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BFH, Urteil vom 11. November 2015 – I R 57/13

§ 4h Abs 1 EStG 2002 vom 16.07.2009, § 4h Abs 2 S 1 Buchst c EStG 2002 vom 16.07.2009, § 8a Abs 1 KStG 2002 vom 14.08.2007, § 8a Abs 3 S 1 KStG 2002 vom 14.08.2007, EStG VZ 2008

Bei der Prüfung der 10 %-Grenze, ob zur Anwendung der sog. Zinsschranke eine „schädliche“ Gesellschafter-Fremdfinanzierung i.S. des § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des UntStRefG 2008 vorliegt (Rückausnahme zum sog. Eigenkapital- und Konzernvergleich des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG 2002 i.d.F. des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung), sind Vergütungen für Fremdkapital der einzelnen qualifiziert beteiligten Gesellschafter nicht zusammenzurechnen (gegen BMF-Schreiben vom 4. Juli 2008, BStBl I 2008, 718, Rz 82 Satz 2).

Aus dem Regelungswortlaut des Satzes 1 („… an einen … Gesellschafter …“) wird teilweise abgeleitet, dass jeder qualifiziert Beteiligte (ggf. unter zusammenfassender Betrachtung mit diesem nahestehenden Personen und auf diesen rückgriffsberechtigten Dritten) im Sinne der Vorschrift isoliert betrachtet werden muss –d.h. die Zinssaldo-Grenze auf jeden Gesellschafter getrennt angewendet wird–, was im Ergebnis den Anwendungsbereich der belastenden Rückausnahme des § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 n.F. einschränkt (dafür z.B. Althoff/Taron, Steuern und Bilanzen 2012, 99, 101 f.; G. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8a KStG Rz 92, 164; Goebel/Eilinghoff/Kim, Deutsche Steuer-Zeitung –DStZ– 2008, 630, 639; Goebel/Eilinghoff, DStZ 2010, 515, 517; Blümich/ Heuermann, § 8a KStG Rz 34 i.V.m. Rz 28; Mattern in Schnitger/ Fehrenbacher, KStG, § 8a Rz 202, 498; Streck/Schwedhelm, KStG, 8. Aufl., § 8a Rz 41, 63; Stangl in Rödder/Herlinghaus/ Neumann, KStG, § 8a Rz 250; Stöber in Lademann, KStG, § 8a Rz 159). Nach anderer Ansicht findet eine Addition der an den angeführten Personenkreis geleisteten Fremdkapital-Vergütungen nach Art einer Gesamtbetrachtung statt (dafür z.B. Dörfler in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 8a Rz 76; Gosch/Förster, KStG, 3. Aufl., § 8a Rz 248; Möhlenbrock, Die Unternehmensbesteuerung 2008, 1, 11; Oellerich in Mössner/Seeger, KStG, 2. Aufl., § 8a Rz 417, 516; Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8a KStG Rz 23; Schenke in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4h Rz C 51); diese Auffassung entspricht auch der Verwaltungspraxis (BMF-Schreiben vom 4. Juli 2008, BStBl I 2008, 718, Rz 82, dort Satz 2).

Der erkennende Senat folgt angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts der ersteren Auslegung. Gesetzessystematische Gründe, die die Gegenansicht für sich haben mögen, können wegen des grundlegenden Erfordernisses, die Eingriffsvoraussetzungen klar und eindeutig zu formulieren, eine Belastung nicht rechtfertigen.

Der Regelungswortlaut ist im Sinne einer auf den einzelnen Gesellschafter bezogenen Sicht eindeutig („an einen Gesellschafter“). Der Gesetzgeber hat den Gesichtspunkt einer Gesamtbetrachtung mehrerer Gesellschafter im Wortlaut nicht angelegt. Dazu hätte aber Anlass bestanden, was z.B. mit Blick auf die Beteiligungsquote die Vorgängerregelung des § 8a Abs. 3 Satz 2, 3 KStG 2002 i.d.F. vor dem Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 belegt (s. z.B. Streck/Schwedhelm, a.a.O., § 8a Rz 41). Auch in anderen Sachzusammenhängen werden vom Gesetzgeber Regelungen, die eine Gesamtbetrachtung für betriebsbezogene Merkmale anweisen, eindeutig formuliert (zur Anteilserwerbsquote s. § 8c Satz 3 KStG 2002 n.F.).

Es ist zwar einzuräumen, dass die Zinsschrankenregelung in § 4h EStG 2002 n.F./§ 8a KStG 2002 n.F. den Betriebsausgabenabzug der gesamten Fremdkapitalvergütungen auf der Ebene der Einkünfteermittlung des Betriebs betrifft, was auf eine Betriebsbezogenheit aller Tatbestands- und Regelungsausnahmevoraussetzungen bezogen werden könnte und damit auch die Anwendung der Rückausnahme des § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 n.F. einschließen würde. Und der Zweck der Regelung, Finanzierungsgestaltungen zwischen einer Körperschaft und ihrem Anteilseigner zu verhindern (BTDrucks 16/4841, S. 74 f.), mag besser verwirklicht werden können, wenn der vom Gesetzgeber typisierend festgelegte Rahmen „unschädlicher Gestaltungseffekte“ von Gesellschaftern mit Einfluss auf die Finanzierungsverhältnisse durch eine besondere personelle Verteilung der Finanzierungsaufgabe nicht faktisch verdreifacht werden könnte (s. insoweit auch G. Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 8a Rz 92; Stöber in Lademann, a.a.O., § 8a Rz 158). Gerade angesichts der weitreichenden Belastungseffekte der Regelung, die auf der Grundlage weitgehend pauschalierender Annahmen zur „angemessenen Fremdfinanzierung“ das Grundprinzip des Betriebsausgabenabzugs beeinträchtigt, sind die Eingriffsvoraussetzungen aber klar und eindeutig zu formulieren, was eine vorrangig gesetzeszweckorientierte Ausdehnung verbietet (ebenso z.B. G. Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 8a KStG Rz 159; Stangl in Rödder/Herlinghaus/Neumann, a.a.O., § 8a Rz 250).

 

Schlagworte: Gesellschafter-Fremdfinanzierung, Zinsschranke