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OLG Brandenburg, Urteil vom 20.09.2000 – 7 U 71/00

§ 47 Abs 4 S 2 GmbHG, § 53 Abs 2 GmbHG, § 241 Nr 3 AktG

1. Die Änderung von Bestandteilen einer GmbH-Satzung, die korporativen Charakter besitzen, unterfällt auch dann der Formvorschrift des GmbHG § 53 Abs. 2, wenn die Änderung überholte, ungültige oder überflüssige Bestandteile der Satzung betrifft.

Die Klage ist, bezogen auf den von der Klägerin gestellten Leistungsantrag, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Umsetzung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 17.11.1998, da eine wirksame Beschlussfassung, auf die die Klägerin sich berufen könnte, nicht vorliegt. Dabei kann dahinstehen, ob der Beschlussfassung im Hinblick darauf, dass die streitgegenständlichen Verträge die in § 5 Abs. 2 der Satzung der Beklagten genannten Verträge vom 02./04.10.1991 ersetzen sollen, ein satzungsändernder Charakter beizumessen ist.

Ist dies der Fall, so ist der Beschluss nicht wirksam gefasst worden, da er entgegen § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG nicht notariell beurkundet worden ist.

Dass eine notarielle Beurkundung nicht vorgenommen worden ist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte trägt dies in der Berufungserwiderung vom 24.07.2000 (Bl. 232 d. A.) ausdrücklich vor, ohne dass die Klägerin dem entgegentritt; die Klägerin beruft sich lediglich darauf, dass § 53 Abs. 2 GmbHG nicht einschlägig sei, behauptet jedoch nicht, dass eine notarielle Beurkundung des Beschlusses vom 17.11.1998 tatsächlich erfolgt sei.

Der Anwendung des § 53 Abs. 2 GmbHG steht dabei nicht entgegen, dass mit den Verträgen vom 02./04.10.1991 möglicherweise Bestandteile der Satzung betroffen sind, die bereits überholt sind; dabei kann dahinstehen, ob sich Letzteres daraus ergeben kann, dass — wie die Klägerin vorträgt — einerseits Aufgaben in den Verträgen von 1991 zwar aufgeführt, von der Beklagten jedoch nicht durchgeführt worden sind, sowie andererseits die Beklagte in der Vergangenheit bereits Aufgaben ausgeführt hat, die in den Verträgen von 1991 nicht enthalten sind.

Für die Anwendung des § 53 Abs. 2 GmbHG kommt es nicht darauf an, ob der zu ändernde Satzungsbestandteil noch Relevanz besitzt. Der Regelung des § 53 Abs. 2 GmbHG unterfallen sämtliche Änderungen von Satzungsbestandteilen mit korporativem Charakter, insbesondere auch die Änderung überflüssiger, ungültiger oder überholter Satzungsbestandteile (Scholz/Priester, a.a.O., § 53, Rn. 21; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 16. Aufl., § 53, Rn. 10 a, b; Rohwedder/Zimmermann, GmbHG, 3. Aufl., § 53, Rn. 15; Meyer-Landrut/Miller/Niehues, GmbHG, § 53, Rn. 5). Der Gegenansicht, die in der Anpassung überholter Satzungsinhalte eine Satzungsänderung, auf die § 53 Abs. 2 GmbHG anwendbar ist, nicht sehen will (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 53, Rn. 29; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 53, Rn. 27), kann nicht zugestimmt werden. Zum einen findet sie keine Entsprechung im Wortlaut des § 53 GmbHG, der keine Differenzierung dahingehend trifft, dass bestimmte Satzungsänderungen von der dort getroffenen Regelung ausgenommen sein sollen, sondern vielmehr in § 53 Abs. 1 GmbHG lediglich allgemein und umfassend von einer Abänderung des Gesellschaftsvertrages spricht. Zum anderen ist im Interesse der Rechtssicherheit eine klar handhabbare Regelung geboten (vgl. Rohwedder/Zimmermann, a.a.O., § 53, Rn. 15), wie sie die Gegenansicht nicht gewährleisten kann, da danach zunächst die — möglicherweise schwierige — Klärung der Frage, ob die abzuändernde Satzungsregelung noch gültig oder inhaltlich bereits überholt ist, durchzuführen wäre.

Ist aber der Beschluss vom 17.11.1998 entgegen § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG nicht notariell beurkundet worden, so folgt hieraus die Nichtigkeit des Beschlusses, so dass er das Begehren der Klägerin nicht zu tragen vermag. Die fehlende Beurkundung gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG führt regelmäßig und zwangsläufig analog § 241 Nr. 2 AktG zur Nichtigkeit der betroffenen Beschlussfassung (Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., Anhang § 47, Rn. 22; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Anhang § 47, Rn. 15, und § 53, Rn. 16; Hachenburg/Ulmer, a.a.O., § 53, Rn. 92; Scholz/Schmidt, a.a.O., § 45, Rn. 66; Scholz/Priester, a.a.O., § 53, Rn. 68).

2. Ein Stimmverbot nach GmbHG § 47 Abs. 4 S. 2 ist auch dann gegeben, wenn die GmbH ein Rechtsgeschäft mit einer Person schließt, die zwar nicht selbst Gesellschafter der GmbH ist, jedoch einen Gesellschafter der GmbH beherrscht. Insoweit ist der beherrschte Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen. Eine Beherrschung des Gesellschafters liegt insbesondere dann vor, wenn die Person, gegenüber der der Vertragsschluß erfolgen soll, Alleingesellschafter des Gesellschafters ist.

3. Eine Beauftragung bzw Ermächtigung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ermächtigung
Ermächtigung des Geschäftsführers
zum Vertragsschluß mit einem Gesellschafter wird grundsätzlich von GmbHG § 47 Abs. 4 S. 2 erfaßt. Die Differenzierung der Gegenmeinung, wonach kein Fall des GmbHG § 47 Abs. 4 S. 2 vorliege, wenn dem Geschäftsführer freie Hand gelassen wird, ob und unter welchen Bedingungen er den Vertrag schließen will, kann nicht gefolgt werden; GmbHG § 47 Abs. 4 S. 2 bietet für eine derartige Differenzierung keinen Anhaltspunkt.

4. Ein Fall des GmbHG § 47 Abs. 4 S. 2 liegt auch dann vor, wenn der Beschluß nicht unmittelbar den Abschluß eines Vertrages zum Gegenstand hat, aber so formuliert ist, daß er die Umsetzung eines Beschlusses vorsieht, der sich seinerseits unmittelbar auf einen Vertragsschluß bezieht.

5. Eine Berufung auf das Stimmverbot des GmbHG § 47 Abs. 4 S. 2 ist bei nicht förmlich festgestellten Beschlüssen auch ohne Erhebung der Anfechtungsklage möglich, weil nicht festgestellte Beschlüsse nicht mit der Anfechtungsklage angefochten werden können.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 09.03.2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 16.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Klägerin beträgt 900.000,00 DM.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Ausführung eines auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 17.11.1998 gefassten Beschlusses.

Die Beklagte befasst sich mit der Entsorgung von Abfällen, Fäkalien und Wertstoffen sowie der Straßenreinigung. Die Klägerin hat von der Stadt P, die auch alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist, durch einen am 29.09.1998 aufsichtsbehördlich genehmigten, notariellen Abtretungsvertrag vom 18.06.1997 51 % der Geschäftsanteile an der Beklagten erworben. Weiterer Gesellschafter der Beklagten ist die R & T U GmbH.

In § 5 Abs.1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten ist ausgeführt, dass die Stadt P die Beklagte mit der Durchführung von Entsorgungstätigkeiten für das Gebiet der Stadt P beauftragte; in § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages ist wegen der Einzelheiten der Entsorgungsaufgaben auf zwischen der Stadt Potsdam und der R & T U GmbH abgeschlossene Betreiber- und Entsorgungsverträge vom 02./04.10.1991 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Regelung sowie der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages im Übrigen wird auf die bei den Akten befindliche Ablichtung des Gesellschaftsvertrages (Bl. 25 bis 39) verwiesen.

Am 28.10.1997 fand eine Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, auf der einstimmig der folgende Beschluss gefasst wurde:

„Die Gesellschafter beauftragen die Geschäftsleitung mit dem Abschluss der am 23.09.1997 zwischen der Landeshauptstadt P und der Stadtentsorgung P GmbH unter der Teilnahme von Beauftragten der R & T U GmbH ausgehandelten Verträge,

— Kooperationsvertrag,

— Vertrag über das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Gebiet der Landeshauptstadt Potsdam,

— Vertrag über die Deponierung von Abfällen auf der Deponie F H

Die Beauftragung erfolgt vorbehaltlich der Auswirkungsprüfung von eventuellen gravierenden Änderungen der Abfallsatzung.

Da die grundsätzlichen Prämissen für den Vertrag über die Straßenreinigung bereits ausgehandelt wurden, wird die Geschäftsleitung zum Abschluss dieses Vertrages ermächtigt.“

Die in dem Beschluss genannten Verträge sollten die in § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten genannten Vertragswerke von 02./04.10.1991 ersetzen. Ein Abschluss der Verträge erfolgte jedoch in der Folgezeit nicht.

Auf einer weiteren Gesellschafterversammlung der Beklagten am 17.11.1998 brachte die Klägerin eine Beschlussvorlage zur Abstimmung, nach der die Geschäftsführung der Beklagten angewiesen werden sollte, den auf der Gesellschafterversammlung am 28.10.1997 gefassten Beschluss mit bestimmten, im Einzelnen ausgeführten Maßgaben unverzüglich umzusetzen; wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Beschlussvorlage vom 19.10.1998 (Anlage 7 zur Klageschrift vom 19.02.1999) verwiesen. Die Klägerin stimmte für die Fassung eines solchen Beschlusses, die R & T U GmbH dagegen. Eine Feststellung des BeschlussergebnissesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung des Beschlussergebnisses
sowie eine notarielle Beurkundung des Beschlusses fanden nicht statt.

Die Klägerin hat behauptet, der Straßenreinigungsvertrag habe am 28.10.1997 als Entwurf vorgelegen. Im Oktober 1998 sei zwischen der Beklagten und der Stadt P Einigung über die nähere Ausgestaltung des Straßenreinigungsvertrages sowie eines — gesonderten — Papierkorbentleerungsvertrages erzielt worden.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 17.11.1998 folgender Beschluss wirksam gefasst wurde:

Beschluss:

Die Geschäftsführung wird angewiesen, den Beschluss Nr. 01/10/97 der Gesellschaftsversammlung vom 28.10.1997 (Anlage 1) mit folgenden Maßgaben unverzüglich umzusetzen:

a) Vertrag über das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Gebiet der Landeshauptstadt P:

Der Vertrag über das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Gebiet der Landeshauptstadt P (Anlage 2) ist zu unterzeichnen. Die Vergütung der seit 01.07.1997 erbrachten Leistungen erfolgt auf Grundlage von § 14 Abs. 3 des Vertrages, der den Selbstkostenfestpreis für den Zeitraum vom 01.07.1997 bis zum 31.12.1998 festlegt.

b) Vertrag über die Deponierung von Abfällen auf der Deponie F H

Der Vertrag über die Deponierung von Abfällen auf der Deponie F H (Anlage 3) ist zu unterzeichnen. Die Vergütung der seit 01.07.1997 erbrachten Leistungen erfolgt auf Grundlage von § 6 des Vertrages, der den Selbstkostenfestpreis für den Zeitraum vom 01.07.1997 bis zum 31.12.1998 festlegt.

c) Straßenreinigung

Die Geschäftsleitung wird beauftragt, den Straßenreinigungsvertrag (Anlage 4) und den Papierkorbvertrag (Anlage 5) zu unterzeichnen. Zum Straßenreinigungsvertrag ist folgender Zusatz zu vereinbaren:

„Den im Zeitraum 1997/1998 entstandenen Verlust bezüglich der Straßenreinigung, der sich aus Erlösen der gegenüber der Stadt erbrachten Leistungen (exkl. der aufgestellten Nachberechnungen durch STEP) abzüglich der Aufwendungen lt. BAB ergibt, gleicht die Stadt Potsdam zuzüglich 4 % Gewinn aus. Diese Summe wird gegenüber dem Kooperationsbonus für das Jahr 1997/1998 aufgerechnet.“

d) Kooperationsvertrag

Die Geschäftsleitung wird beauftragt, den Kooperationsvertrag (Anlage 6) mit folgenden Maßgaben zu vereinbaren:

1. § 6 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

„Dieser Vertrag tritt rückwirkend zum 01.07.1997 in Kraft und gilt für die Dauer bis zum 03.10.2011.“

2. Es ist folgender Zusatz zum Kooperationsvertrag zu vereinbaren:

„Nach den Verhandlungen zwischen der Landeshauptstadt Potsdam, der Stadtentsorgung P und R & T U GmbH vom 23.09.1997, soll der in § 5 des Kooperationsvertrages gewährte Kooperationsbonus für den Zeitraum ab 01.07.1997 entgeltmindernd berücksichtigt und monatlich als Abschlagszahlung ausgezahlt werden. Die von der STEP erbrachten Leistungen wurden mit Wirkung vom 01.07.1997 auf Grundlage der in den Verhandlungen ermittelten Preise berechnet und von der Stadt P gezahlt. Der Kooperationsbonus wurde bisher nicht ausgezahlt, weil sich die Unterzeichnung des Kooperationsvertrages verzögerte. Der Kooperationsvertrag ist daher rückwirkend zum 01.07.1997 in Kraft zu setzen, da anderenfalls bezüglich der seit 01.07.1997 entrichteten Entgelte eine Überzahlung eintreten würde.

Sollte der in § 5 des Kooperationsvertrages vereinbarte Kooperationsbonus von der Finanzverwaltung als verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gewinnausschüttung
verdeckte Gewinnausschüttung
gewertet werden, werden die Parteien zu § 14 des Vertrages über das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Gebiet der Landeshauptstadt P, zu § 6 des Vertrages über die Deponierung von Abfällen auf der Deponie F H und zum Straßenreinigungsvertrag eine Regelung treffen, nach der bei der jährlichen Ermittlung der Selbstkostenfestpreise für die Deponierung ein Betrag in Höhe des vereinbarten Kooperationsbonus in Abzug zu bringen ist, um eine angemessene Berücksichtigung der Zinsvorteile der STEP aus der Deponierückstellung weiterhin zu gewährleisten.“

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, noch im März 1999 sei eine abschließende Einigung weder im Hinblick auf den Kooperationsvertrag noch im Hinblick auf den Straßenreinigungsvertrag erzielt gewesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 09.03.2000 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass, soweit die Klägerin das Ziel verfolge, die Unterzeichnung der in der Beschlussfassung vom 28.10.1997 gebilligten Verträge herbeizuführen, es an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehle, da der Beschluss vom 28.10.1997 einstimmig gefasst und nicht angefochten worden sei; soweit der Beschluss vom 17.11.1998 von der Beschlussfassung vom 28.10.1997 abweiche, sei ein Feststellungsanspruch nicht gegeben, da nach dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten mindestens 60 % der Stimmen zur Beschlussfassung erforderlich gewesen seien.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 17.03.2000 zugestellt wurde, hat die Klägerin am 17.04.2000 Berufung eingelegt, die sie am 17.05.2000 begründet hat, und mit der sie unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens weiterhin die Ausführung des Beschlusses vom 17.11.1998 verfolgt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 09.03.2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam

die Beklagte zu verurteilen, den in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17.11.1998 gefassten Beschluss unverzüglich umzusetzen, indem sie die hierzu erforderlichen, auf Abschluss der in diesem Beschluss genannten, mit den durch denselben Beschluss vorgenommenen Modifikationen versehenen Verträge, nämlich

a) Vertrag über das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Gebiet der Landeshauptstadt P (Text: siehe Anlage 11 zur Klageschrift)

b) Vertrag über die Deponierung von Abfällen auf der Deponie F H (Text: siehe Anlage 11 zur Klageschrift)

c) Vertrag über die Straßenreinigung der Landeshauptstadt P nebst Zusatzvereinbarung (Text: siehe Anlage 11 zur Klageschrift)

d) Vertrag über die Papierkorbentleerung der Landeshauptstadt P (Text: siehe Anlage 11 zur Klageschrift)

e) Kooperationsvertrag über die langfristige abfallwirtschaftliche Zusammenarbeit nebst Zusatzvereinbarung zum Kooperationsvertrag (Text: siehe Anlage 11 zur Klageschrift)

gerichteten Willenserklärungen abgibt;

hilfsweise

festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 17.11.1998 folgender Beschluss wirksam gefasst worden ist:

Beschluss:

Die Geschäftsführung wird angewiesen, den Beschluss Nr. 01/10/97 der Gesellschaftsversammlung vom 28.10.1997 (Anlage 1) mit folgenden Maßgaben unverzüglich umzusetzen:

a) Vertrag über das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Gebiet der Landeshauptstadt P:

Der Vertrag über das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Gebiet der Landeshauptstadt P (Anlage 2) ist zu unterzeichnen. Die Vergütung der seit 01.07.1997 erbrachten Leistungen erfolgt auf Grundlage von § 14 Abs. 3 des Vertrages, der den Selbstkostenfestpreis für den Zeitraum vom 01.07.1997 bis zum 31.12.1998 festlegt.

b) Vertrag über die Deponierung von Abfällen auf der Deponie F H:

Der Vertrag über die Deponierung von Abfällen auf der Deponie F H (Anlage 3) ist zu unterzeichnen. Die Vergütung der seit 01.07.1997 erbrachten Leistungen erfolgt auf Grundlage von § 6 des Vertrages, der den Selbstkostenfestpreis für den Zeitraum vom 01.07.1997 bis zum 31.12.1998 festlegt,

c) Straßenreinigung

Die Geschäftsleitung wird beauftragt, den Straßenreinigungsvertrag (Anlage 4) und den Papierkorbvertrag (Anlage 5) zu unterzeichnen. Zum Straßenreinigungsvertrag ist folgender Zusatz zu vereinbaren:

„Den im Zeitraum 1997/1998 entstandenen Verlust bezüglich der Straßenreinigung, der sich aus Erlösen der gegenüber der Stadt erbrachten Leistungen (exkl. der aufgestellten Nachberechnungen durch STEP) abzüglich der Aufwendungen lt. BAB ergibt, gleicht die Stadt P zuzüglich 4 % Gewinn aus. Diese Summe wird gegenüber dem Kooperationsbonus für das Jahr 1997/1998 aufgerechnet.“

d) Kooperationsvertrag

Die Geschäftsleitung wird beauftragt, den Kooperationsvertrag (Anlage 6) mit folgenden Maßgaben zu vereinbaren:

1. § 6 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

„Dieser Vertrag tritt rückwirkend zum 01.07.1997 in Kraft und gilt für die Dauer bis zum 03.10.2011.“

2. Es ist folgender Zusatz zum Kooperationsvertrag zu vereinbaren:

„Nach den Verhandlungen zwischen der Landeshauptstadt P, der Stadtentsorgung P und R & T U GmbH vom 23.09.1997, soll der in § 5 des Kooperationsvertrages gewährte Kooperationsbonus für den Zeitraum ab 01.07.1997 entgeltmindernd berücksichtigt und monatlich als Abschlagszahlung ausgezahlt werden. Die von der STEP erbrachten Leistungen wurden mit Wirkung vom 01.07.1997 auf Grundlage der in den Verhandlungen ermittelten Preise berechnet und von der Stadt P gezahlt. Der Kooperationsbonus wurde bisher nicht ausgezahlt, weil sich die Unterzeichnung des Kooperationsvertrages verzögerte. Der Kooperationsvertrag ist daher rückwirkend zum 01.07.1997 in Kraft zu setzen, da anderenfalls bezüglich der seit 01.07.1997 entrichteten Entgelte eine Überzahlung eintreten würde.

Sollte der in § 5 des Kooperationsvertrages vereinbarte Kooperationsbonus von der Finanzverwaltung als verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gewinnausschüttung
verdeckte Gewinnausschüttung
gewertet werden, werden die Parteien zu § 14 des Vertrages über das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Gebiet der Landeshauptstadt P, zu § 6 des Vertrages über die Deponierung von Abfällen auf der Deponie F H und zum Straßenreinigungsvertrag eine Regelung treffen, nach der bei der jährlichen Ermittlung der Selbstkostenfestpreise für die Deponierung ein Betrag in Höhe des vereinbarten Kooperationsbonus in Abzug zu bringen ist, um eine angemessene Berücksichtigung der Zinsvorteile der STEP aus der Deponierückstellung weiterhin zu gewährleisten.“

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Soweit die Klägerin nunmehr im Hauptantrag begehrt, den Beschluss vom 17.11.1998 durch die zum Abschluss der streitgegenständlichen Verträge erforderlichen Willenserklärungen umzusetzen, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

1.

Die Klage ist in dieser Form zulässig.

a)

Dabei kann dahinstehen, ob eine Klageänderung gemäß § 263 ZPO oder eine bloße Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO vorliegt. Auch wenn eine Klageänderung vorliegt, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, dass die Beklagte ihre Zustimmung nicht erteilt hat, da die Klageänderung sachdienlich ist. Die Klägerin hat ihr — eigentliches — Klageziel nicht verändert, sondern begehrt mit dem Leistungsantrag ebenso wie mit dem — bisherigen und hilfsweise aufrechterhaltenen — Feststellungsantrag weiterhin eine Verurteilung der Beklagten, die den Abschluss der streitgegenständlichen Verträge mit der Stadt P herbeiführen soll. Diesbezüglich hat sich auch der der Klage zugrunde liegende Lebenssachverhalt nicht verändert. Darüber hinaus kann die Klägerin mit der Erhebung der Leistungsklage ihrem Klageziel, den Abschluss der Verträge herbeizuführen, einfacher, schneller und billiger erreichen, da im Falle eines Obsiegens ein der Vollstreckung fähiger Titel geschaffen wäre, was bei der Feststellungsklage nicht der Fall ist.

b)

Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Insoweit steht nicht entgegen, dass in der Formulierung des Klageantrags nicht ausdrücklich ausgeführt ist, wem gegenüber welche Erklärung im Einzelnen abzugeben sein soll. Eine dies im Einzelnen ausführende Formulierung des Klageantrages ist nicht erforderlich. Sowohl aus dem Text der streitgegenständlichen Verträge, der durch die Verweisung auf die Anlage 11 zur Klageschrift vom 19.02.1999 Bestandteil des Klageantrages geworden ist, als auch aus dem Sachvortrag der Klägerin im Übrigen ergibt sich ohne weiteres, dass Erklärungsgegner die Stadt P sein soll, mit der die Verträge abgeschlossen werden sollen. Eine weitergehende Festlegung des genauen Wortlautes der der Stadt P gegenüber abzugebenden Willenserklärungen ist nicht erforderlich, da zur Vollstreckung eines der Klage stattgebenden Urteils weitere Maßnahmen nicht erforderlich sind, sondern vielmehr gemäß § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Erklärung als abgegeben gilt, sobald das Urteil in Rechtskraft erwächst; § 894 ZPO findet auch auf die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung gegenüber einem Dritten Anwendung (Zöller/Stöber, ZPO, 21. Aufl., § 894, Rn. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 894, Rn. 5; MünchKomm/Schilken, ZPO, § 894, Rn. 3). Der Inhalt der abzugebenden Willenserklärungen ist im Antrag hinreichend konkret genannt, um eine Umsetzung gemäß § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu ermöglichen. Die Klägerin formuliert ausdrücklich, dass die Willenserklärungen sich auf den Abschluss der streitgegenständlichen Verträge richten soll; ob es sich um Anträge auf Vertragsschluss gegenüber der Stadt P oder die Annahme von Vertragsangeboten der Stadt P handelt, braucht dabei nicht näher definiert zu werden, da dies für das Zustandekommen der Verträge ohne Belang ist. Ebenso ist es nicht erforderlich, den vollen Vertragstext der abzuschließenden Verträge in den Antrag aufzunehmen. Durch den Verweis auf Anlage 11 zur Klageschrift vom 19.02.1999 ist der diesbezügliche Inhalt des Antrages in eindeutiger Weise fixiert; angesichts der Komplexität der Vertragswerke ist im Übrigen eine Aufnahme des gesamten Textes in den Klageantrag weder sprachlich möglich noch der Klägerin zumutbar.

c)

Für den Leistungsantrag ist auch ein allgemeines Rechtsschutzinteresse der Klägerin zu bejahen. Dem steht nicht entgegen, dass die Umsetzung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung, die auf den Abschluss von Verträgen zwischen der Gesellschaft und Dritten gerichtet sind, dem Geschäftsführer als dem zuständigen Organ der GmbH obliegt (vgl. hierzu: Scholz/Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 45, Rn. 29; Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, § 39, Rn. 61, und § 37, Rn. 7), und dass der Geschäftsführer gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG — auch klageweise — von den Gesellschaftern in Anspruch genommen werden könnte. Im Hinblick auf die Vollstreckung eines obsiegenden Urteils gemäß § 894 ZPO kann die Klägerin mit der vorliegenden Klage ihr Ziel, den Abschluss der streitgegenständlichen Verträge herbeizuführen, in zumindest ebenso effektiver Weise erreichen wie im Falle einer Rechtsverfolgung gegenüber der Geschäftsführung der Klägerin, für die es — im Gegensatz zur vorliegenden Klage — zusätzlich eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung sowie der Bestellung eines Prozessvertreters gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG bedurft hätte.

2.

Die Klage ist, bezogen auf den von der Klägerin gestellten Leistungsantrag, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Umsetzung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 17.11.1998, da eine wirksame Beschlussfassung, auf die die Klägerin sich berufen könnte, nicht vorliegt. Dabei kann dahinstehen, ob der Beschlussfassung im Hinblick darauf, dass die streitgegenständlichen Verträge die in § 5 Abs. 2 der Satzung der Beklagten genannten Verträge vom 02./04.10.1991 ersetzen sollen, ein satzungsändernder Charakter beizumessen ist.

a)

Ist dies der Fall, so ist der Beschluss nicht wirksam gefasst worden, da er entgegen § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG nicht notariell beurkundet worden ist.

aa)

Dass eine notarielle Beurkundung nicht vorgenommen worden ist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte trägt dies in der Berufungserwiderung vom 24.07.2000 (Bl. 232 d. A.) ausdrücklich vor, ohne dass die Klägerin dem entgegentritt; die Klägerin beruft sich lediglich darauf, dass § 53 Abs. 2 GmbHG nicht einschlägig sei, behauptet jedoch nicht, dass eine notarielle Beurkundung des Beschlusses vom 17.11.1998 tatsächlich erfolgt sei.

bb)

Der Anwendung des § 53 Abs. 2 GmbHG steht dabei nicht entgegen, dass mit den Verträgen vom 02./04.10.1991 möglicherweise Bestandteile der Satzung betroffen sind, die bereits überholt sind; dabei kann dahinstehen, ob sich Letzteres daraus ergeben kann, dass — wie die Klägerin vorträgt — einerseits Aufgaben in den Verträgen von 1991 zwar aufgeführt, von der Beklagten jedoch nicht durchgeführt worden sind, sowie andererseits die Beklagte in der Vergangenheit bereits Aufgaben ausgeführt hat, die in den Verträgen von 1991 nicht enthalten sind.

Für die Anwendung des § 53 Abs. 2 GmbHG kommt es nicht darauf an, ob der zu ändernde Satzungsbestandteil noch Relevanz besitzt. Der Regelung des § 53 Abs. 2 GmbHG unterfallen sämtliche Änderungen von Satzungsbestandteilen mit korporativem Charakter, insbesondere auch die Änderung überflüssiger, ungültiger oder überholter Satzungsbestandteile (Scholz/Priester, a.a.O., § 53, Rn. 21; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 16. Aufl., § 53, Rn. 10 a, b; Rohwedder/Zimmermann, GmbHG, 3. Aufl., § 53, Rn. 15; Meyer-Landrut/Miller/Niehues, GmbHG, § 53, Rn. 5). Der Gegenansicht, die in der Anpassung überholter Satzungsinhalte eine Satzungsänderung, auf die § 53 Abs. 2 GmbHG anwendbar ist, nicht sehen will (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 53, Rn. 29; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 53, Rn. 27), kann nicht zugestimmt werden. Zum einen findet sie keine Entsprechung im Wortlaut des § 53 GmbHG, der keine Differenzierung dahingehend trifft, dass bestimmte Satzungsänderungen von der dort getroffenen Regelung ausgenommen sein sollen, sondern vielmehr in § 53 Abs. 1 GmbHG lediglich allgemein und umfassend von einer Abänderung des Gesellschaftsvertrages spricht. Zum anderen ist im Interesse der Rechtssicherheit eine klar handhabbare Regelung geboten (vgl. Rohwedder/Zimmermann, a.a.O., § 53, Rn. 15), wie sie die Gegenansicht nicht gewährleisten kann, da danach zunächst die — möglicherweise schwierige — Klärung der Frage, ob die abzuändernde Satzungsregelung noch gültig oder inhaltlich bereits überholt ist, durchzuführen wäre.

cc)

Ist aber der Beschluss vom 17.11.1998 entgegen § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG nicht notariell beurkundet worden, so folgt hieraus die Nichtigkeit des Beschlusses, so dass er das Begehren der Klägerin nicht zu tragen vermag. Die fehlende Beurkundung gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG führt regelmäßig und zwangsläufig analog § 241 Nr. 2 AktG zur Nichtigkeit der betroffenen Beschlussfassung (Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., Anhang § 47, Rn. 22; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Anhang § 47, Rn. 15, und § 53, Rn. 16; Hachenburg/Ulmer, a.a.O., § 53, Rn. 92; Scholz/Schmidt, a.a.O., § 45, Rn. 66; Scholz/Priester, a.a.O., § 53, Rn. 68).

b)

Ist hingegen dem Beschluss vom 17.11.1998 keine satzungsändernde Qualität beizumessen — etwa, weil § 5 der Satzung der Beklagten keine korporative Regelung, sondern lediglich eine schuldrechtliche Nebenabrede darstellt –, so kann sich die Klägerin gleichwohl nicht auf die Beschlussfassung berufen, da der Beschluss unter Verstoß gegen ein sie — die Klägerin — treffendes Stimmverbot gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG gefasst worden ist.

aa)

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Stimmverbot gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG liegen für die Beschlussfassung vom 17.11.1998 vor. Gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG hat ein Gesellschafter kein Stimmrecht bei einer Beschlussfassung, die die Vornahme eines Rechtsgeschäfts ihm gegenüber betrifft. Ein derartiger Fall liegt hier, bezogen auf die Klägerin, vor, auch wenn die streitgegenständlichen Verträge nicht zwischen der Beklagten und der Klägerin, sondern der Beklagten und der Stadt P abgeschlossen werden sollten.

aaa)

Ein Stimmverbot gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG ist auch gegeben, wenn ein Rechtsgeschäft mit einer Person betroffen ist, die zwar nicht unmittelbar selbst Gesellschafter der GmbH ist, jedoch einen solchen maßgeblich beeinflusst oder gar vollständig beherrscht, da dann in gleicher Weise auf Seiten des Gesellschafters eine Interessenkollision eintreten kann; eine Beherrschung des Gesellschafters in diesem Sinne ist insbesondere dann gegeben, wenn die Person, der gegenüber der Vertragsschluss erfolgen soll, Alleingesellschafter des Gesellschafters ist (Scholz/Schmidt, a.a.O., § 47, Rn. 160; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 47, Rn. 15; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 47, Rn. 66; vgl. auch BGHZ 68, 107, 110). Eine derartige Beherrschung der Klägerin ist durch die Stadt Potsdam, der gegenüber die Verträge abzuschließen sein sollen, zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 17.11.1998 gegeben gewesen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Stadt P alleinige Gesellschafterin der Klägerin gewesen ist und dies noch ist.

bbb)

Etwas anderes ist auch nicht anzunehmen, soweit in den Beschlüssen vom 17.11.1998 und vom 28.10.1997, auf den der Beschluss vom 17.11.1998 ausdrücklich Bezug nimmt, nicht eine Anweisung, sondern lediglich eine Beauftragung oder Ermächtigung der Geschäftsführung der Beklagten zum Vertragsschluss die Rede ist. Es ist auch dann ein Fall des § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG gegeben, wenn ein Beschluss in dieser Weise gefasst ist (Scholz/Schmidt, a.a.O., § 47, Rn. 120; Hachenburg/Hüffer, a.a.O., § 47, Rn. 154; Rohwedder/Koppensteiner, a.a.O., § 47, Rn. 58). Der Gegenansicht, nach der eine Ermächtigung zum Vertragsschluss nicht § 47 Abs. 4 GmbHG unterfallen soll, wenn dem Geschäftsführer freie Hand gelassen ist, ob und unter welchen Bedingungen er den Vertrag abschließt (Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 47, Rn. 22; Meyer-Landrut/Miller/Niehues, a.a.O., § 47, Rn. 47), kann nicht gefolgt werden. Für eine derartige Differenzierung bietet § 47 Abs. 4 GmbHG keinen Anhalt; hier ist lediglich die Rede davon, dass die Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber einem Gesellschafter betroffen sein muss, ohne dabei weiter aufzugliedern, in welcher Weise dies zu geschehen haben soll, um ein Stimmverbot zu begründen.

ccc)

Aus vorstehenden Gründen ist § 47 Abs. 4 GmbHG auch anwendbar, soweit im Beschluss vom 17.11.1998 in Bezug auf den Straßenreinigungsvertrag und den Kooperationsvertrag — im Gegensatz zu den Verträgen über das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Gebiet der Stadt P und über die Deponierung von Abfällen auf der Deponie Fresdorfer Heide — nicht davon die Rede ist, dass der Vertrag zu unterzeichnen ist, sondern die Geschäftsleitung mit der Unterzeichnung der Verträge beauftragt wird. Dabei kann dahinstehen, ob aus den unterschiedlichen Formulierungen des Beschlusses in Bezug auf die verschiedenen Verträge unterschiedliche Beschlussinhalte herzuleiten sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, sind gleichwohl auch der Straßenreinigungsvertrag und der Kooperationsvertrag von der Beschlussfassung betroffen im Sinne des § 47 Abs. 4 GmbHG, da — wie ausgeführt — es hierzu einer — strikten — Anweisung der Geschäftsführung zum Vertragsschluss nicht bedarf.

ddd)

Der Geltung des § 47 Abs. 4 GmbHG steht auch nicht entgegen, dass die streitgegenständlichen Verträge im Beschluss vom 17.11.1998 nicht unmittelbar angesprochen sind, sondern lediglich mittelbar dadurch, dass die Geschäftsführung der Beklagten angewiesen wird, den Beschluss vom 28.10.1997 mit verschiedenen Maßgaben umzusetzen. Die Beschlussfassung unterliegt trotz dieser Formulierung des Beschlusses dem § 47 Abs. 4 GmbHG. Es ist Zweck des § 47 Abs. 4 GmbHG, Interessenkonflikte in der Person eines abstimmenden Gesellschafters zu verhindern, die dazu führen können, dass die Interessen der GmbH beeinträchtigt werden (Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 47, Rn. 13; Scholz/Schmidt, a.a.O., § 47, Rn. 100, 104). Die Gefahr eines derartigen Interessenkonfliktes besteht aber nicht nur dann, wenn ein Beschluss seinem Wortlaut nach den Abschluss von Verträgen unmittelbar zum Gegenstand hat, sondern in gleicher Weise, wenn — wie im vorliegenden Falle — der Beschluss so formuliert ist, dass er die Vollziehung eines anderen Beschlusses, der sich seinerseits unmittelbar auf einen Vertragsschluss bezieht, vorsieht. Im zweiten Falle verhält sich der Beschluss inhaltlich in gleicher Weise zum Vertragsschluss; es liegt lediglich eine unterschiedliche sprachliche Fassung vor, die sich auf den materiellen Beschlussinhalt sowie die Interessenlage der abstimmenden Gesellschafter jedoch nicht auswirkt.

bb)

Dass die Klägerin von einem Stimmverbot gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG betroffen gewesen ist, führt dazu, dass der Beschluss nicht wirksam gefasst worden ist. Gemäß § 8 Abs. 1 der Satzung der Beklagten sind Gesellschafterbeschlüsse mit der — einfachen — Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen, soweit nicht das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vorschreiben. Eine solche Mehrheit ist in Bezug auf die Beschlussfassung vom 17.11.1998 nicht gegeben. Rechtsfolge des Stimmverbots ist, dass die verbotswidrig abgegebenen Stimmen unberücksichtigt bleiben müssen (Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 47, Rn. 25; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., 3 47, Rn. 71). Bleiben aber die Stimmen der Klägerin bei der Beschlussfassung vom 17.11.1998 unberücksichtigt, so liegt eine Mehrheit nicht vor, da keine Stimme für eine solche Beschlussfassung abgegeben worden ist, nachdem die R & T Umwelt GmbH als einzige weitere Gesellschafterin gegen die Beschlussfassung gestimmt hat.

cc)

Die Beklagte kann sich im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits auf das Vorliegen des Stimmverbots berufen. Dass ein Verstoß gegen § 47 Abs. 4 GmbHG bei der Beschlussfassung nicht einen Nichtigkeitsgrund, sondern lediglich einen Anfechtungsgrund darstellt (Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 47, Rn. 25; Scholz/Schmidt, a.a.O., § 45, Rn. 98), steht dem nicht entgegen, ohne dass es der Klärung der Frage bedarf, ob Anfechtungsgründe auch dann einredeweise geltend gemacht werden können, wenn eine Anfechtungsklage nicht erhoben worden ist (so Hachenburg/Raiser, a.a.O., Anhang § 47, Rn. 174; a. A.: Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 47, Rn. 61; Rohwedder-Koppensteiner, a.a.O., § 47, Rn. 96; Meyer-Landrut/Miller/Niehues, a.a.O., § 47, Rn. 81; differenzierend Scholz/Schmidt, a.a.O., § 45, Rn. 124). Dies schließt die Berufung der Beklagten auf § 47 Abs. 4 GmbHG jedenfalls nicht aus, nachdem eine förmliche Feststellung der Beschlussfassung vom 17.11.1998 — unstreitig — unterblieben ist. Der Grundsatz, dass ein anfechtbarer Beschluss bis zum Erlass eines die Unwirksamkeit aussprechenden Anfechtungsurteils wirksam ist, gilt lediglich für festgestellte Beschlüsse, nicht aber für Beschlussfassungen, deren Feststellung nicht erfolgt ist; Letztere sind, da sie nicht festgestellt worden sind, einer auf den Erlass eines kassatorisch gestaltenden Urteils gerichteten Anfechtungsklage nicht zugänglich (BGHZ, 76, 154, 156 f; 51, 209, 212 f; GmbHR 1999, 477, 478; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Anhang § 47, Rn. 42; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., Anhang § 47, Rn. 64, 66; Scholz/Schmidt, a.a.O., § 48 Rn. 58; Rohwedder/Koppensteiner, a.a.O., § 47, Rn. 9).

dd)

Die Klägerin kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass die Geltung des § 47 Abs. 4 GmbHG durch die Satzung der Beklagten abbedungen worden sei. Eine ausdrückliche Regelung dahingehend, dass § 47 Abs. 4 GmbHG keine Anwendung finden solle, enthält die Satzung nicht. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung vom 17.05.2000 (Bl. 209 d. A.) die Ansicht vertritt, aus § 5 der Satzung folge, dass das Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG abbedungen sein solle, vermag dies ihrem Begehren nicht zum Erfolg zu verhelfen, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Ansicht zutrifft. Wollte man § 5 der Satzung einen derartigen Inhalt beimessen, so würde dies dazu führen, dass — unabhängig davon, ob solches ohnedies der Fall ist — § 5 der Satzung eine Regelung mit korporativem Charakter darstellt, da dann § 5 der Satzung eine — unmittelbare — Ausgestaltung gesellschafterlicher Rechte enthielte, nämlich eine Regelung des Stimmrechts eines Gesellschafters in einem der in § 47 Abs. 4 GmbHG genannten Fälle; Bestimmungen zur Beschlussfassung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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betreffen die normative Grundordnung der Gesellschaft, die allein einer satzungsmäßigen Regelung zugänglich ist (Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 53, Rn. 3b, und Rn. 1 vor § 35). Liegt aber eine solche Regelung vor, so steht der Wirksamkeit des Beschlusses vom 17.11.1998, wie ausgeführt, § 53 Abs. 2 GmbHG entgegen, da eine notarielle Beurkundung, die angesichts des dann satzungsändernden Inhalts des Beschlusses erforderlich wäre, nicht erfolgt ist.

c)

Es kann dahinstehen, ob ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf den Abschluss der Verträge mit der Stadt P bereits aus dem Beschluss vom 28.10.1997 folgen kann. Hierüber ist nicht zu befinden, da die Klägerin mit der Klage die Umsetzung — nur — des Beschlusses vom 17.11.1998, nicht aber des Beschlusses vom 28.10.1997 begehrt; der Klageantrag nennt insoweit ausdrücklich und ausschließlich den Beschluss vom 17.11.1998. Der Antrag der Klägerin kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Klägerin ihr Begehren auch — etwa hilfsweise — auf den Beschluss vom 28.10.1997 stützt. Neben der Nennung nur des Beschlusses vom 17.11.1998 als umzusetzender Beschlussfassung steht dem entgegen, dass die Klägerin, wie aus dem weiteren Text des Klageantrags hervorgeht, den Abschluss der Verträge nicht — allein — auf der Grundlage des Beschlusses vom 28.10.1997, sondern mit dem im Beschluss vom 17.11.1998 vorgesehenen Modifikationen herbeiführen will; dieses Ziel aber kann durch eine Verurteilung der Beklagten auf der Grundlage der Beschlussfassung vom 28.10.1997 nicht erreicht werden.

II.

Soweit die Klägerin mit dem Hilfsantrag die Feststellung der Wirksamkeit des Beschlusses vom 17.11.1998 begehrt, ist die Klage ebenfalls zulässig, aber unbegründet.

1.

Die Klage ist auch insoweit zulässig. Insbesondere liegt ein Feststellungsinteresse der Klägerin gemäß § 256 ZPO vor. Dies folgt — ebenfalls — daraus, dass eine — förmliche — Feststellung der Beschlussfassung vom 17.11.1998 nicht erfolgt ist. Wird ein Beschlussergebnis erzielt, aber vom Leiter der Gesellschafterversammlung nicht festgestellt, so besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse betroffener Gesellschafter an der — fehlenden — Feststellung, dass der Beschluss wirksam gefasst worden ist (BGH NJW 1996, 259).

2.

Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Eine wirksame Beschlussfassung liegt nicht vor, da der Beschluss vom 17.11.1998 unter Verstoß entweder gegen § 53 Abs. 2 GmbHG oder gegen § 47 Abs. 4 GmbHG erfolgt ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.

3.

Die Beschlussfassung vom 28.10.1997 hat auch in diesem Zusammenhang außer Betracht zu bleiben, da ausweislich der Formulierung des Hilfsantrags der Klägerin die Feststellung lediglich des Beschlusses vom 17.11.1998, nicht aber des Beschlusses vom 28.10.1997, begehrt wird; Letzterer ist im Hilfsantrag nicht als Gegenstand eines — eigenständigen — Feststellungsbegehrens aufgeführt, sondern nur insoweit, als der Beschluss vom 17.11.1998 eine Bezugnahme enthält.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Festsetzung der Beschwer erfolgt gemäß § 546 Abs. 2 ZPO.

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