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BGH, Urteil vom 03. Februar 1987 – VI ZR 268/85

§ 823 Abs 2 BGB, § 64 Abs 1 S 1 Halbs 2 GmbHG vom 06.08.1931

1. Zur Frage, ob die Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH, Konkursantrag zu stellen, nach GmbHG § 64 Abs 1 in der Fassung vor Änderung durch das WiKG 2 vom 1986-05-15, BGBl I 1986, 721 die Aufstellung einer Jahresbilanz oder Zwischenbilanz voraussetzt.

2. Auch bei Verlust von Aussonderungsrechten des Vorbehaltseigentümers wegen verspäteten Konkursantrags haftet der Geschäftsführer der GmbH nach BGB § 823 Abs 2, GmbHG § 64 Abs 1 nicht für dessen über seinen Quotenschaden hinausgehenden weiteren Schaden.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Baustoffgroßhandlung, lieferte ab Herbst 1976 Baumaterialien an die Z.-GmbH (im folgenden: GmbH), ein Bauunternehmen. Mitgesellschafter und Geschäftsführer, zuletzt Liquidator der GmbH war der Beklagte. Die Lieferungen seitens der Klägerin erfolgten vertragsgemäß unter Eigentumsvorbehalt.

Am 7. Juli 1977 beantragte der Beklagte in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH die Eröffnung des Konkursverfahrens über deren Vermögen. Das Konkursgericht lehnte die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse ab.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 190.935,99 DM wegen unbezahlt gebliebener Rechnungen aus Lieferungen von März 1977 an. Sie wirft dem Beklagten Konkursverschleppung vor. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen: Schon ab September 1976 sei die GmbH überschuldet gewesen. Spätestens bei Erstellung der Bilanz zum 31. Dezember 1976 habe sich die Überschuldung ergeben, wenn die Verluste aus Beteiligungen der GmbH an zwei Arbeitsgemeinschaften („ARGE T.“ und „ARGE H.“) in die Bewertung aufgenommen worden wären. Spätestens Anfang Januar 1977 hätte der Beklagte daher in Kenntnis der bestehenden Verhältnisse Konkurs beantragen müssen. In diesem Falle wäre der geltend gemachte Schaden nicht eingetreten, weil die der Klageforderung zugrundeliegenden Lieferungen erst ab März 1977 erfolgt seien.

Der Beklagte bestreitet die Überschuldung der GmbH schon zum Jahresende 1976. Er hat behauptet: Noch im Dezember 1976 sei das Stammkapital zum Ausgleich der Verluste aus den Beteiligungen an den Arbeitsgemeinschaften um 400.000 DM erhöht worden. Im übrigen habe er davon ausgehen können, daß die Verluste bei den Arbeitsgemeinschaften bis zum Ende der Bauarbeiten ausgeglichen worden wären. Zuvor habe für ihn kein Anlaß bestanden, eine Überschuldungsbilanz zu erstellen. Aus der Handelsbilanz, die zum 31. Dezember 1976 erst Anfang Mai 1977 vorgelegen habe, hätte eine Überschuldung nicht festgestellt werden können. Diese habe sich erst Anfang Juli 1977 ergeben. Bis April 1977 hätten die Banken noch Kredit gewährt, seien alle Rechnungen noch bezahlt worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Überschuldung dem Grunde nach stattgegeben.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht gründet die Verurteilung des Beklagten auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG wegen schuldhafter Konkursverschleppung. Es hat hierzu ausgeführt:

Der Beklagte habe spätestens am 1. Februar 1977 die wegen des Verlustes aus der Beteiligung an der „ARGE T.“ feststehende Überschuldung der GmbH erkennen können, und zwar auch ohne eine Jahres- oder Zwischenbilanz. An diesem Tag nämlich sei die Vermögensübersicht und SchlußBilanz der „ARGE T.“ mit einem Verlustausweis von 331.819,02 DM erstellt worden. Seine Feststellungen zur Überschuldung gründet das Berufungsgericht auf das Gutachten des Sachverständigen H..

Zum Haftungsumfang hat das Berufungsgericht ausgeführt: Zwar habe die Klägerin einen sogenannten Quotenschaden nicht schlüssig dargelegt. Sie habe jedoch einen Anspruch auf Ersatz des Wertes aller Baumaterialien, die sie von März 1977 an bis zum Konkursantrag geliefert habe und an denen sie bis zum 7. Juli 1977, dem Tag der Stellung des Konkursantrags, das von ihr vorbehaltene Eigentum verloren habe. Dazu hat es die Ansicht vertreten, daß auch der infolge Konkursverschleppung eingetretene Verlust von Aussonderungsrechten eines Vorbehaltslieferanten vom Schutzzweck der Norm des § 64 Abs. 1 GmbHG umfaßt sei.

II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Revisionsangriffen nicht stand. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Anspruch der Klägerin sei dem Grunde nach aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG gerechtfertigt.

1. Zu beanstanden ist nicht, daß das Berufungsgericht – insoweit von der Revision auch nicht in Frage gestellt – § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sowohl zugunsten von Alt- wie von Neugläubigern, die erst nach Eintritt des Vermögensverfalls Gesellschaftsgläubiger werden, betrachtet (vgl. BGHZ 29, 100; 75, 96, 106). § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG in der hier maßgebenden, vor der Änderung der Vorschriften durch das Gesetz vom 15. Mai 1986 (BGBl. I 721) geltenden Fassung verpflichtete die Geschäftsführer einer GmbH, wenn sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt, daß das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden deckt, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber innerhalb von drei Wochen, die Eröffnung des Konkursverfahrens oder die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen.

2. Auch halten die vom Berufungsgericht auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen H. getroffenen Feststellungen zur Überschuldung der GmbH per 31. Dezember 1976 revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

Nach § 64 Abs. 1 GmbHG liegt Überschuldung der GmbH dann vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden deckt. Den Ausführungen des Sachverständigen gemäß war die GmbH zum 31. Dezember 1976 mit mindestens 374.875,14 DM überschuldet. Das Berufungsgericht hat sich die im einzelnen dargelegten Erkenntnisse des Sachverständigen zu eigen gemacht. Die Rügen, die die Revision insoweit erhebt, greifen nicht durch.

a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Gutachtens, daß die Überschuldung aus einem besonderen Überschuldungsstatus zu ermitteln ist. Hierbei sind auf der Aktivseite alle im Falle alsbaldiger Konkurseröffnung als Massebestandteile verwertbaren Vermögenswerte denjenigen Verbindlichkeiten gegenüber zu stellen, die Konkursforderungen begründen können (BGH, Urt. vom 27. Oktober 1982 – VIII ZR 187/81 – = NJW 1983, 676, 677). Nach diesen Grundsätzen hat der Sachverständige H. die Überschuldungsbilanz aufgestellt.

b) Mit der Verwertung des Gutachtens des Sachverständigen H. hat das Berufungsgericht sich im übrigen im Rahmen der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung im Sinne des § 286 ZPO gehalten. Es ist nicht erkennbar, daß der Sachverständige H. von einer unrichtigen Bewertungsmethode ausgegangen ist. Soweit die Revision sich gegen die vom Sachverständigen für die Erstellung seines Gutachtens berücksichtigte „Kombinationsmethode“ wendet, bei der neben der bilanziellen Überschuldung auch die Finanz- und Ertragslage des Unternehmens für eine Fortführungsprognose zur Ermittlung eines Insolvenztatbestandes geprüft wird, mangelt es an jeder Substantiierung der Behauptung, weshalb diese Methode anderen Methoden gegenüber unterlegen sein soll. Der Sachverständige H. hat in seinem Gutachten die anderen Methoden erwähnt, sich mit ihnen auseinandergesetzt und plausibel dargetan, weshalb er die „Kombinationsmethode“ für die am besten geeignete Methode hält. Dabei ist der Sachverständige für seine Beurteilung auch von der von Ulmer, KTS 1981, 477, geforderten Einbeziehung künftiger Ertrags- und Lebensfähigkeit der GmbH ausgegangen.

Auch in den einzelnen Feststellungen, die von der Revision angegriffen werden, ist das Gutachten des Sachverständigen H. in sich schlüssig, ohne daß es gem. § 565a ZPO eines Eingehens auf die Verfahrensrügen im einzelnen bedarf.

3. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Überschuldung sich für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Geschäftsführers einer GmbH entgegen dem Wortlaut des § 64 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GmbHG in der Fassung vor der Änderung durch das am 1. August 1986 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG vom 15.05.1986 – BGBl. I 721) nicht aus einer Jahres- oder Zwischenbilanz ergeben müsse. Hiergegen wendet sich die Revision mit dem Einwand, daß der Gesetzgeber bisher in diesem Sinne nicht tätig geworden ist.

Für die Rechtslage vor Inkrafttreten des 2. WiKG ist die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht davon ausgegangen, daß sich für die Verpflichtung zur Beantragung der Konkurseröffnung die rechnerische ÜberschuldungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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notwendig aus einer Jahres- oder Zwischenbilanz ergeben muß (vgl. BGHZ 29, 100; Senatsurteil vom 4. Mai 1962 – VI ZR 226/61 = WM 1962, 764 und vom 18. Mai 1976 – VI ZR 241/73 = DB 1976, 1665, 1666; BGH, Urt. v. 27. Oktober 1982 – VIII ZR 187/81 = NJW 1983, 676, 678; BGHSt 15, 306, 309; BGH, Urt. v. 25. Juli 1984 – 3 StR 192/84 = NStZ 1985, 271). Das Berufungsgericht kann sich für seine abweichende Auffassung auf die vor allem im Schrifttum vorherrschende Meinung berufen, nach der der Geschäftsführer einer GmbH gehalten ist, schon bei Anzeichen für die Konkursreife entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere festzustellen, ob die rechnerische ÜberschuldungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Überschuldung
tatsächlich eingetreten ist (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, BB 1984, 712, 713; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 7. Auflage, § 64 Rn. 17f; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 6. Auflage, § 64 Rn. 12f; Fischer/Lutter, GmbHG, 11. Auflage, § 64 Rn. 3, § 84 Rn. 5; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 14. Auflage, § 64 Rn. 2). Für sie spricht, daß schon früher in § 83 Abs. 2 AktG 1937 und § 92 Abs. 2 AktG 1965, in § 99 Abs. 1 GenG 1973, in §§ 130a, 177a HGB und § 46b des Gesetzes über das Kreditwesen (BGBl. 1976, I 2034) auf das Bilanzerfordernis verzichtet wurde und dem sich das 2. WiKG vom 15. Mai 1986 (BGBl. I 721) durch die Neufassung des § 64 Abs. 1 GmbHG angeschlossen hat. Andererseits hat der Gesetzgeber beim § 64 Abs. 1 GmbHG bis zum Inkrafttreten des 2. WiKG von einer Änderung abgesehen, obgleich ihm die Fragestellung bekannt war (vgl. Regierungsentwurf BT-Drucks. 6/3088 S. 20, 125 und 7/253 S. 20, 125). Auch das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften“ vom 4. Juli 1980 – BGBl. I 836 – hatte der Gesetzgeber nicht zum Anlaß für die dann später durch das 2. WiKG vorgenommene Änderung genommen.

Bei dem bis zu diesem Zeitpunkt klaren objektiven Erklärungswert der Norm bestehen jedenfalls für die Transformierung des § 64 Abs. 1 S. 1 GmbHG a.F. in die Haftungsregeln der §§ 823ff BGB als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB, der die Bestimmung des dadurch bewirkten Vermögensschutzes in erster Linie dem Gesetzgeber zuweist, Bedenken dagegen, die für diese Norm geforderte Rechtsfortbildung zugrunde zu legen, zumal dem für die Strafvorschrift des § 84 Abs. 1 GmbHG, in deren Licht der Schutzgesetzinhalt ebenfalls gesehen werden muß, das Analogieverbot entgegensteht.

4. Indes muß der Senat diese Frage nicht abschließend entscheiden, denn dem Berufungsgericht ist jedenfalls darin nicht zu folgen, daß die von der Klägerin geltend gemachte Forderung auf Ersatz des Wertes der Baumaterialien, die ab März 1977 geliefert wurden, vom Schutzbereich des § 64 Abs. 1 GmbHG umfaßt ist.

§ 64 GmbHG knüpft daran an, daß die Haftungsmasse einer GmbH beschränkt ist. Mit der Vorschrift soll verhindert werden, daß das zur Befriedigung der Gläubiger erforderliche Gesellschaftsvermögen diesem Zweck durch eine verzögerte Konkursantragstellung entzogen wird. Die Gläubiger sollen vor einer Verringerung ihrer Befriedigungsaussichten im Konkurs bewahrt werden. Diesem Zweck entsprechend ist den Gesellschaftsgläubigern – gleichgültig, ob Alt- oder Neugläubigern – aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG Ersatz für eine Verringerung ihrer Quote an der Konkursmasse infolge verspäteter Konkursantragstellung (sogenannter Quotenschaden) zugebilligt worden (BGHZ 29, 100, 106; 75, 96, 106; Senatsurteile vom 2. Februar 1960 – VI ZR 13/59 = WM 1960, 641; vom 4. Juli 1961 – VI ZR 84/60 = WM 1961, 1103, 1106; vom 4. Mai 1962 – VI ZR 226/61 = WM 1962, 764; vom 18. Mai 1976 – VI ZR 241/73 = DB 1976, 1665, 1666; BGH, Urteile vom 22. Januar 1962 – III ZR 198/60 = WM 1962, 527, 530; vom 18. Juni 1979 – VII ZR 84/78 = NJW 1979, 2198; vom 9. Juli 1979 – II ZR 211/76 = NJW 1979, 1829; vgl. BGHZ 96, 231, 237; Hachenburg/Ulmer, aaO, § 64 Rn. 44). Damit ist für den Ersatz eines Schadens, der nicht über die Quote am Masseerlös eintritt, auch für den Neugläubiger grundsätzlich kein Raum. Insoweit hält der Senat an seiner Auffassung fest, daß über den vorgenannten Zweck – Erhaltung des Gesellschaftsvermögens zur Befriedigung der Gläubiger – hinaus der Schutzbereich des § 64 Abs. 1 GmbHG sich nicht auch darauf erstreckt, Gläubiger einer GmbH davor zu bewahren, mit einer überschuldeten GmbH noch in Geschäftsbeziehungen zu treten bzw. ihr noch Kredit zu gewähren (BGHZ 29, 100, 106).

Die gleiche Beurteilung ist auch bei Forderungen aus Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt angebracht. Der Senat vermag die Ansicht nicht zu teilen, bei Verlust von Aussonderungsrechten durch die verspätete Beantragung des Konkurses müsse die Haftung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Haftung
Haftung des Geschäftsführers
der GmbH auch auf solche Schäden erstreckt werden (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, aaO, 713; Baumbach/Hueck/Schulze- Osterloh, aaO, § 64 Rn. 26; Hachenburg/Ulmer, aaO, § 64 Rn. 52ff m.w.N.; Ulmer, KTS 1981, 469, 488). Eine solche Haftung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Haftung
Haftung des Geschäftsführers
der GmbH läge außerhalb des Schutzzwecks des § 64 Abs. 1 GmbHG (vgl. auch OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
, ZIP 1982, 1086; Münchener Kommentar/Mertens, BGB, 2. Auflage, § 823 Rn. 169). Diese Vorschrift schützt davor, daß die Konkursmasse geschmälert wird. Die dem Gemeinschuldner nicht gehörenden und daher nach § 43 KO auszusondernden Gegenstände fallen jedoch nicht in die Konkursmasse.

Zwar trifft es zu, daß die unter Eigentumsvorbehalt von der GmbH erworbenen Gegenstände dem Gesellschaftsvermögen als Anwartschaften wirtschaftlich zuzurechnen und in der Bilanz der Gesellschaft zu aktivieren sind (vgl. Uhlenbruck, KTS 1986, 27, 40 und Hachenburg/Ulmer, aaO, § 64 Rn. 53).

Insoweit vollziehen sich die Nachteile, die der ursprünglich durch ein Vorbehaltseigentum gesicherte Gesellschaftsgläubiger infolge der verspäteten Stellung des Konkursantrags deswegen erleidet, weil er nicht mehr auf ein Aussonderungsrecht zugreifen kann, das er bei rechtzeitiger Antragstellung gehabt hätte, über Veränderungen im Gesellschaftsvermögen der GmbH. Das allein rechtfertigt es jedoch nicht, den Schutz des § 64 Abs. 1 GmbHG für die Gesellschaftsgläubiger auch auf die Sicherung vor derartigen Veränderungen zu erstrecken.

Mit der Regelung des § 64 Abs. 1 GmbHG soll, wie schon gesagt, der beschränkten Haftungsmasse der GmbH Rechnung getragen und zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger gewährleistet werden, daß diese Haftungsmasse durch eine verspätete Stellung des Konkursantrags nicht weiter verkürzt wird. Darum geht es bei dem hier in Frage stehenden Schutz von Gesellschaftsgläubigern in der Wahrung ihrer Stellung als im Konkurs zur Aussonderung Berechtigte nicht. Ein Wille des Gesetzgebers, über das durch den Quotenschaden geprägte, spezifische Vermögensinteresse der Gesellschaftsgläubiger hinaus auch diese dinglichen Berechtigungen zu schützen, ist weder dem Wortlaut des § 64 Abs. 1 GmbHG noch seinem Sinn zu entnehmen. Gegen ihn spricht zudem, daß der Vorbehaltseigentümer aus dem Eigentum heraus durch § 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 StGB und §§ 987ff BGB geschützt ist. Für einen erweiterten, in einen abstrakten Gefährdungstatbestand vorverlagerten Eigentumsschutz des Vorbehaltseigentümers um seiner Aussonderungsberechtigung willen ist kein besonderes Schutzbedürfnis erkennbar; zumal ein so durch § 64 Abs. 1 GmbHG erweiterter Schutz die Aussonderungsberechtigung im GmbH-Konkurs gegenüber Aussonderungsrechten in anderen Konkursen privilegieren würde, für die es an einer entsprechenden Regelung der Konkursantragspflicht fehlt, obschon die Aussonderungsrechte dort nicht weniger schutzbedürftig erscheinen. Außerdem könnte in Fällen, in denen der Geschäftsführer der GmbH den Verlust des Vorbehaltseigentums in der Phase der Konkursverschleppung als Eigentumsverletzung i.S. von § 823 Abs. 1 BGB nicht selbst zu verantworten hat, eine ihm gleichwohl aus § 64 Abs. 1 GmbHG zuwachsende Einstandspflicht auf einen Haftungsdurchgriff für Verbindlichkeiten der GmbH aus ihren Haftungsverantwortungen aufgrund von Verletzungen der sie bindenden vertraglichen Kredit- bzw. Sicherungsabreden hinauslaufen; eine Durchgriffshaftung muß aber auf enge Ausnahmetatbestände beschränkt sein (BGHZ 75, 23, 26). § 64 Abs. 1 GmbHG ist hierauf nicht zugeschnitten. Als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB kommt ihm nur der Schutz der Vermögensinteressen der Gesellschaftsgläubiger an der Erhaltung der Konkursmasse zu, für die der Geschäftsführer der GmbH durch rechtzeitige Stellung des Konkursantrags sorgen kann und muß. Weiter geht dessen Einstandspflicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG nicht.

3. Das angefochtene Urteil beruht auf den dargetanen Rechtsfehlern. Die Klage konnte jedoch nicht abgewiesen werden, da das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsverletzung durch den Verlust der Aussonderungsrechte bisher nicht geprüft hat und den dahingehenden Behauptungen der Klägerin nicht nachgegangen ist. Die Klägerin hatte behauptet, der Beklagte habe sich auf den verlängerten Eigentumsvorbehalt eingelassen, obwohl in den Bauverträgen zwischen der GmbH und der GAG ein Abtretungsverbot vereinbart gewesen sei. Dies könnte Einfluß auf die Verfügungsbefugnis der GmbH haben mit der Folge einer Eigentumsverletzung durch die Verwendung der Baumaterialien, für die eine Haftung des Beklagten, sofern und soweit er persönlich an ihnen mitgewirkt hat (vgl. auch § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB), in Betracht käme. Da das Berufungsgericht von seinem bisherigen Standpunkt aus diesen Behauptungen nicht nachgehen mußte – auch nicht bei der Prüfung von Ansprüchen aus culpa in contrahendo, positiver Vertragsverletzung und § 826 BGB, die es zutreffend verneint hat -, und daher auch keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen hat, war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Schlagworte: Bilanz, bilanzielle Betrachtungsweise, Geschäftsführerhaftung Insolvenz, Insolvenzantrag, Insolvenzreife, Insolvenzverfahren, Quotenschaden, rechnerische Überschuldung, Überschuldung, Überschuldungsbilanz, Überschuldungsstatus, Verletzung der Insolvenzantragspflicht, zweistufiger Überschuldungsbegriff