem Vortrag der Klägerin ihrerseits gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BGB verstoßende Beklagte die ihr gewährten Leistungen nach Maßgabe der §§ 812 ff BGB unentgeltlich behalten darf. Es handelt sich um die vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Rechtsfolge, die zudem geeignet ist, die Zielsetzung des Verbots des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO zu fördern. Ein Bereicherungsausgleich ist auch dann nicht gemäß § 242 BGB geboten, wenn der die Vermittlungsleistung entgegennehmende Rechtsanwalt überlegenes Wissen hat. Der Vermittelnde kann nur dann nach § 817 Satz 2 BGB keinen Bereicherungsausgleich verlangen, wenn er sich der Verbotswidrigkeit seines Handelns zumindest leichtfertig verschlossen hat. Geht die Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Rechtsanwalts noch darüber hinaus – etwa durch gezieltes Ausnutzen der dem leichtfertigen Handeln des Leistenden geschuldeten Wissenslage -, kann das einen Schadensersatzanspruch rechtfertigen, nicht aber eine Korrektur des § 817 Satz 2 BGB nach Maßgabe der Grundsätze von Treu und Glauben.31
c) Der vom Berufungsgericht erwogene bereicherungsrechtliche Ausgleich von Allgemeinkosten oder sonstigen Aufwendungen scheitert bereits am Vorrang der Leistungskondiktion (vgl. MünchKomm-BGB/Schwab, 9. Aufl., § 812 Rn. 389).32
3. Im Ergebnis mit Recht hat das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus einem Verschulden bei Vertragsschluss verneint. Auf ein (überwiegendes) Mitverschulden kommt es allerdings nicht an. Es fehlt schon an einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten.33
a) Bereits für den Rechtszustand vor der Modernisierung des Schuldrechts mit Gesetz vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) war in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Möglichkeit einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss anerkannt, wenn der geschlossene Vertrag unwirksam war und einer der Vertragspartner die Unwirksamkeit zu vertreten hatte (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1986 – VIII ZR 280/85, BGHZ 99, 101, 106 f mwN; vom 14. April 2005 – IX ZR 109/04, WM 2005, 1334, 1335 mwN; vom 20. März 2008 – IX ZR 238/06, WM 2008, 950 Rn. 12 f). Die Aufgabe der Regelungen der §§ 309, 307 BGB aF hat daran im Grundsatz nichts geändert (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 165; BeckOGK-BGB/Vossler, 2023, § 134 Rn. 110; Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Kap. 3 Rn. 222).34
Zu vertreten ist die Unwirksamkeit eines Vertrags etwa im Falle einer schuldhaften Aufklärungspflichtverletzung (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1986 – VIII ZR 280/85, BGHZ 99, 101, 106 mwN). Eine Aufklärungspflicht kommt in Betracht, wenn das Wirksamkeitshindernis der Sphäre einer Partei zuzurechnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2005 – IX ZR 109/04, WM 2005, 1334, 1335 mwN; vom 20. März 2008 – IX ZR 238/06, WM 2008, 950 Rn. 12 f). Dabei fehlt es an einer Aufklärungspflichtverletzung, wenn der Vertragsgegner das Wirksamkeitshindernis bereits kennt (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2008, aaO Rn. 13). Darf die objektiv aufklärungspflichtige Partei ohne Fahrlässigkeit davon ausgehen, der Vertragsgegner wisse um das Wirksamkeitshindernis, fehlt es am Verschulden (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2008, aaO Rn. 14).35
b) Nach diesen Grundsätzen kann der Beklagten keine schuldhafte Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin kannte diese das Wirksamkeitshindernis (§ 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO). Die Klägerin hat sich intensiv und jahrelang mit dem Provisionsverbot beschäftigt. Ersichtlich war man auf Seiten der Klägerin darum bemüht, das Internetportal ohne Verstoß gegen das Provisionsverbot zu betreiben. Damit bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten. Eine solche beschränkte sich auf das Wirksamkeitshindernis an sich, nicht auf Bedenken gegen die in Kenntnis des Provisionsverbots gewählte vertragliche Gestaltung. Es oblag der gewerblich tätigen Klägerin und nicht der Beklagten, eine vertragliche Gestaltung herbeizuführen, die einen Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO hinderte. Dazu hatte sie erforderlichenfalls rechtlichen Rat einzuholen. Die aus § 241 Abs. 2 BGB folgende Aufklärungspflicht dient nicht dazu, die Klägerin von dieser Obliegenheit zu befreien.36
c) Eine andere Frage ist, ob die Beklagte eine Rücksichtnahmepflicht verletzte, weil sie die erkannte Unwirksamkeit des Vertrags für sich ausnutzte. Dazu ist jedoch nichts festgestellt. Übergangenen Vortrag dazu zeigt die Revision nicht auf.37
4. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Delikt hat das Berufungsgericht mit Recht verneint. Das nimmt die Revision hin.
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