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BAG, Urteil vom 03. Mai 2006 – 10 AZR 319/05

BGB § 611

I. Soweit der Kläger von der Beklagten die Zahlung von 2, 1 Millionen Euro verlangt und insoweit sein Klageziel weiterverfolgt, ist die Revision zulässig, aber unbegründet. Für den Zahlungsanspruch besteht keine Anspruchsgrundlage.

1. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Carried Interest ergibt sich nicht aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag.

a) Es kann offen bleiben, ob es sich bei den Erklärungen im Arbeitsvertrag um typische oder nichttypische Willenserklärungen handelt. Die Auslegung nichttypischer Vertragserklärungen durch die Tatsachengerichte ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist (st. Rspr., vgl. BAG 16. November 2005 – 10 AZR 108/05 –; 13. März 2003 – 6 AZR 585/01 – BAGE 105, 205, 208; 5. Juni 2002 – 7 AZR 241/01 – BAGE 101, 262; 15. November 2000 – 5 AZR 296/99 – BAGE 96, 237, 241 mwN). Die Auslegung sog. typischer Willenserklärungen durch das Berufungsgericht ist dagegen in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachprüfbar (st. Rspr., vgl. BAG 13. März 2003 – 6 AZR 698/01 –, zu 1 der Gründe; 19. Januar 2000 – 5 AZR 637/98 – BAGE 93, 212, 215; 16. Februar 2000 – 4 AZR 14/99 – BAGE 93, 328, 338, jeweils mwN). Die Auslegung des Arbeitsvertrages durch das Landesarbeitsgericht hielte auch dieser uneingeschränkten Überprüfung stand.

b) Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG 26. September 2002 – 6 AZR 434/00 – AP BBiG § 10 Nr. 10 = EzA BBiG § 10 Nr. 6, zu I 3 der Gründe; 12. Juni 2002 – 10 AZR 323/01 – EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 110, zu II 1 b der Gründe). Danach hat die Tochtergesellschaft der Beklagten DB Industrial Holdings AG dem Kläger im Arbeitsvertrag weder ausdrücklich noch konkludent eine Carried-Interest-Zahlung zugesagt, so dass die Beklagte nach ihrem Eintritt in das Arbeitsverhältnis keine Zahlungszusage ihrer Tochtergesellschaft zu erfüllen hat.

c) Das folgt bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Arbeitsvertrages. In diesem hat die DB Industrial Holdings AG dem Kläger als freiwillige variable Vergütung einen auf das Geschäftsjahr bezogenen Bonus zugesagt, wobei sich die Höhe der Bonuszahlung auf der Grundlage von Zielvereinbarungen an der Leistung des Klägers sowie am Geschäftsergebnis zu orientieren hatte. Für das erste Jahr seiner Tätigkeit hat die Beklagte dem Kläger einen Bonus in Höhe von 102.260,00 Euro garantiert. Für eine Carried-Interest-Zahlung fehlt eine rechtsverbindliche Zusicherung. Mit der Formulierung „Es ist vorgesehen, … die Bonuszahlung im Verlauf des Jahres 2001 durch ein Carried Interest Modell zu ersetzen“ hat sich die DB Industrial Holdings AG entgegen der Auffassung des Klägers weder dem Grunde geschweige denn der Höhe nach zu einer Carried-Interest-Zahlung verpflichtet. „Vorsehen“ bedeutet vom Wortsinn her „in Aussicht nehmen“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 7. Aufl.), „beabsichtigen“ (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl.). Mit der von ihnen bekundeten Absicht, die Bonuszahlung durch ein Carried-Interest-Modell zu ersetzen, haben die DB Industrial Holdings AG und der Kläger noch keinen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Carried Interest begründet.

2. Auch in dem am 10. Dezember 2001 mit dem Kläger geführten Personalgespräch hat die Beklagte dem Kläger nach ihrem Eintritt in das Arbeitsverhältnis eine Beteiligung an einem Carried-Interest-Modell nicht zugesagt. Der Kläger hat zwar behauptet, sein Vorgesetzter F habe ihm an diesem Tag im Rahmen eines persönlichen Personal- und Gehaltsgespräches mitgeteilt, dass für das Jahr 2002 und die Folgejahre ein jährliches Investitionskapital von 500 Millionen Euro zur Verfügung stehe, sein persönlicher Anteil 0, 30 % an allen aus diesem Kapital erzielten Gewinnen betrage und dieser Anteil auf der Basis der in der Vergangenheit erzielten Renditen einem Betrag iHv. 2, 1 Millionen Euro entspreche. Auch wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, dass sein Vorgesetzter F die Beklagte nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich zur Zahlung von Carried Interest verpflichten konnte, folgte daraus kein arbeitsvertraglicher Anspruch des Klägers auf eine Carried-Interest-Zahlung der Beklagten. Eine Vergütung des Klägers nach einem Carried-Interest-Modell ist in dem nachfolgenden, vom Vorgesetzten des Klägers F mitunterzeichneten Schreiben der Beklagten vom 20. Dezember 2001 weder vorgesehen noch auch nur erwähnt. Die Beklagte hat dem Kläger in diesem Schreiben nur die Erhöhung seines Gehalts zum 1. Januar 2002 sowie die Bonusregelung für das Geschäftsjahr 2002 mitgeteilt. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten Einwände bezüglich dieser Vergütungsmitteilung erhoben und auf Grund des Gesprächs mit seinem Vorgesetzten F am 10. Dezember 2001 seinen Anspruch auf eine Carried-Interest-Zahlung angemeldet hat. Der Kläger hatte dies auch nicht behauptet. Er vertritt in der Revisionsbegründung vielmehr selbst die Auffassung, seine Vergütung nach dem Carried-Interest-Modell sei zunächst noch offen und ungeregelt geblieben.

3. Gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, aus dem Schreiben der Beklagten vom 1. Juli 2002, in dem diese dem Kläger seine teilnahme am Carried-Interest-Plan der DB Capital Partners Europe Group und seinen Anteil am Carried Interest bestätigt habe, ergebe sich keine Zahlungsverpflichtung der Beklagten, richtet sich kein Angriff der Revision. Der Kläger leitet aus dem Inhalt des Schreibens die beanspruchte Zahlung von Carried Interest nicht ab. Er rügt nur, das Landesarbeitsgericht habe den bloßen Informationscharakter des Schreibens verkannt, und vertritt die Auffassung, das Schreiben könne schon nach seinem Wortlaut nicht als vertragsändernde, konstitutive Regelung akzeptiert werden. Die Beklagte habe in dem Schreiben kein Vertragsangebot abgegeben, das er hätte annehmen können, sondern nur bestätigt, was für ihn und jeden vernünftigen Dritten sowieso klar gewesen sei, nämlich die Ablösung der bisher einseitig von der Beklagten festgesetzten, traditionellen Bonuszahlung durch ein Carried-Interest-Modell.

4. Ohne Erfolg beansprucht der Kläger die Zahlung von Erfolgbeteiligung iHv. 2, 1 Millionen Euro für das Kalenderjahr 2002 als im Bereich Private Equity übliche Vergütung.

a) Der Anspruch ergibt sich nicht aus § 612 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Das betrifft Fälle, in denen weder durch Gesetz, Tarifvertrag oder einzelvertragliche Vereinbarung noch auf sonstiger Grundlage eine Vergütung festgelegt ist (BAG 28. Januar 2004 – 5 AZR 530/02 – BAGE 109, 254, 263). § 612 Abs. 1 BGB greift auch dann ein, wenn über die vertraglich geschuldete Tätigkeit hinaus eine Sonderleistung erbracht wird, die durch die vereinbarte Vergütung nicht abgegolten ist und weder einzelvertraglich noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (BAG 29. Januar 2003 – 5 AZR 703/01 – AP BGB § 612 Nr. 66; 21. März 2002 – 6 AZR 456/01 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Musiker Nr. 17 = EzA TVG § 4 Musiker Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Arbeitsvertrag enthält eine Vergütungsregelung. Er regelt die Grundvergütung des Klägers und den als freiwillige variable Vergütung auf das Geschäftsjahr bezogenen Bonus. Der Kläger hat nur die von ihm geschuldete Tätigkeit ausgeübt und keine Sonderleistungen erbracht. Ein Rückgriff auf § 612 Abs. 1 BGB scheidet damit aus.

b) Auch aus § 612 Abs. 2 BGB folgt der Anspruch nicht. Nach dieser Bestimmung ist in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist. Diese Vorschrift ist auch anwendbar, wenn die Vergütungsvereinbarung unwirksam ist (BAG 28. September 1994 – 4 AZR 619/93 – AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 38 = EzA BGB § 612 Nr. 17). Daran fehlt es. Die im Arbeitsvertrag getroffene Vergütungsabrede ist wirksam.

5. Die teilnahme des Klägers am Carried-Interest-Plan der DB Capital Partners Europe Group im Jahr 2002 hat keine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Carried Interest begründet.

a) Die Beklagte hat dem Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die weder der Kläger mit Rügen noch die Beklagte mit Gegenrügen angegriffen hat und die den Senat damit binden, die teilnahme am Carried-Interest-Plan im Jahr 2002 ermöglicht. Ende des Jahres 2002 wurde der Kläger Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft DB Capital Partners (Europe) 2002 Founder Partner LP mit Sitz in Delaware (USA). Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass aus der teilnahme des Klägers am Carried-Interest-Plan mangels entsprechender Absprachen der Parteien keine Zahlungsverpflichtung der Beklagten folgt.

b) Ohne Erfolg rügt der Kläger, die Beklagte habe seinen Anspruch auf die Carried-Interest-Zahlung selbst zu erfüllen und ihre Zahlungsverpflichtung nicht wirksam auf einen Dritten überleiten können, insbesondere nicht auf eine Konzerngesellschaft ausländischen Rechts. Der Kläger verkennt, dass weder die DB Industrial Holdings AG noch die Beklagte selbst nach den vertraglichen Abmachungen jemals zu einer Carried-Interest-Zahlung verpflichtet waren und die von ihm behauptete Überleitung einer Zahlungspflicht auf einen Dritten damit nicht vorliegt.

aa) Die im Arbeitsvertrag festgehaltene Absicht, im Zusammenhang mit der Neuordnung der variablen Vergütung die Bonuszahlung im Verlauf des Jahres 2001 durch ein Carried-Interest-Modell zu ersetzen, zwingt nicht zu der Annahme, die Zahlung des Carried Interest hätte durch die Beklagte selbst zu erfolgen. Dies bleibt im Arbeitsvertrag offen. Dieser enthält keine näheren Angaben zu dem vorgesehenen Carried-Interest-Modell. Im Übrigen fällt das gewählte Modell des Carried Interest unter Einschaltung einer Drittgesellschaft unter die vom Kläger selbst als mögliche Varianten der Carried-Interest-Modelle genannten Gestaltungen. Die teilnahme im Bereich Private Equity tätiger Angestellter an einem Carried-Interest-Plan ist auch keine Vergütung im engeren Sinn. Sie ist ein Anreiz für besondere Anstrengungen, entwicklungsfähige Unternehmen zu identifizieren und sie nach der Akquisition in ihrer strategischen Weiterentwicklung so zu unterstützen, dass sie später, gegebenenfalls nach ihrer Umstrukturierung, Reorganisation oder Aufteilung, nach einer deutlichen Erhöhung ihres Wertes mit möglichst hohem Gewinn veräußert werden können. In Bezug auf diese Anreizfunktion unterscheidet sich die teilnahme an einem Carried-Interest-Plan nicht grundlegend von einem Aktienoptionsplan als Anreiz für das leitende Konzernpersonal, durch besondere Anstrengungen den Wert der Aktie zu steigern. Eine rechtliche Verpflichtung, Aktienoptionen als Teil der arbeitsvertraglich geschuldeten Vergütung zu vereinbaren, besteht nicht (BAG 12. Februar 2003 – 10 AZR 299/02 – BAGE 104, 324, 332). Ebenso wenig besteht eine rechtliche Verpflichtung, Carried-Interest-Modelle so zu gestalten, dass die Zahlung des Carried Interest durch den Arbeitgeber zu erfolgen hat.

bb) Auch die steuerliche Einordnung einer Carried-Interest-Zahlung führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten. Zwischen den schuldrechtlichen Beziehungen und den steuerrechtlichen Konsequenzen ist zu differenzieren. Die steuerrechtliche Qualifizierung einer Erfolgbeteiligung ersetzt nicht den schuldrechtlichen Verpflichtungsgrund und verschafft dem Arbeitnehmer keinen weiteren Schuldner (BAG 12. Februar 2003 – 10 AZR 299/02 – BAGE 104, 324, 333).

c) Allerdings trifft es zu, dass die Beklagte auf Grund des Inhaltsschutzes des Arbeitsverhältnisses nach § 2 KSchG eine zugesagte Bonuszahlung nicht ohne Zustimmung des Klägers durch ein Carried-Interest-Modell hätte ersetzen können. Dies würde auch dann gelten, wenn die Beklagte selbst die Carried-Interest-Zahlung zu leisten hätte. Die im Arbeitsvertrag als freiwillige variable Vergütung bezeichnete Bonuszahlung ist jedoch entgegen der Behauptung des Klägers nicht durch ein Carried-Interest-Modell ersetzt worden. Die Beklagte hat dem Kläger den im Schreiben vom 20. Dezember 2001 für das Geschäftsjahr 2002 genannten und vom Kläger ausdrücklich beanspruchten „Discretionary Bonus“ iHv. 247.000,00 Euro gezahlt. Darüber besteht kein Streit. Die vom Kläger behauptete Entlassung der Beklagten aus einer Zahlungsverpflichtung liegt damit nicht vor. Eine Neuregelung der variablen Vergütung des Klägers ist – anders, als im Arbeitsvertrag vorgesehen – nur insoweit erfolgt, als die Beklagte dem Kläger zusätzlich, nicht an Stelle der Bonuszahlung, die teilnahme am Carried-Interest-Plan im Jahr 2002 ermöglicht hat. Dies berührt den Inhaltsschutz des Arbeitsverhältnisses nach § 2 KSchG nicht. Schließlich hätte der Kläger das Angebot, Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft DB Capital Partners (Europe) 2002 Founder Partner LP mit Sitz in Delaware zu werden, auch nicht annehmen müssen.

6. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Beklagte nicht wegen Verletzung von Pflichten zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet ist.

a) Da das Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 2002 begründet wurde, war § 280 Abs. 1 BGB nF gemäß Art. 229 § 5 EGBGB im Kalenderjahr 2002 noch nicht anwendbar, so dass auf den ungeschriebenen Tatbestand der positiven Vertragsverletzung zurückzugreifen ist. Dieser Tatbestand hat alle schuldhaften Pflichtverletzungen im Rahmen eines bestehenden Schuldverhältnisses erfasst, die weder Unmöglichkeit noch Verzug herbeiführten und deren Folgen im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften nicht geregelt waren. Der Tatbestand der positiven Vertragsverletzung ist jedoch nicht erfüllt.

b) Ein die Leistung von Schadensersatz auslösender schuldhafter Pflichtenverstoß der Beklagten liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb vor, weil die Beklagte die unternehmerische Entscheidung getroffen hat, ihre Aktivitäten im Bereich Private Equity im September 2002 einzustellen. Der Kläger hatte nach dem Arbeitsvertrag keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ungeachtet der Identifizierung werthaltiger Investitionsobjekte und des mit dem Einsatz ihres Investitionskapitals verbundenen Wagnisses Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen erwirbt. Mangels eines solchen Anspruchs des Klägers fehlt es bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten.
aa) Der Kläger hatte im Bereich Private Equity die Aufgabe, geeignete Unternehmen zu identifizieren, die Akquisition vorzubereiten und ggf. das Engagement bis zur Veräußerung zu begleiten. Selbst wenn die Beklagte den Kläger ab September 2002 nach der Einstellung ihrer Aktivitäten im Bereich Private Equity nicht mehr vertragsgemäß beschäftigt hätte, folgte daraus noch nicht der vom Kläger beanspruchte Schadensersatz. Die Entscheidung, ob und ggf. zu welchen Bedingungen Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen erworben und wann und zu welchen Bedingungen diese wieder veräußert wurden, oblag allein der Beklagten. Diese trug auch ausschließlich das Risiko des Fehlschlagens ihrer Investitionen. Auch bei einer Fortführung ihrer Aktivitäten im Bereich Private Equity wäre die Beklagte nicht gegenüber dem Kläger verpflichtet gewesen, innerhalb bestimmter Investitionsperioden Wagniskapital in bestimmter Höhe zu investieren und Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen zu erwerben oder innerhalb bestimmter Zeiträume wieder zu veräußern. Stellt ein Arbeitgeber seine Aktivitäten im Bereich Private Equity mangels gewinnträchtiger Investitionsmöglichkeiten ein, kommt ein pflichtwidriges, Schadensersatzansprüche auslösendes schuldhaftes Verhalten von vornherein nicht in Betracht, wenn er den an einem Carried-Interest-Plan teilnehmenden Arbeitnehmern den Einsatz von Investitionskapital zum Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen nicht garantiert hat.
[46] bb) Die Erfolgsbeteiligung im Rahmen des Carried-Interest-Modells der Beklagten unterscheidet sich auch deutlich von anderen Vergütungsformen.
(1) Sie ist keine Provision. Bei dieser unmittelbar leistungsbezogenen Vergütungsform werden im Gegensatz zum Private-Equity-Geschäft in der Regel standardisierte Geschäfte abgewickelt, deren Zustandekommen der Provisionsberechtigte weitgehend in der Hand hat und die nicht oder doch jedenfalls nicht in so hohem Maße wie beim Private-Equity-Geschäft mit dem Einsatz von Wagniskapital des Arbeitgebers verbunden sind. Deshalb begründet § 87a Abs. 3 Satz 1 HGB auch dann einen Anspruch des Handelsvertreters auf Provision, wenn der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Auch setzt eine Erfolgsbeteiligung nach dem Carried-Interest-Plan der Beklagten im Gegensatz zu einem Provisionsanspruch voraus, dass nach der Verrechnung der Transaktionen einer Investmentperiode ausschüttungsfähige Gewinne verbleiben. Allerdings entfällt nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB auch ein Provisionsanspruch, wenn und soweit die Nichtausführung des Geschäfts auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind.
[48] (2) Die Erfolgsbeteiligung im Rahmen des Carried-Interest-Modells der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch keine Tantieme. Eine Tantieme ist eine Gewinnbeteiligung als zusätzliche Vergütung, die prozentual nach dem Jahresgewinn des Unternehmens berechnet wird (ErfK/Preis 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 617). Sie gehört zu den Vergütungsbestandteilen, die in das Austauschverhältnis „Arbeit gegen Lohn“ einbezogen sind (BAG 8. September 1998 – 9 AZR 273/97 – AP BGB § 611 Tantieme Nr. 2 = EzA BGB § 611 Tantieme Nr. 2). Der Angestellte hat deshalb grundsätzlich keinen Anspruch auf Tantieme, wenn er während des gesamten Geschäftsjahres arbeitsunfähig erkrankt war und keine Entgeltfortzahlung beanspruchen konnte (BAG 8. September 1998 – 9 AZR 273/97 – aaO). Demgegenüber knüpft das Carried-Interest-Modell der Beklagten im Gegensatz zur im Arbeitsvertrag geregelten Bonuszahlung weder an das Geschäftsergebnis der Beklagten an noch orientiert es sich hinsichtlich der Höhe des Carried Interest auf der Grundlage von Zielvereinbarungen an den jeweiligen Leistungen der teilnahmeberechtigten Arbeitnehmer. Die Gesellschafterstellung in der Beteiligungsgesellschaft DB Capital Partners (Europe) 2002 Founder Partner LP ist keine zusätzliche Vergütung, die prozentual nach dem Jahresgewinn der Beklagten berechnet wird. Es ist denkbar, dass trotz eines hohen Jahresgewinns der Beklagten die Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft keinen Anspruch auf Zahlung von Carried Interest haben, weil nach der Verrechnung der Ergebnisse sämtlicher Investments in der maßgeblichen Investmentperiode und nach Abzug der Kosten kein ausschüttungsfähiger Gewinn erzielt worden ist. Umgekehrt können die am Carried-Interest-Plan der Beklagten teilnehmenden Arbeitnehmer Anspruch auf eine Carried-Interest-Zahlung haben, obwohl die Beklagte keinen oder keinen dieser Erfolgsbeteiligung entsprechenden Gewinn erzielt hat. Wenn allerdings ein in das Austauschverhältnis „Arbeit gegen Lohn“ einbezogener Tantiemeanspruch dem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht das Recht gibt, auf die unternehmerischen Entscheidungen des Arbeitgebers dann Einfluss zu nehmen, wenn diese den Unternehmensgewinn kürzen (BAG 13. April 1978 – 3 AZR 844/76 – AP BGB § 611 Tantieme Nr. 1 = EzA BGB § 611 Tantieme Nr. 1), dann kann eine nicht in das Austauschverhältnis „Arbeit gegen Lohn“ einbezogene Erfolgsbeteiligung in Form eines Carried-Interest-Modells keinen weitergehenden Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsatz von Wagniskapital durch den Arbeitgeber im Bereich Private Equity begründen.
c) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, die Beklagte habe ihre Pflichten dadurch verletzt, dass sie ihm zu Beginn des Jahres 2002 keine Vorgabe für die Umsetzung seiner ihm zustehenden variablen Vergütung gegeben habe. Die Parteien haben die teilnahme des Klägers am Carried-Interest-Plan anders als die im Arbeitsvertrag geregelte Bonuszahlung nicht an das Erreichen bestimmter Ziele durch den Kläger geknüpft. Mangels einer Zielvereinbarung war die Beklagte nicht gehalten, dem Kläger für eine Carried-Interest-Zahlung Ziele vorzugeben.
d) Der Kläger hat in Bezug auf die Höhe und Fälligkeit des von ihm beanspruchten Schadensersatzes nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass ein Gewinn erzielt worden wäre, der zu einer Carried-Interest-Zahlung an ihn iHv. 2, 1 Millionen Euro für das Jahr 2002 geführt hätte, wenn die Beklagte ihre Aktivitäten im Bereich Private Equity im September 2002 nicht eingestellt hätte. Nach den vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts investierte die Beklagte im Kalenderjahr 2002 bis Anfang September in dem Geschäftsbereich DB Capital Partners Private Equity Europe Kapital iHv. insgesamt „nur“ 75 Millionen Euro, wobei diese Investition ausschließlich eine Beteiligung an dem Unternehmen irischen Rechts J betraf. Der Berechnung seines Zahlungsanspruchs hat der Kläger dagegen ein Investitionskapital iHv. 500 Millionen Euro im Kalenderjahr 2002 und einen Gewinn von 700 Millionen Euro zu Grunde gelegt. Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargetan, dass bei einer Fortführung der Aktivitäten der Beklagten im Bereich Private Equity der behauptete Gewinn auf Grund der Veräußerung von im Jahr 2002 erworbener Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen bereits realisiert werden hätte können. Das setzt die Erfolgsbeteiligung nach dem Carried-Interest-Plan der Beklagten aber voraus.
II. Die Verfahrensrügen des Klägers haben keinen Erfolg.

Schlagworte: Besonderheiten in Konzernstrukturen, Konzernbeteiligungen