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BGH, Urteil vom 1. Dezember 1986 – II ZR 306/85

§ 30 Abs 1 GmbHG, § 31 Abs 1 GmbHG

Ein Austauschvertrag kann eine unzulässige Auszahlung von Gesellschaftsvermögen bewirken, wenn der Leistung der Gesellschaft keine gleichwertige Leistung des Gesellschafters gegenübersteht. Ob ein normales Austauschgeschäft oder eine verdeckte Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen vorliegt, richtet sich danach, ob ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte, ob die Leistung also aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt ist. Für die Beurteilung der Unterbilanz oder der Überschuldung maßgeblich ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung.

Die Klägerin hat zwar die eingeklagte Forderung in den Vorinstanzen im wesentlichen auf Werkvertragsrecht gestützt. Dementsprechend war ihr Vortrag in erster Linie darauf ausgerichtet, die tatbestandlichen Voraussetzungen eines werkvertraglichen und nicht eines gesellschaftsrechtlichen Anspruchs darzutun. Dies hindert jedoch nicht, daß sich aus ihrem Tatsachenvortrag die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der §§ 30, 31 GmbHG ergeben kann. Das Gericht hat den Prozeßstoff unter jedem, nicht nur dem von den Parteien angeführten, rechtlichen Gesichtspunkt darauf zu prüfen, ob er das Klagebegehren rechtfertigt. Daran ändert es entgegen der Ansicht der Revisionsbeklagten nichts, daß sich die Klägerin im Konkurs befindet. Nach allgemeiner Meinung (vgl. Böhle-Stamschräder/Kilger, KO, 14. Aufl., § 10 Rdnr. 7; Kuhn-Uhlenbruck, KO, 10. Aufl., § 10 Rdnr. 11, jeweils m.w.N.) liegt in der Erklärung des Konkursverwalters, daß er den Rechtsstreit nicht aufnehme, zugleich die Freigabe des streitbefangenen Gegenstandes, hier also der streitbefangenen Forderung. Ihre Identität und damit die Freigabewirkung wird nicht dadurch berührt, daß sie nicht, wie die Klägerin zunächst gemeint hat, aus §§ 631 ff. BGB, sondern möglicherweise aus §§ 30, 31 GmbHG rechtlich begründet ist. Dies wird auch daran deutlich, daß sich die Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 2. April 1984, also vor der Erklärung des Konkursverwalters, den Rechtsstreit nicht aufnehmen zu wollen, – wenn auch im Hinblick auf eine daraus nach ihrer Rechtsmeinung folgende Unwirksamkeit des Vertrages – darauf berufen hatte, ein unter den Selbstkosten liegender Werklohn hätte eine verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gewinnausschüttung
verdeckte Gewinnausschüttung
zur Folge.

Die Rückzahlung von Stammkapital kann auch durch die Ausführung eines Vertrages bewirkt werden, in dessen Rahmen die Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter eine Sachleistung erbringt. Das Auszahlungsverbot des § 30 GmbHG betrifft nicht nur Geldleistungen, sondern jede Leistung der Gesellschaft an einen ihrer Gesellschafter, der keine gleichwertige GegenleistungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gegenleistung
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gegenübersteht (vgl. BGHZ 31, 258, 276). Ob ein normales Austauschgeschäft oder eine verdeckte Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen vorliegt, richtet sich danach, ob ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer das Geschäft unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte, ob die Leistung also durch betriebliche Gründe gerechtfertigt war. Dies entspricht trotz im einzelnen voneinander abweichender Formulierungen heute im Ergebnis herrschender Meinung (vgl. Hachenburg-Goerdeler/Müller, GmbHG, 7. Aufl., § 30 Rdnr. 39 bis 41; Hueck in Baumbach/Hueck, GmbHG, 14. Aufl., § 29 Rdnr. 27 und § 30 Rdnr. 15; Fischer/Lutter, GmbHG, 11. Aufl., § 29 Rdnr. 38; Scholz-Westermann, GmbHG, 6. Aufl., § 30 Rdnr. 17 und 22; Roth, GmbHG, § 30 Anm. 2.2.1, Geßler, Festschrift für Robert Fischer Seite 131, 135/136; Flume, ZHR 144, 18, 21/22; Winter, ZHR 148, 579, 584 ff.; Döllerer, BB 1967, 1437, 1442/1443; kritisch Wilhelm, Festschrift für Flume Bd. II, 1978, S. 337, 378 ff., insbesondere 382 f.; a.A. – für das Aktienrecht – Barz Großkomm. zum AktG, 3. Aufl., § 57 Rdnr. 3; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropf, AktG, § 57 Rdnr. 13/14). Nach dem vom Berufungsgericht übergangenen und damit für die Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Vorbringen der Klägerin reichte der vom Berufungsgericht als vereinbart angesehene Satz von DM 125 pro Kubikmeter nicht aus, um die Selbstkosten der Klägerin zu decken. Danach muß in Ermangelung gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts davon ausgegangen werden, daß sich die Beklagten mit Rücksicht auf die Gesellschafterstellung der Beklagten zu 2 bei der Preisgestaltung von der Klägerin einen Vorteil haben einräumen lassen, der einem Dritten nicht gewährt worden wäre und deshalb eine verdeckte Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen enthält. Dies würde selbst dann gelten, wenn man den bloßen Verzicht der Gesellschaft auf einen möglichen Gewinn noch nicht zur Erfüllung des Tatbestandes des § 30 GmbHG ausreichen lassen wollte (so Scholz-Westermann, aaO, § 30 Rdnr. 21; Hachenburg-Goerdeler/Müller, aaO, § 30 Anm. 52; vgl. aber auch Hueck, aaO, § 30 Rdnr. 16).

Schlagworte: Anwendungsbereich des Auszahlungsverbots, Herbeiführung bzw. Vertiefung einer Unterbilanz, Kapitalerhaltung, Kapitalerhaltung nach § 30 und § 31 GmbHG, Leistung jeglicher Art, Leistungsart