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BGH, Urteil vom 12. März 2013 – II ZR 179/12

AktG §§ 57, 62; BGB §§ 134, 812 ff.

a) Bei einem Verstoß gegen § 57 AktG sind weder das Verpflichtungs- noch das Erfüllungsgeschäft nichtig (MünchKommAktG/Bayer, 3. Aufl., § 57 Rn. 162; Fleischer in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 57 Rn. 74; KK-AktG/Drygala, 3. Aufl., § 57 Rn. 133 f.; Grigoleit/Rachlitz, AktG, § 57 Rn. 20; Heidel/Drinhausen, AktG, 3. Aufl., § 57 Rn. 53; Hölters/Solveen, AktG, § 57 Rn. 28; Cahn/v. Spannenberg in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 57 Rn. 87; a. A. Nichtigkeit beider Rechtsgeschäfte: KK-AktG/Lutter, 2. Aufl., § 57 Rn. 63; GroßKommAktG/Henze, 4. Aufl., § 57 Rn. 203; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern,1977, S. 24 f.; jedenfalls für das Verpflichtungsgeschäft: RGZ 107, 161, 168; Nichtigkeit nur des Verpflichtungsgeschäfts: Geßler, Festschrift Fischer, 1979, S. 131, 142 ff.; Flume, ZHR 144 [1980], 18, 23 ff.; Wilhelm, Festschrift Flume, Band II 1978, S. 337, 383 ff.).

b) § 57 AktG enthält zwar mit dem Verbot der Einlagenrückgewähr ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB. Verstößt ein Rechtsgeschäft gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, führt das aber nicht nach § 134 BGB zu dessen Nichtigkeit, weil § 62 AktG die Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr als spezialgesetzliche Vorschrift anders regelt. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nur dann nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Eine solche andere gesetzliche Regelung enthält § 62 AktG.

c) Die Annahme einer Nichtigkeit führt zu Konkurrenzproblemen mit dem Anspruch nach § 62 AktG und stellt für den Kapitalschutz bei der Aktiengesellschaft keine angemessene Lösung dar.

d) Wenn das Verpflichtungsgeschäft als nichtig angesehen wird, konkurriert der Anspruch aus § 62 AktG mit dem Bereicherungsrecht. Das führt zu Konkurrenzproblemen nicht nur mit dem Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB) oder der Haftungsverschärfung nach § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1 BGB, sondern auch hinsichtlich der Verjährungsregeln (§§ 195, 199 BGB).

e) Gegen die Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts spricht zudem, dass § 57 AktG nicht die gegenständliche Zusammensetzung des Kapitals, sondern seine Erhaltung dem Wert nach bezweckt und dass nicht der Leistungsaustausch mit dem Aktionär als solcher, sondern dessen unangemessene Bedingungen missbilligt werden. Das hat der Gesetzgeber durch die Einführung der Regelung des § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG, nach der das Verbot der Einlagenrückgewähr nach Satz 1 bei Deckung durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär nicht gilt, klargestellt. Ein Anspruch auf Rückgewähr des verbotswidrig weggegebenen Gegenstandes kann sich trotz des auf einen nur wertmäßigen Kapitalschutz gerichteten Zwecks des § 57 AktG auch aus § 62 Abs. 1 AktG ergeben (vgl. zu § 31 GmbHG BGH, Urteil vom 17. März 2008 II ZR 24/07, BGHZ 176, 62 Rn. 9), ohne dass das Erfüllungsgeschäft für nichtig erachtet werden muss.

f) Der Senat ist auch für die Kapitalerhaltungsvorschriften im GmbH-Recht (§§ 30, 31 GmbHG) von der Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts ausgegangen (BGH, Urteil vom 23. Juni 1997 II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 129 f.). Dass bei der Aktiengesellschaft das gesamte Vermögen geschützt ist, bei der GmbH dagegen nur das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG), rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung der Rechtsfolgen nicht.

Schlagworte: Einlagenrückgewähr, Erhaltung des Stammkapitals, Kapitalerhaltung, Nichtigkeitsgründe, Wirksamkeit Erfüllungsgeschäft