Einträge nach Montat filtern

BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 – V ZB 32/05

HGB §§ 128, 130; WEG

a) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Mit der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit geht keine Entwertung der Eigentümerstellung jedes einzelnen Miteigentümers einher. Denn die Wohnungseigentümergemeinschaft wird hierdurch nicht insgesamt zu einer Gesellschaft, an der die einzelnen Wohnungseigentümer nur noch in Form verdinglichter Miteigentumsanteile partizipieren (so aber Junker, Die Gesellschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 1993, S. 73 ff.; hiergegen zu Recht etwa Bub, PiG 63, 1, 15; Derleder, PiG 63, 29, 33 f.). Vielmehr bleiben das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum als echtes Eigentum ausschließlich in den Händen der Miteigentümer und sind nicht Teil des Vermögens des rechtsfähigen Verbandes (s. Maroldt, aaO S. 17). Schon deswegen steht es auch nicht als Haftungsmasse für dessen Verbindlichkeiten zur Verfügung.

b) Eine analoge Anwendung von § 128 HGB – teilweise darüber hinaus auch von § 130 HGB (Sauren, PiG 63, 61, 69 m. Fn. 30; Schwörer, NZM 2002, 421, 423) – scheidet ebenso aus wie der Rückgriff auf einen in diesem Zusammenhang behaupteten (Maroldt, aaO, S. 75 ff.; ähnlich Schwörer, NZM 2002, 421, 425; im Ergebnis ebenso ohne nähere Begründung Bub, PiG 63, 1, 23; Derleder, PiG 63, 29, 49) allgemeinen verbandsrechtlichen Grundsatz, dass neben dem Verband auch dessen Mitglieder haften. Wenn die Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr als Gemeinschaft Träger von Rechten und Pflichten sind, kommt eine persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Haftung
persönliche Haftung
nur für eine persönliche Schuld in Betracht. Diese kann aber nur individuell durch Rechtsgeschäft oder ein Verhalten entstehen, an das die Rechtsordnung eine Haftung knüpft. Sie lässt sich nicht mit der dem Gesellschaftsrecht entlehnten “Doppelverpflichtungstheorie” (vgl. Raiser, ZWE 2001, 173, 178) begründen, welche auch als Grundlage eines Einstehens von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
umstritten ist (vgl. zusammenfassend Ulmer, ZIP 1999, 554 u. 556 ff.; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 998; Lang/Fraenkel, WM 2002, 261 f.).

c) Dass der Verband teilrechtsfähig ist, führt nicht per se zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung seiner Mitglieder (a. A. Derleder PiG 63, 29, 49). Beides hat miteinander nichts zu tun. Auch das Prinzip der Akzessorietät wirkt nicht schuldbegründend, sondern setzt eine persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Haftung
persönliche Haftung
voraus (Beuthien, NJW 2005, 855, 858; Hadding, Festschr. f. Raiser (2005), S. 129, 140 f.). Dies ergibt sich daraus, dass der Verband Träger der Rechte und Pflichten ist und nicht seine Mitglieder (Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Aufl., Rdn. 1970 a; Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., Vor § 21 Rdn. 35; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 8. Aufl., Rdn. 390). Deswegen bedarf die Haftung neben dem Verband entweder der Übernahme einer persönlichen Schuld oder einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers (vgl. §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Letztere fehlt im Wohnungseigentumsgesetz. Eine entsprechende Anwendung der handelsrechtlichen Vorschriften ist wegen der systematischen Unterschiede nicht zulässig.

d) Die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung betrifft die Willensbildung innerhalb der Gemeinschaft und nicht den Rechtsverkehr des Verbandes. Sie bleibt eine Angelegenheit der Wohnungseigentümer als Einzelpersonen mit der Folge, dass der Anfechtungsantrag sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet (vgl. BGH, Urteil vom 30.6.1966, II ZR 149/64, BB 1966, 1169; BGH, Urteil vom 2.5.1983, II ZR 94/82; Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 31. Aufl. § 109 Rdn. 38 ff. jew. zur KG; Bamberger/Roth/Timm, BGB 2003, § 709 Rdn. 65; Giefers/Ruhkamp, Die Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
, 2003, Rdn. 442; Erman/Westermann, 11. Aufl. § 709 Rdn.39; MünchKomm.-BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 709 Rdn. 113; Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
und Partnergesellschaft, 4. Aufl. § 709 Rdn. 113; Ulmer, ZIP 2001, 585, 591 f.; a. A. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. § 15 II 3 jew. zur GbR).

Schlagworte: Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Beschlussmängel, BGB-Gesellschaft, GbR, Rechtsfähigkeit, WEG