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BFH, Urteil vom 15.02.2011 – VII R 66/10

§ 34 Abs 1 AO, § 38 AO, § 69 AO, § 164 AO, § 168 AO, § 191 Abs 1 AO

1. Der Geschäftsführer verletzt durch die Nichtabführung der einzubehaltenden und anzumeldenden Lohnsteuer die ihm als Geschäftsführerin der Ltd. obliegenden steuerlichen Pflichten zumindest grob fahrlässig (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2008 VII R 27/07, BFHE 222, 228, BStBl II 2009, 129, sowie Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 69 Rz 46, 71, m.w.N.). Denn als Geschäftsführerin und gesetzlicher Vertreterin der Ltd. i.S. des § 34 Abs. 1 AO oblag ihr die Pflicht zur Einbehaltung und fristgerechten Abführung der angemeldeten Lohnsteuerabzugsbeträge (§ 38 Abs. 3 Satz 1 und § 41a des Einkommensteuergesetzes –EStG–).

2. Die Pflicht des Geschäftsführers zur Entrichtung der Lohnsteuer entfällt auch nicht aufgrund etwaiger Liquiditätsprobleme der Ltd. Zwar hat das FG offengelassen, ab welchem Zeitpunkt sich die Ltd. in einem Liquiditätsengpass befand. Der erkennende Senat kann die Frage gleichwohl dahingestellt lassen, ob und zu welchen Zeitpunkten in den Jahren 2005 und 2006 die Ltd. über ausreichende finanzielle Mittel verfügte, aufgrund derer der Geschäftsführer in der Lage war, die einzubehaltende und anzumeldende Lohnsteuer zu entrichten. Jedenfalls hätte ein –vom FG nicht festgestellter– Liquiditätsengpass der Ltd. seine Pflicht, die Lohnsteuer abzuführen, nicht entfallen lassen; ggf. hätten die Löhne entsprechend gekürzt ausgezahlt werden müssen (Senatsurteil vom 27. Februar 2007 VII R 67/05, BFHE 216, 491, BStBl II 2009, 348).

3. Unerheblich ist auch, dass offensichtlich die Lohnsteueranmeldungen nicht gemäß § 164 Abs. 2 AO aufgrund der Ergebnisse der Lohnsteueraußenprüfung geändert worden sind. Denn der Haftungsanspruch entsteht unabhängig von der Fälligkeit oder der Festsetzung der Steuer, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, der zum Entstehen der Steuerschuld führt (§ 38 AO); daher kommt es auf die Festsetzung der Steuerschuld nicht an (vgl. Senatsurteil in BFHE 205, 539, BStBl II 2005, 3, m.w.N.). Lohnsteuer entsteht nach § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt. Der Anspruch auf Abführung der Lohnsteuer, der Grundlage der Steuerfestsetzung ist, entsteht somit nicht erst mit der Abgabe der Lohnsteueranmeldung (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 7. Juli 2004 VI R 171/00, BFHE 206, 562, BStBl II 2004, 1087).

Schlagworte: Abgabe der Steuererklärung, grobe Fahrlässigkeit, Grundsatz der anteiligen Tilgung, Haftung für Steuerschulden, Limited, Lohnkürzung, Lohnsteuer, Pflichtverletzung und Kausalität, Schuldner, Verschulden, Zahlungsmöglichkeit