§ 16 GmbHG
Ein Gesellschafter kann sich von seiner Haftung für rückständige Stammeinlagebeträge (zB nach deren Einforderung durch den Konkursverwalter der GmbH) nicht mehr durch eine nachfolgende Anfechtung seines Anteilserwerbs wegen arglistiger Täuschung befreien.
Zur Anfechtung der Anteilsübertragung wegen arglistiger Täuschung, die der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 10. April 1980 – nach Einforderung der Resteinlagen – gegenüber den damals noch am Prozeß beteiligten Veräußerern erklärt und so auch dem Revisionskläger zur Kenntnis gebracht hat, meint das Berufungsgericht im Anschluß an das Urteil des Senats vom 13. März 1975 (II ZR 154/73, LM GmbHG § 15 Nr. 12 = WM 1975, 512), nach den Grundsätzen über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
fehlerhafte Gesellschaft
Gesellschaft
könne sich ein Gesellschafter durch Anfechtung seines Anteilserwerbs nicht rückwirkend von seiner Einlagehaftung befreien. Auf die hiergegen gerichteten Revisionsangriffe braucht nicht eingegangen zu werden. Denn schon eine sinngemäße Anwendung des § 16 GmbHG führt zu dem Ergebnis, daß der Revisionskläger für die gesamte noch unbeglichene und zur Zeit seiner Anfechtungserklärung bereits rückständig gewesene Bareinlageschuld seiner Rechtsvorgänger haftet.
Nach § 16 Abs. 1 GmbHG gilt bei der Veräußerung eines Geschäftsanteils der Gesellschaft gegenüber nur derjenige als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist. Das bedeutet, daß die Gesellschaft im eigenen Interesse, aber auch zum Schutz von Veräußerer und Erwerber berechtigt und verpflichtet ist, jeden, der sich einmal ihr gegenüber als Gesellschafter ausgewiesen hat, so lange als solchen zu behandeln, bis eine Rechtsänderung bei ihr angemeldet und nachgewiesen ist (vgl. Urt. d. Sen. v. 21. 10. 68 – II ZR 181/66, LM GmbHG § 16 Nr. 3). Die Gesellschaft darf also eine ordnungsmäßige Anmeldung, solange sie besteht, ohne Rücksicht darauf als maßgeblich betrachten, ob sie die materielle Rechtslage richtig wiedergibt. Davon geht auch § 16 Abs. 2 GmbHG aus, indem er bestimmt, daß ein Anteilserwerber Rechtshandlungen im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses, die sich vor seiner Anmeldung zwischen Gesellschaft und Veräußerer abgespielt haben, gegen sich gelten lassen muß. Daraus folgt dem Sinne nach weiter, daß auch die Anfechtung einer Anteilsübertragung die Wirksamkeit vorausgegangener Rechtsakte des angemeldeten Erwerbers, z. B. einer Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung, im Verhältnis zur Gesellschaft nicht beeinträchtigt (RGZ 157, 52, 59 f). Dasselbe gilt umgekehrt für Rechtshandlungen gegenüber dem angemeldeten Gesellschafter, wie hier für die Einforderung der Stammeinlage.
Text Urteil
Der Beklagte ist Konkursverwalter über das Vermögen der M-Werk GmbH. Diese Gesellschaft wurde im März 1978 mit einem Stammkapital von 100.000 DM gegründet, von dem K F (der frühere Kläger und Widerbeklagte zu 1) 10.000 DM und J F (die frühere Widerbeklagte zu 2) 45.000 DM übernahmen. Diese Einlagen haben sie nicht, wie im Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben, in Geld erbracht. Durch notariellen Vertrag vom 5. Februar 1978 erwarb der bisherige Widerbeklagte zu 4 und jetzige Revisionskläger sämtliche Geschäftsanteile der GmbH. Im Vertrag heißt es, die Geschäftsanteile seien nach Angaben aller Beteiligten voll eingezahlt.
Mit seiner jetzt nur noch interessierenden Widerklage hat der Beklagte beantragt, die vier Widerbeklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 55.000 DM zu verurteilen.
Der Widerbeklagte zu 4 hat den Übernahmevertrag gemäß Schriftsatz vom 10. April 1980 wegen arglistiger Täuschung angefochten und dazu vorgetragen, er habe erstmals nach der Konkurseröffnung im November 1979 davon erfahren, daß J und K F ihre Stammeinlagen nicht, wie man ihm vorgespiegelt habe, in Geld erbracht hatten.
Das Landgericht hat die Klage gegen den Widerbeklagten zu 4 abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihn verurteilt, an den Beklagten 55.000 DM zu zahlen, und zwar in Höhe von 2.500 DM gesamtschuldnerisch mit K F und in Höhe von 11.250 DM gesamtschuldnerisch mit J F. Mit der Revision, die der Beklagte zurückzuweisen beantragt, möchte der bisherige Widerbeklagte zu 4 die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
1. Sieht man zunächst davon ab, daß der Revisionskläger den Anteilsübernahmevertrag vom 5. Februar 1979 wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, so haftet er nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts für die von J und K F noch nicht geleisteten Bareinlagen von 45.000 DM und 10.000 DM in voller Höhe. Für den 1/4-Anteil, der gemäß § 7 Abs. 2 GmbHG schon vor der Anmeldung der GmbH einzuzahlen war, folgt dies aus § 16 Abs. 3 GmbHG und im übrigen daraus, daß der Beklagte als Konkursverwalter den Rest der Einlagen zulässigerweise eingefordert hat (Scholz/K. Schmidt, GmbHG 6. Aufl. § 46 Anm. 47, § 63 Anm. 33). Die Einforderung ergibt sich entgegen den Ausführungen der Revision einwandfrei aus dem Wortlaut des von ihr unvollständig wiedergegebenen Schreibens vom 7. Dezember 1979, das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch dem Revisionskläger zugegangen ist („Ich fordere … Sie … zur Zahlung der vorstehend erwähnten Beträge auf“). Davon abgesehen, liegt auch in der Erhebung der Widerklage gemäß Schriftsatz vom 26. Februar 1980 eine unmißverständliche Zahlungsaufforderung.
2. Zur Anfechtung der Anteilsübertragung wegen arglistiger Täuschung, die der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 10. April 1980 – nach Einforderung der Resteinlagen – gegenüber den damals noch am Prozeß beteiligten Veräußerern erklärt und so auch dem Revisionskläger zur Kenntnis gebracht hat, meint das Berufungsgericht im Anschluß an das Urteil des Senats vom 13. März 1975 (II ZR 154/73, LM GmbHG § 15 Nr. 12 = WM 1975, 512), nach den Grundsätzen über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
fehlerhafte Gesellschaft
Gesellschaft
könne sich ein Gesellschafter durch Anfechtung seines Anteilserwerbs nicht rückwirkend von seiner Einlagehaftung befreien. Auf die hiergegen gerichteten Revisionsangriffe braucht nicht eingegangen zu werden. Denn schon eine sinngemäße Anwendung des § 16 GmbHG führt zu dem Ergebnis, daß der Revisionskläger für die gesamte noch unbeglichene und zur Zeit seiner Anfechtungserklärung bereits rückständig gewesene Bareinlageschuld seiner Rechtsvorgänger haftet.
Nach § 16 Abs. 1 GmbHG gilt bei der Veräußerung eines Geschäftsanteils der Gesellschaft gegenüber nur derjenige als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist. Das bedeutet, daß die Gesellschaft im eigenen Interesse, aber auch zum Schutz von Veräußerer und Erwerber berechtigt und verpflichtet ist, jeden, der sich einmal ihr gegenüber als Gesellschafter ausgewiesen hat, so lange als solchen zu behandeln, bis eine Rechtsänderung bei ihr angemeldet und nachgewiesen ist (vgl. Urt. d. Sen. v. 21. 10. 68 – II ZR 181/66, LM GmbHG § 16 Nr. 3). Die Gesellschaft darf also eine ordnungsmäßige Anmeldung, solange sie besteht, ohne Rücksicht darauf als maßgeblich betrachten, ob sie die materielle Rechtslage richtig wiedergibt. Davon geht auch § 16 Abs. 2 GmbHG aus, indem er bestimmt, daß ein Anteilserwerber Rechtshandlungen im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses, die sich vor seiner Anmeldung zwischen Gesellschaft und Veräußerer abgespielt haben, gegen sich gelten lassen muß. Daraus folgt dem Sinne nach weiter, daß auch die Anfechtung einer Anteilsübertragung die Wirksamkeit vorausgegangener Rechtsakte des angemeldeten Erwerbers, z. B. einer Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung, im Verhältnis zur Gesellschaft nicht beeinträchtigt (RGZ 157, 52, 59 f). Dasselbe gilt umgekehrt für Rechtshandlungen gegenüber dem angemeldeten Gesellschafter, wie hier für die Einforderung der Stammeinlage.
Aber nicht nur bereits abgeschlossene Rechtshandlungen oder Leistungen des angemeldeten Erwerbers gegenüber der Gesellschaft und umgekehrt bleiben ungeachtet einer späteren Anfechtung wirksam (Scholz/Winter, GmbHG, 6. Aufl., § 16 Anm. 16; Schilling/Zutt in Hachenburg, GmbHG, 7. Aufl., § 16 Rdn. 44). Auch solche beiderseitigen gesellschaftsrechtlichen Ansprüche, die schon vor der Anfechtung entstanden und fällig geworden sind, wie insbesondere der Anspruch auf den schon zur Verteilung bestimmten, aber noch nicht ausgezahlten Jahresgewinn einerseits (vgl. Scholz/ Winter aaO § 16 Anm. 28), bereits fällig gewordene Einlageansprüche andererseits, sind weiterhin gegenüber dem bisher angemeldeten Anteilserwerber oder von ihm zu erfüllen. Ihr Schicksal kann nicht davon abhängen, ob der Schuldner seine Leistung bei Fälligkeit pünktlich erbracht oder sie bis zu einer auch gegenüber der Gesellschaft wirksam gewordenen Anfechtung hinausgezögert hat.
Zwar könnte eine Freistellung des anfechtenden Erwerbers von seiner Einlageverpflichtung rechtlich nicht die Aufbringung des Stammkapitals gefährden, weil bei erfolgreicher Anfechtung die haftung des Veräußerers auch für Einlagebeträge, die erst nach Anmeldung des Anteilsübergangs eingefordert sind und deshalb nach § 16 Abs. 3 GmbHG zunächst nur vom Erwerber geschuldet waren, wieder aufleben würde (vgl. RG JW 1915, 588). Aber die Haftung mit der Stammeinlage ist als notwendige Mindestleistung des Gesellschafters und Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Mitgliedschaftsrechten mit der Gesellschafterstellung so eng verbunden, daß die Wirkungen der Anmeldung nach § 16 Abs. 1 GmbHG auch auf sie zu erstrecken sind. Ebenso wie die Gesellschafterstellung selbst kann daher die Einlageforderung, sobald sie fällig geworden ist, durch eine Anfechtung des Anteilserwerbs nicht mehr rückwirkend beseitigt werden. Das ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 16 Abs. 3 GmbHG. Denn nach dieser Bestimmung kann der Gesellschaft der in der Person eines Gesellschafters einmal entstandene und fällig gewordene Einlageanspruch durch einen Gesellschafterwechsel, ungeachtet der Mithaftung des Erwerbers, nicht wieder entzogen werden. Das gilt im Fall der Anfechtung einer Anteilsübertragung wegen arglistiger Täuschung sinngemäß mit der Folge, daß nicht nur der Gesellschafter, der seinen Anteil anfechtbar veräußert hat, sondern neben ihm auch der Erwerber für die im Zeitpunkt der Anfechtung auf den Geschäftsanteil rückständigen Leistungen haftet (ähnlich im Ergebnis Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 141, 144: Bei Leistungsrückstand keine Verpflichtung der Gesellschaft, sich auf die Anfechtung der Anteilsübernahme einzulassen).
3. Der Revisionskläger konnte hiernach seine gemäß § 16 Abs. 3 GmbHG entstandene und in voller Höhe fällig gewordene Einlageschuld durch die später erklärte Anfechtung nicht mehr beseitigen. Es erübrigt sich daher zu prüfen, auf welche Weise ein Gesellschafter, wenn er die Folgen seines fehlerhaften Anteilserwerbs für die Zukunft beseitigen will, die Berechtigung der Anfechtung gegenüber der Gesellschaft nachzuweisen hat (vgl. hierzu Wiedemann aaO S. 140 ff; Scholz/Winter aaO § 16 Anm. 17), ob hierzu vielleicht sogar eine förmliche Rückübertragung des Anteils nach § 15 Abs. 3 GmbHG zu fordern ist und ob sich die Gesellschaft aus triftigen Gründen trotz nachweislich begründeter Anfechtung weigern kann, den Anteilsveräußerer wieder als Gesellschafter anzuerkennen, wenn der Gesellschaftsvertrag, wie es hier der Fall ist (vgl. § 7), die Abtretung von Geschäftsanteilen an die Zustimmung aller Gesellschafter bindet (vgl. Wiedemann aaO S. 141, 144 f).
4. Der Versuch des Revisionsklägers, mit seinen Darlehensforderungen gegen den Einlageanspruch aufzurechnen oder diese Forderungen nachträglich als Einlageleistungen zu kennzeichnen, scheitert nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts an dem Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 GmbHG (vgl. auch BGHZ 51, 157).
Schlagworte: Fehlerhafte Beurkundungen, fehlerhafte Gesellschaft, fehlerhafte GmbH-Geschäftsanteilsübertragung, fehlerhafter Beitritt, Formelle Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG, Geschäftsanteil, GmbhG § 16, GmbhG § 16 Abs. 1, Legitimation gegenüber der Gesellschaft