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BGH, Urteil vom 5. Mai 2008 – II ZR 108/07

AktG § 76

a) Ist ein Gesellschafter an der Darlehen nehmenden und an der Darlehen gebenden Gesellschaft beteiligt, finden auf eine Finanzierungshilfe des Darlehen gebenden Unternehmens die Eigenkapitalersatzvorschriften Anwendung, wenn der Gesellschafter auf die Gewährung oder den Abzug der Kredithilfe an das andere Unternehmen bestimmenden Einfluss ausüben, insbesondere dem Geschäftsführungsorgan der Hilfe gewährenden Gesellschaft entsprechende Weisungen erteilen kann (st.Rspr., vgl. z.B. Urteil vom 28. Februar 2005 – II ZR 103/02, ZIP 2005, 660, 661 m. w. N.).

b) Hat eine Aktiengesellschaft, die wie ihre Schwestergesellschaft von einer gemeinsamen Muttergesellschaft beherrscht wird, einer GmbH, an der ihre Schwestergesellschaft als Gesellschafterin beteiligt ist, in der Krise eine Finanzierungshilfe gewährt oder belassen, kommt eine Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln nicht in Betracht.

c) Weder die Schwestergesellschaft noch die Muttergesellschaft sind rechtlich in der Lage, bestimmenden Einfluss auf die Entscheidung der Hilfe gewährenden Aktiengesellschaft zu nehmen, ob die Kredithilfe belassen oder abgezogen wird; vielmehr entscheidet hierüber allein deren Vorstand unter eigener Verantwortung (§ 76 Abs. 1 AktG).

Die Geschäfte der Aktiengesellschaft werden von ihrem Vorstand als dem für die Geschäftsführung einer Aktiengesellschaft zuständigen Organ unter eigener Verantwortung geleitet (§ 76 Abs. 1 AktG). Dass der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft den Vorstand bestellt und abberuft (§ 84 AktG) und seine Geschäftsführung zu überwachen hat (§ 111 AktG), verschaffte dem Aktionär oder dem Aufsichtsrat keine – dem Musterfall der GmbH entsprechenden – gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsbefugnisse gegenüber dem Vorstand der Aktiengesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2007 – II ZR 272/05, ZIP 2007, 528, 529 für die Kapitalaufbringung), mit denen sie bestimmte Maßnahmen durchzusetzen in der Lage gewesen wäre. Der Vorstand der Aktiengesellschaft ist in seiner Entscheidung frei, ob er der Schuldnerin eine Finanzierungshilfe gewähren oder belassen wollte; er war nicht an Weisungen anderer Gesellschaftsorgane, auch nicht an solche von (Groß-)Aktionären gebunden (Hüffer, AktG 8. Aufl. § 76 Rdn. 10).

Schlagworte: Aktionär, Aufsichtsrat, Vorstand, Weisungsfreiheit