Einträge nach Montat filtern

BGH, Urteil vom 9. Dezember 1968 – II ZR 57/67

GmbHG §§ 46, 47; BGB §§ 181, 2205

a) Ist bei einer GmbH die gesetzlich vorgeschriebene Mehrheit für einen nicht satzungsändernden Gesellschafterbeschluss nicht erreicht, so fehlt es, auch wenn der Versammlungsleiter das Zustandekommen des Beschlusses zu Protokoll festgestellt hat, an einem Beschluss; das ist nicht durch Anfechtungsklage zu klären, sondern kann mit einer Feststellungsklage nach  § 256 ZPO geltend gemacht werden.

b) Ein Testamentsvollstrecker, der als solcher Anteilsrechte an einer GmbH verwaltet, darf bei seiner Wahl zum Geschäftsführer unmittelbar oder mittelbar (durch Bestellung eines gemeinsamen Stimmführers) nur mitwirken, wenn der Erblasser oder die Erben ihm dies gestattet haben.

c) Allerdings hindert die Vorschrift nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs den Gesellschafter einer GmbH nicht daran, bei seiner Wahl zum Geschäftsführer und der Regelung seiner Bezüge und der sonstigen Anstellungsbedingungen mitzuwirken (BGHZ 18, 205, 210 m. w. N.). Das wird im allgemeinen so begründet: § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG beziehe sich nur auf Rechtsgeschäfte, welche die Gesellschaft mit einem ihrer Gesellschafter als einem Dritten abschließe, und greife dann nicht ein, wenn der Gesellschafter nur sein Mitgliedsrecht ausübe, wie es bei seiner Wahl zum Geschäftsführer und einer damit untrennbar verbundenen Beschlußfassung über die Anstellungsbedingungen der Fall sei. Eine Abstimmung über solche innergesellschaftlichen Angelegenheiten gehöre zu den Mitverwaltungsakten, bei denen alle Gesellschafter der Sache nach zur Mitwirkung berufen seien (BGH aaO). Der tiefere Grund für diese einschränkende Auslegung des § 47 Abs. 4 GmbHG liegt aber darin, daß ein Gesellschafter, je stärker er an der Gesellschaft beteiligt ist, um so enger mit deren Schicksal verbunden ist und deshalb seine eigenen interessen in der Regel am besten fördern kann, wenn er dem Wohl der Gesellschaft dient. Infolgedessen ist bei einem Gesellschafter, der über seine Wahl zum Geschäftsführer selbst mitstimmt, im allgemeinen nicht zu befürchten, er werde seine eigenen Belange über die der Gesellschaft stellen, und darum ist hier die Gefahr einer Schädigung von Gesellschaftsinteressen, der § 47 Abs. 4 GmbHG mit seinem Stimmrechtsausschluß begegnen will, verhältnismäßig gering. Darüber hinaus würde das Wohl der Gesellschaft nicht nur nicht gefördert, sondern unter Umständen sogar entgegen dem Gesetzeszweck gefährdet, wenn gerade solche Persönlichkeiten unter den Gesellschaftern, die für das Geschäftsführeramt häufig am besten geeignet sind, von der Mitwirkung bei ihrer Wahl ausgeschlossen wären und es auf diese Weise dazu kommen könnte, daß nur ein Nichtgesellschafter genügend Stimmen erhielte (RGZ 81, 37; 74, 276, 279; 60, 172 m. w. N.). Schließlich kann vor allem einem Mehrheitsgesellschafter nicht zugemutet werden, sich in der Frage, ob er Geschäftsführer werden soll, der Stimme zu enthalten und dem Willen der Minderheit zu beugen, obschon er wegen der Stärke seiner Vermögensbeteiligung das größte Anrecht darauf hat, die Geschicke der Gesellschaft mitbestimmen zu können (Staub, HoldhMSchr 1903, 176; Bondi, DJZ 1903, 269).

d) Bei der Prüfung der Klageanträge, die sich auf die Bestellung und Anstellung Dr. Bs in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 4. November 1965 beziehen, ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß die Vorschriften des Aktiengesetzes über die Nichtigkeit und die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen sinngemäß auf die GmbH anzuwenden sind, soweit nicht deren Besonderheiten eine Abweichung erfordern (BGHZ 11, 231, 235; 15, 382, 384; 36, 207, 210 f). Es sieht den allenfalls in Betracht kommenden Nichtigkeitsgrund der Sittenwidrigkeit gemäß § 195 Nr. 4 AktG 1937 (= § 241 Nr. 4 AktG 1965) nicht für gegeben und deshalb den Hauptantrag auf Feststellung der Nichtigkeit für unbegründet an, weil die Kläger nicht den Inhalt der Beschlüsse, sondern nur die Art und Weise ihres Zustandekommens bemängelten. Solche Beanstandungen könnten nur eine Anfechtungsklage begründen, die hier aus sachlichen Gründen ebenfalls scheitern müsse.

e) Soweit die Satzung nichts anderes vorschreibt, bedarf ein solcher Beschluß, um wirksam zu sein, weder einer Form, noch muß sein Zustandekommen ausdrücklich festgestellt werden. Die verkündete Ansicht des Vorsitzenden, die Abstimmung habe zu einem bestimmten Ergebnis geführt, ist hier, anders als bei der Aktiengesellschaft (§ 130 Abs. 2 AktG), rechtlich ohne Belang oder höchstens als Beweismittel verwertbar. Angesichts dieser Unterschiede läßt sich jener aktienrechtliche Grundsatz nicht ohne weiteres auf die GmbH übertragen, soweit es dort nur um einfache Mehrheitsbeschlüsse geht (insoweit zutreffend W. Küster, Inhalt und Grenzen der Rechte der Gesellschafter, S. 74 ff, 81; Ballerstedt, GmbHRdsch 1955, 160; Schmidt aaO, § 45 Anm. 16 a m. w. N.).

Urteil im Wortlaut

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 7. Februar 1967 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Kläger mit ihrer gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage hinsichtlich der Gesellschafterbeschlüsse vom 4. November 1965 abgewiesen worden sind. In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Soweit die Kläger ihre Revisionsanträge vom 21. Dezember 1967 zurückgenommen haben, sind sie des eingelegten Rechtsmittels verlustig.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsinstanz, auch soweit sie durch die zurückgenommenen Revisionsanträge veranlaßt sind, bleibt dem Berufungsgericht vorbehalten.

Tatbestand

Die Kläger, Mutter und Sohn, sind als Erben nach dem Kaufmann Arno M Gesellschafter der Beklagten zu 1, einer GmbH, und Kommanditisten der Beklagten zu 2. Außerdem sind sie wirtschaftlich an der Beklagten zu 3, einer GmbH, beteiligt, weil deren einzige Gesellschafterin die Beklagte zu 1 ist. Sie wenden sich mit ihrer Klage gegen Gesellschafterbeschlüsse, durch die der Rechtsanwalt Dr. B zum Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und 3 und zum Prokuristen der Beklagten zu 2 bestellt worden ist.

An der Beklagten zu 1 sind außer den Klägern Frau Anni S, der Kaufmann Paul Ma und die Erben des Kaufmanns Konrad S als Gesellschafter beteiligt. Zu der Erbengemeinschaft nach Konrad Schütt gehören Joachim S als Erbe seines während dieses Rechtsstreits verstorbenen Vaters Malte S sowie die beiden Töchter der Frau Hanna Sc, die am 26. September 1963 in N (Brandenburg) verstorben ist. Frau Sc hatte zwei Testamente vom 14. und vom 27. August 1963 hinterlassen, die insoweit wörtlich übereinstimmen, als darin die beiden in Ostberlin und Neuruppin-Treskow lebenden Töchter zu Erben eingesetzt sind. Während aber in dem ersten Testament alle früheren letztwilligen Verfügungen aufgehoben werden und Rechtsanwalt Dr. B in Berlin (West) zum Testamentsvollstrecker bestimmt wird, fehlen in dem zweiten diese Bestimmungen. Auf Grund des zweiten Testaments stellte das Staatliche Notariat Neuruppin einen Erbschein aus. Auf Grund des ersten Testaments, das die Erblasserin Rechtsanwalt Dr. B übersandt hatte, erteilte das Amtsgericht Berlin-Schöneberg diesem ein Testamentsvollstreckerzeugnis mit dem Vermerk, daß es sich nicht auf die in der sowjetischen Besatzungszone befindlichen Nachlaßgegenstände beziehe. Die hiergegen eingelegten Beschwerden der beiden Erbinnen blieben in allen Instanzen erfolglos. Ihr Antrag, Dr. B als Testamentsvollstrecker zu entlassen, wurde ebenfalls zurückgewiesen. Auf eine von Dr. B gegen die Erbinnen erhobene Klage stellte das Landgericht Berlin durch Urteil vom 7. Oktober 1966 fest, Dr. B sei rechtmäßig Testamentsvollstrecker.

Nach dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1 hat in der Gesellschafterversammlung jeder Gesellschafter eine Stimme. Die Erben eines Gesellschafters (also auch die beiden Kläger und die Erben nach Konrad S) haben zusammen nur eine Stimme, die sie nur einheitlich durch einen von ihnen bestellten Stimmführer abgeben dürfen.

Persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten zu 2 sind die Beklagte zu 1, die in der Gesellschafterversammlung 4/21 Stimmen hat, und die Beklagte zu 3 mit 2/21 Stimmen. Kommanditisten sind Frau Anni S und Paul Ma mit je 4/21 Stimmen, die Erben nach Konrad S mit zusammen 4/21 Stimmen und die beiden Kläger mit zusammen 3/21 Stimmen. Zur Bestellung von Prokuristen ist nach dem Gesellschaftsvertrag die einfache Mehrheit der Stimmen erforderlich und genügend. Das Stimmrecht von Erben ist ähnlich wie bei der Beklagten zu 1 geregelt.

Am 4. November 1965 fand unter dem Vorsitz des Geschäftsführers der Beklagten zu 1, O eine Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 und gleich anschließend eine solche der Beklagten zu 2 statt. In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 nahm der Rechtsanwalt und Notar Dr. L, gestützt auf den unbeschränkten Erbschein des Staatlichen Notariats Neuruppin und die Vollmachten aller Erben nach Konrad Schütt, das Recht in Anspruch, diese Erben zu vertreten. Dem widersprach Rechtsanwalt Dr. B, der sich hinsichtlich des Nachlasses Sc auf das Testamentsvollstreckerzeugnis berief und erklärte, er habe sich mit Dr. L als dem Vertreter des Miterben Malte S nicht über eine gemeinsame Stimmabgabe einigen können. Bei der folgenden Abstimmung über die Bestellung Dr. Bs zum weiteren Geschäftsführer der Beklagten zu 1 stimmten für die Bestellung der Vertreter von Anni S und Paul Ma, dagegen der Vertreter der Kläger; Dr. L widersprach für die Konrad Se Erbengemeinschaft ebenfalls der Wahl. Daraufhin stellte der Vorsitzende fest, Dr. B sei mit zwei Stimmen gegen eine zum Geschäftsführer bestellt. In gleicher Weise verlief die Abstimmung über den mit Dr. B abzuschließenden Anstellungsvertrag.

In der folgenden Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 stimmten der Geschäftsführer O namens der Beklagten zu 1 und 3 sowie der Bevollmächtigte von Anni S und Paul Ma für die Bestellung Dr. Bs zum weiteren Prokuristen. Dagegen stimmten der Bevollmächtigte der Kläger und für die Erben nach Konrad S Dr. L, dessen Vertretungsmacht Dr. B hier aus Rechtsgründen nicht wider sprach.

Am 19. November 1965 hielt der Geschäftsführer O eine Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 3 ab und beschloß mit seiner Stimme im Namen der einzigen Gesellschafterin, der Beklagten zu 1, die Bestellung Dr. Bs zum weiteren Geschäftsführer.

Die Kläger halten die genannten Beschlüsse insbesondere aus folgenden Gründen für nichtig oder zumindest für anfechtbar:

1. Der über 80 Jahre alte Gesellschafter Ma sei bei Ausstellung einer Generalvollmacht vom 1. Oktober 1964 geschäftsunfähig und deshalb in der Gesellschafterversammlung vom 4. November 1965 nicht wirksam vertreten gewesen.

2. Das unzuständige Amtsgericht Berlin-Schöneberg habe die Testamente der Frau Hanna Sc falsch ausgelegt und zu Unrecht angenommen, das zweite Testament habe die frühere, von Dr. B durch unwahre Angaben erschlichene Anordnung einer Testamentsvollstreckung aufrechterhalten. Außerdem sei Frau Sc wegen Geistesschwäche testierunfähig gewesen. Mithin sei auch bei der Beklagten zu 1 die durch Dr. L abgegebene Gegenstimme mitzuzählen und folglich keine Mehrheit für Dr. B zustande gekommen.

3. Die Gesellschafter, die für Dr. B gestimmt hätten, hätten ihre Treuepflicht gegenüber den Mitgesellschaftern verletzt. Dr. B sei wegen seiner anderweitigen beruflichen Beanspruchung, wegen seiner Versuche, die früheren Gesellschafter der Beklagten zu 3 und deren Erben, insbesondere auch die Kläger, zu benachteiligen und um ihre Anteile zu bringen, und weil er als Testamentsvollstrecker gegen den klaren Willen der Erben handle und schon insofern ein Interessenkonflikt vorliege, als Geschäftsführer oder Prokurist der Beklagten untragbar.

Die Kläger haben beantragt festzustellen, daß die Gesellschafterbeschlüsse über die Bestellung und Anstellung des Rechtsanwalts Dr. B rechtsunwirksam seien, hilfsweise, diese Beschlüsse für nichtig zu erklären. In der Berufungsinstanz haben sie weitere, inhaltlich nicht mehr interessierende Feststellungsanträge gestellt.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Beklagten bitten, verfolgen die Kläger ihre ursprünglichen Klageanträge weiter. Soweit sich die Revision zunächst auch gegen die Abweisung der in der Berufungsinstanz neu gestellten Anträge richtete, haben die Kläger sie in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Insoweit bitten die Beklagten, den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Kostenpflicht der Kläger auszusprechen.

Entscheidungsgründe

I.

Bei der Prüfung der Klageanträge, die sich auf die Bestellung und Anstellung Dr. Bs in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 4. November 1965 beziehen, ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß die Vorschriften des Aktiengesetzes über die Nichtigkeit und die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen sinngemäß auf die GmbH anzuwenden sind, soweit nicht deren Besonderheiten eine Abweichung erfordern (BGHZ 11, 231, 235; 15, 382, 384; 36, 207, 210 f). Es sieht den allenfalls in Betracht kommenden Nichtigkeitsgrund der Sittenwidrigkeit gemäß § 195 Nr. 4 AktG 1937 (= § 241 Nr. 4 AktG 1965) nicht für gegeben und deshalb den Hauptantrag auf Feststellung der Nichtigkeit für unbegründet an, weil die Kläger nicht den Inhalt der Beschlüsse, sondern nur die Art und Weise ihres Zustandekommens bemängelten. Solche Beanstandungen könnten nur eine Anfechtungsklage begründen, die hier aus sachlichen Gründen ebenfalls scheitern müsse.

Hierbei hat das Berufungsgericht offenbar angenommen, selbst wenn in der Versammlung vom 4. November 1965 die vom Versammlungsleiter laut Protokoll festgestellte Stimmenmehrheit für die Wahl Dr. Bs in Wirklichkeit gefehlt hätte, liege der Form nach ein, wenn auch mangelhafter, Gesellschafterbeschluß vor, der nur im Wege der Anfechtung beseitigt werden könne. Diese Auffassung ist nicht richtig. Nach der gesetzlichen Regel des § 47 Abs. 1 GmbHG fassen die Gesellschafter ihre Beschlüsse nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Ohne diese Stimmenmehrheit kommt ein Beschluß im Sinne des gestellten Antrags nicht zustande, weil die Mehrheit Voraussetzung für die Willensbildung überhaupt ist. Darum fehlt es z. B. an einem Gesellschafterbeschluß, wenn ein Gesellschafter nicht ordnungsmäßig vertreten war, die für ihn abgegebene Stimme infolgedessen ungültig ist und durch ihren Fortfall die scheinbare Mehrheit zur Minderheit wird. Diese Rechtslage ist nicht durch eine Anfechtungsklage zu klären, da diese einen Beschluß im Sinne des § 47 GmbHG gerade voraussetzt, sondern kann auf andere Weise, vor allem durch eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO, geltend gemacht werden (Schmidt in Hachenburg, GmbHG 6. Aufl. § 45 Anm. 16, 16 b, § 47 Anm. 1, 14; Fischer, Anm. zu LM GmbHG § 53 Nr. 1; vgl. auch BGH WM 1968, 570).

Hieran ändert es nichts, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Gesellschafterversammlung durch einen Vorsitzenden geleitet wurde und dieser die Annahme des Antrags zu Protokoll festgestellt hat. Allerdings wird im Aktienrecht die Auffassung vertreten, ein Gesellschafterbeschluß sei ohne Rücksicht auf das wirkliche Mehrheitsverhältnis als vorhanden zu betrachten, wenn in einer ordnungsgemäß einberufenen Hauptversammlung eine Abstimmung stattgefunden hat und als deren Ergebnis ein bestimmter Beschluß vom Vorsitzenden verkündet und vom Protokollführer niedergelegt worden ist. Diesen Grundsatz hat der Senat auch auf die GmbH für den Fall angewandt, daß die Gesellschafterversammlung über eine Satzungsänderung abgestimmt und der Vorsitzende ein positives Ergebnis festgestellt hat; wer die Unrichtigkeit einer solchen Feststellung geltend machen will, muß den Beschluß anfechten (BGHZ 14, 25, 36). Der Grund hierfür liegt darin, daß ebenso wie Hauptversammlungsbeschlüsse (§ 130 AktG 1965) auch ein satzungsändernder Beschluß bei der GmbH zu seiner Gültigkeit der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung bedarf (§ 53 Abs. 2 GmbHG) und die urkundliche Feststellung um der Rechtssicherheit willen nicht einfach beiseitegeschoben werden kann.

Dieser Grund trifft auf einen gewöhnlichen Gesellschafterbeschluß nach § 47 GmbHG nicht zu. Soweit die Satzung nichts anderes vorschreibt, bedarf ein solcher Beschluß, um wirksam zu sein, weder einer Form, noch muß sein Zustandekommen ausdrücklich festgestellt werden. Die verkündete Ansicht des Vorsitzenden, die Abstimmung habe zu einem bestimmten Ergebnis geführt, ist hier, anders als bei der Aktiengesellschaft (§ 130 Abs. 2 AktG), rechtlich ohne Belang oder höchstens als Beweismittel verwertbar. Angesichts dieser Unterschiede läßt sich jener aktienrechtliche Grundsatz nicht ohne weiteres auf die GmbH übertragen, soweit es dort nur um einfache Mehrheitsbeschlüsse geht (insoweit zutreffend W. Küster, Inhalt und Grenzen der Rechte der Gesellschafter, S. 74 ff, 81; Ballerstedt, GmbHRdsch 1955, 160; Schmidt aaO, § 45 Anm. 16 a m. w. N.).

Die gegenteilige Auffassung, die sich namentlich auf die Rechtssicherheit beruft (so u. a. RG DR 1939, 720; Scholz, GmbHG 5. Aufl. § 45 Randn. 15 und GmbHRdsch 1952, 161, 163; Zöllner. Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, 398 ff), berücksichtigt nicht hinreichend die besonderen Gegebenheiten bei einer GmbH. Bei dieser läßt sich in der Regel wegen der größeren Übersichtlichkeit der Verhältnisse und der geringeren Anzahl der Beteiligten auch der Abstimmungsvorgang leichter überblicken als bei einer Aktiengesellschaft (Küster aaO, S. 80). Hinzu kommt, daß die Gesellschafter einer GmbH ihre Beschlüsse fassen können, ohne einen Vorsitzenden zu wählen, was vor allem in kleineren Versammlungen häufig geschieht, und daß überdies schriftliche Abstimmungen möglich sind (§ 48 Abs. 2 GmbHG), bei denen ein Vorsitz ohnehin nicht in Betracht kommt. Mit Recht weist Schmidt (aaO S. 121/122) darauf hin, daß für die Rechtssicherheit wenig gewonnen wäre und es darüber hinaus zu Unzuträglichkeiten führen könnte, wenn es nur der Wahl eines Versammlungsleiters bedürfte, um trotz fehlender Mehrheit einen, wenn auch anfechtbaren, „Beschluß“ in die Welt zu setzen, während sonst ohne positive Mehrheit überhaupt kein oder nur ein ablehnender Beschluß vorliegt.

Es kommt daher in erster Linie darauf an, wieviel Stimmen in der Gesellschafterversammlung vom 4. November 1965 gültig abgegeben worden sind, und ob sich die Mehrzahl dieser Stimmen für die Bestellung und Anstellung Dr. Bs als weiteren Geschäftsführer der Beklagten zu 1 ausgesprochen hat.

1. Wie das Berufungsgericht rechtlich fehlerfrei dargelegt hat, ist der Vortrag der Kläger, der Gesellschafter Ma sei bei Ausstellung der Generalvollmacht vom 1. Oktober 1964 geschäftsunfähig gewesen, unsubstantiiert. Die Tatsache, daß Ma damals über 80 Jahre alt war, besagt in dieser Hinsicht noch nichts. Mit ihrem Hinweis auf die Tragweite eines solchen Rechtsgeschäfts wie der Erteilung einer Generalvollmacht verkennt die Revision, daß die Frage der Geschäftsfähigkeit sich nicht nach der Schwierigkeit des einzelnen Geschäfts richtet, und daß eine die freie Willensbestimmung ausschließende Geistesstörung im Sinne der §§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 2 BGB nicht schon dann vorliegt, wenn der Erklärende die Tragweite seines geschäftlichen Handelns nicht voll zu übersehen vermag (BGH NJW 1953, 1342; LM BGB § 105 Nr. 2; Urt. v. 2.6.1966 – II ZR 193/64). Der Vorwurf der Revision, das Berufungsgericht habe sein Fragerecht auszuüben versäumt, ist unbegründet, nachdem schon das Landgericht in seinem Urteil ebenso wie zuvor die Beklagten das Vorbringen der Kläger als unzulänglich gekennzeichnet hatte, die Kläger aber gleichwohl in der Berufungsinstanz auf diesen Punkt nicht mehr zurückgekommen sind. Da es schon an einem schlüssigen Klagevortrag fehlt, kommt es auf die vom Berufungsgericht nur beiläufig noch als Beleg für die Geschäftsfähigkeit Paul Mas erwähnte Äußerung des Rechtsanwalts Dr. R nicht mehr an.

2. Die nach dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1 in Verbindung mit § 47 Abs. 1 GmbHG nötige Mehrheit für die Wahl Dr. Bs entfiele ferner, wenn Dr. B zu Unrecht als Testamentsvollstrecker nach Hanna Sc aufgetreten und demzufolge die von Dr. L für alle Konrad S’schen Erben abgegebene Gegenstimme wirksam gewesen wäre.

a) Soweit es für die hiernach wesentliche Frage, ob Hanna Sc Dr. B rechtsgültig zum Testamentsvollstrecker bestellt hat, auf die Auslegung der beiden letztwilligen Verfügungen ankommt, hat sich das Berufungsgericht die eingehende, u. a. auf den Brief einer Bekannten der Erblasserin gestützte Würdigung in den Entscheidungen über die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses zu eigen gemacht. Sie geht dahin, das erste Testament habe sich auf den im westlichen Währungsgebiet belegenen Nachlaßteil, das zweite dagegen lediglich auf das im östlichen Währungsgebiet befindliche Nachlaßvermögen bezogen; deshalb habe das zweite Testament die im ersten getroffene Anordnung über die Testamentsvollstreckung unberührt gelassen. Diese Auslegung ist entgegen den Ausführungen der Revision möglich. Sie ist mit den §§ 2084, 2258 BGB ebenso wie mit den allgemeinen Auslegungsregeln vereinbar. Die Revision muß sie daher hinnehmen.

b) Zu dem Vorbringen der Kläger, die Erblasserin sei testierunfähig gewesen, hat das Berufungsgericht ausgeführt, dieses Vorbringen sei unbeachtlich. Abgesehen davon, daß die Erben Sc die Frist des § 2082 BGB versäumt hätten, sei eine Testierunfähigkeit mit der nötigen Gewißheit nicht mehr feststellbar.

Der Revision ist zuzugeben, daß die Frist des § 2082 BGB nur für die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung nach den §§ 2078 ff BGB, aber nicht für den Einwand ihrer Nichtigkeit gemäß § 2229 BGB gilt. Jedoch hat das Berufungsgericht im Ergebnis recht, wenn es das Vorbringen der Kläger auch aus sachlichen Gründen für unzureichend hält.

Die Testierunfähigkeit ist ein Rechtsbegriff, der in § 2229 Abs. 4 BGB näher bestimmt ist. Seine Anwendung setzt voraus, daß konkrete Tatsachen und ein etwa vorliegender ärztlicher Befund den sicheren Schluß rechtfertigen, der Erblasser sei im Zeitpunkt der Testamentserrichtung wegen einer krankhaften Geistesstörung, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewußtseinsstörung außer Stande gewesen, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Einen solchen Sachverhalt haben die Kläger nicht dargetan. Sie haben sich darauf beschränkt, den Vortrag der Erben Sc bei deren gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Dr. B als ihren eigenen zu übernehmen. Dieser Vortrag bestand wiederum im wesentlichen aus einer Bezugnahme auf eine eidesstattliche VersicherungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
eidesstattliche Versicherung
Versicherung
der Rechtsanwältin und Notarin P in N sowie auf eine „nervenfachärztliche Beurteilung“ durch den stellvertretenden Kreisarzt und Kreispsychiater in Oranienburg, Frau Dr. med. Lo.

Beide Äußerungen bezweifeln zwar die geistige Fähigkeit der Erblasserin, geschäftliche Dinge wie die Errichtung eines Testaments und insbesondere die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers in ihrer Bedeutung zu übersehen. Bestimmte Wahrnehmungen oder greifbare einzelne Vorkommnisse, die diese Ansicht unter dem hier allein maßgebenden Gesichtspunkt einer abnormen Beeinträchtigung der geistigen Aufnahmefähigkeit oder Entschlußfreiheit belegen und damit ihre Nachprüfung durch einen gerichtlichen Sachverständigen ermöglichen könnten, sind aber nicht angegeben. Das gilt auch für die Erklärung der Fachärztin Dr. Lo, die, wie sie betont, Frau Hanna Sc zwar jahrelang gekannt und in Familienangelegenheiten beraten, aber niemals behandelt oder selbst untersucht hat. Sie gibt ebenfalls nur Schlußfolgerungen wieder, die nicht durch Tatsachen erhärtet sind.

Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit einer von den Beklagten vorgelegten, als Parteivorbringen frei zu würdigenden fachärztlichen Stellungnahme ausgeführt hat, die Äußerungen von Frau Dr. Lo und Frau P böten keine genügenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die Feststellung, die Erblasserin sei testierunfähig gewesen. Hierin liegt entgegen der Revision keine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung, da nicht die Glaubwürdigkeit der beiden Zeuginnen, sondern lediglich die Erheblichkeit ihrer schriftlichen Angaben verneint worden ist (BGH LM ZPO § 286 (A) Nr. 20). Mehr, als in den schriftlichen Erklärungen steht, haben die Kläger aber nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt.

c) Das Berufungsgericht hat in dem Gesichtspunkt der Interessenkollision keinen Hinderungsgrund dagegen gesehen, daß Dr. B über die Frage, ob die Erben nach Konrad S ihre gemeinsame Stimme für oder gegen seine Wahl zum Geschäftsführer der Beklagten zu 1 abgeben sollten, als Testamentsvollstrecker für den Nachlaß Sc mit entschied und auf diese Weise mittelbar auch bei der Wahl selbst mitwirkte. Es meint, Dr. B nehme kraft seines Amtes die Mitgliedsrechte der Erbinnen nach Hanna Sc aus eigenem Recht wahr (vgl. BGH LM BGB § 2205 Nr. 3/4/5) und sei daher befugt gewesen, auch gegen den Willen dieser Erbinnen eine gemeinschaftliche Stimmabgabe der S’schen Erben zu verhindern. Ob er hierbei etwa seine Stellung als Testamentsvollstrecker mißbraucht habe, interessiere nur im Innenverhältnis zu den Erbinnen.

Mit dieser Begründung läßt sich die Entscheidung rechtlich nicht halten.

c 1) Die von den Klägern beanstandete Mitwirkung Dr. B betraf Entscheidungen, die Dr. B unmittelbar angingen und, wenn sie zu seinen Gunsten ausfielen, seine rechtliche und wirtschaftliche Stellung wesentlich verstärkten; es handelte sich hierbei nicht bloß um seine Berufung zum Vertretungsorgan, sondern auch um die Festlegung der Bedingungen für seinen Anstellungsvertrag, wonach er Anspruch auf Gehalt, Tantieme und unter gewissen Voraussetzungen auf eine Altersversorgung für sich und seine Ehefrau haben sollte. Wirkte Dr. B bei diesen Entscheidungen mit, so befand er sich in einem erheblichen Interessenwiderstreit, weil er einerseits an dem Ausgang der Abstimmung persönlich stark interessiert sein mußte, andererseits als Testamentsvollstrecker den Nachlaß zu erhalten und zu sichern, gleichzeitig aber auch als Verwalter von Mitgliedschaftsrechten das Wohl der Gesellschaft zu wahren hatte. Dieser Interessenwiderstreit machte es für ihn besonders schwierig, seine Stimme frei und unbefangen allein nach sachlichen Beweggründen abzugeben.

Allerdings ist das Handeln eines Testamentsvollstreckers nicht bei jedem Interessenwiderstreit unwirksam. Eine unmittelbare Anwendung des § 181 BGB auf Rechtsgeschäfte des Testamentsvollstreckers mit sich selbst scheitert allgemein schon daran, daß der Testamentsvollstrecker seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse nach §§ 2205 ff BGB nicht von den Erben, sondern vom Erblasser herleitet und somit nicht die Erben vertritt, sondern unabhängig von deren Willen ein Amt ausübt (BGH LM BGB § 2203 Nr. 1). Überdies geht es im vorliegenden Rechtsstreit auch nicht um ein Rechtsgeschäft zu Lasten des Nachlasses, sondern um die Begründung eines Geschäftsführungsverhältnisses zwischen dem Kläger und der rechtlich selbständigen Beklagten zu 1. Das schließt aber nicht die Möglichkeit aus, wegen Gleichheit der Konfliktslage den Rechtsgedanken des § 181 BGB in einem solchen Fall entsprechend anzuwenden (BGHZ 30, 67, 69). Denn § 181 BGB will gerade verhindern, daß verschiedene und einander entgegenstehende interessen durch ein und dieselbe Person vertreten werden, soweit dies nicht durch Gesetz oder Vollmacht gestattet ist, weil ein solches Selbstkontrahieren stets die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit einer Schädigung des einen oder anderen Teils mit sich bringt (so RGZ 56, 104 unter Hinweis auf Prot. Bd. 1 S. 174, 175, Bd. 2 S. 73 – 75; vgl. auch RGZ 68, 172, 175). Eine solche Lage ist bei einem Testamentsvollstrecker, der als Verwalter von Anteilsrechten an einer GmbH über seine Bestellung und Anstellung als Geschäftsführer mit entscheiden soll, in starkem Maße gegeben.

c 2) Dieses Bedenken wird auch nicht dadurch ausgeräumt, daß es hier um kein gewöhnliches Rechtsgeschäft, sondern um einen Gesellschafterbeschluß nach § 46 Nr. 5 GmbHG, also einen körperschaftlichen Akt, geht. Nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG darf ein Gesellschafter bei Beschlüssen, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm betreffen, nicht mitstimmen. Diese Vorschrift beruht ebenso wie die im wesentlichen gleichlautenden §§ 34 BGB, 43 Abs. 3 Satz 2 GenG auf der Erwägung, „daß von einem selbst Beteiligten eine Zurückstellung seiner eigenen interessen nicht erwartet werden kann“ (RGZ 74, 276; 60, 172). Insoweit deckt sich ihr Sinngehalt mit dem des § 181 BGB.

Allerdings hindert die Vorschrift nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs den Gesellschafter einer GmbH nicht daran, bei seiner Wahl zum Geschäftsführer und der Regelung seiner Bezüge und der sonstigen Anstellungsbedingungen mitzuwirken (BGHZ 18, 205, 210 m. w. N.). Das wird im allgemeinen so begründet: § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG beziehe sich nur auf Rechtsgeschäfte, welche die Gesellschaft mit einem ihrer Gesellschafter als einem Dritten abschließe, und greife dann nicht ein, wenn der Gesellschafter nur sein Mitgliedsrecht ausübe, wie es bei seiner Wahl zum Geschäftsführer und einer damit untrennbar verbundenen Beschlußfassung über die Anstellungsbedingungen der Fall sei. Eine Abstimmung über solche innergesellschaftlichen Angelegenheiten gehöre zu den Mitverwaltungsakten , bei denen alle Gesellschafter der Sache nach zur Mitwirkung berufen seien (BGH aaO). Der tiefere Grund für diese einschränkende Auslegung des § 47 Abs. 4 GmbHG liegt aber darin, daß ein Gesellschafter, je stärker er an der Gesellschaft beteiligt ist, um so enger mit deren Schicksal verbunden ist und deshalb seine eigenen interessen in der Regel am besten fördern kann, wenn er dem Wohl der Gesellschaft dient. Infolgedessen ist bei einem Gesellschafter, der über seine Wahl zum Geschäftsführer selbst mitstimmt, im allgemeinen nicht zu befürchten, er werde seine eigenen Belange über die der Gesellschaft stellen, und darum ist hier die Gefahr einer Schädigung von Gesellschaftsinteressen, der § 47 Abs. 4 GmbHG mit seinem Stimmrechtsausschluß begegnen will, verhältnismäßig gering. Darüber hinaus würde das Wohl der Gesellschaft nicht nur nicht gefördert, sondern unter Umständen sogar entgegen dem Gesetzeszweck gefährdet, wenn gerade solche Persönlichkeiten unter den Gesellschaftern, die für das Geschäftsführeramt häufig am besten geeignet sind, von der Mitwirkung bei ihrer Wahl ausgeschlossen wären und es auf diese Weise dazu kommen könnte, daß nur ein Nichtgesellschafter genügend Stimmen erhielte (RGZ 81, 37; 74, 276, 279; 60, 172 m. w. N.). Schließlich kann vor allem einem Mehrheitsgesellschafter nicht zugemutet werden, sich in der Frage, ob er Geschäftsführer werden soll, der Stimme zu enthalten und dem Willen der Minderheit zu beugen, obschon er wegen der Stärke seiner Vermögensbeteiligung das größte Anrecht darauf hat, die Geschicke der Gesellschaft mitbestimmen zu können (Staub, HoldhMSchr 1903, 176; Bondi, DJZ 1903, 269).

Diese Gesichtspunkte treffen auf einen Testamentsvollstrecker nicht zu. Da dieser die zum Nachlaß gehörigen Anteilsrechte, wenn auch kraft Amtes, so doch nicht als eigene verwaltet und deshalb das gesellschaftliche Stimmrecht nicht für sich selbst ausübt, kann es für ihn keine entscheidende Rolle spielen, daß die Organbestellung ein Sozialakt ist, bei dem mitzustimmen der Gesellschafter selbst ein schutzwürdiges Interesse hat (vgl. Herzfelder, Stimmrecht und Interessenkollision, S. 55 f). Bei ihm wird das persönliche Interesse am Abstimmungsergebnis nicht durch ein gleichstarkes oder vorrangiges eigenes Interesse am Gedeihen der Gesellschaft aufgewogen, so daß hier der Widerstreit der interessen in voller Schärfe hervortritt. Dies recht fertigt es, den Rechtsgedanken des § 181 BGB entsprechend anzuwenden.

Das bedeutet, daß der Testamentsvollstrecker als Verwalter von Anteilsrechten an einer GmbH bei der Abstimmung über seine Wahl zum Geschäftsführer grundsätzlich kein Stimmrecht hat, es sei denn, daß ihm „ein anderes gestattet ist“. Eine solche Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens kann einmal (im voraus oder im Wege nachträglicher Genehmigung entsprechend § 177 BGB) durch die Erben erteilt werden, weil diese in der Verfügungsmacht über den Nachlaß regelmäßig insoweit nicht mehr beschränkt sind, als der Testamentsvollstrecker an der Ausübung seines Amts aus Rechtsgründen verhindert ist (BGHZ 30, 67, 71; BGB-RGRK 11. Aufl. § 2205 Anm. 14, § 2225 Anm. 9). Sie kann zum anderen aber auch darin liegen, daß der Erblasser in Kennt nis der Tatsache, daß zum hinterlassenen Vermögen Anteilsrechte an einer GmbH gehören, mit der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers zum Zwecke der Nachlaßverwaltung (§ 2209 BGB) diesem auch die Befugnis geben wollte, sich mit seiner eigenen Stimme zum Geschäftsführer wählen zu lassen, um auf diese Weise seiner Verwaltungsaufgabe am besten gerecht werden zu können. Dann liegt in der Berufung zum Testamentsvollstrecker ein besonderer Vertrauenserweis, mit dem der Erblasser die Erwartung zum Ausdruck bringt, der Testamentsvollstrecker werde seine Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses (§ 2216 BGB) über seine persönlichen Belange zu stellen wissen (vgl. BGHZ 30, 67, 70). In diesen Fällen ist der Testamentsvollstrecker einem Gesellschafter gleichzuachten, der, indem er das Geschäftsführeramt anstrebt, mit dem persönlichen zugleich das körperschaftliche Interesse verfolgt, so daß auch unter gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten keine Bedenken mehr bestehen, ihn zur Abstimmung über seine Wahl zuzulassen.

c 3) Der vorliegende Rechtsstreit weist allerdings die Besonderheit auf, daß die von den Klägern beanstandete Mitwirkung des Testamentsvollstreckers lediglich die unter den Erben S zu treffende Vorentscheidung betraf, ob diese in der Gesellschafterversammlung ihre einheitliche Stimme für oder gegen seine Wahl zum Geschäftsführer abgeben sollten, und nicht den Wahlakt selbst. Die Frage nach der Stimmberechtigung des Testamentsvollstreckers kann hier aber nicht anders beurteilt werden, als wenn der Testamentsvollstrecker den gesamten Geschäftsanteil verwaltet und vor der Frage steht, ob er das damit verbundene Stimmrecht bei einer Beschlußfassung nach § 46 Nr. 5 GmbHG auch dann ausüben darf, wenn es um seine eigene Wahl geht (vgl. BGHZ 49, 183, 193 f). Auch in diesem Fall wirkte Dr. B an einer für seine persönliche Rechtsstellung maßgebenden Entscheidung als Vertreter fremder und möglicherweise entgegenstehender interessen mit. Er befand sich damit in einer Konfliktslage, den dem Sinne nach unter das Verbot des § 181 BGB fällt.

c 4) Hiernach kommt es, da eine Gestattung oder Genehmigung durch die Erbinnen nach dem Sachverhalt ausscheidet, darauf an, ob Hanna Sc Dr. B auch gestatten wollte, bei seiner Wahl zum Geschäftsführer unmittelbar oder mittel bar mitzuwirken. Das ist eine Frage der Testamentsauslegung (BGHZ 30, 67, 69), die zu beurteilen dem Tatrichter vorbehalten und zu der bislang nichts festgestellt ist. Ist die letztwillige Verfügung vom 14. August 1963 im Sinne einer solchen Gestattung auszulegen, so durfte Dr. B sich ebenso wie Malte S an der Vorentscheidung der Erben S über seine Wahl beteiligen und deshalb auch eine gemeinschaftliche Stimmabgabe gegen diese Wahl verhindern, selbst wenn dies dem Willen der Erbinnen nach Hanna Sc widersprach; denn er ist bei seiner Amtsausübung nur an den Willen der Erblasserin und die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten gebunden.

Es würde dann auch nicht das Bedenken des Berufungsgerichts durchgreifen, die Bestellung Dr. Bs zum Geschäftsführer der Beklagten zu 1 könne die Konrad S’sche Erbengemeinschaft in mindestens zwei Fällen um ihr einheitlich auszuübendes Stimmrecht bringen, nämlich wenn über eine Entlastung Dr. Bs (§ 47 Abs. 4 GmbHG) oder über seine Entlassung aus wichtigem Grund abzustimmen sei. Ist ein Mitglied einer Erbengemeinschaft, die ihr Stimmrecht nach Satzung oder Gesetz (§ 18 Abs. 1 GmbHG) nur einheitlich ausüben kann, vom Stimmrecht ausgeschlossen, so entfällt das Stimmrecht nur dann für den ganzen Geschäftsanteil, wenn der Zweck des Stimmrechtsverbots dies erfordert (BGHZ 49, 183, 191 ff).

Ebensowenig könnten die Kläger bei erlaubter Mitwirkung Dr. Bs die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Beschlüsse vom 4. November 1965 aus einem Verstoß gegen die gesellschaftliche Treuepflicht herleiten. Freilich setzt die Treuepflicht gerade auch bei einer GmbH der Ausübung des Stimmrechts Grenzen (BGHZ 14, 25, 38). Insoweit hat das Berufungsgericht aber im Ergebnis recht, wenn es meint, diese Grenzen seien hier noch nicht in einer für die Wirksamkeit der Beschlüsse erheblichen Weise überschritten. Ob Dr. B infolge seiner sonstigen beruflichen und nebenberuflichen Beanspruchung den Beklagten nicht seine volle Arbeitskraft widmen kann, wie die Revision geltend macht, ist für die hier zu treffende Entscheidung gleichgültig. Das Gericht hat nicht die Aufgabe, im Rechtsstreit über die Gültigkeit von Gesellschafterbeschlüssen auch deren Zweckmäßigkeit nachzuprüfen. Mit ihrem Hinweis auf die Höhe der mit Dr. B vereinbarten Bezüge kann die Revision ebenfalls nicht gehört werden, nachdem die Kläger, wie im Berufungsurteil (S. 18) festgestellt ist, diese Bezüge nicht mehr beanstandet haben.

c 5) War dagegen Dr. B vom Verbot des Selbstkontrahierens nicht befreit, so durften die Erbinnen nach Hanna Sc, wie schon erwähnt, insoweit die auf sie entfallenden Rechte aus dem Geschäftsanteil selbst wahrnehmen und deshalb auch zusammen mit Malte S den Rechtsanwalt Dr. L zum Stimmführer der Erben S bestellen. Infolgedessen wäre die Wahl Dr. Bs an der wirksam durch Dr. L abgegebenen Gegenstimme gescheitert, weil dann Stimmengleichheit bestanden hätte. Somit lägen Beschlüsse über die Bestellung und Anstellung Dr. Bs als weiteren Geschäftsführer der Beklagten zu 1 überhaupt nicht vor. Das Begehren, diese Rechtslage festzustellen, ist in dem Hauptantrag der Kläger auf Feststellung, daß die entsprechenden Beschlüsse unwirksam seien, mitenthalten (vgl. ihren Schriftsatz vom 11. Juli 1966 S. 3).

Demnach hängt der Erfolg der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage von weiteren tatrichterlichen Feststellungen ab. Die Sache ist daher insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

II.

Die Klageanträge, mit denen die Bestellung Dr. Bs zum Prokuristen der Beklagten zu 2 angegriffen wird, richten sich gegen eine Personalgesellschaft. Bei einer solchen Gesellschaft muß eine Klage, mit der die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses geltend gemacht wird, grundsätzlich gegen die anderen Gesellschafter erhoben werden (BGH WM 1968, 98). Jedoch kann der Gesellschaftsvertrag wirksam etwas anderes bestimmen (BGH WM 1966, 1036). Das ist hier in § 11 (letzter Satz) des Gesellschaftsvertrags geschehen, wonach „Einwendungen gegen die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Bekanntgabe der Beschlüsse in Form einer Klage (Feststellungsklage gegen die Gesellschaft) geltend gemacht werden“.

Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klage insoweit schon daran scheitert, daß die 14tägige Klagefrist versäumt ist. Es sieht jedenfalls sachlich einen Verstoß gegen Gesetz oder Satzung, der den angegriffenen Beschluß nichtig machen könnte, nicht für gegeben an. Diese Würdigung ist rechtlich fehlerfrei. Der Gesichtspunkt des unzulässigen Insichgeschäfts scheidet hier aus, da Dr. B bei diesem Beschluß auch nicht mittelbar als Testamentsvollstrecker mitgewirkt, sondern die Stimmabgabe dem gemeinsamen Bevollmächtigten der Erben S überlassen hat.

Freilich sind die Gesellschafter hier möglicherweise von einer unrichtigen Voraussetzung ausgegangen, wenn man unterstellt, ein Mehrheitsbeschluß über die Wahl Dr. Bs zum Geschäftsführer der Beklagten zu 1 sei in Wirklichkeit nicht zustandegekommen und nur auf Grund gegenteiliger Annahme habe die Mehrheit für seine Bestellung zum Prokuristen der Beklagten zu 2 gestimmt. Aber ein Gesellschafterbeschluß ist nicht schon deshalb nichtig, weil die Mehrheit ihre Stimme unter irrigen Vorstellungen abgegeben hat. Es steht den Gesellschaftern frei, nach Klärung der Rechtslage gegebenenfalls ihre Entscheidung zu berichtigen.

Die Revision macht noch geltend, wenn Dr. B in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 rechtsgültig zum gesamtvertretungsberechtigten Mitgeschäftsführer bestellt worden wäre (§ 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG), so wäre die Beklagte zu 1 in der zu späterer Stunde abgehaltenen Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 als persönlich haftende Gesellschafterin durch den Geschäftsführer O allein nicht wirksam vertreten gewesen. Hierbei übersieht sie aber, daß selbst dann, wenn man die 4/21 Stimmen der Beklagten zu 1 nicht mitzählt (vgl. Hueck, Das Recht der OHG 3. Aufl. § 11 IV 1, V 1 b), eine Mehrheit von 10/21 gegen 7/21 Stimmen sich für die Bestellung Dr. Bs ausgesprochen hat.

Die Revision ist daher in diesem Punkt zurückzuweisen.

III.

Soweit es sich um die am 19. November 1965 beschlossene Bestellung Dr. Bs zum weiteren Geschäftsführer der Beklagten zu 3 handelt, hat die Revision mit ihren Angriffen gegen das klageabweisende Urteil im Ergebnis ebenfalls keinen Erfolg.

1. Durfte Dr. B bei seiner Bestellung zum weiteren (nach § 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG im Zweifel gesamtvertretungsberechtigten) Geschäftsführer der Beklagten zu 1 mitwirken, so war diese Bestellung schon vor der hier in Frage stehenden Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 3 wirksam erfolgt. In diesem Fall hätte die Beklagte zu 1, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, als Alleingesellschafterin der Beklagten zu 3 durch ihre beiden Geschäftsführer O und Dr. B gemeinsam vertreten werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, wäre eine wirksame Entschließung über die Bestellung Dr. Bs zum Geschäftsführer der Beklagten zu 3 zunächst nicht zustandegekommen. Einem auf den Ausspruch dieser Rechtsfolge gerichteten Feststellungsantrag der Kläger steht nicht schon das Bedenken des Berufungsgerichts entgegen, daß die Kläger an der Beklagten zu 3 nur mittelbar beteiligt seien. Denn im Gegensatz zur Anfechtungsklage kann eine solche Feststellungsklage jeder erheben, der daran ein rechtliches Interesse hat. Der sachliche Erfolg einer solchen Klage muß hier aber daran scheitern, daß Dr. B in diesem Rechtsstreit zusammen mit O sowohl die Beklagte zu 1 als auch die Beklagte zu 3 als Geschäftsführer vertreten und damit den Beschluß vom 19. November 1965 genehmigt hat. Spätestens mit dieser Erklärung, die durch die hier unterstellte Erlaubnis des Selbstkontrahierens ebenfalls gedeckt wäre, wäre der Mangel der Vertretungsmacht des Geschäftsführers O geheilt worden (vgl. Schmidt aaO § 47 Anm. 14).

2. Ist dagegen Dr. B nicht mit der erforderlichen Mehrheit zum Geschäftsführer der Beklagten zu 1 gewählt worden, so war die Beklagte zu 1 in der Gesellschafterversammlung vom 19. November 1965 durch ihren (einzigen) Geschäftsführer O ordnungsmäßig vertreten und demzufolge auch die Entschließung, Dr. B zum Geschäftsführer der Beklagten zu 3 zu bestellen, wirksam. Das würde auch dann gelten, wenn O diese Entschließung nur deshalb gefaßt hätte, weil er sich hierbei in Verkennung der Rechtslage durch die Mehrheit der Gesellschafter der Beklagten zu 1 gedeckt glaubte. Ein solcher Irrtum wäre kein Nichtigkeitsgrund, sondern könnte nur durch einen Widerruf der Bestellung nach § 38 GmbHG bereinigt werden. Ein solcher Widerruf und die Frage, wie die Kläger ihn notfalls durchsetzen könnten, sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

3. Die hilfsweise erhobene Anfechtungsklage war nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts schon deswegen abzuweisen, weil diese Klage nur einem Gesellschafter, aber nicht den nur wirtschaftlich an der Beklagten zu 3 beteiligten Klägern zusteht (BGH LM GmbHG § 47 Nr. 5 und 8).

IV.

Soweit die Kläger ihre ursprünglich weitergehenden Revisionsanträge fallengelassen haben, ist nach §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO auf den Antrag der Beklagten der Verlust des eingelegten Rechtsmittels auszusprechen.

Um eine einheitliche Kostenentscheidung zu ermöglichen, wie sie hier zweckmäßig erscheint, hat der Senat diese Entscheidung insgesamt dem Berufungsgericht überlassen.

Schlagworte: Allgemeine Feststellungsklage, Analoge Anwendung von §§ 241 242 und 249 AktG, Anwendung der aktienrechtlichen Grundsätze zur Nichtigkeits- und Anfechtungsklage, Beschlussmängelklage, Fehlerhafte Beurkundungen, Feststellung des Beschlussergebnisses, Förmliche Beschlussfeststellung, Kein Stimmverbot bei körperschaftlichen Sozialakten, Mangelnde Einberufungsbefugnis, Mitwirkung des Testamentsvollstreckers, Objektive Reichweite des Stimmrechtsausschlusses, soweit keine Besonderheiten der GmbH im Vergleich zur AG, Stimmrechtsausschluss, Versammlungsleiter, Wirkungslose Beschlüsse, Zweck und Grundlagen des Stimmrechtsausschlusses