§ 5 GmbHG, § 55 GmbHG, § 366 BGB
Eine Zahlung, bei der dem Leistenden nach Vereinbarung oder Übung der Beteiligten vorbehalten bleibt zu bestimmen, auf welche von mehreren Verbindlichkeiten die Leistung angerechnet werden soll, kommt als Erfüllung einer in Geld bestehenden Einlagepflicht nur in Betracht, wenn der Verpflichtete (oder der für ihn Leistende) eine entsprechende Zweckbestimmung trifft, und unter der Voraussetzung, daß der Einlagebetrag in diesem Zeitpunkt noch unverbraucht zur Verfügung der Gesellschaft steht.
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 10. Mai 1967 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der H W GmbH (im folgenden: „W“), die am 25. Juli 1962 in Konkurs geraten ist und zu deren Gesellschaftern in der hier maßgebenden Zeit die Beklagte zu 1, eine offene Handelsgesellschaft, gehörte. Gesellschafter der Beklagten zu 1 waren der Beklagte zu 2 und sein im Verlauf des Rechtsstreits verstorbener Vater. Beide waren außerdem Gesellschafter der J.A. R OHG in H und der J. A. R GmbH in B. Die beiden letztgenannten Gesellschaften waren an der Partenreederei MS „B“ beteiligt, deren Korrespondentreederin die J. A. R GmbH war. Den Bau des MS „B“ hatte die J. A. R OHG vor der Gründung der Partenreederei bei der Werft in Auftrag gegeben, deren Forderungen aus diesem Auftrag sich nach der Behauptung des Klägers im Oktober 1960 auf mehr als 1 Million DM beliefen. Die Werft schuldete ihrerseits der Beklagten zu 1 aus einem im November 1959 erhaltenen und mit einer Frist von drei Monaten kündbaren Darlehen den Betrag von 125 000 DM.
Auf einer Versammlung vom 13. Oktober 1960 beschlossen die Gesellschafter der Werft, deren Stammkapital um 275 000 DM auf 1 075 000 DM zu erhöhen. Auf das erhöhte Kapital übernahm die Beklagte zu 1 eine bis zum 30. November 1960 in bar einzuzahlende Stammeinlage von 125 000 DM. Die Kapitalerhöhung wurde am 27. Januar 1961 in das Handelsregister eingetragen.
Am 31. Oktober 1960 gingen bei der Werft zwei von der J. A. R OHG ausgestellte Schecks über 100 000 und 60 000 DM ein. Der Gesamtbetrag von 160 000 DM wurde am selben Tag von der bezogenen Bank der Werft gutgeschrieben und von deren Buchhaltung auf dem Neubaukonto Nr. 1902 (MS „B“) verbucht. Unter dem 1. November 1960 schrieb die Beklagte zu 1 der Werft, sie habe in Ausführung des Gesellschafterbeschlusses über die Kapitalerhöhung ihre Schwesterfirma J. A. R gebeten, den auf sie entfallenden Anteil von 125 000 DM für ihre Rechnung bei der Werft einzuzahlen. Nach der Behauptung der Beklagten soll alsdann die J. A. R OHG mit einem Brief vom 9. November 1960 der Werft mitgeteilt haben, sie habe am 1. November 1960 bei der Überreichung des Schecks versehentlich unterlassen zu erwähnen, daß hieraus 125 000 DM für Rechnung der Beklagten zu 1 als deren Anteil an der Kapitalerhöhung zu verwenden seien; sie bitte, diesen Irrtum richtig zu stellen und der Beklagten zu 1 die erfolgte Kapitalerhöhung zu bestätigen. Der Kläger hat bestritten, daß der Werft ein solcher Brief zugegangen sei. Unter dem 30. November 1960 buchte die Werft einen Teilbetrag der erhaltenen 160 000 DM vom Neubaukonto Nr. 1902 (MS „B“) auf das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 um. Unter dem 31. Dezember 1960 wurde ferner der Darlehensbetrag von 125 000 DM, den die Werft der Beklagten zu 1 schuldete, auf das Neubaukonto Nr. 1902 übertragen und gegen die Forderung der Werft aus dem Bau des MS „B“ verrechnet.
Der Kläger fordert mit seiner Klage auf Zahlung von 125 000 DM von den Beklagten die Erfüllung der Einlageschuld aus der Kapitalerhöhung. Er hat geltend gemacht, die Scheckzahlung vom 31. Oktober 1960 habe diese erst später fällig gewordene Schuld nicht getilgt. Mit ihr habe vielmehr ein Teil der schon fällig gewesenen und dringend angemahnten Schiffsbauforderungen der Werft abgedeckt werden sollen. Die späteren Umbuchungen seien in Wahrheit nur erfolgt, um den Beklagten die unzulässige Verrechnung der Einlageschuld mit ihrer noch nicht fälligen und angesichts der schlechten Vermögenslage der Werft wirtschaftlich wertlosen Darlehensforderung auf einem Umweg zu ermöglichen.
Die Beklagten haben dies bestritten und behauptet, die Scheckzahlung sei von vornherein in Höhe von 125 000 DM zur Tilgung ihrer Einlageverpflichtung bestimmt gewesen. Ein fälliger Werklohnanspruch der Werft gegen die Partenreederei oder ihre Reeder habe in dieser Höhe damals gar nicht bestanden, weil das MS „B“ Mängel aufgewiesen habe.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen bittet, erstreben die Beklagten die Abweisung der Klage.
Nach den rechtlich einwandfreien Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten nicht bewiesen, daß schon vor oder bei der am 31. Oktober 1960 erfolgten Hergabe der beiden Schecks bestimmt worden ist, mit einem Teilbetrag von 125 000 DM solle die Einlageschuld der Beklagten zu 1 erfüllt werden. Vielmehr besteht die Möglichkeit, daß die Scheckzahlung ursprünglich in voller Höhe der Befriedigung von Schiffsbauforderungen der Werft dienen sollte oder ihr Verwendungszweck, einer ständigen Übung der Beteiligten entsprechend, zunächst offen geblieben ist, bis der Leistende eine endgültige Bestimmung traf. Hieraus folgert das Berufungsgericht, es sei nicht erwiesen, daß die Beklagte zu 1 ihre gemäß § 55 GmbHG auf das erhöhte Kapital zu leistende Stammeinlage bereits am 31. Oktober 1960 eingezahlt habe. Eine nachträgliche Bestimmung, die Scheckbeträge sollten als auf die Stammeinlage geleistet gelten, lasse sich jedenfalls für die Zeit bis zum 9. November 1960 nicht feststellen. Zu einem späteren Zeitpunkt habe sie aber nicht mehr wirksam werden können, weil das Geld schon vorher ausgegeben worden sei und somit der Werft bei der endgültigen Zweckbestimmung nicht mehr unverbraucht zur Verfügung gestanden habe.
Das Berufungsurteil ist im Ergebnis richtig.
I. Wäre die Einlageschuld erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister (§ 54 Abs. 3 GmbHG), also erst mit dem Wirksamwerden des Erhöhungsbeschlusses, entstanden, so ginge es, gleichviel ob es auf den Eingang der Schecks (31. Oktober 1960) oder des angeblichen Schreibens vom 9. November 1960 ankäme, um eine Zahlung auf eine künftige Einlageschuld. Eine solche Zahlung wäre als Einlagezahlung unwirksam, da die Verrechnung im voraus eingezahlter Beträge mit späteren Einlageschulden nur im Wege der Sacheinlagevereinbarung möglich ist (Wiedemann, GmbHRdsch 1967, 146, 147) und die hierfür vorgeschriebene Form (§ 56 Abs. 1 GmbHG) nicht eingehalten ist. Die Beklagte zu 1 wäre daher durch die vorzeitige Zahlung nur unter der hier nicht gegebenen Voraussetzung von ihrer Einlageschuld frei geworden, daß der gezahlte Betrag der Werft noch im Zeitpunkt der Handelsregistereintragung unverbraucht zur Verfügung gestanden hätte (BGHZ 37, 75; BGH LM GmbHG § 57 Nr. 1). Eine Ausnahme würde nur für jenen Teil der Stammeinlage gelten, der nach § 57 Abs. 2 i. V. m. § 7 Abs. 2 GmbHG schon vor der Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister einzuzahlen war.
II. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, zu der Frage, wann bei einer Kapitalerhöhung die Einlageschuld entsteht und fällig wird, grundsätzlich Stellung zu nehmen und insbesondere zu erörtern, ob die Einlageverpflichtung auch dann erst mit der Eintragung ins Handelsregister wirksam wird und somit erfüllt werden kann, wenn Kapitalerhöhungsbeschluß und Übernahmeerklärung, wie hier, einen früheren Zahlungstermin vorsehen (so RG JW 1938, 1400; a.M. Boesebeck, ebenda, und für die Genossenschaft; BFH WM 1963, 624). Denn, auch wenn man den im Kapitalerhöhungsbeschluß vom 13. Oktober 1960 genannten Zeitpunkt zugrunde legt, hat die Beklagte zu 1 ihre Einlageverpflichtung nicht wirksam erfüllt.
1. Die Einlageschuld ist nicht schon dadurch erloschen, daß der Werft nach dem Kapitalerhöhungsbeschluß ein Goldbetrag in entsprechender Höhe zur Verfügung gestellt wurde. Nach § 362 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn der Schuldner oder für ihn ein Dritter (§ 267 BGB) die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt. Diese Wirkung kann aber nur eintreten, wenn die Schuld, auf die geleistet und die hierdurch getilgt werden soll, zwischen den Beteiligten hinreichend bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist. Die hiernach notwendige Bestimmung ist grundsätzlich vom Schuldner (oder dem für ihn leistenden Dritten) bei der Leistung zu treffen (§ 366 Abs. 1 BGB).
An einer solchen Bestimmung fehlt es hier, wenn man mit dem Berufungsgericht zugunsten der Beklagten unterstellt, die Scheckzahlung vom 31. Oktober 1960 sei nicht von vornherein auf die Schiffsbauforderungen der Werft erfolgt, sondern ihre Verwendung sei auf Grund einer stillschweigenden Übereinkunft der Beteiligten zunächst in der Schwebe geblieben. In diesem Fall war nicht nur die zu tilgende Schuld, sondern auch die Person des Schuldners unbestimmt, weil nach Lage der Sache verschiedene Schuldverhältnisse mit jeweils verschiedenen Schuldnern in Frage kamen. So richtete sich die Einlageforderung gegen die Beklagte zu 1, während für die Werklohnansprüche der Werft die Partenreederei oder die J. A. R OHG als die Bestellerin des Schiffes aufkommen mußte; hieran ändert es nichts, daß die Beklagte zu 1 und die J. A. Reinecke OHG dieselben Gesellschafter hatten (vgl. Hueck, Das Recht der OHG 3. Aufl. § 1 IV 2). Aus diesem Grund und wegen der hier unterstellten Vereinbarung, wonach dem Leistenden die Zweckbestimmung vorbehalten blieb, ist auch die gesetzliche Regel des § 366 Abs. 2 BGB unanwendbar.
Die bloße Hergabe und Einlösung der beiden Schecks hatte daher keine schuldtilgende Wirkung. Denn eine Zahlung, bei der abrede- oder übungsgemäß offen gelassen wird, welche oder gar wessen Schuld getilgt wird, geht zwar endgültig in das Vermögen des Empfängers über; sie unterliegt nicht, wie ein darlehensweise oder ohne Rechtsgrund hingegebener Betrag, der Rückforderung. Aber solange der Leistende nicht klargestellt hat, auf welche Schuld die Leistung anzurechnen ist, kann keine der in Frage kommenden Verbindlichkeiten als erfüllt angesehen werden, weil dann immer noch die Möglichkeit einer abweichenden Tilgungsbestimmung offen ist.
2. Das Berufungsgericht hat es daher mit Recht darauf abgestellt, ob und wann der Werft eine rechtsgeschäftlich verbindliche Erklärung zugegangen ist oder sich eindeutig aus den Umständen ergab, daß ein Teilbetrag der Schecksumme in Höhe von 125 000 DM als Einlage der Beklagten zu 1 bestimmt sei. Es hat eine solche Bestimmung nicht schon in dem Schreiben der Beklagten zu 1 vom 1. November 1960 gesehen. Hiergegen wendet sich die Revision erfolglos. Das Berufungsgericht hat jenen Brief rechtlich fehlerfrei dahin gewürdigt, sein Wortlaut spreche eher dafür, daß die J. A. R OHG die erbetene Zahlung für Rechnung der Beklagten zu 1 erst in Zukunft habe leisten sollen. Danach ließ der Brief nicht mit der im Rechtsverkehr gebotenen Klarheit erkennen, schon die am Vortag erfolgte Hergabe der beiden Schecks solle als Leistung auf die Einlage behandelt werden. Er konnte dieser Leistung daher nicht die bis dahin fehlende schuldtilgende Wirkung verleihen. Ob dies, wie das Berufungsgericht meint, auch deshalb ausgeschlossen ist, weil das Schreiben von der Beklagten zu 1 und nicht von der Ausstellerin der beiden Schecks, der J. A. R OHG, stammte, kann auf sich beruhen. Damit erledigen sich zugleich die Ausführungen der Revision zu dem von den Beklagten vorgetragenen Schreiben der J. A. R OHG vom 9. November 1960, dessen Zugang an die Werft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erwiesen ist.
3. Konnte demnach die Einlageschuld der Beklagten zu 1 frühestens in dem (erst nach dem 9. November 1960 liegenden) Zeitpunkt erlöschen, in dem die Scheckzahlung hierfür bestimmt wurde, so hat das Berufungsgericht auch darin Recht, daß mindestens noch in diesem Zeitpunkt der in Geld geschuldete Einlagebetrag unverbraucht zur Verfügung der Gesellschaft stehen mußte. Der Ansicht der Revision, die nachträgliche Zweckbestimmung habe auf Grund der vom Berufungsgericht unterstellten Abrede oder Übung auf den Zeitpunkt der Zahlung zurückgewirkt, kann nicht gefolgt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob grundsätzlich schuldrechtliche Vereinbarungen, wonach es im Falle einer nachträglichen Anrechnungsbestimmung des Schuldners so angesehen werden soll, wie wenn diese Bestimmung schon bei der Leistung erfolgt wäre, wenigstens insoweit möglich sind, als ihre Wirkung auf die Parteien selbst beschränkt bleibt und die Gefahr eines Mißbrauchs ausgeschlossen ist.
Die Bedeutung von Stammeinlageverpflichtungen geht von vornherein über den Kreis der unmittelbar Beteiligten hinaus. Dem hat der Gesetzgeber durch eine Reihe zwingender Vorschriften Rechnung getragen, die von dem Grundsatz beherrscht sind, daß im Interesse des redlichen Rechtsverkehrs die Aufbringung und Erhaltung des StammkapitalsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals
Erhaltung des Stammkapitals
als der Haftungs- und Kreditgrundlage der Gesellschaft gesichert sein muß (BGHZ 15, 52, 57). Nach diesem Grundsatz sind an die Erfüllung von Einlageverpflichtungen strenge Anforderungen zu stellen.
Diesen Anforderungen ist bei einer in Geld geschuldeten Einlage nur dann genügt, wenn in dem für den Erfüllungstatbestand maßgebenden Zeitpunkt, hier also frühestens in dem Augenblick, in dem der Wille zur Leistung der Einlage verbindlich erklärt worden ist, der entsprechende Geldbetrag für die Gesellschaft noch voll als Kapital verfügbar ist (vgl. BGH LM GmbHG § 57 Nr. 1). Die Gefahr, daß ein in die Gesellschaftskasse geflossener Geldbetrag nicht mehr als Einlage verwendet werden kann, weil er ausgegeben ist, trägt mithin der Einlageschuldner, der es versäumt oder bewußt unterlassen hat, eine solche Zweckbestimmung schon bei der Leistung zu treffen. Hätte der Schuldner es in der Hand, eine in das Vermögen der Gesellschaft gelangte, aber inzwischen verbrauchte Zahlung rückwirkend zu seiner Einlage zu erklären, so könnte der Zweck des Gesetzes, die Gesellschaftsgläubiger zu schützen, leicht vereitelt werden.
Darum war eine Erklärung der Beklagten zu 1 oder ihrer Schwestergesellschaft, die Scheckzahlung vom 31. Oktober 1960 solle in Höhe von 125 000 DM als Einlage gelten, wirkungslos, nachdem der gesamte Erlös aus den beiden Schecks bereits verausgabt war. Ebensowenig konnte die spätere Umbuchung eines Betrages von 125 000 DM vom Neubau- auf das Kapitalkonto die Beklagte zu 1 von deren Einlageschuld befreien, da ihr keine geldliche Substanz mehr zugrunde lag.
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