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OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.04.2022 – 1 W 71/21 (Wx)

Bestellung Notgeschäftsführer

§ 29 BGB, § 16 Abs 1 S 1 GmbHG, § 16 Abs 1 S 2 GmbHG, § 35 Abs 1 GmbHG, § 40 Abs 1 GmbHG, § 50 Abs 3 GmbHG, § 51 Abs 1 GmbHG

1. Ist oder wird eine GmbH aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen geschäftsführerlos, also führungslos (vgl. § 35 Abs. 1 GmbHG) und ist die Gesellschafterversammlung nicht in der Lage, einen Geschäftsführer zu bestellen, so kann auf Antrag durch das Registergericht am Sitz der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Sitz der Gesellschaft
in dringenden Fällen ein Notgeschäftsführer bestellt werden.

2. Ein dringender Fall für die Bestellung eines Notgeschäftsführers liegt nur dann vor, wenn die Gesellschaftsorgane selbst nicht in der Lage sind, innerhalb einer angemessenen Frist den Mangel zu beseitigen und der Gesellschaft oder einem Beteiligten ohne Notgeschäftsführerbestellung Schaden drohen würde oder eine alsbald erforderliche Handlung nicht vorgenommen werden würde (Anschluss OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30. September 2011 – 3 W 119/11).

3. Die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers ist dabei immer „ultima ratio“ und kommt nur in Betracht, wenn keine andere Möglichkeit besteht, die Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu beseitigen.

Tenor

1. Auf Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim – Registergericht – vom 27.09.2021, Az. HRB , wird dieser wie folgt abgeändert:

Der Antragsteller G. D. wird zum Geschäftsführer der Gesellschaft mit den Aufgabenkreisen

– Änderung der Gesellschafterliste

– Beantragung einer Nachlasspflegschaft

Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines Geschäftsführers bestellt.

2. Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Geschäftswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 60.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller (nachfolgend: Beteiligter zu 1)) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts (Registergericht), mit welchem sein Antrag vom 16.08.2021 auf Bestellung eines Notgeschäftsführers für die P., H. – und Vertriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung (nachfolgend: die Gesellschaft) zurückgewiesen wurde. Gesellschafter waren je zu gleichen Teilen die Beteiligten zu 1) bis 3) sowie Herr J. D., welcher am XX.XX.2020 verstarb. Die Beteiligten zu 1) und 3) sind Geschwister, die Beteiligte zu 3) und Herr J. D. sind deren Eltern. Bis zu seinem Tod war Herr J. D. zuletzt Alleingeschäftsführer. Ein neuer Geschäftsführer ist bislang nicht bestellt.Randnummer2

Der Beteiligte zu 1) beantragte am 16.08.2021 sich selbst oder hilfsweise die Beteiligte zu 3) als weitere Gesellschafterin zum Notgeschäftsführer zu bestellen. Die Gesellschaft sei führungslos, da der bisherige Alleingeschäftsführer verstorben sei. Alleinerbin sei aufgrund eines gemeinschaftlichen Testaments (Berliner-Testament) die weitere Gesellschafterin und Ehefrau des Herrn J. D., die Beteiligte zu 2). Die Beteiligte zu 3) erkenne die Erbenstellung jedoch nicht an. Zudem sei die Beteiligte zu 2) an Demenz erkrankt und aufgrund dessen geschäftsunfähig. Der Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 3) könnten sich nicht auf einen Geschäftsführer einigen.Randnummer3

Die Bestellung eines Notgeschäftsführers sei erforderlich, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Antragsschrift vom 16.08.2021 (II 38 ff.) Bezug genommen.Randnummer4

Das Amtsgericht Mannheim hat den Antrag mit Beschluss vom 16.08.2021 – zugestellt am 30.09.2021 – (I As. 40 f.) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein dringender Fall im Sinne des § 29 BGB analog sei nicht dargelegt, da die Bestellung eines Betreuers für die vermeintlich geschäftsunfähige Beteiligte zu 2) ein adäquates Verfahren darstelle, durch welches die Stimmrechtsausübung und damit die Bestellung eines Geschäftsführers ermöglicht werden könnte. Zudem könne bis zur Bestellung eines Betreuers für die Beteiligte zu 2) dieser auch kein rechtliches Gehör gewährt werden.Randnummer5

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 13.10.2021 Beschwerde einlegen lassen (II As. 4 ff.). Er verfolgt damit sein ursprüngliches Begehren weiter.Randnummer6

Mit Beschluss vom 19.10.2021 (I As. 43) hat das Amtsgericht (Registergericht) der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem erkennenden Gericht zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.Randnummer7

Mit Beschluss des Amtsgerichts Sinsheim vom 11.02.2022 (Az.: 33 XVII 121/21) wurde Frau M. G. als Betreuerin für die Beteiligte zu 2) bestellt. Der Aufgabenkreis umfasst die Vermögenssorge einschließlich gesellschaftsrechtlicher Angelegenheiten (vgl. As. II 203). Die Betreuerin hält ebenfalls die Bestellung eines Notgeschäftsführers für erforderlich, da die Beteiligte zu 3) anzweifle, dass die Beteiligte zu 2) Erbin des verstorbenen J. D. geworden sei und daher keine ordnungsgemäße Ladung zur Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers erfolgen könne.

II.

1. Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.Randnummer9

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts über die Bestellung des Notvorstands bzw. Notgeschäftsführers oder die Ablehnung des Antrags findet die Beschwerde gemäß §§ 58 ff. FamFG statt (BeckOGK/Segna, 1.1.2022, BGB § 29 Rn. 27). Der Antragsteller ist auch gemäß § 59 Abs. 1 und 2 FamFG beschwerdebefugt, da er durch die Zurückweisung seines Antrags in seinen Rechten beeinträchtigt ist (BGH, Beschluss vom 23. September 2014 – II ZB 4/14 –, Rn. 9, juris). Die Beschwerde wurde gemäß §§ 63 ff. FamFG form- und fristgerecht beim Amtsgericht eingelegt und auch begründet.Randnummer10

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.Randnummer11

a) Das Beschwerdegericht tritt gemäß § 68 Abs. 3 FamFG in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts und entscheidet unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu (BeckOK FamFG/Obermann, 41. Ed. 1.1.2022, FamFG § 69 Rn. 2; BGH, Beschluss vom 14. August 2013 – XII ZB 614/11 –, Rn. 43, juris). Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB analog liegen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung vor.Randnummer12

b) Ist oder wird eine GmbH aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen geschäftsführerlos, also führungslos (vgl. § 35 Abs. 1 GmbHG) und ist die Gesellschafterversammlung nicht in der Lage, einen Geschäftsführer zu bestellen, so kann auf Antrag durch das Registergericht am Sitz der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Sitz der Gesellschaft
in dringenden Fällen ein Notgeschäftsführer bestellt werden. Ein dringender Fall für die Bestellung eines Notgeschäftsführers liegt nur dann vor, wenn die Gesellschaftsorgane selbst nicht in der Lage sind, innerhalb einer angemessenen Frist den Mangel zu beseitigen und der Gesellschaft oder einem Beteiligten ohne Notgeschäftsführerbestellung Schaden drohen würde oder eine alsbald erforderliche Handlung nicht vorgenommen werden würde (Lutz, Voigt in: Steuerberater Rechtshandbuch, 165. Lieferung 2022, I. Der GmbH-Geschäftsführer im Gesellschaftsrecht, Rn. 33; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30. September 2011 – 3 W 119/11 –, Rn. 9, juris). Die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers ist dabei immer „ultima ratio“ und kommt nur in Betracht, wenn keine andere Möglichkeit besteht, die Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu beseitigen (Oppenländer/Trölitzsch GmbH- GF-HdB, § 11 Die Bestellung des Geschäftsführers Rn. 25, beck-online).Randnummer13

aa) Die Gesellschaft ist derzeit führungslos, da der vorherige Geschäftsführer verstorben ist und ein neuer Geschäftsführer bislang nicht bestellt ist.Randnummer14

bb) Die Gesellschafterversammlung kann zwar gemäß § 50 Abs. 3 GmbHG durch die verbleibenden Gesellschafter, d.h. die Beteiligten zu 1), 2) und 3), einberufen werden.Randnummer15

cc) Indes kann die Ladung zur Gesellschafterversammlung derzeit nicht ordnungsgemäß erfolgen. Gemäß § 51 Abs. 1 GmbHG erfolgt die Einberufung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einberufung
Einberufung der Gesellschafterversammlung
Gesellschafterversammlung
durch Einladung aller Gesellschafter mittels eingeschriebenem Brief. Die Ladung ist an die gemäß §§ 40 Abs. 1, 16 Abs. 1 GmbHG in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter zu richten.Randnummer16

Die Ladung der Beteiligten zu 2) kann nunmehr, nachdem für sie eine Betreuerin bestellt wurde, erfolgen. Die Betreuerin kann diese auch in der Gesellschafterversammlung vertreten.Randnummer17

In der Gesellschafterliste ist jedoch weiterhin auch Herr J. D. als Gesellschafter eingetragen. Dieser kann nicht geladen werden, da er verstoben ist.Randnummer18

Sind die Erben nicht bekannt, kann eine ordnungsgemäße Ladung nicht erfolgen, da der nichtexistierende Gesellschafter nicht geladen werden kann (Lange NJW 2016, 1852, 1853). Ohne Erbschein ist die Erbfolge (und damit auch die Identität der Gesellschafter) immer unbekannt (Lange NJW 2016, 1852, 1853). Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass der Verstorbene tatsächlich die Einsetzung seiner Ehefrau in dem gemeinschaftlichen Testament später widerrufen und anderweitig testiert hat, auch wenn der Widerruf gemäß §§ 2271 Abs. 1 Satz 1, 2296 BGB persönlich zu notarieller Urkunde hätte erfolgen und der Ehefrau hätte zugehen müssen (S. Kappler/T. Kappler in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 2271 BGB, Rn. 5).Randnummer19

Sind die Erben unbekannt, muss eine Nachlasspflegschaft gemäß § 1960 BGB eingeleitet werden, um die unbekannten Erben laden zu können (BeckOK GmbHG, GmbHG § 51 Rn. 13; MHLS/Römermann, 3. Aufl. 2017, GmbHG § 51 Rn. 31; Seibt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018 ff., § 51 GmbHG, Rn. 9; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 51 GmbHG, Rn. 10). Nicht entschieden werden braucht an dieser Stelle, ob der Nachlasspfleger nach seiner Bestellung selbst nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG in die Gesellschafterliste aufgenommen wird (so Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 51 GmbHG, Rn. 10) oder die „unbekannten Erben in Erbengemeinschaft“ (so Lange NJW 2016, 1852, 1853), da in beiden Fällen der Nachlasspfleger die Rechte der unbekannten Erben als Vertreter wahrnimmt.Randnummer20

So lange die unbekannten Erben oder der Nachlasspfleger nicht in die Gesellschafterliste eingetragen sind und eine Nachlasspflegschaft eingerichtet wurde, kann eine ordnungsgemäße Ladung zur Gesellschafterversammlung nicht erfolgen.Randnummer21

Zwar kommt grundsätzlich auch die Ladung eines über den Tod hinaus bestimmten Vertreters des Verstorbenen in Betracht (BeckOK GmbHG/Schindler, 50. Ed. 1.5.2021, GmbHG § 51 Rn. 12; OLG Naumburg, Urteil vom 1. September 2016 – 2 U 95/15, BeckRS 2016, 108120 Rn. 39; Wolff, BB 2010, 454, 456), jedoch ist die der Beteiligten zu 2) erteilte Generalvollmacht (As. II 147 ff.) durch die dauerhafte Geschäftsunfähigkeit der Beteiligten zu 2) erloschen (Weinland in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK- BGB, 9. Aufl., § 168 BGB (Stand: 04.02.2022), Rn. 7), so dass auch insoweit eine ordnungsgemäße Ladung nicht erfolgen kann.Randnummer22

Die verbleibenden Gesellschafter sind nicht in der Lage die Gesellschafterliste gemäß §§ 16 Abs. 1, 40 Abs. 1 GmbHG zu berichtigten. Hierfür ist nach § 40 Abs. 1 GmbHG allein der Geschäftsführer zuständig. Vor Änderung der Gesellschafterliste und Bestellung eines Nachlasspflegers ist, da die Erben nicht durch Erbschein festgestellt sind, eine ordnungsgemäße Einberufung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einberufung
Einberufung der Gesellschafterversammlung
Gesellschafterversammlung
nicht möglich, so dass die Gesellschafter derzeit auch keinen neuen Geschäftsführer bestimmen können. Dennoch gefasste Beschlüsse wären gemäß §§ 241 Nr. 1 i.V.m. 121 Abs. 4 AktG analog nichtig (MHLS/Römermann, 3. Aufl. 2017, GmbHG § 51 Rn. 101; Seibt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018 ff., § 51 GmbHG, Rn. 26; BGH, Urteil vom 14. Dezember 1961 – II ZR 97/59 – , BGHZ 36, 207-211, Rn. 9; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 15. März 2005 – 6 U 90/04 –, Rn. 54, juris).Randnummer23

cc) Das Erbscheinsverfahren ist auch nicht vorrangig durchzuführen.Randnummer24

Auch wenn die Erbfolge durch Erteilung eines Erbscheins nachgewiesen wäre, wäre richtigerweise ebenfalls keine ordnungsgemäße Ladung zu Gesellschafterversammlung und wirksame Beschlussfassung vor Änderung der Gesellschafterliste, welche nur durch den Geschäftsführer erfolgen kann, möglich. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gelten die Erben erst nach Eintragung in die GesellschafterlisteBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Eintragung
Eintragung in die Gesellschafterliste
Gesellschafterliste
im Verhältnis zur Gesellschaft als teilnahmeberechtigte Gesellschafter (Lange NJW 2016, 1852, 1853; Wolff, BB 2010, 454, 455; Seibt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018 ff., § 51 GmbHG, Rn. 9 m.w.N.), sodass auch in diesem Fall die Gesellschafterversammlung mangels teilnahme des in der Liste ausgewiesenen verstorbenen Gesellschafters keine wirksamen Beschlüsse fassen kann (Lange NJW 2016, 1852, 1853; Wolff, BB 2010, 454, 455). Die gegenteilige Ansicht, wonach sich die Erben als tatsächliche Gesellschafter jederzeit, etwa durch einen Erbschein, gegenüber der Gesellschaft auf ihre materielle Mitgliedschaft berufen können und nach § 1922 BGB in die formelle Mitgliedschaft des Erblassers eintreten (Foerster EWiR 2020, 327, 328), ist abzulehnen. Nach der gesetzlichen Wertung ist die Legitimation der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft in § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG ausdrücklich allein an die Aufnahme in die Gesellschafterliste geknüpft (Heidinger GmbHR 2020, 274, 275).Randnummer25

Offen kann bleiben, ob die durch Erbschein ausgewiesenen Erben gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG an einer Beschlussfassung mitwirken könnten. Ein solcher Beschluss wäre jedenfalls schwebend unwirksam und würde nur wirksam werden, wenn die Liste unverzüglich in das Handelsregister aufgenommen wird, wobei fraglich ist, ob der Geschäftsführer, der seinerseits noch nicht in das Handelsregister eingetragen ist, die geänderte Gesellschafterliste beim Handelsregister einreichen kann (Heidinger GmbHR 2020, 274, 276). Dieser Weg ist – jedenfalls bei wie hier bestehenden Differenzen zwischen den Gesellschaftern – mit erheblichen Risiken behaftet, so dass die Gesellschaft und die Gesellschafter hierauf nicht verwiesen werden können (OLG Köln, Beschluss vom 27. Juni 2019 – I-18 Wx 11/19 –, Rn. 9, juris).Randnummer26

Zudem kann das Ende des Erbscheinverfahrens – welches erfahrungsgemäß mehrere Monate dauert – nicht abgewartet werde, da die Gesellschaft bereits seit 2020 führungslos ist und die Gesellschaft ihren gesetzlichen Verpflichtungen (z.B. hinsichtlich der Veröffentlichung von Jahresabschlüssen) ohne Geschäftsführer nicht nachkommen kann, weshalb ihr erheblicher Schaden droht. Sollte der Erbschein zeitnah erteilt werden, so könnte der Notgeschäftsführer die Gesellschafterliste entsprechend ändern und sodann zur Gesellschafterversammlung laden. In diesem Fall würde lediglich die Notwendigkeit der Bestellung eines Nachlasspflegers entfallen.Randnummer27

Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers liegen daher vor.Randnummer28

c) Der Aufgabenkreis des Notgeschäftsführers ist jedoch darauf zu beschränken, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Gesellschafter einen neuen Geschäftsführer bestellen können, nämlich die Änderung der Gesellschafterliste entsprechend der (unbekannten) Erbfolge sowie die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers (für den Fall des Tods des Alleingeschäftsführers und aller Gesellschafter: OLG Köln, Beschluss vom 27. Juni 2019 – I-18 Wx 11/19 –, Rn. 10, juris,).Randnummer29

d) Nachdem der Aufgabenkreis auf die Änderung der Gesellschafterliste und die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu beschränken war, bestehen keine Bedenken, den Beteiligten zu 1), der bereits in der Vergangenheit Geschäftsführer der Gesellschaft war und zur Übernahme des Amtes bereit ist, zum Notgeschäftsführer zu bestellen. Dem stehen die zwischen ihm und der Beteiligten zu 3) bestehenden Differenzen nicht entgegen.Randnummer30

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 84, 81 FamFG. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor. Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 79, 61 Abs. 1 Satz 1, 67 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG. Die Wertvorschrift § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG ist vorliegend jedenfalls entsprechend anzuwenden, auch wenn es sich nicht um ein unternehmensrechtliches Verfahren nach § 375 FamFG handelt (für direkte Anwendung OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08. Juni 2016 – I-3 Wx 302/15 –, Rn. 37, juris). Anlass für eine abweichende Festsetzung wegen besonderer Umstände des Einzelfalls nach § 67 Abs. 3 GNotKG besteht nicht.

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