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BFH, Urteil vom 02. September 2014 – IX R 43/13

§ 3 Nr 40 EStG 2009, § 3c Abs 2 EStG 2009 vom 08.12.2010, § 10 Abs 1 Nr 3 EStG 2009, § 10 Abs 1 Nr 3a EStG 2009, § 10 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 17 Abs 1 EStG 2009, § 17 Abs 4 EStG 2009, § 52 Abs 8a S 3 EStG 2009 vom 08.12.2010, EStG VZ 2011, Art 3 Abs 1 GG

1. Bei der Ermittlung des Verlusts i.S. von § 17 EStG aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder der Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
dürfen die Anschaffungs- und die Veräußerungskosten gemäß § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. durch das JStG 2010 auch dann nur zu 60 % abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige zwar keine durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen erzielt hat, aber mit der Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen gehandelt hat.

Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung zurückzuweisen. Im Ergebnis zutreffend hat das FG den unstreitigen Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und 2, § 3c Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG nur in Höhe von 15.000 € zum Abzug zugelassen (1.). Das FG hat zudem zu Recht angenommen, dass das FA den Arbeitgeberzuschuss zutreffend mit den Beiträgen für die Basisleistungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG verrechnet hat.

Als Reaktion auf diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber indes die Regelung in § 3c Abs. 2 EStG durch das JStG 2010 um einen neu eingefügten Satz 2 ergänzt. Danach ist für die Anwendung des Satzes 1 die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG oder von Vergütungen i.S. des § 3 Nr. 40a EStG ausreichend (vgl. dazu BTDrucks 17/2249, 50). Gemäß § 52 Abs. 8a Satz 3 EStG ist § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010 erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2011 anzuwenden (vgl. BTDrucks 17/2249, 63). Der Auflösungsverlust ist daher im Streitfall nur in Höhe von 15.000 € zu berücksichtigen.

2. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010 ist verfassungsgemäß.

Zur Überzeugung des Senats ist der Gesetzgeber nicht von Verfassungs wegen daran gehindert, die Höhe des tatsächlich steuerfreien Veräußerungspreises unter Einschränkung des objektiven Nettoprinzips unbeachtet zu lassen, da eine solche Beeinträchtigung nicht unverhältnismäßig und durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks 17/2249, 50) dient der eingefügte § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG der Praktikabilität und der Vereinfachung, da die Regelung verhindern soll, dass aufgrund der in § 3c Abs. 2 EStG verankerten veranlagungszeitraumunabhängigen Begrenzung eine laufende rückwirkende Anpassung vorgenommen werden müsste, wenn in späteren Jahren Einnahmen anfielen. Das Teilabzugsverbot soll zudem nach dem Willen des Gesetzgebers und der gesetzlichen Systematik nur einen unselbständigen „Baustein“ innerhalb des gesamten Regelungswerks zum Teileinkünfteverfahren bilden. Darüber hinaus entfällt durch § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG die schwierige Abgrenzung, ob und zu welchem Zeitpunkt eine Beteiligung endgültig einnahmelos ist (gl.A. HHR/Desens, § 3c EStG Rz 12). Der Gesetzgeber hat im Bereich des Steuerrechts einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Dies gilt für die Auswahl des Steuergegenstands und auch für die Bestimmung des Steuersatzes (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, unter C.II.d; vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, unter C.I.b). Das BVerfG erkennt in ständiger Rechtsprechung Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse an (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a; BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, beginnend ab C.I.2.b; BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010  2 BvL 13/09, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2010, 1563, 1565). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel –wie im Streitfall– Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen.

3. Ein steuerfreier Zuschuss ist nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG ausschließlich mit den Beiträgen für die Basisleistungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu verrechnen.

Zu Recht hat das FG zudem angenommen, dass das FA den Arbeitgeberzuschuss zutreffend mit den Beiträgen für die Basisleistungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG verrechnet hat.

Nach diesen Maßstäben hat das FG zu Recht die vollständige Verrechnung des Arbeitgeberzuschusses mit den Beiträgen für die Basisleistungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG zugelassen (im Ergebnis gl.A. FG Hamburg, Urteil vom 21. September 2012  3 K 144/11, EFG 2013, 26 –rechtskräftig–; FG Nürnberg, Urteil vom 16. Januar 2013  3 K 974/11, EFG 2013, 843 –rechtskräftig–; FG Münster, Urteil vom 20. Februar 2013  7 K 2814/11 –rechtskräftig–; Finanzministerium Schleswig-Holstein vom 31. Mai 2011, DStR 2011, 1712, 1713; HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 306; a.A. Neumann, DStR 2013, 388, 388 f.). Da im Streitfall die seit dem Veranlagungszeitraum 2010 geltende Regelung des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG zur Anwendung kommt, sind –entgegen der Auffassung der Kläger– die Grundsätze des BFH-Urteils vom 18. Juli 1980 VI R 97/77 (BFHE 131, 339, BStBl II 1981, 16) nicht einschlägig.

Schlagworte: Verlustabzug