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BAG, Urteil vom 25. Januar 2006 – 10 AZR 238/05

§ 128 HGB, § 705 BGB, § 11 Abs 2 GmbHG, § 13 Abs 1 GesO, § 19 Abs 1 GesO, § 17 Abs 3 GesO, § 1 TVG, VTV-Bau

Eine unmittelbare Haftung der Gründungsgesellschafter einer Vor-GmbH besteht auch dann wegen Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH, wenn zwar ein Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet, jedoch wegen Masseunzulänglichkeit eingestellt worden ist und die geltend gemachten Ansprüche zu den ausgefallenen Ansprüchen gemäß § 17 Abs. 3 GesO gehören. Ob Vermögenslosigkeit besteht, ist objektiv und rückblickend zu beurteilen. Offen bleibt, zu welchem Zeitpunkt dies zu geschehen hat.

Nach der nunmehr übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, des Bundesfinanzhofs und des Bundessozialgerichts, welche auch vom Senat geteilt wird, haften die Gesellschafter einer Vor-GmbH für alle Verbindlichkeiten der Vor-Gesellschaft grundsätzlich entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen        (BGH Vorlagebeschluss 4. März 1996 – II ZR 123/94 – AP GmbHG § 11 Nr. 6; 27. Januar 1997 – II ZR 123/94 – AP GmbHG § 11 Nr. 10; BAG 22. Januar 1997 – 10 AZR 908/94 – BAGE 85, 94; 15. Dezember 1999 – 10 AZR 165/98 – BAGE 93, 151; 4. April 2001 – 10 AZR 305/00 – EzA GmbHG § 11 Nr. 6; BSG 8. Dezember 1999 – B 12 KR 10/98 R – BSGE 85, 192; BFH 7. April 1998 – VII R 82/97 – BFHE 185, 356).        Nach der vom Bundesgerichtshof entwickelten Haftungskonzeption besteht eine einheitliche Gründerhaftung in Form einer bis zur Eintragung der Gesellschaft andauernden Verlustdeckungshaftung, die nicht auf die Höhe des Einlageversprechens beschränkt ist (BGH Vorlagebeschluss 4. März 1996 – II ZR 123/94 – aaO; 27. Januar 1997 – II ZR 123/94 – aaO). Allerdings handelt es sich insoweit auf Grund der Nähe der Vor-GmbH zur rechtsfähigen GmbH um eine Innenhaftung gegenüber der Vor-Gesellschaft selbst, nicht jedoch um eine unmittelbare Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Diese müssen sich vielmehr an die Vor-GmbH halten und können gegebenenfalls deren Ausgleichsansprüche gegen die Gesellschafter pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Hierdurch entstehen den Gläubigern keine unzumutbaren Nachteile(BGH 27. Januar 1997 – II ZR 123/94 – aaO).

Vom Haftungskonzept der Innenhaftung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Vor-GmbH vermögenslos ist, sie insbesondere keinen Geschäftsführer mehr hat oder weitere Gläubiger nicht vorhanden sind, ebenso wenn es sich um eine Ein-Mann-Vor-GmbH handelt. Da in diesen Fällen die Eröffnung der Durchgriffsmöglichkeit keine Abwicklungsschwierigkeiten mit sich bringe, sei der unmittelbare Durchgriff auf die Gründungsgesellschafter ausnahmsweise zulässig (BGH 27. Januar 1997 – II ZR 123/94 – AP GmbHG § 11 Nr. 10)        . Auch das Bundesarbeitsgericht, das Bundessozialgericht und der Bundesfinanzhof nehmen an, dass die Gesellschafter einer Vor-GmbH für deren Verbindlichkeiten unmittelbar dann der Höhe nach unbeschränkt haften, wenn die Vor-GmbH vermögenslos ist (BAG 22. Januar 1997 – 10 AZR 908/94 – BAGE 85, 94; 27. Mai 1997 – 9 AZR 483/96 – BAGE 86, 38; 15. Dezember 1999 – 10 AZR 165/98 – BAGE 93, 151; 4. April 2001 – 10 AZR 305/00 – EzA GmbHG § 11 Nr. 6; BSG 8. Dezember 1999 – B 12 KR 10/98 R – BSGE 85, 192; BFH 7. April 1998 – VII R 82/97 – BFHE 185, 356). In Fällen der Durchgriffshaftung mit mehreren Gesellschaftern hat der Senat mehrfach entschieden, dass die Gründungsgesellschafter lediglich anteilig entsprechend dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen haften (BAG 22. Januar 1997 – 10 AZR 908/94 – aaO; 15. Dezember 1999 – 10 AZR 165/98 – aaO; 4. April 2001 – 10 AZR 305/00 – aaO; letztlich offen gelassen: BAG 27. Mai 1997 – 9 AZR 483/96 – BAGE 86, 38).

Schlagworte: Abwicklung der Vor-GmbH, Geschäftsführer, Haftung bei Gründung GmbH, Haftung bei Scheitern der Eintragung, Haftung der Gesellschafter der Vor-GmbH, Vermögenslosigkeit, Vor-GmbH, Vorgesellschaft, Vorgründungsgesellschaft