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BGH, Urteil vom 12. Dezember 1994 – II ZR 206/93

§ 140 HGB

Persönliche Spannungen und gesellschaftsbezogene Meinungsverschiedenheiten können die Ausschließung eines Kommanditisten aus der Gesellschaft nur in besonders schwerwiegenden Fällen rechtfertigen.

Nach § 140 i.V.m. §§ 133, 161 Abs. 2 HGB ist der Ausschluß eines Gesellschafters aus einer KG nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig. Ob ein solcher zu bejahen ist, unterliegt zunächst der Beurteilung durch den Tatrichter. Diese ist für das Revisionsgericht jedoch dann nicht bindend, wenn sie auf einem unzutreffenden Verständnis dieses Rechtsbegriffes beruht. So liegt es hier.

Das Berufungsgericht hat zwar nicht verkannt, daß persönliche Zerstrittenheit allein keinen wichtigen Grund für eine Ausschließungsklage abgibt, sondern daß von dem Zerwürfnis zumindest nachhaltige Auswirkungen auf das Gesellschaftsverhältnis ausgehen müssen. Zu Unrecht hat es hierfür jedoch ausreichen lassen, daß die Beklagte in ihren Schreiben an das Landgericht Vorwürfe gegen die Kläger erhoben hat, die die Höhe ihrer Gewinnbeteiligung und des Abfindungsanspruchs ihres Bruders F. zum Gegenstand hatten. Es trifft zwar zu, daß das persönliche Zerwürfnis hierdurch einen Gesellschaftsbezug bekam und daß das Verhalten der Beklagten gegen die wirtschaftlichen Interessen der KG gerichtet war. Dies genügt jedoch nicht, eine Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses derart unzumutbar zu machen, daß das einschneidende Mittel einer Ausschließung gerechtfertigt ist. Daß die Schreiben der am damaligen Rechtsstreit nicht beteiligten Beklagten irgendeinen Einfluß auf die Entscheidung des Gerichts haben konnten, kann wohl ausgeschlossen werden; jedenfalls ist dafür nichts vorgetragen. Die weiteren Vorwürfe, die die Kläger gegen die Beklagte erheben (Äußerungen gegenüber Dritten über eine unlautere Benachteiligung des Bruder F., Information des Bruders über Interna der KG), sind völlig vage und unbestimmt; schädliche Auswirkungen auf die Gesellschaft sind nicht dargetan.

Soweit das Berufungsgericht die verwandtschaftlichen Bindungen als einen die Unzumutbarkeit verstärkenden Gesichtspunkt angesehen hat, hat es dessen Ambivalenz verkannt: Er kann zwar, wie der Senat bereits entschieden hat, unter Umständen ein Fehlverhalten als besonders verwerflich erscheinen lassen, andererseits kann er aber auch die Pflicht begründen, über gewisse gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hinwegzusehen und gegen sie mit weniger einschneidenden Maßnahmen vorzugehen (vgl. BGHZ 51, 204, 206, wo dies insbesondere für den, hier gegebenen, Fall eines ererbten Familienunternehmens bejaht wurde). Nicht berücksichtigt hat das Berufungsgericht zudem, daß die Beklagte nur als Kommanditistin an der Gesellschaft beteiligt ist; im Verhältnis zu einer solchen können aber persönliche Spannungen und gesellschaftsbezogene Meinungsverschiedenheiten den Verbleib in der Gesellschaft nur in besonders schwerwiegenden Fällen für die anderen Gesellschafter unzumutbar machen (RG, JW 1938, 2212, 2213; im Grundsatz bestätigt durch Sen.Urt. v. 3. Juli 1961 – II ZR 74/60, NJW 1961, 1767).

Schlagworte: Ausschluss des Gesellschafters, Einziehung des Geschäftsanteils, Familienunternehmen, Minderheitsgesellschafter und Kommanditisten, Persönliche Spannungen oder Meinungsverschiedenheiten, Wichtiger Grund