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OLG Brandenburg, Urteil vom 19.07.2023 – 7 U 149/22

Auseinandersetzungsguthaben

§ 28 Abs 1 BGBEG, § 314 BGB

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 26.08.2022, Az. 51 O 93/21, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger zeichnete bei der A1 GmbH am 28.06.2004 eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter im Umfang von 9.000 € (Anl K3, Bl. 10). Die A1 GmbH ist ausweislich einer Eintragung im Handelsregister (HRB … AG …) durch Beschlüsse vom 10.10. / 08.11.2018 mit der Beklagten verschmolzen (Anl K1, Bl. 6R).Randnummer2

Ebenfalls am 28.06.2004 schloss der Kläger einen Vertrag mit der A2 AG mit Sitz in der deutschen Stadt … über den Erwerb von Genussscheinen mit Gewinn- und Verlustbeteiligung im Wert von insgesamt 6.000 € (Anl K5, Bl. 29). Nach dem Vertrag sollten Genussscheine zum A1 Fund B erworben werden. Die A2 AG wurde in die A3 AG mit Sitz in W… umgewandelt. Sie benannte sich in A4 AG um, wurde durch Beschluss vom 29.08.2013 in eine GmbH umgewandelt und firmierte sodann als A4 GmbH. Sitz der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Sitz der Gesellschaft
blieb W…. Ausweislich einer Registerauskunft der Republik Österreich (Anl K 2, Bl. 7) ist die A4 GmbH aufgrund eines Beschlusses der Generalversammlung vom 25.09.2018 als übertragende Gesellschaft mit der Beklagten als übernehmender Gesellschaft verschmolzen. Die A4 GmbH wurde am 15.02.2019 aus dem Register gelöscht.Randnummer3

Der Kläger wurde über die Umwandlungen der Gesellschaften, an denen er sich als stiller Gesellschafter und als Inhaber von Genussrechten beteiligt hatte, mit zwei im Februar 2019 übersandten Schreiben informiert. In diesen Schreiben wurde ihm mitgeteilt, dass seine Beteiligungen sich automatisch in Aktien umgewandelt hätten. Ihm wurde mitgeteilt, dass seine stille Beteiligung rechnerisch einen Wert von 6.300 € habe bei einem Einzahlungsstand von 9.000 €; der rechnerische Wert der Genussrechte wurde mit 5.030,65 € bei einem Einzahlungsstand von 6.000 € angegeben. Mit Schreiben vom 13.02.2020 kündigte der Kläger seine Beteiligungen außerordentlich.Randnummer4

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die internationale Zuständigkeit für Streitigkeiten über beide Anlageformen sei begründet, da die Vertragspartnerinnen für beide Verträge in Deutschland ansässige Gesellschaften gewesen seien.Randnummer5

Hinsichtlich der atypisch stillen Beteiligung meint er, er habe einen Anspruch auf Auszahlung, da er als Anleger der Umwandlung hätte zustimmen müssen. Die Umwandlung sei eine Maßnahme nach § 5 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages, die nicht im Gesellschaftsvertrag geregelt sei (Bl. 23R des Vertrages). Er sei berechtigt, den mit der A2 AG geschlossenen Vertrag zu kündigen und könne in der Folge seiner Kündigung gemäß § 15 des Vertrages die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens einschließlich einer Beteiligung an stillen Reserven und seinem Anteil am Unternehmenswert verlangen. Da eine ordentliche Abrechnung ihm nicht zur Verfügung gestellt worden sei, gehe er davon aus, dass ihm die Einlage in voller Höhe erstattet werden müsse. Jedenfalls stehe ihm ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil ihm keine der atypisch stillen Beteiligung gleichwertigen Rechte nach der Umwandlung gewährt worden seien. Die B-Aktien, die er an der Beklagten gehalten habe, seien nicht kündbar und begründeten keine Einsichts- oder Auskunftsrechte.Randnummer6

Zur Beteiligung mit Genussrechten hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass er ebenfalls zur Umwandlung der A4 GmbH, an der er beteiligt war, hätte zustimmen müssen. Seine Beteiligung genieße nach § 7 der Zeichnungsbedingungen einen Bestandsschutz, die in § 10 der Genussrechtsbedingungen aufgenommenen Voraussetzungen einer Änderung der Beteiligung seien nicht erfüllt. Die von der Beklagten gewährten Aktien seien gegenüber der gezeichneten Beteiligung minderwertig, da sie nicht kündbar seien und die Rückzahlung ausgeschlossen sei. Sie seien lediglich handelbar. Nach außerordentlicher Kündigung, zu der er berechtigt sei, sei die Beteiligung abzurechnen und auszuzahlen. Da die Beklagte seiner Auffassung nach nicht ausreichend zu den anzurechnenden Verlusten vorgetragen habe, sei seine Beteiligung in voller Höhe zu erstatten. Ihm sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte vom Wert seiner Beteiligung einen Betrag von 2.700 € als Steuervorteil in Abzug gebracht habe.Randnummer7

Hilfsweise hat er im Wege einer Stufenklage Anträge angekündigt, nach deren Inhalt er die Erstellung von Abrechnungen und die Auszahlung des sich danach ergebenden Guthabens begehrt.Randnummer8

Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt und hat eingewandt, das Landgericht Potsdam sei international nicht zuständig. Die Klägerin sei keine Verbraucherin, sondern sei nach der Umwandlung Gesellschafterin der Beklagten, da sie sogenannte „B-Anteile“ infolge der Verschmelzung erhalten habe, die mit den ursprünglichen Anteilen gleichwertig seien. Es handele sich infolgedessen um eine gesellschaftsinterne Streitigkeit, die an dem für den Sitz der Beklagten maßgeblichen Gerichtsstand in England zu führen sei. Sie ist der Auffassung gewesen, dass die Kündigung nicht wirksam erklärt worden sei, weil es an einem außerordentlichen Kündigungsgrund fehle und die Kündigung auch erst ein Jahr nach der Verschmelzung erklärt worden sei. Zudem werde sie nur für die Zukunft wirksam, nicht rückwirkend zum 31.12.2018.Randnummer9

Zum maßgeblichen Stichtag sei die Beteiligung in Form der atypisch stillen Beteiligung nicht mehr werthaltig gewesen, da die Jahresabschlüsse zum 31.12.2017 und 31.12.2018 jeweils Verlustzuweisungen aufgeführt hätten (s. Anlagenband I., Bl .1-4). Die Klägerin hätte ihrer Auffassung nach etwaige Ansprüche wegen nicht gleichwertig gewährter Beteiligungen in einem Spruchverfahren geltend machen müssen. Daher sei die Leistungsklage insoweit nicht statthaft. Im Übrigen bestehe kein Kündigungsrecht infolge einer Verschmelzung. Vielmehr könne der Kläger allenfalls – sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben wären – Ansprüche nach § 23 UmwG geltend machen. Ihm seien hier aber B-Anteile im Umfang von 6.300 Anteilen gewährt worden.Randnummer10

Die Genussrechte seien infolge einer Kapitalherabsetzung auf „0“ reduziert worden, wie die zum Zeitpunkt der Umwandlung am 31.12.2018 gefertigte Bilanz der A4 GmbH ausweise. In Höhe von 5.514.061,14 € sei der Verlust durch Erträge aus der Herabsetzung des ihrer Auffassung nach nachrangigen Genussrechtskapitals ausgeglichen worden. Rechtliche Grundlage sei § 96 Abs. 2 öGmbHG i. V. m. § 226 Abs. 3 öAktG. Danach seien den Genussrechtsinhabern gleichwertige Rechte zu gewähren. Die B-Anteile seien gleichwertige Rechte: Sie gewährten Gewinnbeteiligung, Verlustbeteiligung, Nachrang gegenüber Gläubigern, aber – insoweit für die Anleger vorteilhafter gegenüber den Genussrechten – eine Beteiligung am Vermögen, stillen Reserven und dem Unternehmenswert der Beklagten.Randnummer11

Die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren hält sie für überhöht, im Übrigen fehle es an einer Anspruchsgrundlage.Randnummer12

Wegen des Sachverhaltes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils ergänzend Bezug genommen.Randnummer13

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 11.060,05 € nebst Zinsen sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch aufgrund der Verletzung der Genussrechtsbedingungen. Die Beklagte habe die Umwandlung und Verschmelzung durchgeführt und damit die Genussrechte zum Erlöschen gebracht. Der dem Kläger zu ersetzende Wert belaufe sich mindestens auf den von der Beklagten im Februar 2019 mitgeteilten rechnerischen Wert von 5.030,65 €. In Bezug auf die stille Beteiligung habe die Klägerin einen Ersatzanspruch in Höhe von 6.030 €. Die vom Kläger ausgesprochene Kündigung sei nicht wirksam. Der Kläger habe sie verspätet erklärt. Ihm stehe aber ein Ersatzanspruch zu, weil die Beklagte seine Zustimmung zur Verschmelzung hätte einholen müssen und die dem Kläger gewährten Anteile an der Beklagten mit der früheren stillen Beteiligung nicht gleichwertig gewesen seien.Randnummer14

Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, das Landgericht habe sich mit den rechtlichen Grundlagen der Anlageformen und der Wirkung der Verschmelzung auf die Anlageformen nicht zutreffend befasst. Für die früheren Genussrechte sei der Verschmelzungsstichtag der 31.12.2017 gewesen. Die Genussrechte seien keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung, sondern sogenannte „Sonderrechte“, die kein Stimmrecht für die Umwandlung begründeten und für die gleichwertige Rechte gewährt werden müssten. Ihr Wert bestimme sich im Verhältnis zur wirtschaftlichen Entwicklung des übertragenden Unternehmens und sei daher bei der Umwandlung neu zu bestimmen gewesen. Dies ergebe sich aus Art. 13 der Richtlinie (EG) Nr. 78/855 über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften. Die Sonderrechtsinhaber hätten auch nach der Umwandlung einen Anspruch auf Rückkauf der Rechte durch die Beklagte. Die Beklagte habe Aktien gewährt, die gleichwertig seien. Der Wert der Genussrechte sei bedauerlicherweise zum Verschmelzungsstichtag „0“ gewesen. Die Genussrechte werden an den Verlusten der Gesellschaft beteiligt. Die Bilanz weise daher für die Genussrechte einen Wert von 0,00 € (Anl BB 2) aus. Dem eingezahlten Genusskapital seien über die Jahre der Beteiligung Verluste in Höhe von 56.658.238,08 € zugewiesen worden. Die Verlustbeteiligung treffe die Genussrechte während der gesamten Beteiligungsdauer. Ein Teil der Verluste sei durch das Genussrechtskapital ausgeglichen worden. Es seien aber noch Verluste verblieben, die in die Bilanz eingetragen worden seien. Sie stellt die Bilanzposition des Verlustes zum 31.12.2017 (Bl. 45) im Einzelnen dar (Bl. 46). Sie schulde für die Genussrechte keine Abrechnung bei der Umwandlung, sondern allenfalls die Vorlage der Bilanz. Diese habe sie vorgelegt. Der mitgeteilte rechnerische Wert sei davon zu trennen. Er stelle nicht den Wert der Genussrechte, sondern den Wert dar, der sich rechnerisch für die neu gebildeten B-Shares an der Beklagten ergebe. Der Unterschied sei, dass die B-Shares am Unternehmenswert und an den stillen Reserven teilnähmen, so dass trotz der aktuell geringen Bilanzierung und des nicht bestehenden positiven Guthabens rechnerisch ein Wert zu ermitteln sei. Dass die B-Shares in der Bewertung mit 0,001 € mitgeteilt werden, stelle keine Abwertung dar. Die Zahl bezeichne lediglich den Anteil an der Gesamtzahl von Aktien und den Anteil am Kapital, der prozentual angegeben werde (Bl. 49). Die B-Shares gewährten umgehend einen Gewinnanteil, der Anleger stehe daher günstiger. Bei den Genussrechten muss der Anleger demgegenüber warten, bis sein Anteil wieder positiv ist. Sie habe mithin keine Pflicht verletzt und dem Kläger sei auch kein Schaden entstanden.Randnummer15

Die atypisch stille BeteiligungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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sei ebenfalls zur Zeit der Verschmelzung wertlos gewesen. Auch insoweit seien dem Kläger aber gleichwertige Rechte eingeräumt worden, da die B-Anteile eine Gewinnbeteiligung, eine Verlustbeteiligung, den Nachrang gegenüber Gläubigern, die Beteiligung am Vermögen, stillen Reserven und dem Unternehmenswert gewährten. Auch insoweit sei nicht der rechnerische Wert zu zahlen. Er sei ermittelt worden aus dem Nominalbetrag der Beteiligung abzüglich des Steuervorteils, der sich aus dem Totalverlust der Beteiligung ergebe. Deswegen sei auch insoweit kein Anspruch auf Auszahlung begründet.Randnummer16

Die Beklagte beantragt,Randnummer17

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 26.06.2021 abzuändern und die Klage abzuweisen.Randnummer18

Der Kläger beantragt,Randnummer19

die Berufung zurückzuweisen.Randnummer20

Mit seiner eigenen Berufung beantragt der Kläger,Randnummer21

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 26.08.2022 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen über den Betrag von 11.060,65 € hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 3.939,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2020 zu zahlen.Randnummer22

Der Kläger ist der Ansicht, er habe einen Anspruch auf Erstattung seiner jeweiligen Beteiligungen in voller Höhe. Zur Begründung führt er aus, dass seiner Ansicht nach die Verluste, die die Beklagte mit den Genussrechten ausgeglichen habe, nicht ausreichend dargelegt seien. Es sei unklar, warum die Aktiva der Gesellschaft, die verschmolzen wurde, von 72 Mio € in 2016 auf 20 Mio € in 2017 gesunken seien. Es bleibe offen, warum die Abwertung des Kapitals nur „temporär“ gelten solle.Randnummer23

Hinsichtlich der atypisch stillen Gesellschaft seien die vertraglichen Bedingungen verletzt worden, weil die stillen Gesellschafter der Verschmelzung nicht zugestimmt hätten. Daher stehe ihm ein Schadensersatzanspruch zu, der den Wert seiner Einlage erfasse, die ihm im Fall der Kündigung ausgezahlt worden wäre. Deren Höhe habe die Beklagte nicht ausreichend dargelegt. Sie habe den Auseinandersetzungswert, der sich im Fall einer Kündigung ergeben hätte, nach § 15 des Vertrages vortragen müssen.Randnummer24

Die Beklagte beantragt,Randnummer25

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.Randnummer26

Ihrer Ansicht nach hat der Kläger zur Höhe seines Auseinandersetzungsanspruchs unzureichend vorgetragen. Er habe sich auf die Berechnung der Beklagten berufen, die gerade ausweise, dass der Beteiligung Verluste in voller Höhe der Beteiligung gegenüberstehen.Randnummer27

Der Kläger wiederholt und vertieft auf die Berufung der Beklagten seinen erstinstanzlichen Vortrag zur Begründung eines Ersatzanspruchs gegen die Beklagte. Seiner Auffassung nach habe die Beklagte die Wertlosigkeit der Genussrechte nicht ausreichend dargelegt.Randnummer28

Hinsichtlich der stillen Beteiligung ist er der Ansicht, dass seine Kündigung noch rechtzeitig erklärt worden sei, weil es sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht schwierigen Fall handele. Er vertieft seinen Vortrag aus der eigenen Berufungsbegründung und beruft sich auf verschiedene zu Gunsten der Anleger ergangene Entscheidungen.Randnummer29

Ergänzend wird wegen des Sachverhaltes im Einzelnen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Auf die zulässige Berufung der Beklagten ist das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage ist abzuweisen. Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

1.

Die internationale Zuständigkeit, die auch in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 28.11.2002 – III ZR 102/02, NJW 2003, 426 Rn. 10; BGHZ 115, 90, 91; BGHZ 134, 127, 129), ist gegeben. Für das Verfahren sind deutsche Gerichte zuständig.Randnummer32

Für die im Jahr 2020 bewirkte Zustellung finden die europarechtlichen Regelungen über die internationale Zuständigkeit noch in der bis zum 31.12.2020 geltenden Übergangsfrist Anwendung, Art. 126, Art. 127 Abs. 1 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands aus der Europäischen Union und aus Europäischen Atomgemeinschaft vom 24.01.2020 (ABl. L 29 vom 31.01.2020, S. 7).Randnummer33

Die Zuständigkeit richtet sich nach Art. 66 Abs. 1, 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 EuGVVO. Danach gilt für Verfahren, die Ansprüche aus einem Vertrag betreffen, den eine Person, der Verbraucher ist, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zuzurechnen ist, der für die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen anwendbare Abschnitt 4 des EuGVVO Anwendung, wenn der andere Teil in dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (MüKoZPO/Gottwald, Art. 17 EuGVVO Rn 9; Dörner/EG-Anerkennungs/VollstreckungsZustVO, Art. 17 EuGVVO Rn. 13; Musielak/Voit/Stadler § 17 EuGVVO Rn. 7b; OLG Frankfurt, NJW-RR 2009, 645) am 28.06.2004 übten sowohl die A1 GmbH als auch die A2 AG ihre Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland aus. Der Kläger ist berechtigt, die Klage in der Verbrauchersache nach Art. 18 Abs. 1 EuGVVO vor dem Gericht des Ortes zu erheben, wo er seinen Wohnsitz hat.Randnummer34

Soweit die A2 AG später in die A3 AG mit Sitz in W… umgewandelt wurde und die Beklagte Rechtsnachfolgerin der A3 AG geworden ist, kann sie sich nicht auf ihre fehlende eigene Tätigkeit in der Bundesrepublik berufen. Vielmehr bleibt die Rechtsnachfolge ohne Einfluss auf die einmal begründete internationale Zuständigkeit (BGH, Urteil vom 09.02.2017 – IX ZR 67/16, MMR 2018, 95).Randnummer35

Der Kläger handelte auch nicht als Aktionär der Beklagten mit der Folge, dass für die internationale Zuständigkeit Gesellschaftsrecht (Art. 1 Abs. 2 lit f) Rom-I-VO) Anwendung finden würde. Dies gilt, soweit der Kläger die schuldrechtliche Genussrechtsbeteiligung gezeichnet hat, da Genussrechte Dauerschuldverhältnisse eigener Art sind, die keine Mitgliedschaftsrechte begründen, sondern schuldrechtliche Ansprüche, die Gesellschafter- oder aktienrechtlichen Ansprüchen lediglich nachgebildet sein können (BGH, Urteil vom 05.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, juris Rn 9).Randnummer36

Aber auch die vom Kläger gezeichnete stille Beteiligung ist nicht gesellschaftsrechtlicher Natur, sondern vertragsrechtlich zu qualifizieren (BGH, Urteil vom 13.09.2004 – II ZR 276/02, WM 2004, 2150, juris Rn 4; Urteil vom 10.06.2015 – IV ZR 69/14, NJW 2015, 2581 Rn. 12).Randnummer37

Ein abweichender internationaler Gerichtsstand ist nicht vereinbart worden. Die Vertragspartnerinnen des Klägers hatten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren Sitz in Deutschland.

2.

Auf die vom Kläger gezeichneten Anlagen findet deutsches Recht Anwendung.

a.

Der Kläger zeichnete die Genussrechtsbeteiligung am 28.06.2004, als die Anlagegesellschaft als A2 AG firmierte und in K… ansässig war (HReg …, B 8787). Es handelte sich dabei um eine Beteiligung an einer deutschen Gesellschaft, an der sich der in Deutschland wohnhafte Kläger beteiligte. Nach dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch anwendbaren Art. 28 Abs. 1 EGBGB ist das Recht des Staates anwendbar, zu dem er die engsten Verbindungen aufweist. Dies war hier das deutsche Recht.Randnummer40

Die Rechtsanwendung für die Beteiligung des Klägers änderte sich weder durch den Formwechsel der A2 AG nach deutschem Recht in die A3 AG nach österreichischem Recht, die – konkret ist dies nicht vorgetragen – im Jahr 2005 vorgenommen wurde, noch durch die sich anschließende Umwandlung in die A4 AG bzw. A4 GmbH.

b.

Ebenso ist die Konstellation bei der stillen Beteiligung an der A1 GmbH, die ihren Sitz in … hatte und ebenfalls mit der Beklagten durch Übernahme verschmolzen ist (Anl K1, Bl. 6).

3.

Eine Umwandlung der Genussrechte in Aktien ist auch nicht kraft Gesetzes eingetreten.Randnummer43

Soweit die Folgen der Verschmelzung auf die erworbene Genussrechtsbeteiligung zu prüfen sind, findet ebenfalls deutsches Recht Anwendung. Für grenzüberschreitende Verschmelzungen gilt zwar grundsätzlich, dass das Recht desjenigen Staates Anwendung findet, nach dessen Recht der übernehmende Rechtsträger gegründet wird (EuGH Urteil vom 12.07.2012 – C 378/10 „Vale“). Allerdings gilt Abweichendes für Finanzierungsvereinbarungen, die die zuziehende Gesellschaft vor der Verschmelzung geschlossen hat.Randnummer44

Bei der hier eingetretenen Umwandlung handelt es sich nach dem Vortrag der Beklagten um eine grenzüberschreitende Verschmelzung durch Aufnahme, die die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2005/56/EG vom 26.10.2005 erfüllt, da die A4 GmbH nach dem Vortrag der Beklagten ihr Vermögen auf die Beklagte übertragen hat. Art. 2 Abs. 2 lit a) regelt den Fall der Aufnahme durch eine Gesellschaft, die nicht zuvor Anteilsinhaberin der übergehenden Gesellschaft ist. Dies war hier der Fall (s. Präambel zum Verschmelzungsplan, Bl. 10 Anlbd I). Für die Umwandlung sieht Art. 14 Abs. 1 lit a) der Richtlinie 2005/56/EG vor, dass das Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft übergeht. Dies bewirkt, dass die übernehmende Gesellschaft hinsichtlich sämtlicher Verträge, die von der übertragenden Gesellschaft geschlossen wurden, als Partei an deren Stelle tritt. Damit ist das Recht, das vor der Verschmelzung auf diese Verträge anzuwenden war, auch nach der Verschmelzung anzuwenden (EuGH, Urteil vom 07.04.2016 – C-483/14, IPrax 2016, 589 Rn. 57).

4.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens nach außerordentlicher Kündigung. Obwohl er nach eigenem Vortrag im Februar 2019 Mitteilungen an die Anleger erhielt (Anl K7 und K8, Bl. 31, 34), erklärte er die Kündigung der Anlagen am 13.02.2020 (Anl K9, Bl. 37), gestützt auf die Angaben in den im Februar 2019 erhaltenen Schreiben und berief sich hinsichtlich des Zahlungsanspruchs auf die Berechnung seiner Anlagen zum 31.12.2018.Randnummer46

Ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 314 BGB stand dem Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu, da es jedenfalls nicht innerhalb der gemäß § 314 Abs. 3 BGB vorgesehenen angemessenen Frist ausgeübt worden ist.Randnummer47

Die Frist hat den Zweck, dem anderen Vertragspartner in angemessener Zeit Klarheit über den Bestand des Vertrages zu verschaffen, zudem ist davon auszugehen, dass ein längeres Zuwarten dafür spricht, dass der zur Kündigung Berechtigte das Festhalten am Vertrag nicht für unzumutbar hält. Dabei sind die tatsächlichen Umstände, die Bedeutung des Kündigungsgrundes, die Auswirkungen für die Beteiligten und der Umfang der für den Kündigenden zuvor vorzunehmenden Prüfungen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 23.04.2010 – LwZR 20/09, NZM 2010, 552 Rn. 13). Unter Beachtung aller Umstände ist hier nicht davon auszugehen, dass eine nach einem Jahr erklärte Kündigung noch innerhalb angemessener Frist vorgenommen ist. Dass der Kläger sich vor seiner Kündigung zunächst bei der Beklagten nach der Bedeutung der Umwandlung seiner Beteiligung in B-Aktien erkundigte oder rechtlichen Rat einholte, begründet eine derart lange Frist nicht. Vielmehr wäre er binnen eines Zeitraums von bis zu sechs Monaten in der Lage gewesen, Informationen einzuholen, um sich Klarheit zu verschaffen, ob er infolge der Verschmelzung die Kündigung erklären will.

5.

Die ordentliche Kündigung der Genussrechte konnte der Kläger gemäß § 5 der Genussrechtsbedingungen (Anlbd II, Bl. 115) mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten, mithin im Februar 2020 zum August 2020 erklären. Die ordentliche Kündigung einer atypisch stillen Beteiligung war – jedenfalls nach den vom Kläger vorgelegten Bedingungen (Stand: 03.08.2005) – gemäß § 14 Abs. 1 mit einer Kündigungsfrist von 24 Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres möglich (Anl K4, Bl. 23). Auf den Auseinandersetzungswert der Genussrechte bzw. der stillen Beteiligung zu diesem Zeitpunkt stützt der Kläger seine Klage nicht.

6.

Auch ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung des § 23 UmwG ist nicht begründet. Nach § 23 UmwG sind den Inhabern von stimmrechtslosen Sonderrechten an dem übertragenden Rechtsträger bei der Verschmelzung gleichwertige Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger zu gewähren. Sowohl Genussrechte als auch stille Beteiligungen sind solche Sonderrechte, da sie keine Stimmrechte gewähren, aber eine Gewinnbeteiligung vorsehen, die durch die Verschmelzung an dem dann größeren Unternehmen und wegen des veränderten Verhältnisses des Anteils am Gesamtvermögen der Gefahr einer Entwertung unterliegen.Randnummer50

Ob die von der Beklagten hier gewährten Rechte, die sogenannten B-Aktien gleichwertig sind, hängt von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ab. Maßgeblich ist die inhaltliche Ausgestaltung und Anpassung auf die durch die Verschmelzung herbeigeführte Situation (BGH, Urteil vom 28.05.2013 – II ZR 67/12, NZG 2013, 987). Soweit der Anspruch auf Gewährung gleichwertiger Rechte nicht erfüllt wird, kann der Inhaber des Sonderrechts die Rechte geltend machen, die sich ergäben, wenn ihm die Rechte, die ihm zustehen, gewährt worden wären (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2013 – II ZR 67/12, NZG 2013, 987 (992), für Gewinnansprüche aus einer Genussrechtsbeteiligung, die der dortige Kläger trotz Umwandlung geltend machte). Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die gewährten B-Aktien gegenüber den Genussrechten und der atypisch stillen Beteiligung gleichwertig sind. Denn der Kläger vermag nicht darzulegen, dass der Anspruch auf „Anpassung“ hier zu einem Zahlungsanspruch nach dem Umwandlungsstichtag führt.

a.

Der Kläger beruft sich darauf, dass die B-Aktien wirtschaftlich weniger attraktiv sind, vor allem weil sie – anders als die Genussrechte – nicht kündbar sind. Die Gleichwertigkeit im Einzelnen kann indes dahinstehen, da dem Kläger als Folge einer nicht gleichwertig gewährten Anlage kein Anspruch auf Auszahlung der ursprünglichen Anlagesumme oder in Höhe der im Februar 2019 mitgeteilten rechnerischen Bewertung zusteht. Auch wenn dem Kläger wirtschaftlich gleichwertige, nämlich kündbare Rechte gewährt worden wären, hätte er die Anlage in Form der Genussrechte kündigen und deren Wert im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung verlangen können. Ausgehend vom Vortrag der Parteien führte aber die Auszahlung der Genussrechte hier nicht zu einem Zahlungsanspruch. Vielmehr ist wegen einer vollen Verlusttragung der Genussrechte bereits zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Umwandlung ohne Darlegung weiterer Umstände nicht davon auszugehen, dass bei Wirksamwerden der Kündigung der nach der Umwandlung gebildeten Anteile ein Guthaben bestanden hätte, das auszuzahlen wäre.Randnummer52

Die Beklagte hat hier – insoweit anders als in dem bereits vom Senat entschiedenen Verfahren 7 U 63/21 – vorgetragen, dass die Genussrechte in der Bilanz für Verluste aus dem laufenden Geschäft aufgekommen sind und – Jahr für Jahr – mit den Verlusten zu verrechnen waren. Sie hat mitgeteilt, dass aus der Veräußerung anderer von ihrer Rechtsvorgängerin gehaltener Anlagen ein negativer Saldo entstanden sei, der mit dem Genussrechtskapital ausgeglichen worden sei. Eine solche bilanzielle Verrechnung nach den Genussrechtsbedingungen war auch zulässig. Die hier anwendbaren Genussrechtsbedingungen (AnlBd. II, Bl. 115 f.) sehen in § 4 Abs. 1 eine Verlustbeteiligung bis zur vollen Höhe der Anlage vor, da die Genussrechte vorrangig gegenüber anderen besonders geschützten Kapitalbestandteilen der Genussrechtsgeberin zu vermindern sind. Die Verrechnung mit entstandenen Verlusten ist danach zulässig.Randnummer53

Die bilanzielle Entwicklung der Beklagten bzw. der A4 GmbH hat der Kläger nicht konkret angegriffen. Er trägt mit der Berufung vor, dass die erheblichen Defizite ihm nicht nachvollziehbar seien, insbesondere die Verluste in 2017 gegenüber dem Ergebnis von 2016. Die Beklagte ist aber nicht gehalten, auf diesen allgemein gehaltenen Einwand hin im Rechtsstreit die wirtschaftliche Entwicklung der A4 GmbH im Einzelnen darzustellen, da es der Kläger auch als Genussrechtsinhaber in der Hand hat, sich durch Auskunftsverlangen nähere Erkenntnis über einzelne Bilanzpositionen zu verschaffen und diese im Einzelnen zu bestreiten (vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2016 – II ZR 121/15, NZG 2016, 983).Randnummer54

Anders als in dem vorangegangenen Verfahren hat die Beklagte hier erläutert, dass sie die Mitteilung über die Beteiligung aus Februar 2019, die einen „rechnerischen Wert“ der umgewandelten Beteiligung von 5.030,65 € aufführt, nicht den Auseinandersetzungswert im Fall einer Beendigung der Genussrechtsbeteiligung an der A4 GmbH darstellt, sondern den Wert, der sich für die in B-Aktien umgewandelten Genussrechte rechnerisch ergibt. Der Unterschied in der Bewertung der Genussrechte im Vergleich zu den B-Aktien bestehe darin, dass die Genussrechte ein Einzahlungskonto darstellen, das sich durch Gewinnausschüttungen erhöhen und durch Verluste vermindern kann. Es müsse bei einer Verminderung durch Gewinne in den folgenden Jahren aufgewertet werden. Der rechnerische Wert der B-Aktien stelle den Wert des Anteils am Vermögen der Beklagten dar, der berechnet unter Einbeziehung des Unternehmenswertes und der stillen Reserven ermittelt worden ist (Bl. 48 e-A). Er soll in die Zukunft gerichtet den zukünftig erzielbaren Wert der „neuen“ Beteiligung darstellen.Randnummer55

Der Text der an den Kläger übermittelten Informationen weist nicht auf Abweichendes hin und begründet keine weiteren Darlegungsanforderungen für die Beklagte: im Schreiben an den Kläger als Genussrechtsinhaber (Anl K8, Bl. 34) wird zu den bisherigen Gewinnen aus der Genussrechtsbeteiligung ausgeführt, dass diese bei 80,29 % der Beteiligung gelegen hätten. Für die Zukunft trete infolge der Umwandlung der Genussrechte in B-Aktien eine Beteiligung an Vermögen, stillen Reserven und Unternehmenswert ein. In dem Auszug aus der Vertragshistorie ist sodann die Dividendenzahlung von 4.817,50 € (Bl. 34R) im Zeitraum von Investitionsbeginn bis zum 31.12.2018 aufgeführt, die 80,29 % der ursprünglich angelegten Summe entspreche. Der „rechnerische Wert der Genussrechte“ zum 31.12.2018 ist mit 5.030,65 € angegeben. Er wird einem „Gesamtbeteiligungsbuchwert“ in nahezu derselben Höhe gegenüber gestellt sowie einem möglichen Beteiligungsbuchwert bei vollständiger Realisierung eines Aufwertungspotentials von 7.439,37 €. Der Auszug ist mit dem Hinweis versehen, dass die „vorstehenden Darstellungen zum rechnerischen Wert der Genussrechte zum 31.12.2018, dem rechnerischen Anteil an der Kapitalrücklage, dem Gesamtbeteiligungsbuchwert und dem rechnerischen Beteiligungsbuchwert „kein Anerkenntnis darstellte und keine Zahlungspflichten / – rechte“ der Beklagten gegenüber dem Anleger“ begründe.Randnummer56

Zu der zum Umwandlungsstichtag, dem 31.12.2017 (§ 4 des Verschmelzungsplans, Anlbd I Bl. 13) geltenden Bewertung der Genussrechte hat die Beklagte vorgetragen: Das Genussrechtskapital von 74.203.120,02 € sei in der Bilanz der A4 GmbH zum 31.12.2017 mit einer Verlustzuweisung von 56.658.238,08 € verbucht worden (Bl. 41 eA), um kein negatives Jahresergebnis auszuweisen. Es handele sich um Veräußerungsverluste aus dem Jahr 2017, nicht um eine Beteiligung am Verlustvortrag. Der Jahresverlust sei dadurch auf 0,00 € reduziert worden. Bei einer Bilanzierung nach den IFRS-Richtlinien ergebe sich trotz der Verrechnung mit den Genussrechten ein Jahresverlust von 459.413,70 € (Bl. 46 eA).Randnummer57

Der für die Begründung seines Anspruchs darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat nicht dargelegt, inwiefern die Bilanzierung der Beklagten unrichtig sei oder die Verrechnung mit VerlustenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Verrechnung
Verrechnung mit Verlusten
den Genussrechtsbedingungen nicht entsprochen haben soll. Zwar trifft es zu, dass das Schreiben zur Umwandlung der Genussrechtsbeteiligung aus Februar 2019 insoweit nicht klar verständlich war, als sich der auf „0“ reduzierte Wert der Genussrechtsbeteiligung zum Umwandlungsstichtag daraus nicht ersehen ließ. Vielmehr wurden dem Kläger – nach der Umwandlung – sogenannte „rechnerische Werte“ mitgeteilt, die einen positiven Eindruck von dem wirtschaftlichen Potential der Beklagten vermitteln sollten, die aber, wie sich aus dem Schreiben weiter ergibt, keine Verbindlichkeit haben und Zahlungspflichten nicht begründen sollten. Zur Begründung eines bei Gewährung kündbarer Rechte zu erwartenden positiven Ergebnisses, das hier eine Zahlungspflicht begründen könnte, ist das Schreiben vom Februar 2019 damit nicht geeignet. Die im Rechtsstreit von der Beklagten vorgetragene tatsächliche Entwicklung der Genussrechtsbeteiligung steht auch nicht in Widerspruch zu vorherigen Abrechnungen der Beklagten. Der vom Kläger vorgelegte Transaktionsbericht vom 21.12.2017 (Anl K11, Bl. 42) weist zum 31.12.2016 bereits eine „unverbuchte Verlustteilnahme“ von -2.769,36 € aus (Bl. 42R).

b.

Hinsichtlich der Umwandlung der stillen Beteiligung in B-Aktien legt der Kläger eine ohne die Umwandlung potentiell eingetretene positive Entwicklung ebenso wenig dar. Die Beklagte hat sich auch insoweit auf ihre Bilanzen zum 31.12.2017 und 31.03.2018 berufen (Anl B3, B4, Bl. 1-4 Anlbd. I), die das Kapital der stillen Gesellschafter mit „0“ ausweisen. Die vom Kläger vorgelegte Information vom Februar 2019 führt hier bereits die bis zum 31.03.2018 eingetretene Zuweisung von „steuerlichen nutzbaren Verlusten in Höhe von bis zu 100 % des bis dahin investierten Kapitals“ auf (Anl K7, Bl. 31, Bl. 31R). Auch insoweit hat die Beklagte dargestellt, dass die stille Beteiligung durch Verluste auf „0“ reduziert sei im Zeitpunkt der Umwandlung. Die stille Beteiligung haftet – wie die Genussrechte – auch für Verluste bis zur vollen Höhe (vgl. vom Kläger vorgelegte Bedingungen der stillen Beteiligung, Bl. 14 R der Akte).Randnummer59

Daher ergibt sich auch bei fehlender Gleichwertigkeit der gewährten Rechte an der Beklagten kein Anspruch aus § 23 UmwG auf Erstattung der Einlage in voller Höhe oder in Höhe des im Februar 2019 mitgeteilten rechnerischen Wertes.

7.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711, § 713 ZPO.Randnummer61

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung des Senats beruht auf einer abweichenden Würdigung des vorgetragenen Sach- und Streitstandes im Einzelfall und der darauf beruhenden Beurteilung der Frage, ob die Beklagte ihrer erweiterten Darlegungslast zum Wert der Anlagen im Zeitpunkt der Umwandlung ausreichend nachgekommen ist. Die im Schriftsatz vom 14.06.2023 zitierten Entscheidungen – soweit sie veröffentlicht wurden – bestätigen dies: So beruht die Zurückweisung der Berufung im Verfahren 12 U 58/22 unter anderem darauf, dass in der – von der hier übersandten abweichenden – Anlegerinformation eine „temporäre Abwertung“ mitgeteilt worden sei, die der Senat bewertet. Im Verfahren 12 U 100/22 führt der Senat zur aus seiner Sicht unzureichenden Darlegung der Beklagten aus, dass die Bilanz zum 31.12.2018 nicht vorgelegt worden sei. Eine abweichende Beurteilung derselben Rechtsfrage, auf der die Entscheidung beruht, ist nicht ersichtlich.Randnummer62

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 15.000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 48 Abs. 1, § 45 Abs. 2 GKG).

Schlagworte: Auseinandersetzung, Auseinandersetzungsbilanz, Außerordentliche Kündigung, Verschmelzung, Vorausabtretung Abfindungsanspruch/Auseinandersetzungsguthaben und Abtretung des Geschäftsanteils