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BGH, Urteil vom 1. Dezember 1975 – II ZR 62/75

§ 15 Abs 1 HGB, § 128 HGB

Der ehemalige persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, der in Anspruch genommen wird, weil sein Ausscheiden bei Geschäftsabschluß im Handelsregister noch nicht eingetragen war, kann dem Gläubiger nicht entgegengehalten, ebenso wie zu seinen Lasten seine weitere Zugehörigkeit zur Gesellschaft fingiert werde, müsse auch zu seinen Gunsten, weil seine Gesamtvertretungsbefugnis ebenfalls noch nicht gelöscht sei, das Geschäft mangels seiner Mitwirkung ihm gegenüber als nicht zustande gekommen behandelt werden.

Das Berufungsgericht bejaht die Haftung des Beklagten nach § 128 HGB, weil er gemäß § 15 Abs. 1 HGB der Klägerin die Tatsache seines zwischenzeitlichen Ausscheidens aus der Gesellschaft mangels Eintragung im Handelsregister nicht entgegenhalten könne. Daß der andere, jetzt allein persönlich haftende Gesellschafter K, wäre der Beklagte nicht ausgeschieden, nur zusammen mit diesem zur Vertretung der Gesellschaft befugt gewesen wäre, hält das Berufungsgericht für unerheblich, weil es für das Zustandekommen des Vertrages mit der Gesellschaft nur auf die bei Vertragsschluß bestehenden wahren Verhältnisse ankomme; § 15 Abs. 1 HGB diene nicht dazu, denjenigen, in dessen Angelegenheiten eine Tatsache einzutragen sei, auf Kosten eines Dritten zu entlasten, wenn ihn eine Haftung treffe.

Diesen Ausführungen (ebenso Würdinger, HGB-RGRK 3. Aufl. § 15 Anm. 12) ist beizutreten. Die Ansicht der Revision, der Handelsregisterinhalt könne nur in seiner Gesamtheit gewürdigt werden und derjenige, der sich hinsichtlich einer Tatsache auf das Handelsregister berufe, müsse sich entsprechend dem Gesamtinhalt des Registers behandeln lassen, findet im Gesetz keine Stütze. Gegen sie spricht bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 1 HGB, der die Geltendmachung einer nicht eingetragenen Tatsache nur gegenüber einem Dritten, nicht auch gegenüber demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, für unzulässig erklärt. Dementsprechend kann sich ein Außenstehender jederzeit auf die wirkliche Sachlage berufen, wenn ihm das günstiger erscheint (BGHZ 55, 267, 273). Daß dem Dritten dies dann verwehrt wäre, wenn er sich gleichzeitig in anderer Hinsicht auf den von der wahren Sachlage abweichenden Registerinhalt beruft, kann weder dem Wortlaut noch dem Sinn der Vorschrift entnommen werden. Dem Standpunkt der Revision liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, demjenigen, der sich auf die Nichteintragung einer bestimmten Tatsache berufe, könne bei der Einsicht in das Handelsregister dessen sonstiger Inhalt nicht verborgen geblieben sein, weswegen er sich die Kenntnis des gesamten Registerinhalts zurechnen lassen müsse. Diese Beurteilung geht jedoch von falschen Voraussetzungen aus. § 15 Abs. 1 HGB schützt zwar im Ausgangspunkt das Vertrauen auf die Richtigkeit der in Form des Handelsregisters geschaffenen öffentlichen Informationsgrundlage über die Verhältnisse einer Handelsfirma. Dieser Vertrauensschutz setzt jedoch nicht voraus, daß derjenige, der sich auf das Handelsregister beruft, es tatsächlich eingesehen hat; vielmehr läßt das Gesetz bereits die dem Geschäftsverkehr ganz allgemein gegebene Möglichkeit, sich anhand des Registers zu informieren, als Grundlage für den erwähnten Vertrauensschutz ausreichen. Deshalb ist es aber auch nicht möglich, die in § 15 Abs. 1 HGB gezogenen Grenzen, innerhalb deren das Handelsregister eine Schutzwirkung entfalten soll, enger oder weiter zu ziehen, als sie dort tatbestandsmäßig normiert sind.

 

Schlagworte: Beendigung der Organstellung insbesondere durch Widerruf, Handelsregister und Rechtsschein