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OLG Nürnberg, Urteil vom 09.07.2008 – 12 U 690/07

§ 29 Abs 2 GmbHG, § 42a Abs 2 GmbHG, § 46 Nr 1 GmbHG, § 266 Abs 3 Abschn A UAbschn III HGB, § 266 Abs 3 Abschn A UAbschn IV HGB, § 138 BGB, § 226 BGB, § 242 BGB, § 826 BGB – Aushungern von Minderheitsgesellschaftern

1. Die Anfechtungsklage setzt die Feststellung eines bestimmten Beschlussergebnisses voraus, das im Klagewege „kassiert“ werden soll, bis dahin aber vorläufig wirksam und für alle Beteiligten verbindlich ist. Fehlt es an einem festgestellten Gesellschafterbeschluss, bleibt den Betroffenen allein die Erhebung der nicht fristgebundenen, nur der Verwirkung unterliegenden Feststellungsklage (BGH, Urteil vom 11. Februar 2008 – II ZR 187/06, ZIP 2008, 757 m.w.N.).

2. Bei der Entscheidung über die Ergebnisverwendung sind die berechtigten interessen der einzelnen Gesellschafter an einer hohen Gewinnausschüttung gegenüber dem Interesse der Gesellschaft an einer Rücklagenbildung, den Bedürfnissen der Selbstfinanzierung und Zukunftssicherung der Gesellschaft abzuwägen.

3. Für diese Abwägung und insoweit in Betracht kommende prognostische Erwägungen ist der Kenntnisstand der Gesellschafter zum Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgebend.

4. Eine gerichtliche Überprüfung dieser Abwägung kann nicht dazu führen, dass nur eine einzig denkbare Entscheidung alle abzuwägenden interessen angemessen berücksichtigt und sämtliche anderen Entscheidungsmöglichkeiten über eine Ergebnisverwendung fehlerhaft wären. Andernfalls würden unternehmerische Entscheidungen allein vom Gericht getroffen. Ein derartiger Eingriff des Gerichts in den Kernbereich unternehmerischer Autonomie ist unzulässig. Die von der Gesellschafterversammlung getroffene Entscheidung darf nur äußerst restriktiv daraufhin überprüft werden, ob sie gegen gesetzliche Schranken (§§ 138, 226, 242, 826 BGB) verstößt oder ob sich das Abstimmungsverhalten einzelner Gesellschafter bei Abwägung der einzustellenden interessen als Verstoß gegen die Treuepflicht der Gesellschafter erweist.

5. Bei der Abwägung kann sich die Entscheidung des Mehrheitsgesellschafters zur Bildung einer Gewinnrücklage (hier 25 Millionen Euro) als treuwidrig erweisen, wenn hierdurch kein wesentlicher messbarer Vorteil für die Gesellschaft ersichtlich ist, andererseits das Gewinnausschüttungsinteresse des Minderheitsgesellschafters im Hinblick auf den erschwerten Zugriff auf eine Gewinnrücklage erheblich beeinträchtigt wird.

6. Ergebnisverwendungsbeschlüsse der Gesellschafter einer GmbH werden nicht dadurch bestätigt – mit der Folge, dass eine Anfechtung dieser Beschlüsse nicht mehr geltend gemacht werden kann -, dass im Folgejahr ein – nicht angefochtener – Beschluss über die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gefasst wird.

7. Ein Gewinnvortrag als auch eine Gewinnrücklage verbleiben im Vermögen der Gesellschaft und wird nicht als Gewinn an die Gesellschafter ausgeschüttet, verkürzt somit deren Gewinnauszahlungsansprüche in gleicher Weise. Ein Gewinnvortrag steht im Folgejahr – nach entsprechender Ergebnisfeststellung, die diesen Gewinnvortrag aufweist – automatisch erneut zur Disposition der Gesellschafter für eine Gewinnausschüttung. Eine Rücklage kann im Folgejahr nicht ohne weiteres an die Gesellschafter ausgeschüttet werden; dies setzt vielmehr die vorherige Auflösung der Rücklage durch Beschluss der Gesellschafter voraus. In diesem Sinne kann ein Gewinnvortrag auch als vorübergehende Rücklage – bis zum nächsten Ergebnisverwendungsbeschluss – bezeichnet werden, während es sich bei einer Gewinnrücklage um eine dauernde handelt (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG a.a.O. § 29 Rn. 23; Scholz/Emmerich, GmbHG a.a.O. § 29 Rn. 72).

Urteil

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des Landgerichts Amberg vom 5. März 2007 (Az. 41 HK O 1019/05) im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Klage, den in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 gefassten Beschluss, 25. Mio. Euro aus dem Gewinnvortrag von insgesamt ca. 29 Mio. Euro in eine Gewinnrücklage einzustellen, für nichtig zu erklären, abgewiesen wurde.

II. Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 gefasste Beschluss, 25 Mio. Euro aus dem Gewinnvortrag von insgesamt ca. 29 Mio. Euro in eine Gewinnrücklage einzustellen, wird für nichtig erklärt.

III. Die weitergehende Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Amberg vom 5. März 2007 wird zurückgewiesen.

IV. Es wird festgestellt, dass in der Nicht-Anfechtung des Beschlusses über die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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per 30. Juni 2005 keine Genehmigung der mit den Klageanträgen II und III angegriffenen Beschlüsse liegt,

V. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu 45 % und die Beklagte zu 55 %.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 %.des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

VII. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

I. Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf 773.504,69 EUR festgesetzt

II. Der Streitwertbeschluss des Landgerichts Amberg vom 5. März 2007 wird dahin abgeändert, dass der Streitwert für die erste Instanz bis zum 18. Dezember 2006 auf 832.405,37 EUR und für die Zeit danach auf 773.504,69 EUR festgesetzt wird.

Gründe

A.

Die Kläger, in ungeteilter Erbengemeinschaft (Minderheits-)Gesellschafter der beklagten GmbH, begehren

– mittels Anfechtungsklage die Nichtigerklärung eines in der Gesellschafterversammlung vom 18. Juli 2005 gefassten Beschlusses, vom Jahresüberschuss des Geschäftsjahres 2003/2004 einen Betrag von (nur) 1 Mio. EUR auszuschütten [= Klageantrag II 1],

– mittels Feststellungsklage die Feststellung, dass stattdessen in der Gesellschafterversammlung vom 18. Juli 2005 ein Beschluss dahingehend zustande gekommen ist, dass vom Jahresüberschuss des Geschäftsjahres 2003/2004 ein Betrag von 50 % (= 2.090.634,78 EUR) ausgeschüttet wird [= Klageantrag II 2],

– mittels Anfechtungsklage die Nichtigerklärung eines in der Gesellschafter-Versammlung vom 18. Juli 2005.gefassten Beschlusses, aus dem Gewinnvortrag in Höhe von ca. 29 Mio. EUR einen Betrag von 25 Mio. EUR in die Gewinnrücklage einzustellen [= Klageantrag III].

Die Beklagte, deren Mehrheitsgesellschafterin die Tante – Schwester des verstorbenen Vaters – der Kläger ist, begehrt Klageabweisung.

Soweit ursprünglich weitere Klageanträge, betreffend die Abberufung der vormaligen Geschäftsführerin Frau DMHP (samt entsprechender Hilfsanträge) streitgegenständlich waren [= ursprünglicher Klageantrag I], haben beide Parteien den Rechtsstreit bereits in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die 1946 gegründete und in das Handelsregister eingetragene (Anlage B57) Beklagte befasst sich mit Herstellung und Vertrieb von Maschinenteilen.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 31. Mai 1991 (Anlage K15) wurde eine Änderung der Satzung der Gesellschaft dahingehend beschlossen, dass in § 10 Nr. 6 als Aufgabe der Gesellschafterversammlung die. „Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Ergebnisverwendung, insbesondere die Bildung von Rücklagen, gemäß § 29 GmbHG in der Fassung vom. 19. Dezember 1985 und die Deckung etwaiger Verluste“ statuiert wurde. Auf die zuvor geltende Fassung der Satzung (Anlage K14; im‘ Folgenden: a.F.) und auf die geänderte Fassung (Anlage K.19, im Folgenden: n.F.) wird jeweils Bezug genommen. Diese Satzungsänderung wurde am gleichen Tag im Handelsregister eingetragen (Anlage B57).

Nach dem Ausscheiden der weiteren Gesellschafter M. T. W. geb. E., am 25. Juni 1991, C. E. 25. November 1996 und C. H. E. 29. Juni 2000 – insoweit hatten jeweils gerichtliche Ausschlussverfahren stattgefunden, in denen die genannten Gesellschafter schließlich auf Grund entsprechender Vereinbarungen nach Zahlung von Abfindungen in Millionenhöhe jeweils Anerkenntnisurteil ergehen ließen – bestand die Gesellschaft schließlich nur noch aus den Gesellschaftern M. F. S. W. einerseits und den drei Klägern in ungeteilter Erbengemeinschaft als Erben des 1986 verstorbenen B. S. andererseits. Vom Stammkapital in Höhe von 960.000 DM besaßen beide Gesellschafter jeweils die Hälfte.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 14. Juli 2000 (Anlage K17) wurde das Stammkapital um 36.000 DM auf insgesamt 996.000 DM erhöht. An der Kapitalerhöhung nahm lediglich die Gesellschafterin Frau S.-W. nicht auch die Kläger – die seinerzeit durch die Testamentsvollstreckerin Frau D., die zugleich Geschäftsführerin der Beklagten war, vertreten waren und von den Vorgängen persönlich keine Kenntnis hatten – teil. Diese Kapitalerhöhung wurde am 11. August 2000 ins Handelsregister eingetragen. Seitdem besitzt die Gesellschafterin Frau S-W. Geschäftsanteile in Höhe von insgesamt 516.000 DM, damit ca. 52 % der Geschäftsanteile, und ist alleinige Mehrheitsgesellschafterin. Die Kläger besitzen in ungeteilter Erbengemeinschaft weiterhin Geschäftsanteile in Höhe von 480.000 DM, damit ca. 48 % der Geschäftsanteile.

Das Geschäftsjahr der Beklagten läuft jeweils vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres (§ 7 der Satzung, Anlage K19).

Mit Gesellschafterbeschlüssen vom 31. Januar 2005 (Anlagen K5, B17) wurden die Jahresabschlüsse der Geschäftsjahre 1999/2000 bis 2002/2003 festgestellt. Es wurde beschlossen, die Jahresüberschüsse der Geschäftsjahre 1999/2000 bis 2001/2002 jeweils auf neue Rechnung vorzutragen. Der Jahresabschluss zum 30. Juni 2003 (Anlage K4) wies Eigenkapital in Höhe von insgesamt 32.376.725,65 EUR auf, u.a. einen Jahresüberschuss von 4.007.999,39 EUR und einen Gewinnvortrag aus Vorjahren in Höhe von 26.018.828,77 EUR.

Ebenfalls mit Gesellschafterbeschluss vom 31. Januar 2005 (Anlagen K5, B17) und erneut mit Beschluss vom 18. April 2005 (Anlage B18) wurde entschieden, vom Jahresüberschuss des Geschäftsjahres 2002/2003 (4.007.999,39 EUR) einen Teilbetrag von 4 Mio. EUR an die Gesellschafter auszuschütten und den Rest in den Gewinnvortrag einzustellen. Mit letzterem Beschluss wurde weiter entschieden, den Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Beklagten Herrn T . damit zu beauftragen, überschlägig die angemessene Kapitalausstattung für die Gesellschaft unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Investitionsbedarfs zu ermitteln.

Dieser erstellte daraufhin unter dem 11. Juli 2005 eine entsprechende Stellungnahme (Anlage B22), die den Gesellschaftern mit Schreiben vom 12. Juli 2005 zur Vorbereitung der Gesellschafterversammlung vom 18. Juli 2005 übersandt wurde (Anlage B22). In der Ladung zu dieser Gesellschafterversammlung (Anlagen B19, B20, B21) ist als Tagesordnungspunkt u.a. aufgeführt „Jahresabschluss 2004; Ergebnisfeststellung und Gewinnverwendung“.

In der Gesellschafterversammlung vom 18. Juli 2005 (Anlagen K6, B24, K28) wurden verschiedene Beschlüsse gefasst. U.a. wurde folgendes beschlossen:

– Ein Antrag der Kläger, die Geschäftsführerin Frau D. mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführerin abzuberufen und deren Dienstvertrag (sofern vorhanden) zu kündigen, wurde mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin S.-W. abgelehnt; dies wurde vom Versammlungsleiter so festgestellt.

– Der Jahresabschluss zum 30. Juni 2004 wurde einstimmig festgestellt. Dieser wies Eigenkapital in Höhe von insgesamt 35.848.625,61 EUR auf, u.a. einen Jahresüberschuss von 4.181.269,56 EUR und einen Gewinnvortrag aus Vorjahren in Höhe von 29.317.458,56 EUR (Anlagen B49, BK7).

– Ein Antrag des anwaltlichen Vertreters der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. aus dem Gewinnvortrag von 29.317.458,56 EUR den Betrag von 25 Mio. EUR in die Gewinnrücklage einzustellen, wurde mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. gegen die Stimmen der Kläger angenommen; dies wurde vom Versammlungsleiter so festgestellt.

– Ein Antrag des anwaltlichen Vertreters der Kläger, vom festgestellten Jahresüberschuss von 4.181.290,56 EUR einen Teil von 50 % auszuschütten und den Rest auf neue Rechnung vorzutragen, wurde mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. abgelehnt; dies wurde vom Versammlungsleiter so festgestellt.

– Ein Antrag des anwaltlichen Vertreters der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. vom festgestellten Jahresüberschuss von 4.181.290,56 EUR einen Teil von 1 Mio. EUR auszuschütten und den Rest auf neue Rechnung vorzutragen, wurde mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. gegen die Stimmen der Kläger angenommen; dies wurde vom Versammlungsleiter so festgestellt.

Mit ihrer am 14. September 2005 bei Gericht eingegangener Klage wenden sich die Kläger gegen die vorgenannten Gesellschafterbeschlüsse (Ablehnung der Abberufung der Geschäftsführerin D., Ausschüttung eines Teils von (nur) 1 Mio. EUR des Jahresüberschusses, Einstellung eines Betrags von 25 Mio. EUR aus dem Gewinnvortrag in die Gewinnrücklage); sie beantragen weiter die Feststellung von entsprechend ihren eigenen Beschlussanträgen zustande gekommenen Beschlüssen.

In einer weiteren Gesellschafterversammlung vom 21. Juli 2006 (Anlagen B45, B45a) wurde der Jahresabschluss zum 30. Juni 2005 festgestellt. Dieser wies Eigenkapital in Höhe von insgesamt 40.001.246,50 EUR auf, u.a. eine Gewinnrücklage von 25 Mio. EUR, einen Jahresüberschuss von 7.821.573,04 EUR und einen Gewinnvortrag aus Vorjahren in Höhe von 4.829.775,97 EUR (Anlagen K40, B50, B51). Ein Antrag des anwaltlichen Vertreters der Kläger, vom festgestellten Jahresüberschuss von 7.821.573,04 EUR einen Teil von 50 % auszuschütten und den Rest auf neue Rechnung vorzutragen, wurde mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. abgelehnt; ein weiterer Antrag des anwaltlichen Vertreters der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. vom festgestellten Jahresüberschuss von 7.821.573,04 EUR einen Teil von 25 % auszuschütten und den Rest auf neue Rechnung vorzutragen, wurde mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. gegen die Stimmen der Kläger angenommen. Dies wurde vom Versammlungsleiter jeweils so festgestellt.

Hinsichtlich dieser weiteren Gewinnausschüttungsbeschlüsse ist beim Landgericht Amberg unter Az. 41 HK O 933/06 ein weiteres Anfechtungsverfahren anhängig. Der Beschluss über die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Feststellung des Jahresabschlusses
wurde nicht angefochten.

Mit Schreiben vom 28. November 2006 hat die bisherige Geschäftsführerin Frau D. zum 31. Dezember 2006 ihr Amt als Geschäftsführerin der Beklagten niedergelegt. Zu letzterem Zeitpunkt hat ihr Anstellungsverhältnis geendet. Das Ausscheiden dieser Geschäftsführerin wurde am 31. Januar 2007 im Handelsregister eingetragen.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 3. September 2007 (Anlagen B62, BK17) wurde der Jahresabschluss zum 30. Juni 2006 festgestellt. Dieser wies Eigenkapital in Höhe von insgesamt 45.651.020,66 EUR auf, u.a. eine Gewinnrücklage von 25 Mio. EUR, einen Jahresüberschuss von 6.641.778,82 EÜR und einen Gewinnvortrag aus Vorjahren in Höhe von 11.659.344,35 EUR (Anlage BK14). Ebenfalls mit Gesellschafterbeschluss vom 3. September 2007 wurde entschieden, den gesamten Jahresüberschuss des Geschäftsjahres 2005/2006 an die Gesellschafter auszuschütten.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 28. März 2008 (Anlage B66) wurde der Jahresabschluss zum 30. Juni 2007 festgestellt. Dieser wies Eigenkapital in Höhe von insgesamt 52.442.866,48 EUR auf, u.a. eine Gewinnrücklage von 25 Mio. EUR, einen Jahresüberschuss von 9.929.452,02 EUR und einen Gewinnvortrag aus Vorjahren in Höhe von 16.163.516,97 EUR (Anlage B64). Ebenfalls mit Gesellschafterbeschluss vom 28. März 2008 wurde entschieden, den gesamten Jahresüberschuss des Geschäftsjahres 2006/2007 an die Gesellschafter auszuschütten.

Die Kläger haben vorgetragen, die von ihnen angefochtenen Beschlüsse seien nichtig. Das Abstimmungsverhalten der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. bei Fassung der angefochtenen Beschlüsse habe jeweils gegen die gesellschafterliche Treuepflicht verstoßen, sei deshalb unwirksam und nicht zu berücksichtigen.

Die Beklagte „schwimme in Geld“ und habe kaum Verbindlichkeiten, bedürfe deshalb eines Einbehalts der erwirtschafteten Gewinne nicht. Eine andauernde weitere Reservenbildung und Gewinnthesaurierung sei weder unter kaufmännischen Gesichtspunkten noch bei Berücksichtigung sonstiger Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gerechtfertigt. Eine substanziierte Zukunftsplanung der Beklagten existiere nicht, etwa im Hinblick auf künftige Investitionen oder die Aufnahme einer Planungs- und Entwicklungstätigkeit, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt das Absehen von einer Gewinnausschüttung nicht gerechtfertigt sei. Bei der hier gebotenen Abwägung habe das Dividendeninteresse der Kläger Vorrang vor dem sachlich nicht gerechtfertigten Thesaurierungsinteresse der Beklagten.

Auch die Einstellung von 25 Mio. EUR in die Gewinnrücklage sei als sachlich nicht gerechtfertigte Rücklagenbildung anzusehen. Die Beklagte habe hierdurch keine messbaren Vorteile; im Hinblick auf das vorhandene Eigenkapital und den blendenden Geschäftsverlauf wäre ihre Kreditwürdigkeit selbst bei einer Vollausschüttung dieses Betrages nicht geschmälert. Hingegen sei das Interesse der Kläger an einer Gewinnausschüttung erheblich beeinträchtigt, da eine Gewinnrücklage im Gegensatz zum Gewinnvortrag nicht automatisch für Ausschüttungszwecke zur Verfügung stehe, vielmehr erst durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss aufgelöst werden müsse.

Die Kläger haben in erster Instanz zunächst beantragt:

I.1. Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 gefasste Beschluss, die Abberufung von Frau R. D. als Geschäftsführerin abzulehnen, wird für nichtig erklärt.

I.2 Es wird festgestellt, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 folgender Beschluss zustande gekommen ist:

„Frau R. D. wird als Geschäftsführerin mit sofortiger Wirkung abberufen.“

II. 1. Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 gefasste Beschluss, vom Jahresüberschuss des Geschäftsjahres 2003/2004 Euro 1 Mio. auszuschütten, wird für nichtig erklärt.

II.2. Es wird festgestellt, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 folgender Beschluss zustande gekommen ist:

„Vom Jahresüberschuss der K.-K. V. mbH des Geschäftsjahres 2003/2004 in Höhe von Euro 4.181.269,56 werden 50 % ausgeschüttet, der Rest auf neue Rechnung vorgetragen.“

III. Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 gefasste Beschluss, Euro 25 Mio. aus dem Gewinnvortrag von insgesamt ca. Euro 29 Mio. in eine Gewinnrücklage einzustellen, wird für nichtig erklärt.

Die Beklagte hat in erster Instanz Klageabweisung beantragt.

Im Hinblick auf das Ausscheiden der Geschäftsführerin Frau D. zum Jahresende 2006 haben beide Parteien die Klageanträge zu I 1 und I 2 in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Beklagte hat vorgetragen, die angefochtenen Ergebnisverwendungsbeschlüsse seien wirksam; das Abstimmungsverhalten der Mehrheitsgesellschafterin Frau S.-W. sei nicht treuwidrig gewesen. Die Beklagte habe einen erheblichen Liquiditätsbedarf in Millionenhöhe im Hinblick auf vorzunehmende Investitionen sowie drohende wirtschaftliche Risiken. Durch die Bildung einer Gewinnrücklage sei die Kapitalstruktur der Beklagten gegenüber Geschäftspartnern wie potenziellen Kreditgebern entscheidend verbessert worden.

Die Beklagte hat weiter vorgetragen, die Kläger hätten die von ihnen angefochtenen Beschlüsse – mit der Folge einer Heilung einer etwaigen Nichtigkeit – mittlerweile bestätigt, da sie den in der Gesellschafterversammlung vom 21. Juli 2006 gefassten Beschluss, den Jahresabschluss zum 30. Juni 2005 festzustellen, nicht angefochten hätten. In diesem Jahresabschluss seien als Einzelposten sowohl die Gewinnrücklage von 25 Mio. EUR als auch der Gewinnvortrag abgebildet, deren Höhe sich aus den mit der Klage angefochtenen Beschlüssen ergebe. Dies stelle eine Bestätigung dieser Beschlüsse dar.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme (Verwertung der als Anlagen vorgelegten Urkunden, Vernehmung des Zeugen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater T.) mit Endurteil vom 5. März 2007 die Klage abgewiesen. Dies wurde wie folgt begründet:

Für die Entscheidung seien der Schutz und das Dividendeninteresse der Minderheitengesellschafter gegen das Thesaurierungsinteresse der Gesellschaft (Mehrheitsgesellschafterin) unter Berücksichtigung der Treuepflicht der Gesellschafter abzuwägen. Maßstab der zu treffenden Entscheidung sei u.a. § 10 Nr. 6 der Satzung der Beklagten in der Fassung vom 31. Mai .1991; die entsprechende Satzungsänderung sei wirksam. Von der Rechtsprechung aufgestellte Schranken seien bei der Abwägung nicht verletzt worden, Das Gericht dürfe bei seiner Abwägungsentscheidung nicht in den Kernbereich unternehmerischer Autonomie eingreifen, sondern lediglich überprüfen, ob die konkrete Gesellschafterentscheidung gewisse (sich aus §§ 138, 226, 242, 826 BGB und der Treuepflicht der Gesellschafter ergebende) Schränken überschreite. Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seien diese äußersten Schranken allenfalls tangiert, nicht aber verletzt. Hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Anträge seien die Kosten gemäß § 91a ZPO gegeneinander aufzuheben.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird ergänzend auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Gegen dieses, ihr am 6. März 2007 zugestellte Urteil hat die Klagepartei mit am 4. April 2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit am 15. Juni 2007 – innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist – bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

In der Berufungsinstanz haben beide Parteien ihr bereits in erster Instanz erfolgtes Sachvorbringen wiederholt und vertieft und ihre Rechtsstandpunkte aufrechterhalten.

Die Kläger sind der Ansicht, in der Nichtanfechtung der in der Gesellschafterversammlung vom 21. Juli 2006 beschlossenen Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zum 30. Juni 2005 liege keine Bestätigung der angefochtenen Beschlüsse. Insoweit fehle es bereits an einer Bestätigungsentscheidung; auch seien die angefochtenen Beschlüsse, da inhaltlich unrichtig und nicht nur verfahrensfehlerhaft, einer Bestätigung nicht zugänglich.

Die Kläger und Berufungskläger beantragen:

I. Das Urteil des Landgerichts Amberg vom 05. März 2007, AZ.: 41 HK O 1019/05, wird aufgehoben.

II. 1. Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am. 18. Juli 2005 gefasste Beschluss, vom Jahresüberschuss des Geschäftsjahres 2003/2004 Euro 1 Mio. auszuschütten, wird für nichtig erklärt.

II.2. Es wird festgestellt, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 folgender Beschluss zustande gekommen ist:

„Vom Jahresüberschuss der K.-K. V mbH des Geschäftsjahres 2003/2004 in Höhe von Euro 4.181.269,56 werden 50 % ausgeschüttet, der Rest auf neue Rechnung vorgetragen.

III. Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 gefasste Beschluss, Euro 25 Mio. aus dem Gewinnvortrag von insgesamt ca. Euro 29 Mio. in eine Gewinnrücklage einzustellen, wird für nichtig erklärt.

Daneben haben sie in der Berufungsinstanz Zwischenfeststellungsklage erhoben, mit der sie beantragen:

IV. Es wird festgestellt, dass in der Nicht-Anfechtung des Beschlusses über die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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per 30. Juni 2005 keine Genehmigung der mit Anträgen II und III angegriffenen Beschlüsse liegt

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt:

I.  Die Berufung wird zurückgewiesen.

II  Vorsorglich: Im Falle der Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Erstgericht.

III. Die im Berufungsverfahren eingeführte Feststellungsklage unter Ziffer IV der Berufungsanträge wird abgewiesen.

Daneben hat sie in der Berufungsinstanz Eventualwiderklage erhoben. Sie meint, bei Feststellung der Nichtigkeit des mit Berufungsantrag II 1 angefochtenen Gewinnausschüttungsbeschlusses, jedoch Abweisung der auf die Feststellung des Zustandekommens eines abweichenden Gewinnausschüttungsbeschlusses gemäß Berufungsantrag II 2 gerichteten Klage sei die insoweit erfolgte Ausschüttung von 1 Mio. EUR ohne Rechtsgrund geschehen. Die Kläger seien deshalb entsprechend ihrem Geschäftsanteil von (genau) 48,19 % an der Beklagten, in anteiliger Höhe rechtsgrundlos bereichert und zur Rückzahlung verpflichtet. Die Beklagte, Berufungsbeklagte und Widerklägerin stellt im Hinblick hierauf folgenden weiteren Antrag:

IV. Die Kläger und Widerbeklagten zu 1) bis 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin 481.900,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtskraft der nachstehenden Entscheidung zu bezahlen für den Fall, dass der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 18. Juli 2005 gefasste Beschluss, vom Jahresüberschuss des Geschäftsjahres 2003/2004 einen Teil von 1 Mio. EUR auszuschütten, rechtskräftig für nichtig erklärt wird (Berufungsantrag II1), eine bestimmte Gewinnverteilung durch Urteil im Wege der positiven Beschlussfeststellungsklage (Berufungsantrag II 2) aber nicht erfolgt.

Die Kläger, Berufungskläger und Widerbeklagten beantragen hierzu:

Die Eventualwiderklage wird abgewiesen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

Im Übrigen wird hinsichtlich des beiderseitigen Parteivortrags auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

B.

Die Berufung der Klagepartei ist zulässig (siehe unten I). Auch die in erster Instanz gestellten Anfechtungs- und Feststellungsanträge sind zulässig (siehe unten II), ebenso wie die in der Berufungsinstanz klageerweiternd geltend gemachte Zwischenfeststellungsklage (siehe unten III) sowie die gleichfalls erst in der Berufungsinstanz erhobene Eventualwiderklage (siehe unten IV).

Die – eine Vorfrage betreffende – Zwischenfeststellungsklage ist begründet (siehe unten V).

Die Berufung war als unbegründet zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Anfechtungsklage betreffend den Gewinnausschüttungsbeschluss (siehe unten VI) und gegen die Abweisung der insoweit erhobenen positiven Beschlussfeststellungsklage (siehe unten VII) wendet.

Die Berufung hat jedoch Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der Anfechtungsklage betreffend den Beschluss über die Bildung einer Gewinnrücklage wendet; sie führt insoweit zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Gesellschafterbeschlusses (siehe unten VIII). Insoweit kam eine Zurückverweisung der Rechtsstreits nicht in Betracht (siehe unten IX).

Über die erst in der Berufungsinstanz erhobene Eventualwiderklage war nicht zu entscheiden (siehe unten X).

Die Revision war nicht zuzulassen (siehe unten XI).

I.

Die Berufung der Klagepartei, ist zulässig. Sie ist gemäß §§517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufungssumme des § 511 ZPO ist erreicht. Auch die Berufungsbegründung ist form- und fristgerecht erfolgt, § 520 ZPO.

II.

Die in erster Instanz gestellten Anfechtungs- und Feststellungsanträge, sind zulässig.

1. Die Kläger sind (als Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft gemeinschaftlich, § 18 Abs. 1 GmbHG) Gesellschafter und damit anfechtungsbefugt (Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 18. Aufl. Anh. zu § 47 Rn. 135).

2. Die Anfechtungsklage ist statthaft.

Zwar enthält das GmbHG – anders als das AktG – keine eigenständige Regelung über die Geltendmachung von Beschlussmängeln. Jedoch sind die aktienrechtlichen Vorschriften entsprechend heranzuziehen. Soweit danach festgestellte Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mangelhaft sind, können sie durch die kassatorisch wirkende Anfechtungsklage beseitigt werden. Die Anfechtungsklage setzt die Feststellung eines bestimmten Beschlussergebnisses voraus, das im Klagewege „kassiert“ werden soll, bis dahin aber vorläufig wirksam und für alle Beteiligten verbindlich ist. Fehlt es an einem festgestellten Gesellschafterbeschluss, bleibt den Betroffenen allein die Erhebung der nicht fristgebundenen, nur der Verwirkung unterliegenden Feststellungsklage (BGH, Urteil vom 11. Februar 2008 – II ZR 187/06, ZIP 2008, 757 m.w.N.).

Das Zustandekommen der von den Klägern mit der Anfechtungsklage jeweils angegriffenen Gesellschafterbeschlüsse über die Gewinnausschüttung einerseits und über die Bildung einer Gewinnrücklage andererseits wurde gemäß Versammlungsprotokoll (Anlagen K6, B24) jeweils vom Versammlungsleiter festgestellt. Die insoweit erhobenen Anfechtungsklagen sind somit statthaft.

3. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage besteht, auch wenn (wie hier im Hinblick auf den angefochtenen Gewinnausschüttungsbeschluss) gleichzeitig Klage auf Feststellung eines in Wahrheit gefassten positiven Beschlusses erhoben wird (Baumbach/Hueck/Zöllner a.a.O. Rn. 160).

4. Das erforderliche Feststellungsinteresse hinsichtlich der Beschlussfeststellungsklage (Klageantrag II 2) liegt vor (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner a.a.O. Rn. 181, 186).

5. Hinsichtlich der Problematik eines Rechtsschutzbedürfnisses für die Beschlussfeststellungsklage wird – aus Gründen des Sachzusammenhangs – auf die Ausführungen unter VII 1 verwiesen.

III.

Die in der Berufungsinstanz klageerweiternd geltend gemachte Zwischenfeststellungsklage ist zulässig.

Die insoweit in § 256 Abs. 2 ZPO aufgestellten besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor (vgl. Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. § 256 Rn. 22ff.);

1. Ein Urteilsverfahren über einen Hauptanspruch ist in einer Tatsacheninstanz anhängig. Eine negative Zwischenfeststellungsklage, die sich auf ein von dem Beklagten behauptetes Rechtsverhältnis bezieht, ist grundsätzlich auch bei erstmaliger Erhebung in der Berufungsinstanz zulässig (BGH, Urteil vom 28. September 2006 – VII ZR 247/05, BGHZ 169, 153).

2. Im Rahmen dieses Hauptanspruchs ist das Rechtsverhältnis (Frage einer Genehmigung der angefochtenen Beschlüsse), dessen Feststellung nunmehr begehrt wird, streitig geworden.

3. Dieses Rechtsverhältnis ist für den Hauptanspruch vorgreiflich.

Falls in der Nicht-Anfechtung weiterer, später gefasster Beschlüsse eine Bestätigung der angefochtenen Beschlüsse liegt, könnte hierdurch deren Anfechtbarkeit -beseitigt werden (Baumbach/Hueck/Zöllner a.a.O. Anh. zu § 47 Rn. 131; vgl. § 244 Satz 1 AktG), so dass die erhobenen Anfechtungsklagen ohne weitere Prüfung bereits aus diesem Grund abzuweisen wären, die Berufung insoweit also unbegründet wäre. Unerheblich ist, dass keine Vorgreiflichkeit besteht, wenn die Anfechtungsklagen bereits aus anderen Gründen abzuweisen wären. Eine derartige nur teilweise bzw. etwaige Vorgreiflichkeit genügt für die Zulässigkeit der erhobenen Zwischenfeststellungsklage (Zöller/Greger a.a.O. Rn. 25).

4. Für die Erhebung der Zwischenfeststellungsklage gelten die einschränkenden Zulässigkeitsregelungen des § 533 ZPO nicht (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1969 – X ZR 22/67, BGHZ 53, 92).

IV.

Die in der Berufungsinstanz erhobene Eventualwiderklage ist zulässig.

1. Eine Hilfswiderklage kann zulässig nur unter einer innerprozessualen Bedingung erhoben werden (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O. § 33 Rn. 26). Dies ist der Fall; die Erhebung der Eventualwiderklage ist von der sachlichen Entscheidung über die erhobenen Anfechtungs- und Feststellungsanträge abhängig gemacht.

2. Im Berufungsrechtszug ist eine Widerklage nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 533 zulässig. Entweder muss der Gegner – hier die Kläger – zustimmen (§ 533 Nr. 1 Fäll 1 ZPO) oder die Widerklage muss sachdienlich sein (§ 533 Nr. 1 Fall 2 ZPO); zudem darf der Streitstoff durch die Widerklage nicht erweitert werden (§ 533 Nr. 2 ZPO).

a) Wegen der Verweisung des § 525 ZPO auch auf § 267 ZPO kann die Einwilligung des Gegners stillschweigend erteilt werden, indem er sich rügelos auf die Widerklage einlässt. Da die Kläger – ohne vorherige schriftsätzliche Beanstandung – in der mündlichen Verhandlung einen Antrag auf Abweisung der Widerklage gestellt haben, wird ihre Einwilligung unwiderleglich vermutet (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2004 – II ZR 394/02, ZIP 2005, 567).

b) Zudem liegen auch die Voraussetzungen der Sachdienlichkeit (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1999 – VI ZR 219/98, BGHZ 143, 189) vor; die neu geltend gemachten Ansprüche knüpfen an den bisherigen prozess-Stoff an und dienen der Erledigung von zwischen den Parteien bestehenden Streitpunkten.

V.

Die – eine Vorfrage betreffende – Zwischenfeststellungsklage ist begründet.

1. In der Gesellschafterversammlung vom 21. Juli 2006 wurde u.a. durch Gesellschafterbeschluss gemäß §§ 42a Abs. 2 Satz 1, 46 Nr. 1 GmbHG der Jahresabschluss zum 30. Juni 2005 festgestellt (Anlagen B45, B45a). In diesem Jahresabschluss (Anlagen K40, B50, B51) sind (unter den Passivposten AIII und AIV) die Gewinnrücklage von 25 Mio. EUR und der Gewinnvortrag abgebildet, deren Höhe sich aus den mit der nunmehrigen Klage angefochtenen Beschlüssen ergibt. Der Beschluss über die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung des Jahresabschlusses
zum 30. Juni 2005 wurde in der Folge nicht angefochten. Die Anfechtungsfrist des § 15 der Satzung der Beklagten ist mittlerweile verstrichen.

Gleiches gilt für den Jahresabschluss zum 30. Juni 2006 (Anlage BK14), der in der Gesellschafterversammlung vom 03, September 2007 festgestellt wurde (Anlagen B62, BK17), sowie für den Jahresabschluss zum 30. Juni 2007 (Anlage B64), der in der Gesellschafterversammlung vom 28. März 2008 festgestellt wurde (Anlage B66).

2. Zum Abschluss des Geschäftsjahres der Gesellschaft ist das Jahresergebnis (der Jahresabschluss) von den Gesellschaftern festzustellen (§ 42a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Jahresergebnis der Gesellschaft ist der Jahresüberschuss § 266 Abs. 3 Position A V HGB) zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Auch über die Verwendung dieses Jahresergebnisses haben die Gesellschafter zu, entscheiden (vgl. § 29 Abs. 2 GmbHG). Der insoweit zu treffende Ergebnisverwendungsbeschluss ist vom zuvor zu treffenden Ergebnisfeststellungsbeschluss zu unterscheiden.

Sollen im Rahmen der Ergebnisverwendungsentscheidung Gewinne in der Gesellschaft verbleiben und thesauriert werden, insbesondere in Gewinnrücklagen eingestellt werden, so bestehen verschiedene Möglichkeiten:

a) Die Gesellschafter können hierüber im Ergebnisverwendungsbeschluss entscheiden (§§ 29 Abs. 2, 46 Nr. 1, 2. Alt. GmbHG). Durch diesen Beschluss werden zu thesaurierende Beträge von der Verteilung an die Gesellschafter ausgenommen und entweder der Gewinnrücklage (§ 266 Abs. 3 Position A III 4 HGB) oder dem Gewinnvortrag (§ 266 Abs. 3 Position A IV HGB) zugewiesen.

b) Die Gesellschafter können eine derartige Ausweisung von zu thesaurieren-den Beträgen indes auch schon bei Aufstellung des Jahresabschlusses berücksichtigen, indem von vorneherein bereits dort entsprechende Positionen angelegt oder erhöht werden. In diesem Falle enthält bereits der Ergebnisfeststellungsbeschluss (§§ 42a Abs. 2 Satz 1, 46 Nr. 1, 1. Alt. GmbHG) eine entsprechende Thesaurierungsentscheidung.

Von daher ist auch schon die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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grundsätzlich geeignet, bereits Ergebnisverwendungscharakter zu haben. Eine hierin liegende Bestätigungswirkung hinsichtlich früherer Ergebnisverwendungsbeschlüsse ist daher nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen.

3. Die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ist Anerkennung seiner Richtigkeit durch das dafür zuständige Organ, die Gesellschafterversammlung, § 46 Nr. 1 GmbHG, mit der Folge der Verbindlichkeit für Gesellschaft und Gesellschafter (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh a.a.0. § 42a Rn. 14; Rowedder/Schmidt- Leithoff/Tiedchen, GmbHG 4. Aufl. § 42a Rn. 63; je m.w.N.).

4. Zwischen den Parteien ist streitig, ob durch die späteren Feststellungen der Jahresabschlüsse jeweils Beschlüsse gefasst wurden, die den angefochtenen Beschluss „bestätigt“ haben, mit der Folge, dass eine Anfechtung nicht mehr geltend gemacht werden kann (Baumbach/Hueck/Zöllner a.a.O. Anh zu § 47 Rn. 131; vgl. § 244AktG).

a) Bereits formal liegt indes kein Bestätigungsbeschluss vor, da die Ergebnisfeststellung 2004/2005 keine neue Regelung an die Stelle der angefochtenen Gewinnverwendung 2003/2004 setzt; der spätere Beschluss enthält keine Entscheidung zur Frage einer entsprechenden Gewinnverwendung des Vorjahres.

b) Voraussetzung einer Bestätigung wäre zudem, dass der bestätigende Beschluss den gleichen sachlichen Inhalt hat wie der angefochtene. Bei Anfechtbarkeit des ersten Beschlusses wegen inhaltlicher Verstöße ist daher ein mangelfreier Bestätigungsbeschluss nicht möglich, Legitime Domäne der Bestätigung sind vielmehr Verfahrensfehler (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 – II ZR 253/03, ZIP 2006, 227; Baumbach/Hueck/Zöllner a.a.0. Anh. zu § 47 Rn. 132).

Insoweit bestehen bereits Zweifel am gleichen sächlichen Inhalt der beiden Beschlüsse, da der spätere ( Ergebnisfeststellung)-Beschluss den gesamten Jahresabschluss des Folgejahres, feststellt, bei dem die durch den früheren ( Gewinnverwendungs-)Beschluss entschiedene Art der Gewinnverwendung (des Gewinns aus dem Vorjahr) sich lediglich in einzelnen Positionen widerspiegelt. Im späteren Ergebnisfeststellungsbeschluss enthaltene. Positionen wie. Gewinnvortrag (soweit dieser den Vortrag des Vorjahres übernimmt) und Gewinnrücklage bilden lediglich diese Positionen aus dem Vorjahr ab, stellen aber nicht materiell-rechtlich eine inhaltliche Entscheidung über diese Positionen dar (vgl. Baumbach/ Hopt/Merkt, HGB’33. Aufl. § 266 Rn. 14).

Auch beruht im Falle einer – unterstellten – Anfechtbarkeit diese auf dem sachlichen Inhalt des Gewinnverwendungsbeschlusses (fehlerhafte Abwägung wegen Verstoßes gegen die gesellschafterliche Treuepflicht) und nicht (nur) auf Verfahrensfehlern. Zwar würde ein treuwidriges Verhalten der Gesellschafter bei ihrem Stimmverhalten (auch) zur Nichtigkeit der entsprechenden Stimmabgabe führen, so dass deren gleichwohl erfolgte Berücksichtigung bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses (auch) verfahrensfehlerhaft wäre. Jedoch läge in diesem Abstimmungsergebnis (Entscheidung über Gewinnverwendung) zusätzlich auch ein sachlicher und inhaltlicher Fehler, da die hierin liegende Sachentscheidung ihrerseits unter Verstoß gegen Treubindungen der Gesellschafter erfolgt wäre und diesen Verstoß auch inhaltlich abbildet (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner a.a.O. Anh § 47 Rn. 83, 98ff. 105).

Eine wirksame Bestätigung kommt deshalb – selbst bei Unterstellung eines Bestätigungsbeschlusses – nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 -II ZR 253/03, ZIP 2006, 227). Aus dem von der Beklagten zitierten Urteil des BGH vom 15. Dezember 2003 (II ZR 194/01, BGHZ 157, 206) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Zwar wäre ein Bestätigungsbeschluss (der dann an demselben Inhaltsmangel leiden würde) im Falle seiner Nichtanfechtung voll wirksam. Gleichwohl könnte ein derartiger Beschluss nach der insoweit eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Bestätigungswirkung entfalten (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 – II ZR 253/03, ZIP 2006, 227).

c) Insoweit kann deshalb dahinstehen, ob der Grundsatz der Bilanzkontinuität bei inhaltsgleichen Beschlüssen nicht die jeweilige Anfechtung der Bilanzen der Folgejahre erfordert, diese vielmehr im Falle eines Erfolgs der Anfechtungsklage einfach zu berichtigen sind (so BGH, Urteil vom 27. September 1956 – II ZR 144/55, BGHZ 21, 354; vgl. Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 45 Rn. 175), oder ob sich diese Ansicht als Folge der Einführung des § 244 AktG im Jahr 1965 nicht mehr vertreten lässt.

5. Da. somit eine Bestätigungswirkung des in der Gesellschafterversammlung vom 21. Juli 2006 gefassten Ergebnisfeststellungsbeschlusses hinsichtlich der angefochtenen Gewinnverwendungsbeschlüsse nicht in Betracht kommt, ist die auf Feststellung dieses Umstandes gerichtete Zwischenfeststellungsklage begründet.

VI.

Die Berufung war als unbegründet zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Anfechtungsklage betreffend den Gewinnverwendungsbeschluss wendet.

1. Die für diese Klage einzuhaltende Anfechtungsfrist – hierbei handelt es sich um eine materielle Klagevoraussetzung (Baumbach/Hueck/Zöllner a.a.O. Rn. 158) – ist gewahrt.

In der Satzung der Beklagten ist eine Anfechtungsfrist von 2 Monaten ab Beschlussfassung geregelt (Anlagen K14, K19, dort § 15). Dies ist zulässig und wirksam (Baumbach/Hueck/Zöllner a.a.O. Rn. 157). Diese Frist ist gewahrt. Fristbeginn war mit Fassung der angefochtenen Beschlüsse am 18. Juli 2005, die in Anwesenheit der Kläger erfolgte (vgl. Anlagen K6, B24). Fristablauf war damit der 18. September 2005. Die Anfechtungsklage ist am 14. September 2005, somit rechtzeitig, bei Gericht eingegangen.

2. Der angefochtene Gewinnverwendungsbeschluss ist nicht bereits deshalb nichtig, weil die mit Gesellschafterbeschluss vom 31. Mai 1991 (K15) erfolgte Satzungsänderung der Beklagten nicht wirksam gewesen wäre damit die Satzung a.F. weiterhin gelten würde und der Gewinnverwendungsbeschluss hiergegen verstoßen würde.

a) Allerdings kann auch ein Satzungsverstoß eine Anfechtbarkeit begründen (Baumbach/Hueck/Zöllner a.a.O. Anh §47 Rn. 110). Falls daher die mit Gesellschafterbeschluss vom 31. Mai 1991 (Anlage K15) erfolgte Änderung des bisherigen Vollausschüttungsgebots gemäß § 10 Nr. 6 der Satzung a.F. (Anlage K14), die das bisherige Vollausschüttungsgebot aufgab und die Bildung von Rücklagen erst ermöglichte, unwirksam war – mithin diese Satzung a.F. weiterhin gelten würde – würden die angefochtenen Beschlüsse hiergegen verstoßen und wären schon deshalb rechtswidrig und anfechtbar.

b) Dieser Satzungsänderungsbeschluss wurde jedoch von den Klägern nie angefochten; eine Anfechtungsklage des seinerzeitigen Gesellschafters C. E. wurde zurückgenommen. Dieser Beschluss ist damit grundsätzlich wirksam.

c) Erstmals mit der Berufung wird vorgetragen, die Satzungsänderung sei nichtig, da der Satzungsänderungsbeschluss das gemäß § 16 der Satzung erforderliche Quorum von 80 % der abgegebenen Stimmen nicht erreicht habe. Da die einzelnen Umstände, aus denen sich dies ergibt, bereits in erster Instanz vorgetragen (Anlage K15) waren und auch unstreitig sind, ist dieses Vorbringen auch in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen.

Indes erfolgte die Satzungsänderung im Hinblick auf die Änderung des § 29 GmbHG mit Wirkung zum 1. Januar 1986 durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLiG) vom 19. Dezember 1985 (BGBl. 1985 Teil I S,. 2355) und auf die hierin enthaltene Übergangsnorm des Art. 12 § 7 des Gesetzes zur Änderung des GmbHG und anderer handelsrechtlicher Vorschriften (GmbHGuaÄndG), insbesondere zur Beseitigung der Eintragungssperre gemäß Art. 12 § .7 Abs. 2 Satz 1 GmbHGuaÄndG. Hier sieht Art. 12 § 7 Abs. 2 Satz 2 GmbHGuaÄndG vor, dass die erstmalige Änderung des Gesellschaftsvertrags betreffend die Gewinnverwendung entsprechend § 29 Abs. 2 GmbHG – abweichend von etwaigen Vorgaben der Satzung – mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann.

Diese Regelung gilt allerdings nur, wenn und soweit die Satzung die Gewinnverwendung nicht regelt und die Gesellschafter daher den nach Art 12 § 7 Abs. 1 GmbHGuaAndG fortgeltenden Anspruch auf Vollausschüttung entsprechend der früheren gesetzlichen Regelung in § 29 Abs 1 GmbHG a.F. haben. Die Beschlusserleichterung des Art. 12 § 7 Abs. 1 Satz 2 GmbHGuaAndG bezieht sich nur auf nach Satz 1 dieser Bestimmung gefasste Beschlüsse; sie erfasst nur solche Fälle, in denen die Gesellschafter „nach Absatz 1″ ganz oder teilweise Anspruch auf den Jahresüberschuss oder den Bilanzgewinn haben. Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass bei einer Gesellschaft, die bei Inkrafttreten des Bilanzrichtliniengesetzes bereits im Handelsregister eingetragen war, die Gesellschafter Anspruch auf den Jahresüberschuss (zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags) haben, soweit er nicht nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag von der Verteilung ausgeschlossen ist. Das bedeutet, wenn man von der terminologischen Anpassung an das Bilanzrecht des Bilanzrichtliniengesetzes absieht, der Sache nach, dass für die sogenannten Altgesellschaften das Vollausschüttungsgebot des § 29 Abs. 1 GmbHG a.F. zunächst – bis zu einer Überprüfung durch die Gesellschafterversammlung gemäß Art. 12 § 7 Abs. 2 GmbHGuaAndG – fortgilt. Art. 12 § 7 Abs. 1 GmbHGuaAndG gibt danach den Gesellschaftern von Altgesellschaften einen dem § 29 Abs. 1 GmbHG a.F. entsprechenden gesetzlichen Gewinnausschüttungsanspruch, soweit ein solcher nicht durch anderweitige gesetzliche Regelung oder durch die Satzung ausgeschlossen ist. Nur auf diesen gesetzlichen Anspruch bezieht sich die Regelung in Art. 12 § 7 Abs. 2 GmbHGuaAndG, nicht dagegen auf etwaige Gewinnausschüttungsansprüche, die sich (ganz oder teilweise) aus dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag ergeben. Für deren Überprüfung durch die Gesellschafter besteht kein Bedarf, weil sie durch die Änderung der – dispositiven – gesetzlichen Gewinnverwendungsregelung in § 29 GmbHG nicht berührt werden. Die Übergangsregelung in Art. 12 § 7 Abs. 2 GmbHGuaAndG gilt daher nur, wenn und soweit die Satzung die Gewinnverwendung nicht regelt, (BGH, Urteil vom 26. September 1988 -II ZR 34/88, BGH.Z. 105, 206).

Ob das anders ist, wenn der Gesellschaftsvertrag ohne jeden weitergehenden sachlichen Regelungsgehalt lediglich das gesetzliche Vollausschüttungsgebot wiederholt, ist – soweit ersichtlich – bislang höchstrichterlich nicht entschieden.

Die Satzung der Beklagten sah in ihrer alten Fassung (Anlage K14) in § 10 Nr. 6 eine Zuständigkeitsregelung vor. Eine Gewinnverwendung wurde hierin explizit nicht geregelt. Die bloße formelhafte Wiederholung, der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung des § 46 GmbHG, ohne damit eine von § 29 GmbHG a.F. abweichende Entscheidungskompetenz zu verbinden, schließt die Anwendung des Art. 12 § 7 Abs. 2 GmbHGuaÄndG nicht aus (so auch Baumbach/Hueck/Fastrich a.a.O. § 29 Rn. 102; Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 29 Rn. 32).

Da somit von einer bisher in der Satzung nicht geregelten Gewinnverwendung ausgegangen werden kann, erfolgte der Satzungsänderungsbeschluss mit der erforderlichen (einfachen) Stimmenmehrheit.

3. Im Rahmen der gebotenen umfassenden Abwägung der gegenseitigen interessen bleiben die gegen die Wertungsentscheidung des Landgerichts gerichteten Angriffe der Berufung ohne Erfolg.

a) Erforderlichkeit einer Interessenabwägung

Bei der Entscheidung über die Gewinnverwendung sind die berechtigten interessen der einzelnen Gesellschafter an einer hohen Ausschüttung gegenüber dem Interesse der Gesellschaft an einer Rücklagenbildung, den Bedürfnissen der Selbstfinanzierung und Zukunftssicherung der Gesellschaft abzuwägen (BGH, Urteil vom 29. März 1996 – II ZR 263/94, BGHZ 132, 263; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
GmbHR 1992, 458; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
OLGR 2002, 154; OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
NZG 2005, 633; OLG Stuttgart DB 2007, 2587; Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 29 Rn. 20f.; Baumbach/Hueck/Fastrich a.a.O. § 29 Rn. 29ff.;. Rowedder/Schmidt-Leithoff/Pentz, GmbHG 4. Aufl. § 13 Rn. 35ff. 40, 61, § 29 Rn. 17, 83ff., Scholz/Emmerich, GmbHG 10. Aufl. § 29 Rn. 6, 58ff., 70ff.; Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG ,10. Aufl. § 46 Rn. 26ff., 28, 31, 33; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16.. Aufl. § 29 Rn. 25ff., 27; vgl.. BGH, Urteil vom 17. Februar 1997 – II ZR 41/96, BGHZ 134, 364; Urteil vom 15. Januar 2007 – II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 „0710″). Eine Interessenabwägung ist somit erforderlich.

b) Durchführung einer Interessenabwägung bei Fassung des angefochtenen Gesellschafterbeschlusses

Die Berufung meint [unter Bezugnahme auf das oben zitierte Urteil des OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
], der angefochtene Gesellschafterbeschluss sei bereits deshalb rechtswidrig, weil das Protokoll der Gesellschafterversammlung (Anlagen K6, B24) keine Begründung enthalte.

Insoweit ist zwischen der Abwägung einerseits und deren Protokollierung andererseits zu trennen. Allein aus dem Umstand einer möglicherweise unterbliebenen (oder nur rudimentären) Protokollierung folgt bereits nicht zwingend, dass auch eine Abwägung unterblieben ist. Zudem ergibt sich aus der Formulierung auf Seiten 5 und 6 des Protokolls der Gesellschafterversammlung, dass vor Fassung des angefochtenen Gewinnverwendungsbeschlusses intensiv und kontrovers über die Höhe des auszuschüttenden Teils des Jahresüberschusses diskutiert wurde, somit eine Abwägung durchaus stattgefunden hat.

Auch im Hinblick auf die in der (vorhergehenden) Gesellschafterversammlung vom 18. April 2005 erfolgte Beauftragung des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters T. überschlägig die angemessene Kapitalausstattung für die Gesellschaft unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Investitionsbedarfs zu ermitteln (Anlage B18), und auf dessen unter dem 11. Juli 2005 hierzu gefertigte Stellungnahme (Anlage B22), die den Gesellschaftern zur Vorbereitung der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung vom 18. Juli 2005 übermittelt wurde (Anlage B22), ist davon auszugehen, dass im Vorfeld der Beschlussfassung eine Interessenabwägung erfolgte.

c) Für die Abwägung maßgeblicher Zeitpunkt

Die Berufung meint, für die bei der Abwägung zu treffende Wertungsentscheidung sei der Kenntnisstand zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten .mündlichen Verhandlung maßgebend und nicht derjenige zum Zeitpunkt der angegriffenen Beschlussfassung.

Es trifft zwar zu, dass in zeitlicher Hinsicht als Urteilsgrundlage der Prozessstoff des Schlusses der (letzten) mündlichen Verhandlung maßgebend ist (BGH, Urteil vom 5. Juli 1995 – KZR 15/94 – Sesamstraße-Aufnäher, WM 1995, 1775; Zöller, ZPO 26. Aufl. § 300 Rn. 3). Urteilsgegenstand ist jedoch (für die erhobene Anfechtungsklage) die Frage, ob der angefochtene Gesellschafterbeschluss vom 18. Juli 2005 wegen Abwägungsmängeln rechtswidrig und nichtig ist oder nicht; dies “ setzt denknotwendig zum Zeitpunkt der Beschlussfassung existierende Abwägungsmängel voraus. Damit ist für diese Frage und die insoweit in Betracht kommenden prognostischen Erwägungen (etwa hinsichtlich eines Investitionsbedarfs der Gesellschaft) der Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgebend und nicht der bei ex-post-Betrachtung vorhandene Kenntnisstand zu späteren Zeitpunkten. Andernfalls könnten nachträgliche Entwicklungen dazu führen, dass ein zunächst rechtmäßiger Gesellschafterbeschluss nachträglich irgendwann einmal nichtig wird.

d) In die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte Grundsätzlich sind sämtliche gegenseitigen interessen umfassend in die Abwägung einzustellen, so etwa insbesondere

– auf Seiten der Gesellschaft der Gesellschaftszweck und die dafür erforderlichen Mittel einschließlich einer angemessenen (Investitions-)Planung für die weitere Entwicklung, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft, ihre Ausstattung mit Eigenkapital, die Höhe und Verfügbarkeit schon vorhandener Rücklagen, Kreditfähigkeit und Art der Ausschöpfung aufgenommener Kredite, sowie Höhe der Laufzeit von Verbindlichkeiten, die allgemeine Wirtschaftslage und Marktsituation und die Zukunftsprognose für den betroffenen Wirtschaftszweig, die Erforderlichkeit von Vorsorgemaßnahmen für Schadens- und Gewährleistungsfälle (Rückrufaktionen) unter Berücksichtigung deren Versicherbarkeit und eines bestehenden Versicherungsschutzes, die Erforderlichkeit und der Umfang von Pensionsrückstellungen, ein etwaiger besonderer Kapitalbedarf im Hinblick auf Auseinandersetzungen der Gesellschafter und deren mögliche Folgen (etwa in Bezug auf das Ausscheiden aus der Gesellschaft und das Erfordernis von Abfindungszahlungen) sowie im Hinblick auf Auseinandersetzungen der Gesellschaft mit Gesellschaftern (etwa in Bezug auf weitere anhängige Gerichtsverfahren), die Erforderlichkeit von Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen und deren Umfang,

– auf Seiten der Gesellschafter deren wirtschaftliche Situation und ihr Interesse auf Gewinnausschüttung, insbesondere unter Berücksichtigung von Ausmaß und Umfang früherer Gewinnausschüttungen.

Dabei sind etwaige Vorgaben der Satzung für die Abwägung zu berücksichtigen,

Eine gerichtliche Überprüfung dieser Abwägung kann allerdings nicht dazu führen, dass nur eine einzig denkbare Entscheidung alle abzuwägenden interessen angemessen berücksichtigt und sämtliche anderen Entscheidungsmöglichkeiten über eine Gewinnverteilung fehlerhaft wären. Andernfalls würden unternehmerische Entscheidungen allein vom Gericht getroffen. Vielmehr ist ein Eingriff des Gerichts in den Kernbereich unternehmerischer Autonomie unzulässig.

Dies hat zur Folge, dass die von der Gesellschafterversammlung getroffene Entscheidung nur äußerst restriktiv daraufhin überprüft werden darf, ob sie gegen gesetzliche Schranken (§§ 138, 226, 242, 826 BGB) verstößt oder ob sich das Abstimmungsverhalten einzelner Gesellschafter bei Abwägung der einzustellenden interessen – die zu dem angefochtenen Ergebnis geführt hat – als Verstoß gegen die Treuepflicht der Gesellschafter erweist.

e) Beweislast

Die Berufung will aus der Formulierung des § 29 GmbHG n.F. und aus der insoweit durch das BiRiLiG erfolgten Rechtsänderung den Schluss ziehen, bei einer Gewinnausschüttung handele es sich um den Regelfall, weshalb die Darlegungsund Beweislast für das Erfordernis einer Gewinnthesaurierung umfassend bei der beklagten Gesellschaft liege. Gleiches folge auch aus Erklärungen im Zusammenhang mit der Satzungsänderung vom 31. Mai 1991.

In dieser Allgemeinheit kann dem nicht gefolgt werden. Grundsätzlich hat jede Partei die Beweislast für die ihr günstigen Tatsachen. Soweit deshalb – bezogen auf einzelne Abwägungsgesichtspunkte – widersprüchlicher Sachvorträg erfolgt, richtet sich die Beweislast nach diesem Grundsatz.

f) Beweiserhebung und – Würdigung

aa) Die Beweiserhebung und -Würdigung des Landgerichts, das aus den Bekundungen des Zeugen T. die Überzeugung gewonnen hat, der angefochtene Gesellschafterbeschluss verstoße insbesondere im Hinblick auf die Investitionsplanung der Beklagten nicht .gegen gesetzliche Schranken und auch nicht gegen die gesellschafterliche Treuepflicht, ist vom Senat voll überprüfbar.

Zwar ist die Beweiswürdigung in der Berufungsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar. Die Berufung dient – abweichend von ihrer früheren Funktion als vollwertige zweite Tatsacheninstanz – nunmehr in erster Linie der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung. Deshalb ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen grundsätzlich gebunden; eine erneute Tatsachenfeststellung ist nur als Ausnahme vorgesehen, soweit die erste Instanz die Feststellungen nicht vollständig und überzeugend getroffen hat (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Zwar können sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit entscheidungserheblicher Tatsachen auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertungen ergeben. Hat sich aber das Erstgericht mit den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt, ist die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich und verstößt sie nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und ist auch das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung überzeugt, so sind die Feststellungen bindend. Eine Partei kann dann .nicht in zulässiger Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Erstgerichts setzen (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2005 – VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313).

bb) Im Hinblick auf die Angriffe der Berufungsbegründung hält der Senat indes die Würdigung der Ausführungen des Zeugen – die vom Landgericht wiederholt als „Gutachten“ bezeichnet werden – nicht für derart umfassend, widerspruchsfrei und überzeugend, dass von einer diesbezüglichen Bindung auszugehen wäre, hält vielmehr eine eigenständige Beweiswürdigung für angezeigt.

cc) Indes führt diese Beweiswürdigung im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung. Auch aus der Sicht des Senats erscheint die angefochtene Gewinnverwendungsentscheidung weder als gegen gesetzliche Schranken (§§ 138, 226, 242, 826 BGB) noch bei Abwägung der einzustellenden interessen – die zu dem angefochtenen Ergebnis geführt hat – gegen, die gesellschafterliche Treuepflicht verstoßend.

– Hierbei verkennt der Senat nicht, dass auf Seiten der klagenden Gesellschafter ein legitimes Interesse an einer Gewinnausschüttung besteht, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Kläger in den vorangegangenen Jahren weitgehend am jeweils erzielten Gesellschaftsgewinn nicht beteiligt wurden, diese Gewinne vielmehr im Wesentlichen in der Gesellschaft verblieben. Allerdings kann entgegen der Sichtweise der Kläger von deren „Aushungern“ durch die Beklagte und die hinter dieser stehende Mehrheitsgesellschafterin Frau S. nicht die Rede sein, insbesondere, da erst wenige Monate zuvor, nämlich in den Gesellschafterversammlungen vom 31. Januar 2005 (Anlagen K5, B17) und vom 18. April 2005 (Anlage B18), jeweils der Beschluss gefasst worden war, vom Gewinn des Geschäftsjahres 2002/2003 in Höhe von 4.007.999,39 EUR einen Teilbetrag von 4 Mio. EUR an die Gesellschafter auszuschütten. Auch sonst ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Kläger aus wirtschaftlichen oder finanziellen Gründen der Ausschüttung weiterer Gewinne durch die Beklagten dringend bedurft hätten.

– Weiter hat der Senat berücksichtigt, dass sich die wirtschaftliche Lage der Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt des angefochtenen Gesellschafterbeschlusses ausgesprochen gut dargestellt hat, wie den (teilweise mit Beschluss vom 31. Januar 2005 [Anlagen K5, B17] festgestellten) Jahresabschlüssen der Geschäftsjahre 1998/1999 bis 2003/2004 entnommen werden kann, die unstreitig jeweils einen Jahresüberschuss (Gewinn) in Millionenhöhe aufwiesen, der sich im Jahresabschluss 2003/2004 – kumuliert in einem entsprechenden Gewinnvortrag – auf insgesamt über 29 Mio. EUR belief. Diesen Gewinnen standen jeweils nur relativ geringe Bankverbindlichkeiten gegenüber, so dass freie Liquidität in erheblichem Umfang zur Verfügung stand.

– Ebenfalls hat der Senat berücksichtigt, dass auch die anzustellenden Prognosen für die Zukunft zum maßgeblichen Zeitpunkt des angefochtenen Gesellschafterbeschlusses unter Berücksichtigung  der allgemein positiven Wirtschaftslage durchaus erfreulich waren, worauf indiziell auch die in den Folgejahren jeweils festgestellten Jahresabschlüsse hindeuten.

– Ein zum Zeitpunkt der Beschlussfassung anstehender Investitionsbedarf auf Seiten der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig, wobei allerdings erhebliche Differenzen über dessen Höhe vorliegen; während die Kläger insoweit lediglich. 2,3 Mio. EUR für laufende Bauvorhaben der Gesellschaft anerkennen, beruft sich die Beklagte auf einen erheblich weitergehenden Investitionsbedarf.

Die genaue Höhe eines solchen Investitionsbedarfs kann im Streitfall dahinstehen; offen bleiben kann damit auch, ob die insoweit durchgeführte Beweisaufnahme eine weitergehende Investitionsplanung ergeben hat. Selbst bei erheblich umfangreicheren Investitionen – wie von Beklagtenseite vorgetragen – könnte die Beklagte solche ohne weiteres entweder aus den vorhandenen Gewinnen finanzieren (die kumuliert fast 30 Mio. EUR ergeben) oder aber – zumindest zum Teil – durch Fremdfinanzierung. Dass die Beklagte deshalb für Investitionszwecke gerade der mit der Anfechtungsklage (in Verbindung mit der positiven Gewinnfeststellungsklage) von den Klägern zum Zwecke der Ausschüttung begehrten weiteren, relativ geringen Summe von („nur“) 1.090.634,78 EUR bedarf, ist nicht nachvollziehbar.

Gleiches gilt für die von der Beklagten weiter vorgetragenen Gesichtspunkte der Erforderlichkeit von Vorsorgemaßnahmen für Schadens- und Gewährleistungsfälle (Rückrufaktionen) unter Berücksichtigung deren Versicherbarkeit und eines bestehenden Versicherungsschutzes, der Erforderlichkeit und des Umfanges von Pensionsrückstellungen, eines etwaigen besonderen Kapitalbedarfs im Hinblick auf Auseinandersetzungen der Gesellschafter. und deren mögliche Folgen (etwa in Bezug auf das mögliche Ausscheiden einzelner Kläger aus der Gesellschaft und das Erfordernis von Abfindungszahlungen) sowie im Hinblick auf Auseinandersetzungen der Gesellschaft mit Gesellschaftern (etwa in Bezug auf weitere anhängige Gerichtsverfahren), schließlich auch für die Erforderlichkeit von Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen und deren Umfang.

– Auch wenn damit insgesamt die Abwägung zu Gunsten der Kläger ausfällt, so kann doch nicht festgestellt werden, dass die von der Gesellschafterversammlung getroffene Entscheidung gegen gesetzliche Schranken (der §§ 138, 226, 242, 826 BGB) verstoßen hat. Insbesondere scheidet eine “ sittenwidrige willkürliche Entscheidung zu Lasten der Kläger aus sachfremden Erwägungen aus, da die konkret angefochtene Entscheidung – Ausschüttung des Jahresüberschusses in Höhe von 1 Mio. EUR (ca. 25 %) und nicht wie begehrt in Höhe von 50 % (ca. 2 Mio. EUR) – zumindest noch vertretbar und im Hinblick auf die Prognoseunsicherheiten der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und das allgemeine Konjunkturrisiko noch als vertretbar erscheint.

– Aus dem gleichen Grunde kann auch nicht festgestellt werden, dass sich das Abstimmungsverhalten der Mehrheitsgesellschafterin Frau S. bei Abwägung der einzustellenden interessen als treuwidrig und als Verstoß gegen die gesellschafterliche Treuepflicht erweist.

g) Zusammenfassend ist festzustellen, dass die angefochtene Gesellschafterentscheidung über die Gewinnverwendung nicht derart fehlerhaft ist, dass ein gerichtlicher Eingriff in den Kernbereich unternehmerischer Autonomie zulässig erscheint. Vielmehr handelt es sich um einen Beschluss, der zu Lasten der Kläger die gegenseitigen interessen zwar nicht völlig ausgewogen berücksichtigt und auch gegen vernünftiges kaufmännisches Ermessen verstoßen mag, andererseits aber auch nicht derart sachfremd und einseitig erscheint, dass die allenfalls zu überprüfenden äußersten Schranken hier schon verletzt wären.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nicht nur eine einzige denkbare Entscheidung alle abzuwägenden interessen angemessen berücksichtigt und sämtliche anderen Entscheidungsmöglichkeiten über eine Gewinnverteilung fehlerhaft wären. Andernfalls würden unternehmerische Entscheidungen allein vom Gericht getroffen.

Insoweit ist weiter zu berücksichtigen, dass erst wenige Monate zuvor, nämlich in den Gesellschafterversammlungen vom 31. Januar 2005 (Anlagen K5, B17) und vom 18. April 2005 (Anlage B18), jeweils der (nicht angefochtene) Beschluss gefasst worden war, vom Gewinn des vorausgegangenen Geschäftsjahres 2002/2003 in Höhe von 4.007.999,39 EUR einen Teilbetrag von 4 Mio. EUR -somit fast den gesamten Gewinn – an die Gesellschafter auszuschütten, mit der Folge, dass dieses Geld der Gesellschaft nicht mehr zur Verfügung stand. Es kann dahinstehen, ob die Abwägungsentscheidung möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn diese vorherige Gewinnausschüttung unterblieben wäre. Jedenfalls kann dieser Umstand bei Abwägung der gegenseitigen interessen nicht ohne Berücksichtigung bleiben; dies führt dazu, dass das Gewinninteresse der Kläger bei der angefochtenen Ergebnisverwendungsentscheidung weniger stark zu gewichten ist, als es im Falle einer unterbliebenen oder nur geringeren Ausschüttung des Vorjahresgewinnes bewertet worden wäre.

VII.

Die Berufung war gleichfalls als unbegründet zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Abweisung der positiven Feststellungsklage betreffend den Gewinnverwendungsbeschluss wendet.

Die Kläger begehren insoweit die Herbeiführung eines konkreten Gesellschafterbeschlusses über die Verwendung der von der Beklagten im Geschäftsjahr 2003/2004 erzielten Gewinns, nach deren Inhalt 50 % des Jahresüberschusses ausgekehrt werden sollen.

1. Es kann dahinstehen, ob die hierauf gerichtete Klage wegen eines den Klägern fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig ist.

Während die höchstrichterliche Rechtsprechung die Frage bislang nicht entschieden bzw. ausdrücklich offen gelassen hat billigt die herrschende Meinung in der Literatur jedem Gesellschafter einen klagbaren Anspruch gegen die Gesellschaft auf Beschlussfassung zu (vgl. die Nachweise bei OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NZG 2001, 1085). Meinungsverschiedenheiten bestehen jedoch in Bezug auf die inhaltliche Reichweite der Klagemöglichkeit. Nach einem Teil der Literatur hat der Gesellschafter einen einklagbaren Anspruch auf einen Gewinnverwendungsbeschluss mit konkretem Beschlussinhalt mit der Folge, dass im Falle der Begründetheit des sich aus dem gesellschaftlichen Mitgliedschaftsrecht ergebenden Gewinnbezugsrechtes ein nach § 894 ZPO vollstreckbares Urteil ergeht, in dem der Beschlussinhalt im einzelnen festgelegt wird. Begründet wird diese Auffassung damit, dass sich der erforderliche Beschlussinhalt im Wesentlichen aus dem Gesetz und der Satzung der Gesellschaft ergebe, wobei fehlende Beschlussteile notfalls in entsprechender Anwendung der §§ 315ff. BGB sowie des § 254 Abs. 1 AktG durch das Gericht ersetzt werden könnten. Gegen diese Auffassung werden indes grundsätzliche gesellschaftsrechtliche Erwägungen angeführt. Die. Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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sei als juristische Person nicht in der Lage, Beschlüsse zu fassen; dies könnten nur ihre Organe, im konkreten Fall die dafür nach §§ 29, 46 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG zuständige Gesellschafterversammlung. Dieser Grundsatz widerspreche prinzipiell dem Ergebnis, einem Gesellschafter die Möglichkeit einzuräumen, die Gesellschaft selbst auf eine Beschlussfassung mit bestimmtem Inhalt zu verklagen. Hinzukomme, dass es durchgreifenden Bedenken begegne, richterliches Ermessen an die Stelle einer Gesellschafterentscheidung zu setzen, die – wie dem GmbH-Gesetz insgesamt zu entnehmen ist – autonom gefasst werden solle. Dies gelte gerade in besonders hohem Maße auch für die Beschlussfassung über die Gewinnverwendung, bei der nach der durch das Bilanzrichtliniengesetz erfolgten Neufassung des § 29 GmbHG den Gesellschaftern bei der Gewinnverwendung freie Hand gelassen werde.

Nach dieser (Gegen-)Auffassung kann dem Gesellschafter in einem Fall wie dem vorliegenden unter Umständen zwar ein klagbarer und gegebenenfalls nach § 888 ZPO vollstreckbarer Anspruch gegen die Gesellschaft zustehen, der aber nur auf die Herbeiführung eines Gewinnverwendungsbeschlusses gerichtet sein kann, ohne dessen Inhalt festzulegen (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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NZG 2001, 1085 m.w.N,).

Für eine derartige auf Herbeiführung eines Gewinnverwendungsbeschlusses gerichtete Klage gegen die Gesellschaft besteht jedoch dann kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der betreffende Gesellschafter seine Rechtsinteressen auch ohne Erhebung einer solchen Klage, insbesondere durch Ausübung des ihm. nach § 50 Abs. 3 GmbHG zustehenden Selbsthilferechts, erreichen kann (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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a.a.O. m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Die Kläger halten 48 % der Geschäftsanteile an der Beklagten; damit verfügen sie über eine Minderheitsbeteiligung, die ihnen nach § 50 Abs. 1 und 3 GmbHG das Recht gibt, selbst eine Gesellschafterversammlung unter Mitteilung des Sachverhältnisses -.hier die Beschlussfassung über die Gewinnverwendung – einzuberufen.

2.Diese Frage kann auf sich beruhen. Unabhängig hiervon wäre die Feststellungsklage nur dann begründet, wenn in der Gesellschafterversammlung vom 18. Juli 2005 tatsächlich ein Beschluss mit dem von den Klägern gewünschten Inhaltzustande gekommen wäre. Dies setzt voraus, dass, eine entsprechende Beschlussfassung erfolgt wäre, die Stimmabgabe der Mehrheitsgesellschafterin Frau S. hierbei jedoch treuwidrig war und deshalb nicht berücksichtigt werden durfte. Dies ist jedoch, wie vorstehend unter VI ausgeführt, nicht der Fall.

VIII.

Die Berufung hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der Anfechtungsklage betreffend den Beschluss über die Bildung einer Gewinnrücklage wendet; sie führt insoweit zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Gesellschafterbeschlusses.

1. Auch insoweit ist die einzuhaltende Anfechtungsfrist gewahrt; auf obige Ausführungen (unter VI 1) wird verwiesen.

2. Der angefochtene Gewinnverwendungsbeschluss ist nicht bereits deshalb nichtig, weil die mit Gesellschafterbeschluss vom 31. Mai 1991 (K15) erfolgte Satzungsänderung der Beklagten nicht wirksam gewesen wäre, damit die Satzung a.F. weiterhin gelten würde und der Beschluss über die Bildung einer Gewinnrücklage hiergegen verstoßen würde. Auch insoweit wird auf obige Ausführungen (unter VI 2) verwiesen.

3. Im Rahmen der auch insoweit erforderlichen (siehe oben VI 3 a) umfassenden Abwägung der gegenseitigen interessen wendet sich die Berufung mit Erfolg gegen die Wertungsentscheidung des Landgerichts.

a) Durchführung einer Interessenabwägung bei Fassung des angefochtenen Gesellschafterbeschlusses.

Im Unterschied zur Beschlussfassung über die Gewinnausschüttung (siehe oben VI 3 b) ist der angefochtene Gesellschafterbeschluss über die Bildung einer Gewinnrücklage bereits aus formalen Gründen rechtswidrig und nichtig, da bei der Beschlussfassung eine – erforderliche – Interessenabwägung überhaupt nicht stattgefunden hat.

aa) Zwar ist auch insoweit zwischen der Abwägung einerseits und deren Protokollierung andererseits zu trennen. Allein aus dem Umstand einer möglicherweise unterbliebenen (oder nur rudimentären) Protokollierung folgt nicht zwingend, dass auch eine Abwägung unterblieben ist. Eine unterbliebene Protokollierung stellt indes ein Indiz dafür da, dass bei Beschlussfassung eine Interessenabwägung nicht erfolgt ist.

Im Gegensatz zur weiter angefochtenen Beschlussfassung über die Gewinnausschüttung – insoweit ergibt sich aus der Formulierung auf Seiten 5 und 6 des Protokolls der Gesellschafterversammlung (Anlagen K6, B24), dass vor Beschlussfassung intensiv und kontrovers über die Höhe des auszuschüttenden Teils des Jahresüberschusses diskutiert wurde, somit eine Abwägung durchaus stattgefunden hat – fehlt für den Beschluss über die Bildung einer Gewinnrücklage jede Protokollierung einer insoweit geführten Diskussion, Nach der Niederschrift über die Gesellschafterversammlung wurde vielmehr unmittelbar nach Stellung des entsprechenden Beschlussantrags hierüber abgestimmt (Seite 5 des Protokolls der Gesellschafterversammlung, Anlagen K6 , B24).

bb) Die Kläger mussten auch nicht bereits im Vorfeld der Gesellschafterversammlung mit einem Beschlussantrag über die Bildung einer Gewinnrücklage, zumal in der erheblichen Höhe von 25 Mio. EUR, rechnen.

In der Einladung zu dieser Versammlung (Anlagen B19, B2Q, B21) ist als Tagesordnungspunkt nur aufgeführt „Jahresabschluss 2004; Ergebnisfeststellung und Gewinnverwendung“. Auf eine Rücklagenbildung, zumal in der Form, dass aus dem Gewinnvortrag ein Betrag von. 25 Mio. EUR in eine neu zu bildende Gewinnrücklage eingestellt werden sollte, wurde in der Einladung nicht hingewiesen. Die Kläger mussten deshalb auch nicht schon im Vorfeld auf Grund der Tagesordnung mit einem derartigen Beschlussantrag rechnen.

Auch im Hinblick auf die in der (vorhergehenden) Gesellschafterversammlung vom 18. April 2005 erfolgte Beauftragung des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters T., überschlägig die angemessene Kapitalausstattung für die Gesellschaft unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Investitionsbedarfs zu ermitteln (Anlage B18), und auf dessen unter dem 11. Juli 2005 hierzu gefertigte Stellungnahme (Anlage B22), die den Gesellschaftern zur Vorbereitung der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung vom 18. Juli 2005 übermittelt wurde (Anlage B22), kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger schon im Vorfeld der Gesellschafterversammlung mit einem entsprechenden Beschlussantrag rechnen mussten. Zwar enthält die Ausarbeitung des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters T. vom 11.07.2005 einen entsprechenden Vorschlag (Anlage B22, dort Seiten 4 – Abschnitt 3.14 – und 6 – Abschnitt 5). Dass von Seiten der Mehrheitsgesellschafterin Frau S. indes ein entsprechender Antrag gestellt werden würde, war den Klägern hieraus nicht ersichtlich.

b) Unabhängig von dieser formellen Unwirksamkeit ist der angefochtene Beschluss zudem auch materiell rechtswidrig und auch aus diesem Grund nichtig. Eine sachgerechte Interessenabwägung durch den Senat ergibt, dass die Bildung einer Gewinnrücklage in Höhe von 25 Mio. EUR sachlich nicht gerechtfertigt war; das entsprechende Abstimmungsverhalten der Mehrheitsgesellschafterin Frau S. verstieß gegen deren gesellschafterliche Treuepflicht.

aa) Die Bildung einer Gewinnrücklage unter Einstellung von 25 Mio. EUR aus dem Gewinnvortrag der Beklagten in diese Rücklage beeinträchtigt das Interesse der Kläger auf Gewinnausschüttung erheblich.

Zwar verbleibt sowohl ein Gewinnvortrag als auch eine Gewinnrücklage im Vermögen der Gesellschaft und wird nicht als Gewinn an die Gesellschafter ausgeschüttet, verkürzt somit deren Gewinnauszahlungsansprüche in gleicher Weise. Jedoch steht ein Gewinnvortrag im Folgejahr – nach entsprechender Ergebnisfeststellung, die diesen Gewinnvortrag aufweist – automatisch erneut zur Disposition der Gesellschafter für eine Gewinnausschüttung. Eine Rücklage hingegen kann im Folgejahr nicht ohne weiteres an die Gesellschafter ausgeschüttet werden; dies setzt vielmehr die vorherige Auflösung der Rücklage durch Beschluss der Gesellschafter voraus. In diesem Sinne kann ein Gewinnvortrag auch als vorübergehende Rücklage – bis zum nächsten Ergebnisverwendungsbeschluss – bezeichnet werden, während es sich bei einer Gewinnrücklage um eine dauernde handelt (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG a.a.O. § 29 Rn. 23; Scholz/Emmerich, GmbHG a.a.O. § 29 Rn. 72).

Die Kläger haben auch im Hinblick auf die Verjährung ihrer Gewinnansprüche ein Interesse an der Anfechtung des Beschlusses über die Bildung einer Gewinnrücklage. Der gesellschaftsvertragliche Gewinnauszählungsanspruch entsteht erst mit Feststellung der Bilanz nach Abschluss des Geschäftsjahres und Fassung eines entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses. Er unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist (BGH, Urteil vom 6. April 1981 – II ZR 186/80, BGHZ 80, 357; vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urteil vom 18. Oktober 2007 – 1-9 U 18/07, in juris veröffentlicht), die nach § 195 BGB seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 nur noch 3 Jahre beträgt. Somit wäre im Falle einer unterlassenen Anfechtung mit Ablauf von 3 Jahren seit der Beschlussfassung am 18. Juli 2005 die Gewinnrücklage schon unter dem Gesichtspunkt der Verjährung ohne Zustimmung der Mehrheitsgesellschafterin nicht mehr auflösbar und damit der Zugriffsmöglichkeit der Kläger langfristig entzogen.

Bei Würdigung dieser Gesichtspunkte ist. insbesondere für Minderheitsgesellschafter wie die Kläger die Einstellung von Beträgen aus dem Gewinnvortrag in eine Gewinnrücklage mit einer erheblichen Erschwerung, ihres Gewinnbezug rechts verbunden.

bb) Andererseits ist durch die Einstellung einer Summe von 25 Mio. EUR aus dem Gewinnvortrag in eine Gewinnrücklage kein wesentlicher messbarer Vorteil für die Beklagte ersichtlich.

– Ein etwaiger Finanzierungsbedarf der Beklagten für mögliche Projekte oder Investitionen (vgl. die oben VI 3 f dargestellten Gesichtspunkte) rechtfertigt keine Einstellung in eine Gewinnrücklage; auch bei einem Verbleib von Gesellschaftsmitteln im Gewinnvortrag stünden diese in gleicher Weise für die benötigten Zwecke zur Verfügung. Dass in diesem Falle ein leichterer Zugriff der Gesellschafter auf die finanziellen Mittel, etwa zu Zwecken der Gewinnausschüttung, möglich wäre, rechtfertigt jedenfalls bei den konkreten Mehrheitsverhältnissen der Beklagten (bei denen die Mehrheitsgesellschafterin einen derartigen Zugriff ohne weiteres blockieren kann) keine Rücklagenbildung. Im Gegenteil könnte die Bildung einer Gewinnrücklage einen etwa für Investitionszwecke erforderlichen Zugriff auf hierin gebundene finanzielle Mittel sogar erschweren, da diese Rücklage erst durch Gesellschafterbeschluss wieder aufgelöst werden müsste, während bei einem Mittelverbleib im Gewinnvortrag die Geschäftsführung der Beklagten ohne weiteres hierauf .Zugriff nehmen könnte.

– Etwaige Vorteile einer Gewinnrücklage in der Stellung der Gesellschaft gegenüber Gläubigern, Geschäftspartnern und potenziellen Kreditgebern, insbesondere bei der Aufnahme von Bankverbindlichkeiten, sind zwar grundsätzlich anzuerkennen. So kann sich eine hohe Gewinnrücklage durchaus, etwa im Hinblick auf Liquidität und Sicherheiten, für die Gesellschaft als günstig erweisen und beispielsweise deren Verhandlungsposition und Kreditwürdigkeit stärken.

Im konkreten Fall ist dieser Umstand jedoch weniger stark zu gewichten. Auf Grund der sehr guten finanziellen Lage der Beklagten (der – für die in der Gesellschafterversammlung vom 18. Juli 2005 zu treffende Prognoseentscheidung – maßgebliche letzte Jahresabschluss zum 30. Juni 2004 -Anlage B49 – wies im Vergleich zum vorhandenen Vermögen nur relativ geringe Verbindlichkeiten auf) sowie der seinerzeit günstigen. Zukunftsprognosen konnten die Gesellschafter vielmehr von einem nur geringen Kapitalaufnahmebedarf der Gesellschaft ausgehen. Indizien wird dieser Umstand durch die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft in den Folgejahren bestätigt, die mittlerweile keinerlei Bankverbindlichkeiten mehr aufweist (vgl. Anlage B64).

Jedenfalls würde auch eine Verbesserung der Verhandlungsposition und Kreditwürdigkeit der Beklagten nicht die Bildung einer Rücklage gerade. In der erheblichen Hohe von 25 Mio. EUR rechtfertigen; auch bei einer geringeren Höhe einer solchen Rücklage wäre die Position der Beklagten noch hinreichend gestärkt.

– Auch die Höhe des gezeichneten Kapitals der Beklagten führt nicht zur Erforderlichkeit einer Gewinnrücklage. Deren Argumentation, da eine – für notwendig gehaltene – Kapitalerhöhung nicht zustande gekommen sei, solle durch die Bildung einer Gewinnrücklage.das Geld, in vergleichbarer Weise im Unternehmen gehalten werden, überzeugt nicht. Wenn eine Gesellschaft eine Kapitalerhöhung nicht (mit der für eine Änderung des Gesellschaftsvertrags erforderlichen qualifizierten Mehrheit) beschließt, hat dies auch der Mehrheitsgesellschafter zu akzeptieren. Diese unternehmerische Entscheidung der Gesellschaft kann nicht dadurch umgangen werden, dass stattdessen nun eine Gewinnrücklage gebildet wird.

cc) Zusammenfassend ist bei Würdigung aller Umstände die Bildung einer Gewinnrücklage in Höhe von 25 Mio. EUR nicht mehr als sachlich gerechtfertigt anzusehen, vielmehr als ungerechtfertigter Eingriff in das Gewinninteresse der Kläger zu werten. Dabei kann offen bleiben, ob die Bildung einer Gewinnrücklage in niedrigerer Höhe – die das Gewinnbezugsinteresse der Kläger weniger stark tangieren würde – als noch sachgerecht anzusehen wäre; Gegenstand der Anfechtungsklage ist lediglich der konkret gefasste Gesellschafterbeschluss über die Bildung einer Rücklage in Höhe von gerade 25 Mio. EUR.

c) Da sich somit das Abstimmungsverhalten der Mehrheitsgesellschafterin Frau S. bei Fassung des Beschlusses über die Bildung der Gewinnrücklage als treuwidrig darstellt, ist dieser Beschluss rechtswidrig und nichtig. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage hat Erfolg.

IX.

Eine von der Beklagten vorsorglich im Falle der Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung beantragte Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Erstgericht kommt nicht in Betracht. Die insoweit allein in Betracht kommende Regelung in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO greift nicht ein. Weder kann ein wesentlicher Verfahrensmangel in erster Instanz festgestellt werden – vielmehr trifft der Senat hinsichtlich der Frage der Bildung einer Gewinnrücklage lediglich eine andere Abwägungsentscheidung als das Erstgericht – noch ist infolgedessen eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich.

X.

Über die erst in der Berufungsinstanz erhobene Eventualwiderklage war nicht zu entscheiden, da die (innerprozessuale) Bedingung, unter der diese Klage erhoben wurde, nicht eingetreten ist.

XI.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Eine grundsätzliche Bedeutung wäre lediglich dann anzunehmen, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwerfen würde, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat. Dies ist im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben.

Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine höchstrichterliche Entscheidung, da dazu lediglich dann Anlass bestünde, wenn es für die rechtliche Beurteilung an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlen würde. Die Entscheidung des Senats beruht jedoch ganz wesentlich auf den Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts und auf unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu treffenden Abwägungsentscheidungen.

Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht geboten.

XII.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO, § 47 GKG.

1. Insoweit ist zwischen den einzelnen Anträgen zu differenzieren:

a) Für die erhobenen Anfechtungsklagen ist jeweils das Interesse der klagenden Gesellschafter an der Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse wie auch das Interesse der Gesellschaft an deren Aufrechterhaltung unter Berücksichtigung deren Inhalts und Gegenstandes und der konkreten Einzelumstände zugrunde zu legen; der Streitwert ist auf Grund der vergleichbaren Interessenlage in analoger Anwendung von § 247 Abs. 1 AktG insbesondere nach der Bedeutung der Sache für beide Parteien zu bestimmen (Musielak, ZPO 5. Aufl. § 3 Rn. 23).

b) Der Wert der Anfechtungsklage hinsichtlich des Gesellschafterbeschlusses über die Gewinnausschüttung und der hiermit verbundenen positiven Beschlussfeststellungsklage über eine andere Gewinnverteilung bemisst sich nach dem Interesse der Kläger an einer weiteren Ausschüttung; entsprechend der Höhe der insoweit zusätzlich begehrten Ausschüttung von 1.090.634,78 EUR und dem Gesellschaftsanteil der Kläger von 48 % ergibt sich hieraus ein anzusetzender Wert von 523.504,69 EUR.

c) Der Wert der Anfechtungsklage hinsichtlich des Gesellschafterbeschlusses über die Bildung einer Gewinnrücklage bemisst sich nach dem Interesse der Kläger daran, die Bildung dieser Rücklage und die hierdurch verursachte Erschwerung der Möglichkeit künftiger Gewinnausschüttungen rückgängig zu machen. Dieses Interesse kann lediglich mit einem Bruchteil der Summe der Gewinnrücklage bewertet werden. Da es insoweit auch nicht um die Frage einer Gewinnausschüttung geht, sondern lediglich um die Frage, ob die entsprechende Verbuchung als Gewinnvortrag und damit nur vorübergehend (bis zum nächsten Gewinnverwendungsbeschluss) oder dauerhaft (bis zu einer etwaigen Auflösung der Rücklage) erfolgt, bewertet der Senat das Interesse des Klägers insoweit abweichend von der Wertfestsetzung durch das Landgericht lediglich mit I Prozent des Betrags, der Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist, somit mit 250.000,00 EUR.

d) Der Wert der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage hinsichtlich des Gesellschafterbeschlusses über die Abberufung der Geschäftsführerin D. und der hiermit verbundenen positiven Beschlussfeststellungsklage bemisst sich nach dem Interesse der Kläger an der begehrten Abberufung, das mit dem dreifachen Jahreswert der von der Geschäftsführerin D. zu beanspruchenden Vergütung (vgl. § 42 Abs. 3 GKG), somit mit 58.900,68 EUR, zu bemessen ist.

Ab dem Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung der insoweit gestellten Klageanträge in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 18. Dezember 2006 bemisst sich der Streitwert (nur noch) nach dem restlichen, streitig gebliebenen Teil der Hauptsache (vgl. Zöller/Herget, ZPO a.a.O. § 3 Rn. 16 „Erledigung der Hauptsache“).

e) Der Wert der erst in der Berufungsinstanz klageerweiternd erhobenen Zwischenfeststellungsklage bemisst sich für die hier erhobene negative FeststellungsklageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellungsklage
negative Feststellungsklage
grundsätzlich nach dem Gesamtwert der aus dem vorgreiflichen Rechtsverhältnis hergeleiteten (nicht nur der eingeklagten) Forderungen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. September 1970 – V ZR 4/70, NJW 1970, 2025; Zöller/Greger a.a.O. § 256 Rn. 30).

Da die, Zwischenfeststellungsklage im Streitfall die Frage einer Bestätigung der angefochtenen Beschlüsse über Gewinnausschüttung und Bildung einer Gewinnrücklage und damit gleichfalls die Frage der Wirksamkeit oder Nichtigkeit dieser Beschlüsse betraf, wäre ihr Wert deshalb an sich auf die Summe der beiden Anfechtungsklagen, somit auf den Betrag von (523.504,69 EUR + 250.000,00 EUR =) 773.504,69 EUR festzusetzen. Allerdings kommt im Hinblick auf die wirtschaftliche (Teil-)Identität des mit der Zwischenfeststellungsklage verfolgten Begehrens einerseits und der im Hinblick auf die Beschlüsse über Gewinnausschüttung und Bildung einer Gewinnrücklage erhobenen Anfechtungsklagen andererseits eine Zusammenrechnung der beiderseitigen Ansprüche gemäß § 5 ZPO nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1991 – XII.ZR 81/91, WM 1991, 2121; Zöller/Herget a.a.O. § 5 Rn. 8; Thomas/Putzo, ZPO 24. Aufl. § 5 Rn. 7); vielmehr ist die sich auf ein präjudizielles Rechtsverhältnis beziehende Zwischenfeststellungsklage wegen dieser Identität streitwertmäßig nicht gesondert zu bewerten.

f) Auch die Eventualwiderklage bleibt streitwertmäßig ohne Berücksichtigung, da eine Entscheidung insoweit nicht ergeht.

2. Für die erste Instanz beträgt der Streitwert mithin bis zur teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung (am 18. Dezember 2006) 832.405,37 EUR und für die Zeit danach 773.504,69 EUR. Die abweichende Streitwertfestsetzung durch das Landgericht hat der Senat gemäß § 63 Abs . 3 GKG von Amts wegen abgeändert.

3. Für die Berufungsinstanz beträgt der Streitwert 773.504,69 EUR.

XIII.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der ersten Instanz auf §§ 91, 91a, 92 ZPO, hinsichtlich der Berufungsinstanz auf §§ 97 Abs. 1, 91, 92 ZPO. Entsprechend den für beide Instanzen differenziert festzusetzenden Streitwerten (siehe oben XII) und dem sich hieraus ergebenden Maß des Obsiegens und Unterliegens der Parteien war die Kostenentscheidung (hinsichtlich der Kosten erster Instanz unter Abänderung derjenigen des angefochtenen Urteils) zu treffen.

Dabei ging auch der Senat davon aus, dass im Umfang des in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits nach billigem Ermessen eine Kostenaufhebung angezeigt ist; auf die Begründung des Ersturteils wird insoweit Bezug genommen.

Der Senat hat bei seiner Kostenentscheidung auch berücksichtigt, dass die Kläger mit der erhobenen Zwischenfeststellungsklage voll obsiegt haben und deshalb insoweit die Kosten der Beklagten aufzuerlegen sind. Allerdings findet diese Zwischenfeststellungsklage- wegen der wirtschaftlichen Identität mit den Klageanträgen (siehe oben XII 1 d) – bei der Festsetzung des Streitwertes keine Berücksichtigung. Dies rechtfertigt es indes nicht, das Obsiegen mit der Zwischenfeststellungsklage auch bei der Kostenentscheidung völlig unberücksichtigt zu lassen.

Vielmehr führt dieser Umstand dazu, dass im Rahmen der Ermittlung der jeweiligen Kostenquote davon auszugehen ist, dass den Klägern auch bei der Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Gewinnausschüttung – die abgewiesen bleibt – im Berufungsverfahren kostenmäßig ein Teilerfolg zuzuerkennen ist, da die Kläger auch insoweit jedenfalls mit der Zwischenfeststellungsklage einen Teilerfolg (hinsichtlich der Feststellung des präjudiziellen Rechtsverhältnisses) erzielt haben. Der Senat bemisst diesen Teilerfolg mit 1/3 des Betrages der begehrten Gewinnausschüttung.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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