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BGH, Beschluss vom 28. November 2014 – BLw 2/14

GrdstVG § 9

a) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG darf die Genehmigung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutete.

b) Nach Absatz 2 der Vorschrift liegt eine ungesunde Bodenverteilung vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Diese Maßnahmen zielen in erster Linie auf die Schaffung und die Erhaltung selbständiger und lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe (Senat, Beschlüsse vom 28. Oktober 1965 – V BLw 16/65, RdL 1966, 38, 39; vom 9. Mai 1985 – BLw 8/84, BGHZ 94, 292, 294; vom 28. April 2006 – BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245, 1246). Da Grund und Boden in der Land- und Forstwirtschaft der maßgebende Produktionsfaktor ist, aber nicht in unbeschränktem Umfang zur Verfügung steht, soll der vorhandene landwirtschaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten zugutekommen und vorbehalten bleiben, die ihn selbst bewirtschaften (Senat, Beschluss vom 11. Juli 1961 – V BLw 20/60, RdL 1961, 229).

c) Dementsprechend liegt eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann vor, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt veräußert werden soll und ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (Senat, Beschlüsse vom 4. Juli 1979 – V BLw 4/79, BGHZ 75, 81, 83; vom 9. Mai 1985 – BLw 8/84, BGHZ 94, 292, 294; vom 6. Juli 1990 – BLw 8/88, BGHZ 112, 86, 88; Beschluss vom 28. April 2006 – BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245, 1246 – st. Rspr.).

d) In den gerichtlichen Verfahren über die Einwendungen gegen das Vorkaufsrecht (§ 10 RSG) bestimmt sich die Frage, ob das Siedlungsunternehmen das Vorkaufsrecht rechtmäßig nach § 4 RSG ausgeübt und damit einen Anspruch nach § 8 Abs. 1 RSG i.V.m. § 464 Abs. 2 BGB erworben hat, nach den Verhältnissen in dem durch § 6 Abs. 1 Satz 3 RSG festgelegten Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts (Senat, Beschluss vom 28. April 2006 – BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 22; Beschluss vom 24. November 2006 – BLw 11/06, NL-BzAR 2007, 98, 100).

e) In den Genehmigungsverfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz ist der Erwerb landwirtschaftlicher Flächen durch eine Landwirtschaft betreibende Kapital- oder Personengesellschaft demjenigen durch einen Einzellandwirt gleichzustellen (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, RdL 2011, 268, 269; Netz, RdL 2013, 317, 319). Das gilt unabhängig von der Rechtsform, in der das Unternehmen betrieben wird (vgl. Senat, Beschluss vom 26. April 2002 – BLw 36/01, NJW-RR 2002, 1169, 1170 [GmbH]; Beschluss vom 28. April 2006 – BLw 32/05, NJW 2006, 1245 [eG]). Auch die Landwirtschaft betreibende GbR steht anderen Gesellschaften gleich, da sie im Rechtsverkehr rechtsfähig ist (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 344) und selbst Eigentümerin von Grundstücken sein kann (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 – V ZB 74/08, BGHZ 179, 102 Rn. 11).

f) Werden die landwirtschaftlichen Grundstücke von den Gesellschaftern in eine GbR zur Nutzung als steuerrechtliches Sonderbetriebsvermögen eingebracht, werden sie zwar gemäß § 13 Abs. 7 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG steuerrechtlich dem Betriebsvermögen der Gesellschaft zugerechnet (vgl. Schmidt/Kulosa, EStG, 33. Aufl., § 13 Rn. 105), zivilrechtlich bleiben sie jedoch Eigentum des Gesellschafters. Es liegt „nur“ eine Einbringung der Grundstücke ihrem Werte nach in das Gesellschaftsvermögen vor (zur Einbringung „quad sortem“: vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1965 – II ZR 203/62, WM 1965, 744, 745; Beschluss vom 15. Juni 2009 – II ZR 242/08, NJW-RR 2009, 1697 Rn. 4).

g) Ob und unter welchen Voraussetzungen ein mit dieser Zielsetzung erfolgender Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke durch Gesellschafter nach dem Grundstücksverkehrsgesetz wie ein Erwerb durch die das landwirtschaftliche Unternehmen betreibende Gesellschaft behandelt werden muss, ist umstritten und von dem Senat noch nicht entschieden.

h) Die Oberlandesgerichte Naumburg (NL-BzAR 2007, 156, 162) und Celle (RdL 2013, 77, 79 = AUR 2013, 255, 257) gehen davon aus, dass der Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch den Gesellschafter unabhängig von den damit verbundenen Absichten zur Überlassung an die Gesellschaft zu beurteilen sei, da diese sich ändern könnten. Der erwerbende Gesellschafter müsse selbst Landwirt sein, was voraussetze, dass er seinen Arbeitsplatz in dem Unternehmen habe und ausgebildeter Landwirt sei. Das Oberlandesgericht München (RdL 2011, 268, 269) stellt den Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch den Gesellschafter dann einem Erwerb durch die Gesellschaft gleich, wenn die einzubringenden Grundstücke durch die Gesellschaft landwirtschaftlich genutzt werden und der Gesellschafter in deren Unternehmen als Landwirt tätig ist.

i) Für die Genehmigung des Erwerbs eines landwirtschaftlichen Grundstücks, das in eine Personengesellschaft eingebracht werden soll, gelten dieselben Grundsätze, die der Senat für den Erwerb solcher Grundstücke durch eine Besitzgesellschaft zwecks Überlassung an die landwirtschaftliche Betriebsgesellschaft (sog. Betriebsaufspaltung) aufgestellt hat (Beschluss vom 26. November 2010 – BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 ff.).

j) Auszugehen ist von dem Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, wonach der vorhandene landwirtschaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten zugutekommen und vorbehalten bleiben soll, die ihn selbst bewirtschaften, und deren Existenz sich auf die Landwirtschaft gründet. Vor diesem Hintergrund wäre ein Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch einen Gesellschafter, der dieses nicht selbst bewirtschaftet, zu versagen (vgl. Senat, Beschluss vom 26. November 2010 – BLw 14/09, aaO Rn. 10 und 22).

k) Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Versagungsgründe in § 9 GrdstVG vor allem darauf ausgerichtet sind, die Agrarstruktur zu fördern und nicht unzeitgemäße Verhältnisse zu konservieren. Bei der Wahl der Rechtsform des Unternehmens entscheiden sich immer mehr Landwirte für eine Personengesellschaft (Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2011 S. 36, Tz. 336), weil die Einbringung von Gesellschafter-Grundstücken als Sonderbetriebsvermögen eine steuerrechtlich günstige Gestaltung darstellt. Eine Auslegung von § 9 GrdstVG, welche den zunehmend verbreiteten Formen unternehmerischen Handelns nicht Rechnung trüge und welche landwirtschaftliche Unternehmen bei der Wahl der für sie günstigsten Rechtsform gegenüber anderen Unternehmen der mittelständischen wirtschaft benachteiligte, widerspräche dem Zweck des Gesetzes, die Schaffung und den Erhalt leistungsfähiger Betriebe zu fördern (vgl. Senat, Beschluss vom 26. November 2010 – BLw 14/09, aaO Rn. 17 und 20).

l) Die Auslegung des § 9 GrdstVG muss beiden Gesichtspunkten gleichermaßen Rechnung tragen. Vor diesem Hintergrund ist der Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch den Gesellschafter zu dem Zweck, dieses als Sonderbetriebsvermögen in die Personengesellschaft einzubringen, bei wertender Betrachtung dem Erwerb durch die Gesellschaft nur dann gleichzustellen, wenn der Gesellschafter in dem Unternehmen als Mitunternehmer über die Bewirtschaftung mitentscheidet oder in dem Betrieb in anderer Weise hauptberuflich tätig ist und die Einbringung des Grundstücks in die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Gesellschafter rechtlich sichergestellt ist.

m) Eine Tätigkeit des Gesellschafters in dem Unternehmen ist als Voraussetzung für die Genehmigung unverzichtbar, um einer mit dem Ziel des Grundstücksverkehrsgesetzes nicht zu vereinbarenden Akkumulation landwirtschaftlichen Grundbesitzes in der Hand die Grundstücke nicht selbst bewirtschaftender natürlicher oder juristischer Personen entgegenzuwirken (vgl. Senat, Beschluss vom 26. November 2010 – BLw 14/09, aaO Rn. 27). Der Gesellschafter muss in der Gesellschaft eine Mitunternehmerinitiative entfalten können und das Mitunternehmerrisiko tragen (vgl. zu diesen Merkmalen: BFH, NJW 1985, 83, 95), wobei die Mitunternehmerinitiative – wie bei einem das Unternehmen betreibenden Einzellandwirt nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ALG – eine Einflussnahme auf die die Bewirtschaftung betreffenden Entscheidungen zum Inhalt haben muss und sich nicht auf die Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte – wie zum Beispiel bei einem Kommanditisten – beschränken darf. Ist Letzteres der Fall, ist der Gesellschafter nur dann gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 ALG dem das Unternehmen betreibenden Landwirt gleichzustellen, wenn er in dem Unternehmen auch hauptberuflich tätig ist.

n) Zudem muss die Überlassung an das Unternehmen in dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (hier der Ausübung des Vorkaufsrechts) rechtlich sichergestellt sein (Senat, Beschluss vom 25. April 2014 – BLw 7/13, BzAR 2014, 281 Rn. 18; OLG NaumburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Naumburg
, BzAR 2013, 322, 327), wozu es regelmäßig der Begründung einer entsprechenden Beitragsverpflichtung im Gesellschaftsvertrag bedarf (vgl. MünchKomm-BGB/Schäfer, 6. Aufl., § 706 Rn. 7; Staudinger/Habermeier, BGB [2003], § 706 Rn. 11).

o) Unter Landwirtschaft betreiben ist eine unternehmerische Tätigkeit zu verstehen, die eine auf der Bodenbewirtschaftung beruhende planmäßige Aufzucht von Pflanzen oder eine damit verbundene Tierhaltung zum Gegenstand hat (Senat, Beschluss vom 28. April 2006 – BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1425; Beschluss vom 26. November 2010 – BLw 14/09, NJW-RR 2011, 512 Rn. 11).

p) Die Frage, ob ein Unternehmen, das seine landwirtschaftlichen Grundstücke nicht mit eigenem Personal und Maschinen bewirtschaftet, sondern durch ein Lohnunternehmen bewirtschaften lässt, noch Landwirtschaft betreibt (für einen Einzellandwirt bejahend: OLG Jena, Beschluss vom 27. Oktober 2011 – LwU 183/11, juris Rn. 9 mit zustimmender Anmerkung von Netz, GrdstVG, 6. Aufl., S. 485; verneinend jedoch Netz RdL 2013, 317, 318) darf keiner Entscheidung.

Schlagworte: BGB-Gesellschaft, Einbringung, GbR, Genehmigung, Personengesellschaft, Vorkaufsrecht