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BGH, Beschluss vom 27. März 2008 – IX ZR 210/07

§ 129 InsO, § 131 Abs 1 Nr 1 InsO, § 28e Abs 1 S 2 SGB 4 vom 19.12.2007

a) Hat der Anfechtungsgegner bei Zahlungen über ein Bankkonto die objektive Gläubigerbenachteiligung bestritten, genügt zur Schlüssigkeit des Klagevortrags, dass der Anfechtungskläger eine Kontoaufstellung vorlegt, aus der sich ergibt, dass der Kontostand die eingeräumte Kreditlinie nie überschritten hat; er muss nicht zu jeder einzelnen Gutschrift darlegen, dass diese nicht nur vorläufiger Natur war.

Hat der Anfechtungsgegner in Fällen der Insolvenzanfechtung, in denen die angefochtene Zahlung über ein Bankkonto erfolgt ist, die objektive Gläubigerbenachteiligung bestritten, gehört zur Schlüssigkeit des Klagevortrags zwar die Darlegung, dass die Zahlung aus einem Guthaben oder im Rahmen einer eingeräumten Kreditlinie erbracht wurde (BGH, Beschl. v. 1. Februar 2007 – IX ZB 248/05, NZI 2007, 283). Für die Schlüssigkeit genügt jedoch, wenn der Anfechtungskläger eine Kontoaufstellung vorlegt, aus der sich ergibt, dass der Kontostand die eingeräumte Kreditlinie nie überschritten hat. Es würde die Anforderungen überspannen, wenn der Anfechtungskläger zu jeder einzelnen Gutschrift auch noch darlegen müsste, dass diese nicht nur vorläufiger Natur war.

b) Hat der Schuldner im letzten Monat vor Insolvenzeröffnung einen Insolvenzgläubiger mit Kreditmitteln befriedigt, benachteiligt dies die Gläubigergesamtheit unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter den Kredit anderweitig zugunsten der Masse hätte abrufen können.

Ob der Insolvenzverwalter den Kredit, wenn er nicht schon durch die Überweisungen an den Anfechtungsgegner „verbraucht“ worden wäre, zugunsten der Masse noch hätte abrufen können, ist unerheblich. Zum einen vermögen hypothetische Erwägungen eine Gläubigerbenachteiligung ohnehin nicht auszuschließen (ständ. Rechtspr., vgl. BGH, Urt. v. 19. April 2007 – IX ZR 199/03, NZI 2007, 404, 406). Zum anderen ist die Befriedigung der Beklagten gerade nicht der Masse zugute gekommen.

c) Die Vorschrift des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3024) findet keine Anwendung auf Fälle, in denen das Insolvenzverfahren vor dem 1. Januar 2008 eröffnet worden ist.

Nach Art. 21 Abs. 1 des Gesetzes ist die Neufassung mit Wirkung zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Sie entfaltet keine Rückwirkung (so auch LG Hamburg ZInsO 2008, 277, 278; Dahl NZI 2008, 160; Büchler EWiR 2008, 113; v.d. Heydt ZInsO 2008, 178, 183 f; Bräuer ZInsO 2008, 169, 173; a.A. Blank ZInsO 2008, 1, 5), weil sie nach dem zeitlichen Geltungswillen des Gesetzes das streitige Rechtsverhältnis nicht erfasst (vgl. BGHZ 9, 101; 36, 348, 350 f).

Schlagworte: Anfechtbarkeit, Haftung wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen gem. § 266a StGB, Verletzung von Schutzgesetzen nach § 823 Abs. 2 BGB, Vorrang der Beitragsansprüche