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BGH, Urteil vom 10. März 1997 – II ZR 158/95

§ 157 BGB, § 675 BGB

Zur Auslegung eines Vertrages, durch den sich der Gründungsgesellschafter einer noch zu errichtenden Handelsgesellschaft die Beratungsdienste desjenigen sichert, der als Geschäftsführer der künftigen Gesellschaft in Aussicht genommen ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. Mai 1995 aufgehoben, soweit die Klage auch in Höhe von 46.223,– DM nebst Zinsen (Klageantrag zu 1: Vergütung für Beratung) abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger war als Mitarbeiter der F.-AG über viele Jahre mit der Organisation des Transports der Neuwagen zu den Händlern und anderen Abnehmern befaßt. Aus dieser Tätigkeit kannte er den Beklagten zu 1 (im folgenden: Beklagter), der mit einer aus mehreren Unternehmen bestehenden Firmengruppe für die Kraftfahrzeughersteller Neufahrzeuge per Lastkraftwagen transportiert. Der Beklagte plante die Errichtung eines Fahrzeugverteilungszentrums in N., in dem die Fahrzeuge der verschiedenen Hersteller zusammengeführt und von dort in gemischten Transporten mit Binnenschiffen, mit der Eisenbahn oder mit Lastkraftwagen zu den Zielorten gebracht werden sollten. Bei der Suche nach einem geeigneten Geschäftsführer für die noch zu errichtende Betreibergesellschaft dieses Frachtverteilungszentrums kam es im Dezember 1992 zu Gesprächen zwischen dem Beklagten und dem Kläger, über deren genauen Inhalt die Beteiligten streiten, die aber das Ergebnis hatten, daß ein Dienstvertrag für die künftige Tätigkeit des Klägers für die damals noch nicht errichtete Betreibergesellschaft ausgearbeitet werden sollte. Nach Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrags schloß der Kläger mit seinem bisherigen Arbeitgeber, der ein Frühpensionierungsprogramm aufgelegt hatte, eine Auflösungsvereinbarung und schied Ende März 1993 aus dessen Diensten aus. Seit April 1993 bis Juni 1993 entwickelte der Kläger im Hinblick auf das künftige Verteilungszentrum Aktivitäten, die auch Fragen der Struktur der zu errichtenden Betreibergesellschaft betroffen haben sollen; seine Spesen erhielt er von einem Unternehmen des Beklagten ersetzt. Zur Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer ist es in der Folgezeit nicht mehr gekommen. Randnummer2

Der Kläger hat von dem Beklagten insgesamt 46.223,– DM an Beratungshonorar für seine von April bis Juni 1993 entfaltete Tätigkeit gefordert und ferner den Beklagten und zwei seiner Unternehmen auf Zahlung seines Geschäftsführergehaltes bzw. auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage entsprochen, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Die Revision des Klägers hat der Senat nur hinsichtlich des für die Zeit von April bis Juni 1993 geforderten Beratungshonorars angenommen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Umfang der Aufhebung begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Randnummer4

Dieses hat dem Kläger den Vergütungsanspruch gegen den Beklagten mit der Begründung versagt, die in der Zeit von April bis Juni 1993 entfaltete Tätigkeit habe der Kläger zwar nicht – jedenfalls nicht, wenn es zu seiner Bestellung zum GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Geschäftsführer
später nicht kommen sollte – unentgeltlich erbringen sollen. Den Beklagten könne er wegen des Honorars indessen nicht belangen, weil er nicht für ihn, sondern allein für die künftige Betreibergesellschaft tätig geworden sei, welche die Auftragserteilung durch den als Vertreter ohne Vertretungsmacht handelnden Beklagten später stillschweigend genehmigt habe und deswegen allein vergütungspflichtig sei. Randnummer5

Wie die Revision mit Recht geltend macht, hält dies im entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher Kontrolle nicht stand. Das Berufungsgericht setzt sich über den – entgegen seiner Ansicht – hinreichend substantiierten und durch Antrag auf Parteivernehmung des Beklagten unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers hinweg, daß zwischen ihm und dem Beklagten im Dezember 1992 – durch Handschlag besiegelt – verbindlich verabredet worden sei, der Kläger solle bereits in der Errichtungsphase des Frachtverteilungszentrums für den Beklagten als Berater tätig und erst nach Gründung der Betreibergesellschaft zum Geschäftsführer bestellt werden. Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, ist nur im Hinblick auf diese vertragliche Bindung nachvollziehbar, daß der Kläger bereits vor Errichtung der Betreibergesellschaft, in deren Dienste er treten sollte, seine leitende Position bei seinem bisherigen Arbeitgeber aufgegeben hat. Daß er dabei bezüglich dieser Beratungspflichten den Beklagten selbst und nicht etwa eine künftige Gesellschaft, deren rechtliche Struktur selbst im Frühjahr 1993 noch nicht festgelegt worden war, als seinen Vertragspartner angesehen hat, ergibt sich nicht nur daraus, daß er allein mit dem Beklagten als dem offenbar die gesamte Firmengruppe beherrschenden Gesellschafter verhandelt und mit ihm die Abreden per Handschlag besiegelt hat. Vielmehr wird die entsprechende Behauptung des Klägers in besonderem Maße dadurch gestützt, daß der Beklagte während der Verhandlungen und bei dem folgenden Vertragsschluß gegenüber dem Kläger ausdrücklich als „Gründungsgesellschafter“ aufgetreten ist. Dem steht – anders als die Revisionserwiderung meint – nicht entgegen, daß der Kläger nach seinem Vorbringen „ggfs. auch für den Beklagten persönlich“ tätig werden sollte. Darin kommt im Gegenteil gerade zum Ausdruck, daß der Beklagte als der die größere Firmengruppe leitende Gesellschafter sich die Heranziehung des Klägers als Berater für alle die Errichtung des geplanten Frachtverteilungszentrums betreffenden Fragen, im Bedarfsfalle aber auch für seine übrigen geschäftlichen Aktivitäten sichern wollte. Randnummer6

Wenn demnach der Kläger – wie das Berufungsgericht zu seinen Gunsten angenommen hat – Aktivitäten im Hinblick auf die Errichtung des Verteilungszentrums und die Gründung seiner Betreibergesellschaft entfaltet hat, dann handelte er dabei zunächst für den Gründungsgesellschafter, also den Beklagten, in dessen Interesse es z.B. lag zu klären, welche Rechtsform die Betreibergesellschaft haben, welche Gesellschafter an ihr beteiligt werden sollten, mit welchen externen Partnern man zusammenarbeiten wollte oder welche technischen und logistischen Konzepte verfolgt werden sollten. Wenn die später in das Handelsregister eingetragene Betreibergesellschaft einer demgemäß gegenüber dem Kläger begründeten Schuld beigetreten sein sollte, wie das Berufungsgericht angenommen hat, so ist damit der Beklagte als der Gründungsgesellschafter, in dessen Angelegenheiten der Kläger nach seinem Vorbringen entgeltlich tätig geworden ist, aus der Haftung nicht entlassen (§ 415 Abs. 1 Satz 1 BGB). Randnummer7

Kann danach der Klagevortrag nicht als unsubstantiiert behandelt werden, kommt es zunächst auf die Feststellung der getroffenen Abreden und sodann darauf an, ob und in welcher Weise der Kläger Beratungsleistungen für den Beklagten erbracht hat und in welcher Höhe er dafür zu honorieren ist. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht die Gelegenheit, die notwendigen Feststellungen zu treffen.

Schlagworte: Geschäftsbesorgungsvertrag