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BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1997 – IV ZR 238/97

§ 4 Abs 1 Buchst d ARB 1975, § 114 ZPO, § 546 Abs 1 S 2 Nr 1 ZPO

1. Der Risikoausschluß für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen setzt nicht voraus, daß der gesetzliche Vertreter Einzelvertretungsmacht hat und die von ihm vertretene juristische Person Partner des Anstellungsvertrags ist.

2. Der Antrag des Revisionsklägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Durchführung einer nach ZPO § 546 Abs 1 S 2 Nr 1 zugelassenen Revision darf mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt werden, wenn die entscheidungserheblichen Rechtsfragen in Rechtsprechung und Literatur nicht umstritten und auch nicht schwierig sind.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Deckungsschutz aus einer bei ihr bestehenden Rechtsschutzversicherung über Familien- und Verkehrsrechtsschutz für Lohn- und Gehaltsempfänger gemäß § 26 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung von 1975 (ARB 75).

Er ist seit 1. Januar 1991 Vorstandsmitglied der V. Sparkassen W. Den entsprechenden Anstellungsvertrag hat er am 14. Dezember 1990 mit dem Zweckverband „V. Sparkassen W.“ geschlossen, dem Gewährträger der Sparkasse. Dieser hat das Dienstverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 14. Juli 1993 und vom 23. August 1995 fristlos gekündigt. Die Wirksamkeit dieser Kündigungserklärungen, der Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung als Vorstandsmitglied der Sparkasse und andere Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag sind Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen dem Kläger und dem Zweckverband.

Die Beklagte hat den Versicherungsschutz für diesen Rechtsstreit unter Hinweis auf § 4 Abs. 1 d ARB 75 versagt. Nach dieser Bestimmung bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen.

Der Kläger meint, er sei nicht gesetzlicher Vertreter der Sparkasse, weil er nicht allein, sondern nur gemeinschaftlich mit den anderen Vorstandsmitgliedern zur Vertretung berechtigt sei. Außerdem greife die Ausschlußklausel nur ein, wenn der Anstellungsvertrag mit der juristischen Person geschlossen ist, deren gesetzlicher Vertreter der Angestellte ist.

Die Klage auf Gewährung von Deckungsschutz hatte beim Landgericht und beim Oberlandesgericht keinen Erfolg. Die Vorinstanzen sind der Ansicht des Klägers nicht gefolgt und haben angenommen, der Versicherungsschutz sei nach § 4 Abs. 1 d ARB 75 ausgeschlossen.

Für die Durchführung der bisher nicht begründeten Revision beantragt der Kläger Prozeßkostenhilfe.

II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt, weil die Revision keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen können unter den hier gegebenen Umständen bereits im Prozeßkostenhilfeverfahren entschieden werden, obwohl das Berufungsgericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 81, 347, 357 f. = NJW 1991, 413 f. m.w.N.; NJW 1997, 2102 f.) und des Bundesgerichtshofs (Beschluß vom 27. Januar 1982 – IVb ZB 925/80 – FamRZ 1982, 367 unter II 3; Beschluß vom 9. September 1997 – IX ZB 92/97 – zur Veröffentlichung bestimmt) hat ein Rechtsschutzbegehren in aller Regel dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Eine solche Auslegung wird dem Gebot der in Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit gerecht; sie überspannt insbesondere nicht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht in einer den Unbemittelten benachteiligenden Weise. Daher braucht Prozeßkostenhilfe nicht schon dann gewährt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die bereits vorliegende Rechtsprechung nicht in dem genannten Sinne als „schwierig“ erscheint.

2. Die vom Kläger aufgeworfenen, vom Bundesgerichtshof noch nicht entschiedenen Rechtsfragen sind nach dem an die hinreichende Erfolgsaussicht anzulegenden Maßstab nicht schwierig. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird diese Fragen bei verständiger Würdigung der Bestimmung des § 4 Abs. 1 d ARB 75 ohne weiteres ebenso beantworten wie das Landgericht und das Oberlandesgericht. Der Rechtsstandpunkt des Klägers ist nicht haltbar, er wird weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten.

a) Gesetzliche Vertreter juristischer Personen sind auch diejenigen Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer, die nicht einzeln, sondern nur gemeinschaftlich mit anderen zur Vertretung befugt sind. Schon das Landgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß bei der GmbH und der Aktiengesellschaft die Gesamtvertretung der gesetzliche Regelfall ist (§ 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, § 78 Abs. 2 AktG). Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, daß der Begriff des gesetzlichen Vertreters in § 4 Abs. 1 d ARB 75 anders zu verstehen ist als im Recht der jeweiligen juristischen Person.

b) Die vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen setzt auch nicht voraus, daß der Versicherungsnehmer den Anstellungsvertrag mit der juristischen Person geschlossen hat, deren gesetzlicher Vertreter er ist oder werden soll. Auch dafür bietet § 4 Abs. 1 d ARB 75 keinen Anhaltspunkt.

Nach dem Wortlaut und ihrem erkennbaren Sinn, Streitigkeiten mit häufig besonders hohen Kosten vom allgemeinen Arbeitsrechtsschutz nach § 26 Abs. 3 c ARB 75 auszunehmen, greift die Klausel immer dann ein, wenn es um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Vertrag geht, der das Anstellungsverhältnis des gesetzlichen Vertreters der juristischen Person regelt. Ob diese juristische Person oder deren Träger oder wirtschaftlicher Inhaber Partner des Anstellungsvertrages ist, ist unerheblich (vgl. AG Hamburg r+s 1992, 167; LG Köln VersR 1995, 827 f.; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Köln
r+s 1992, 308 f.; Böhme, Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 10. Aufl. § 4 Rdn. 14a mit zustimmendem Hinweis auf das Urteil des AG Hamburg aaO; auch Harbauer, Rechtsschutzversicherung 5. Aufl. § 4 Rdn. 30 ist entgegen der Meinung des Klägers derselben Ansicht, wie sich seinem ebenfalls zustimmenden Hinweis auf das Urteil des AG Hamburg entnehmen läßt).

Danach sind die Voraussetzungen der Ausschlußklausel hier auch insoweit erfüllt. Der Kläger will als Vorstandsmitglied der Sparkasse gemäß dem Anstellungsvertrag vom 14. Dezember 1990 weiterbeschäftigt werden.

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