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BFH, Urteil vom 16.09.1987 – X R 3/81

§ 100 Abs 2 S 2 FGO, § 96 Abs 1 FGO, § 103 S 1 AO, § 109 Abs 1 AO, § 4 Abs 3 Nr 2 StAnpG, § 17 Abs 1 S 2 UStG 1973

1. Der Geschäftsführer ist eine schuldhafte Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten nur vorzuwerfen, wenn er es versäumt hat, die Umsatzsteuerrückstände in etwa (d.h. überschlägig gerechnet) gleicher Weise zu tilgen wie die Forderungen anderer Gläubiger (Grundsatz der anteiligen TilgungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Grundsatz
Grundsatz der anteiligen Tilgung
; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 26.April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, 449 f., BStBl II 1984, 776).

2. Die dem Steuergläubiger zustehende Tilgungsquote bemisst sich nach den tatsächlich vorhandenen Mittel im Verhältnis zu allen Verpflichtungen der GmbH im Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld.

Zur Begründung eines solchen Schuldvorwurfes ist es notwendig, Feststellungen zu treffen zur Höhe der im Haftungszeitraum verfügbaren Zahlungsmittel sowie der Gesamtverbindlichkeiten einschließlich der Steuerschulden und zu den im Haftungszeitraum auf diese geleisteten Zahlungen. Wurden bei eingeschränkter Zahlungsfähigkeit die Steuerschulden nicht in demselben Verhältnis beglichen wie die Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern, so haftet der Kläger im Umfang des unterschreitenden Fehlbetrages (vgl. BFH-Urteile vom 26.März 1985 VII R 139/81, BFHE 143, 488, 490 f., BStBl II 1985, 539; vom 12.Juni 1986 VII R 192/83, BFHE 146, 511, 512 f., BStBl II 1986, 657).

3. Für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Haftung nach §§ 103, 109 AO trägt das FA die objektive Beweislast (Feststellungslast), wenn eine weitere Aufklärung des Sachverhalts aus tatsächlichen Gründen nicht möglich oder aus rechtlichen Gründen nicht erforderlich ist. Dem in Anspruch genommenen gesetzlichen Vertreter obliegt es, die in seinen Wissensbereich fallenden Angaben zu machen (Urteil in BFHE 141, 443, 448, BStBl II 1984, 776). Das FG zieht dem Kläger nachteilige Schlußfolgerungen daraus, daß dieser „keine konkreten und substantiierten, mit Zahlen belegten Aussagen“ darüber gemacht habe, was mit den Geldeingängen zur Zeit seiner Geschäftsführung im einzelnen geschehen sei. Indes sind keine Anhaltspunkte dafür festgestellt, daß das FG im Hinblick auf eine Verletzung der prozessualen Mitwirkungspflicht durch den Kläger von dem im Haftungsbescheid geschilderten Sachverhalt hätte ausgehen können. Dies hätte vorausgesetzt, daß der Kläger trotz besonderer Aufforderung durch das FG keine Auskünfte über die allein in seinem Wissensbereich liegenden tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschaft gegeben hätte (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 9.Oktober 1985 I R 154/82, BFH/NV 1986, 321). Hierzu hat das FG weder festgestellt, daß der Kläger aufgefordert worden wäre, die Höhe der liquiden Mittel und deren Verwendung im einzelnen zu belegen, noch daß der Kläger –nach Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit– in der Lage gewesen wäre, einen solchen Nachweis zu führen. Gerade zum letztgenannten Gesichtspunkt wären besonders eingehende Feststellungen erforderlich gewesen, denn es spricht einiges dafür, daß dem Kläger die Geschäftsunterlagen der X-KG nicht mehr ohne weiteres zugänglich waren.

 

Schlagworte: Darlegungs- und Beweislast, Feststellungslast, Grundsatz der anteiligen Tilgung, Haftung für Steuerschulden, Mitwirkungspflichten, Pflichtverletzung und Kausalität, Tilgungsquote, Umsatzsteuer, Zahlungsmöglichkeit