Ausschlussbeschluss
§ 68 GenG
Tenor
Es wird festgestellt, dass
- die Ausschließung des Klägers aus der Beklagten mit Wirkung zum 31.12.2024 gemäß dem Kläger zugegangenem Ausschlussbeschlussschreiben des Vorstands der Beklagten mit Datum vom 19.06.2024 unwirksam und der Kläger über den 31.12.2024 hinaus Genossenschaftsmitglied der Beklagten ist.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seinen Ausschluss als Genossenschaftsmitglied aus der Beklagten, der Agrargenossenschaft Wei… e.G., durch Ausschließungsbeschluss des Vorstands mit Datum vom 19.06.2024. Der Kläger ist Genossenschaftsmitglied der Beklagten. Die Beklagte ist eine landwirtschaftlich tätige Genossenschaft mit 61 Genossenschaftsmitgliedern. Insgesamt gibt es in der Beklagten 114 Geschäftsguthaben/Geschäftsanteile. Der Kläger ist mit 31 Geschäftsguthaben/Geschäftsanteilen zu Nennbeträgen jeweils EUR 3.100,00 an der Beklagten beteiligt. Insgesamt ist der Kläger mit EUR 96.100,00 am Geschäftsguthaben der Beklagten beteiligt. Das gesamte Geschäftsguthaben der Beklagten umfasst EUR 353.400,00. Die Beteiligung des Klägers entspricht ca. 27,19%.
In § 9 der Satzung der Beklagten ist u.a. Folgendes bestimmt:
„§ 9 Ausschluss
(1) Ein Mitglied kann aus der Genossenschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres ausgeschlossen werden, wenn: [. . .]
g) es ein eigenes mit der Genossenschaft in Wettbewerb stehendes Unternehmen betreibt oder sich an einem solchen beteiligt, oder wenn ein mit der Genossenschaft in Wettbewerb stehendes Unternehmen sich an dem Unternehmen des Mitglieds beteiligt.
h) sich sein Verhalten mit den Belangen der Genossenschaft nicht vereinbaren lässt.“
Mit Schreiben vom 24.05.2024 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtigt, ihn als Mitglied aus der Genossenschaft auszuschließen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger am 23.06.2023 in den Aufsichtsrat der LA….. AG gewählt worden sei, die Unternehmensgegenstände der beiden Gesellschaften zumindest teilweise kongruent seien und die beiden Gesellschaften nur ca. 14 Kilometer voneinander entfernt seien. Es handele sich daher um direkte Konkurrenten und der Kläger würde als Aufsichtsrat der LA….. AG diese unterstützen. Der Kläger habe als Mitglied des Aufsichtsrats Einfluss auf die grundsätzliche wirtschaftliche Ausrichtung des Unternehmens und würde insofern ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten unterstützen. Daher würden die Ausschlussgründe gem. § 9 g) und h) der Satzung der Beklagten vorliegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. Dem Kläger wurde eine Frist zur Stellungnahme bis 07.06.2024 eingeräumt.
Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 11.06.2024 und führte aus, dass keiner der von der Beklagten zitierten satzungsmäßigen Ausschließungsgründe vorlägen. Er betreibe kein Konkurrenzunternehmen, sei an einem solchen nicht beteiligt und betreibe kein Unternehmen, an dem sich ein mit der Genossenschaft im Wettbewerb stehendes Unternehmen beteiligen könnte und auch nicht beteiligt. Die Aufsichtsratstätigkeit in der LA….. AG sei kein Ausschlussgrund. Dazu führt er wörtlich aus:
„Ein Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft überwacht dagegen den Vorstand. Maßnahmen des Vorstands können nicht auf den Aufsichtsrat übertragen werden.
Danach habe ich schon nach den Grundregeln des Aktienrecht keine Möglichkeit, Einfluss auf den Vorstand der LA….. AG zu nehmen, auch speziell nicht auf die grundsätzliche wirtschaftliche Ausrichtung der LA….. AG. Die grundsätzliche wirtschaftliche Ausrichtung einer AG ist allein Vorstandsaufgabe. Einem Aufsichtsrat bleibt nur die Überwachung des Vorstands für die Aktionäre. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, welche Expertise ich vorweise.“
Ein Vorstand kann grundsätzlich Aufsichtsratsmitglied eines Konkurrenzunternehmens werden. Dies gilt erst recht für ein ehemaliges Vorstandsmitglied oder eines einfachen Genossenschaftsmitglieds.“
Außerdem sei der Beklagten diese Aufsichtsratstätigkeit seit Juli 2023 bekannt, es habe keine Abmahnung gegeben und der Gleichheitsgrundsatz sei verletzt, da andere Funktionsträger der Beklagten zugleich Positionen auch in anderen Agrargenossenschaften hätten, was nicht beanstandet werde. Ferner erklärte der Kläger seine Bereitschaft, das Amt als Aufsichtsratsvorsitzender unverzüglich niederzulegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K 2 verwiesen.
Mit Beschluss vom 19.06.2024 beschloss die Beklagte in einer Vorstandssitzung den Ausschluss des Klägers aus der Genossenschaft. Zur Begründung wurde auf die Vorwürfe aus dem Schreiben vom 24.05.2024 Bezug genommen und weitere Ausschlussgründe benannt, u.a., dass der Kläger mit der Kanzlei am 05.04.2025 eine Informationsveranstaltung für die Mitglieder der Agrargenossenschaft Großrudestedt eG abgehalten habe, ferner, dass er Herrn, der Pflanzenbauleiter der LA….. AG am 10.06.2024 im Namen des Klägers zu dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten, Herrn, geschickt habe, um über das Anhörungsschreiben zu verhandeln. Dabei habe Herr vertrauliche Zahlen zu den Verhältnissen bei der Beklagten gehabt, die er nur vom Kläger habe erhalten können. Außerdem sei Herr in gleicher Weise am 11.06.2024 auf das Vorstandsmitglied der B eG zugegangen. Es sei immer um eine Vermeidung des Ausschlusses gegangen. Wegen weiterer Einzelheiten zu den Ausschließungsgründen wird auf das Protokoll vom 19.06.2024 (Anlage K 3) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 03.07.2024 (Anlage K 4) legte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten Beschwerde gegen den Beschluss ein. Zur Begründung wurde auf das Schreiben vom 11.06.2024 verwiesen und ausgeführt, dass das rechtliche Gehör des Klägers durch den Vorstand verletzt worden sei, da der Ausschluss auf neue, weitere Gründe gestützt worden sei, zu denen der Kläger nicht angehört worden sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlage K 4 verwiesen.
Mit Beschluss vom 06.08.2024 wies der Aufsichtsrat der Beklagten die Beschwerde des Klägers zurück und bestätigte den Beschluss vom 19.06.2024. Begründet wurde die Entscheidung wiederum mit der Aufsichtsratstätigkeit des Klägers für ein „Konkurrenzunternehmen“ und den Bestrebungen des Klägers, die Agrargenossenschaft Großrudestedt eG an der die B eG beteiligt sei, zu übernehmen und an die E eG zu veräußern. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 06.08.2024 (Anlage K 6) verwiesen.
Im Wesentlichen wurde dem Kläger vorgehalten, dass sich sein Verhalten mit den Belangen der Genossenschaft nicht vereinbaren ließe. Er habe an Plänen zur Übernahme und Zerschlagung der Agrargenossenschaft Großrudestedt eG mitgewirkt. Es gehe ihm nur um seine eigenen finanziellen Interessen. Zwar sei der Kläger nicht zu allen Vorwürfen angehört worden, doch ändere dies nichts an den Kernvorwürfen der Schädigung durch Mitwirkung an Übernahmeplänen und Weitergabe von Informationen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass sein Ausschluss aus der Beklagten gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip bzw. die genossenschaftliche Treuepflicht verstoßen habe, ein vom ihm angebotenes milderes Mittel, nämlich die Niederlegung des Aufsichtsratsmandats, ignoriert worden sei, keine erforderliche Abmahnung erfolgt sei, das Ausschlussrecht verwirkt worden sei und der Ausschluss gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße.
Die überraschend nachgeschobenen neuen Gründe im Ausschlussbeschluss seien unbeachtlich. Im streitgegenständlichen Verfahren seien und blieben nur die in der Anhörung aufgeführten angeblichen Gründe von Bedeutung. Der das rechtliche Gehör verletzende Ausschlussbeschluss sei unwirksam. Dem Kläger sei die Möglichkeit genommen worden, auf die neu vorgebrachten Ausschlussgründe einzugehen. Eine Heilung des nicht gewährten rechtlichen Gehörs in der genossenschaftsrechtlichen Rechtsmittelinstanz sei nicht möglich. Außerdem sei auch keine Anhörung des Klägers durch den Aufsichtsrat erfolgt.
Außerdem seien auch inhaltlich die Ausschlussgründe nicht zutreffend. Durch seine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied der LA….. AG werde kein Ausschlussgrund erfüllt. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf die Ausführungen des Klägers in der Klageschrift Bezug genommen.
Die nachgeschobenen Gründe träfen ebenfalls nicht zu. Dies gelte bereits für die angenommenen Tatsachen. So sei Herr vom Kläger nicht beauftragt gewesen, für ihn aufzutreten und Gespräche zu führen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Replik vom 04.12.2024 verwiesen. Schließlich ist der Kläger der Ansicht, ein Ausschluss entspreche nicht den Interessen der verbleibenden Genossenschaftsmitglieder, da diese dann Schenkungssteuer bezahlen müssten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 23.04.2025 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
es wird festgestellt, dass
die Ausschließung des Klägers aus der Beklagten mit Wirkung zum 31.12.2024 gemäß dem Kläger zugegangenem Ausschlussbeschlussschreiben des Vorstands der Beklagten mit Datum vom 19.06.2024 unwirksam und der Kläger über den 31.12.2024 hinaus Genossenschaftsmitglied der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, bei der LA….. AG handele es sich um ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten.
Am 5. April 2024 habe der Kläger in Kooperation mit der Kanzlei, die auch im vorliegenden Rechtsstreit seine Prozessvertretung übernommen habe, eine „Informationsveranstaltung“ für einen Teil der Mitglieder der Agrargenossenschaft Großrudestedt eG mit der Zielsetzung, die Genossenschaft zu „übernehmen“ organisiert, indem mittels einer außerordentlichen Generalversammlung der Vorstand und der Aufsichtsrat der Gesellschaft neu besetzt werden sollten. In diesem Zusammenhang sollte der Kläger als Aufsichtsratsmitglied der Agrargenossenschaft Großrudestedt eG bestellt werden. Im Anschluss daran wollten der Kläger und die Kanzlei den Verkauf der Agrargenossenschaft Großrudestedt eG an die E eG organisieren und abwickeln. Dies ergebe sich aus dem Anschreiben auf dem Briefkopf der Kanzlei vom 10. April 2024 an den Vorstand der Agrargenossenschaft Großrudestedt eG,
Ziel der Beklagten sei es dagegen – auch im Hinblick auf ihre Beteiligung an der Agrargenossenschaft Großrudestedt eG – den Förderbetrieb der Agrargenossenschaft Großrudestedt eG in der aktuellen Form zu erhalten und zu stützen.
Als weitere Reaktion auf das Anhörungsschreiben habe der Kläger den Pflanzenbauleiter der LA….. AG, Herrn, am 10. Juni 2024 zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten, Herrn geschickt, um über das Anhörungsschreiben zu „verhandeln“. Dabei sei Herr ausdrücklich im Namen des Klägers aufgetreten. Herrn seien sämtliche Zahlen über das Eigentumsland und weitere geschäftsinterne Details der Beklagten bekannt gewesen. Im Wesentlichen habe Herr gegenüber Herrn behauptet, dass die Beklagte vor einer „Übernahme durch Investoren stünde“. Aus Sicht des Klägers, den Herr im Rahmen dieses Gespräches vertreten habe, stehe ihm im Verhältnis seines gezeichneten Geschäftsguthabens ein Anspruch am Vermögen der Beklagten zu. Zielsetzung des Gespräches sei es daher gewesen, eine Zahlung von EUR 15 Millionen von der Beklagten an den Kläger zu erwirken. Diese Forderung sei durch Herrn abgelehnt worden. Ein ähnliches Gespräch habe es mit dem Vorstandsmitglied der Beklagten gegeben.
Letztlich gehe es dem Kläger in Zusammenarbeit mit Rechtsanwalt nur um einen Verkauf der Beklagten an Investoren. Die Motive des Klägers seien rein persönlicher wirtschaftlicher Natur und berücksichtigten nicht die Belange der Beklagten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung Bezug genommen.
Die Beklagte meint, es liege kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs vor. Bei der Entscheidung habe auch das Verhalten des Klägers nach Zugang des Anhörungsschreibens berücksichtigt werden dürfen und müssen. Eine Abmahnung sei entbehrlich, da ohne Erfolgsaussicht gewesen. Außerdem müsste die Beklagte für den Fall, dass aufgrund formaler Gesichtspunkte das gesamte Verhalten des Klägers in diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden könne, ein erneutes Ausschlussverfahren einleiten. Dann fehle es dem Kläger am Rechtsschutzbedürfnis. Schließlich könne aufgrund der Tätigkeit des Klägers bei der LA….. AG und der Beauftragung von Herrn schon davon ausgegangen werden, dass der Kläger ein Konkurrenzunternehmen betreibe. Außerdem sei sein Verhalten mit dem Belangen der Beklagten nicht vereinbar. Es liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da die Agrargenossenschaft Großrudestedt eG mit der LA….. AG nicht vergleichbar sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 23.05.2025 machte die Beklagte geltend, dass außergerichtlich die Erledigung des Rechtsstreits eingetreten sei, da sie mit Vorstandsbeschluss vom 23.05.2025 (Anlage B 9), bestätigt durch Aufsichtsratsbeschluss der Beklagten vom 23.05.2025 (Anlage B 10), den Ausschließungsbeschluss vom 19.06.2024 gegen den Kläger für gegenstandslos erklärt hat und aus diesem Beschluss keine Rechts mehr hergeleitet werden. Ferner würden die gesamten Kosten dieses Verfahrens übernommen werden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 27.05.2025 die Abgabe einer Erledigungserklärung abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine förmliche Aufhebung oder Rücknahme im Sinne einer ex-tunc-Wirkung sei hiermit nicht verbunden. Das Rechtsschutzinteresse des Klägers bestehe fort, es ergebe sich insbesondere aus der Notwendigkeit der Rehabilitierung sowie aus gesellschaftsrechtlichen Folgewirkungen der angegriffenen Maßnahmen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Ausschließung des Klägers aus der Beklagten mit Wirkung zum 31.12.2024 durch Beschluss des Vorstands vom 19.06.2024 war unwirksam und der Kläger war über den 31.12.2024 hinaus Genossenschaftsmitglied der Beklagten.
Der Klage fehlt – auch unter Berücksichtigung des (verspäteten und neuen) Sachvortrags der Beklagten im Schriftsatz vom 23.05.2025 nicht das Rechtsschutzinteresse.
Die Beklagte hat geltend gemacht, aufgrund der Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrates vom 23.05.2025 sei außergerichtlich Erledigung eingetreten. Mit diesen Beschlüssen hat die Beklagte den Ausschließungsbeschluss vom 19.06.2024 gegen den Kläger für gegenstandslos erklärt und ausgesprochen, dass aus diesem Beschluss keine Rechts mehr hergeleitet werden. Ferner würden die gesamten Kosten dieses Verfahrens übernommen werden.
Diese Beschlüsse haben das Rechtsschutzinteresse des Klägers nicht beseitigt.
Selbst wenn man den Inhalt der Beschlüsse dahin auslegt, dass es sich um eine grundsätzlich mögliche Rücknahme des Ausschließungsbeschlusses vom 19.06.2024 handelt, so wäre dies nur bis zum Ende des Geschäftsjahres 2024 (§ 68 Abs. 1 S. 2 GenG) möglich gewesen und hätte der Zustimmung des Klägers bedurft (vgl. Beuthien, Genossenschaftsgesetz, § 68 Rn. 24; Müller, Genossenschaftsgesetz, § 68 Rn. 65). Beide Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Beschlüsse wurden erst am 23.05.2025 gefasst und eine Zustimmung des Klägers ist nicht ersichtlich. Eine Neuaufnahme des Klägers ist auch nicht erfolgt.
Hinzu kommt, dass der Kläger nach wie vor ein Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung hat, da er möglicherweise Schadensersatzansprüche geltend machen will, die daraus resultieren können, dass er gem. § 68 Abs. 2 S. 2 GenG von bestimmten Genossenschaftsrechten ausgeschlossen war.
Der Ausschließungsbeschluss vom 19.06.2024 ist nichtig.
Soweit die Ausschließung des Klägers aus Gründen erfolgte, die nicht Gegenstand bzw. Inhalt des Schreibens vom 24.05.2024 waren, ist der Beschluss wegen einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör nichtig.
Dies betrifft die Ausschließung, weil der Kläger mit der Kanzlei Löffler am 05.04.2025 eine Informationsveranstaltung für die Mitglieder der Agrargenossenschaft Großrudestedt eG abgehalten habe, ferner, dass er Herrn, der Pflanzenbauleiter der LA….. AG am 10.06.2024 im Namen des Klägers zu dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten, Herrn, geschickt habe, um über das Anhörungsschreiben zu verhandeln. Dabei habe Herr vertrauliche Zahlen zu den Verhältnissen bei der Beklagten gehabt, die er nur vom Kläger habe erhalten können. Außerdem sei Herr in gleicher Weise am 11.06.2024 auf das Vorstandsmitglied der B eG zugegangen.
Zu diesen Umständen ist der Kläger weder von dem Vorstand noch von dem Aufsichtsrat der Beklagten vor den jeweiligen Entscheidungen angehört worden.
Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, es handele sich nicht um neue Gründe, sondern nur um die Vertiefung bereits bestehender Gründe, zu denen angehört worden sei. Insbesondere das Geschehen um den 10.06.2024 ist neuer Sachverhalt, der zudem hinsichtlich der Rolle des Herrn auch inhaltlich vom Kläger bestritten wird, so dass es bereits aus diesem Grunde geboten gewesen wäre, den Kläger hierzu anzuhören.
Die fehlende Anhörung durch den Vorstand konnte auch durch das durchgeführte interne Rechsmittelverfahren der Beklagten nicht geheilt werden. Zum einen wurde auch in diesem Verfahren der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht genügend beachtet. Der Kläger wurde durch den Aufsichtsrat nicht zu den vorstehend genannten Ausschließungsgründen angehört, und zwar weder mündlich noch schriftlich. Dazu bestand jedoch Anlass, da der Kläger in dem Beschwerdeschreiben vom 03.07.2024 (Anlage K 4) auf S. 5 unter Ziffer 4 ausdrücklich erklärt hat, dass und aus welchem Grunde er auf die neuen Ausschlussgründe nicht eingeht. Da zudem der Sachverhalt dazu umstritten war, hätte der Aufsichtsrat nochmals eine Anhörung durchführen müssen
Zum anderen ist anerkannt, dass der Mangel des rechtlichen Gehörs auch nicht durch seine Gewährung im Rechtsmittelverfahren geheilt werden kann (so Müller, GenG, § 68, Rn. 34a). Der abweichenden Ansicht des LG Nürnberg, WuM 1993, S. 280, kann nicht beigetreten werden. Jener Fall betraf eine andere Fallgestaltung. Ferner würde im Übrigen bei einer Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs dem Genossen eine Verfahrensinstanz entzogen und es ergäben sich darüber hinaus Fiktionen, zu welchem Zeitpunkt die Wirkungen des § 68 Abs. 2 GenG eintreten (so Müller, GenG, § 68a Rn. 34a).
Soweit die Ausschließung Gründe betrifft, zu denen der Kläger gem. dem Schreiben vom 24.05.2024 angehört wurde, vermögen diese den Ausschluss des Klägers nicht rechtfertigen.
Zur Begründung der Ausschließung wurde ausgeführt, dass der Kläger am 23.06.2023 in den Aufsichtsrat LA….. AG gewählt worden sei, die Unternehmensgegenstände der beiden Gesellschaften zumindest teilweise kongruent seien und die beiden Gesellschaften nur ca. 14 Kilometer voneinander entfernt seien. Es handelte sich daher um direkte Konkurrenten und der Kläger würde als Aufsichtsrat der LA….. AG diese unterstützen. Der Kläger habe als Mitglied des Aufsichtsrats Einfluss auf die grundsätzliche wirtschaftliche Ausrichtung des Unternehmens und würde insofern ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten unterstützen. Daher würden die Ausschlussgründe gem. § 9 g) und h) der Satzung der Beklagten vorliegen.
In § 9 der Satzung der Beklagten ist u.a. Folgendes bestimmt:
„,§ 9 Ausschluss
(1) Ein Mitglied kann aus der Genossenschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres ausgeschlossen werden, wenn: [. . .] g) es ein eigenes mit der Genossenschaft in Wettbewerb stehendes Unternehmen betreibt oder sich an einem solchen beteiligt, oder wenn ein mit der Genossenschaft in Wettbewerb stehendes Unternehmen sich an dem Unternehmen des Mitglieds beteiligt.
h) sich sein Verhalten mit den Belangen der Genossenschaft nicht vereinbaren lässt.“
Ein Ausschlussgrund nach § 9 g) der Satzung liegt nicht vor. Durch die Aufsichtsratstätigkeit bei der LAPROMA hat der Kläger weder ein eigenes mit der Genossenschaft in Wettbewerb stehenden Unternehmen betrieben oder sich an einem solchen beteiligt. Die Aufsichtsratstätigkeit ist inhaltlich auch nicht vergleichbar mit einer solchen Betätigung.
Er hat mit dieser Tätigkeit auch nicht ein Verhalten gezeigt, das mit den Belangen der Genossenschaft nicht zu vereinbaren ist.
Es fehlt bereits an einem Schaden bei der Beklagten durch die Aufsichtsratstätigkeit des Klägers bzw. zumindest das Drohen einer Schädigung. Solches wurde von der Beklagten nicht vorgetragen.
Im Wesentlichen kommt es jedoch darauf an, dass das vom Kläger angebotene mildere Mittel, nämlich die Aufgabe der Tätigkeit als Aufsichtsrat der LA….. AG nicht berücksichtigt wurde, zumal die Aufsichtsratstätigkeit bereits seit Juni 2023 bestand und von der Beklagten erst ca. 1 Jahr später beanstandet wurde.
Daher konnte der Ausschluss des Klägers aus der Beklagten nicht auf dessen Aufsichtsratstätigkeit bei der LA….. AG gestützt werden.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
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