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BGH, Urteil vom 12. Oktober 1987 – II ZR 251/86

§ 705 BGB, § 105 HGB, § 130 HGB, § 161 HGB

Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft setzt der fehlerhaft vollzogene Beitritt zu einer Gesellschaft ein – wenn auch fehlerhaftes – rechtsgeschäftliches Handeln aller Gesellschafter voraus; hieran fehlt es, wenn der Mangel darauf beruht, daß ein Teil der Gesellschafter nicht mitgewirkt oder ein Mitgesellschafter die von ihnen erteilte Vollmacht zum Abschluß von Beitrittsverträgen überschritten hat. Gleichwohl greifen die genannten Grundsätze ein, wenn der Beitretende und die für den Beitritt stimmenden Gesellschafter in Unkenntnis des Mangels jenen für wirksam gehalten und vollzogen haben.

Tatbestand

Am 2. April 1981 trat der Beklagte Forderungen erfüllungshalber an die Kreissparkasse G. ab, die er gegen die K. S. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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hatte. Die Kreissparkasse nahm daraufhin die klagende GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft in Anspruch und ließ Guthaben der Klägerin bei der Volksbank S. pfänden und sich zur Einziehung überweisen; die Volksbank zahlte am 14. Mai 1981 523.552,64 DM an die Kreissparkasse. Hierbei handelte es sich um Gelder, die die Klägerin treuhänderisch verwaltete. Der Beklagte war Gesellschafter und zusammen mit dem Mehrheitsgesellschafter G. auch Geschäftsführer der Klägerin. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 520.000 DM in Anspruch, weil er als ihr Geschäftsführer gegen die von der Kreissparkasse erwirkten Mahn- und Vollstreckungsbescheide kein Rechtsmittel mit der Begründung eingelegt habe, daß sie nicht persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft sei und deshalb für deren Schulden nicht nach § 128 HGB hafte.

Die Klägerin hat die Ersatzforderung vor Klageerhebung am 5. Februar 1982 erfüllungshalber an die H.-Bank AG abgetreten, über deren Vermögen am 30. September 1983 das Anschlußkonkursverfahren eröffnet worden ist. Der Konkursverwalter hat die Klägerin am 21. Januar 1985 ermächtigt, die Forderung auch weiterhin, allerdings auf Zahlung an ihn, geltend zu machen. Am 16. April 1984 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Klägerin mangels Masse abgelehnt.

Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung an den Konkursverwalter abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr – bis auf Abstriche bei den Zinsen – stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag weiter, die Berufung der Klägerin insgesamt zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Zurückverweisung.

I. Das Berufungsgericht hat – im Ergebnis zutreffend – die Zulässigkeit der Klage bejaht.

1. Die klagende GmbH ist parteifähig. Sie ist zwar gemäß § 1 Abs. 1 LöschG aufgelöst, nachdem am 16. April 1984 die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt worden ist. Erloschen ist die Gesellschaft jedoch frühestens mit dem Wegfall ihres Vermögens. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß noch Vermögen vorhanden ist. Dieses besteht zwar entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht in der Forderung, die die Klägerin in diesem Verfahren geltend macht, da sie diese Forderung nach eigenem Vortrag an die H.-Bank abgetreten hat. Die Klägerin ist aber, falls sie ihr Klageziel erreicht, Inhaberin von Kostenerstattungsansprüchen – aus früheren Verfahren – gegen den Beklagten.

2. Eine GmbH ist – anders als das Berufungsgericht annimmt – nicht prozeßfähig; sie kann nur durch ihren Geschäftsführer oder Abwickler handeln. Die Klägerin wird aber in diesem Verfahren durch ihren Abwickler wirksam vertreten. Der unstreitig zum Geschäftsführer bestellte M. ist nach § 66 Abs. 1 GmbHG mit Auflösung der GmbH in das Amt des Abwicklers gewechselt. Sein Amt als Geschäftsführer oder Abwickler wäre zwar in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 2 GmbHG mit einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Konkursdelikts beendet worden. Die Klägerin hat jedoch nachgewiesen, daß das Verfahren 145 Js 10107/85 der Staatsanwaltschaft Stuttgart zu keiner Verurteilung M.’s wegen eines Konkursdelikts geführt hat.

3. Für die Revisionsinstanz ist ferner davon auszugehen, daß die klagende GmbH befugt ist, die abgetretene Forderung im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Das hierfür erforderliche Eigeninteresse der Klägerin hat – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – allerdings noch nicht in den Tatsacheninstanzen bestanden, sondern ist von der Klägerin erst während des Revisionsverfahrens geschaffen worden. Das Berufungsgericht hat bei der Frage, ob die Klägerin ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat, allein darauf abgestellt, ob der Beklagte infolge der gewillkürten Prozeßstandschaft Nachteile erleidet, die ihm erspart geblieben wären, wenn die Klägerin die Forderung nicht abgetreten hätte; diesen Nachteil verneint es mit der Begründung, daß der Beklagte demselben Kostenrisiko ausgesetzt gewesen wäre, wenn die sonst vermögenslose Klägerin die Forderung als eigenes anstatt fremdes Recht gerichtlich geltend machen würde. Hieran ist richtig, daß jede Partei – sieht man von der Ausnahmeregelung des § 110 ZPO ab – das Risiko trägt, von einem zahlungsunfähigen Kläger verklagt zu werden und deshalb im Falle des Obsiegens ihren Kostenerstattungsanspruch nicht durchsetzen zu können. Dies gilt aber – von Fällen des Mißbrauchs (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 20.12.1979 – VII ZR 306/78, WM 1980, 342) abgesehen – regelmäßig nur, wenn der Rechtsinhaber aufgrund seiner Sachlegitimation selbst klagt. Sieht er davon ab und ermächtigt er stattdessen den früheren Gläubiger, so ist bei der Frage, ob dessen Eigeninteresse an der Prozeßführung schutzwürdig ist, nicht darauf abzustellen, daß er die Forderung, falls er noch deren Inhaber wäre, ohne Rücksicht auf die Belange des Schuldners einklagen könnte, sondern auch zu prüfen, wieweit dessen berechtigte Interessen dadurch unzumutbar beeinträchtigt werden, daß nicht der Rechtsinhaber selbst klagt. Das Interesse des Prozeßstandschafters, eine sicherungs- oder erfüllungshalber abgetretene Forderung selbst einzuklagen und dadurch von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Zessionar freizuwerden, ist in Fällen, in denen die verklagte Partei, falls sie obsiegt, ihren Kostenerstattungsanspruch nicht durchsetzen kann, insbesondere dann nicht schutzwürdig, wenn eine aufgelöste und vermögenslose GmbH klagt, die keine Aussicht hat, aus eigener Kraft ihren Geschäftsbetrieb wieder aufzunehmen, und deshalb an der Tilgung ihrer Verbindlichkeiten nicht mehr interessiert sein kann (vgl. BGHZ 35, 180, 185; 96, 151ff.). In einem solchen Falle geht das Interesse der verklagten Partei, bei erfolgloser Klage ihren Kostenerstattungsanspruch durchsetzen zu können, dem der klagenden vor. Diese Voraussetzungen fehlen hier. Zwar ist die Klägerin aufgelöst und mindestens in Höhe der Kostenverpflichtung aus dem Prozeß mit der Kreissparkasse G. überschuldet, so daß der Beklagte einen eventuellen Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerin kaum würde durchsetzen können. Die Klägerin hat dem Beklagten aber anläßlich der Verhandlung vor dem Senat eine selbstschuldnerische Bürgschaft der C.-Bank übergeben, die jener unter dem Vorbehalt angenommen hat, daß die Unterschriften rechtsverbindlich sind. Diese Bürgschaft soll alle Kostenerstattungsansprüche des Beklagten bis zu einem Betrage von 100.000 DM absichern. Der Beklagte wird dadurch hinsichtlich seiner Kostenerstattungsansprüche – sofern die Bürgschaft wirksam ist – mindestens so gestellt, als hätte der Rechtsinhaber selbst geklagt. Auf mehr hat er keinen Anspruch.

Die Prozeßführungsbefugnis ist nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin die Sicherheit erst während des Revisionsverfahrens beigebracht hat. Zwar kann, wenn es um das Vorliegen oder Fehlen von Prozeßvoraussetzungen geht, in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur Tatsachenstoff aus der Zeit vor Schluß der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz nachgebracht werden (vgl. hierzu das zur Veröffentlichung vorgesehene Senatsurteil v. 12. Oktober 1987 – II ZR 21/87 m.w.N.). Das gilt aber nicht für den Parteivortrag, der infolge eines Verfahrensfehlers des Berufungsgerichts nicht schon in der Tatsacheninstanz gebracht worden ist und nunmehr in der Revisionsinstanz nachgeholt wird. Nach § 139 Abs. 2 und 3 ZPO hätte das Berufungsgericht auf die Bedenken hinweisen müssen, die angesichts der Ausführungen im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Oktober 1985 (vgl. BGHZ 96, 151) gegen die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin bestanden. Weil es selbst die Rechtslage nicht richtig beurteilt hat, ist dieser Hinweis unterblieben und die Klägerin davon abgehalten worden, die selbstschuldnerische Bürgschaft der C.-Bank schon in der Berufungsinstanz beizubringen; daß sie diese Bürgschaft schon damals vorgelegt hätte, kann in Anbetracht dessen ohne weiteres angenommen werden, daß sie das Versäumte nachgeholt hat, nachdem die Revision auf den Mangel hingewiesen hatte. Trägt eine Partei in der Revisionsinstanz einen Sachverhalt vor, der ohne den Verfahrensfehler schon Gegenstand ihres Vortrags in der Berufungsinstanz gewesen wäre, so liegt darin regelmäßig zugleich die Verfahrensrüge. Auch wenn der Klägerin als Revisionsbeklagten mangels Beschwer Revisionsrügen nach § 554 Abs. 3 Nr. 3b ZPO verwehrt waren, konnte sie bis zum Schluß der Verhandlung das Verfahren des Berufungsgerichts für den Fall bemängeln, daß das Revisionsgericht die Entscheidung des Berufungsgerichts mit der von diesem gegebenen Begründung für unrichtig halten sollte (vgl. BGH, Urteil v. 9. Oktober 1975 – IX ZR 166/73, MDR 1976, 138). Das Berufungsgericht wird anläßlich der erneuten Verhandlung angesichts des Bestreitens des Beklagten der Frage nachzugehen haben, ob die Bürgschaft der C.-Bank wirksam und damit die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin gegeben ist.

II. In der Sache hat das Berufungsgericht eine Ersatzpflicht des Beklagten bejaht, weil dieser gegen die Mahn- und Vollstreckungsbescheide, die auf Veranlassung der Kreissparkasse gegen die Klägerin ergangen sind, keine Rechtsmittel eingelegt und dadurch die Pfändung des treuhänderisch verwalteten Geldes verhindert hat; pflichtwidrig sei dieses Verhalten deswegen gewesen, weil die Klägerin für die Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft nicht gehaftet habe; weder sei sie dieser wirksam beigetreten noch sei sie nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft so zu behandeln, als sei sie beigetreten. In diesem letzten Punkt greift die Revision die Ausführungen mit Erfolg an.

1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin zu folgen, daß der Beitritt der Klägerin nicht wirksam war, weil die Kommanditisten daran nicht mitgewirkt haben und von der einzigen am Vertragsschluß beteiligten Gesellschafterin, der K. Gesellschaft S. mbH, mangels Vertretungsmacht nicht vertreten werden konnten. Diese GmbH, die die Kommanditgesellschaft mit gegründet hatte und als persönlich haftende Gesellschafterin ihre Geschäfte führte, war nach § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages in der 1981 geltenden Fassung lediglich bevollmächtigt, neue Kommanditisten aufzunehmen. Das Berufungsgericht hat den Gesellschaftsvertrag zutreffend dahin ausgelegt, daß diese Vertretungsmacht im § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nicht dahin erweitert worden ist, daß die persönlich haftende Gesellschafterin im Namen der Kommanditisten auch weitere persönlich haftende Gesellschafter sollte aufnehmen dürfen. Durch die in dieser Bestimmung angesprochenen Vollmachten sollten die Kommanditisten lediglich von ihren formellen Mitwirkungspflichten bei der Aufnahme von Gesellschaftern entbunden werden; wenn das Berufungsgericht hierunter lediglich eine Bevollmächtigung zur Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Registergericht versteht, so wird diese Annahme durch die formularmäßig vorformulierten und von den Kommanditisten unterzeichneten Vollmachten gedeckt, die nur Anmeldungen zum Handelsregister betreffen.

2. Die Revision beanstandet aber mit Recht die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf den Beitritt der Klägerin nicht anwenden will. Das Berufungsgericht unterstellt zugunsten des Beklagten, daß die Klägerin aufgrund eines unwirksamen Vertrages beigetreten ist und daß dieser Beitritt auch vollzogen worden ist; es geht ferner zutreffend davon aus, daß die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft grundsätzlich auch für den fehlerhaften Beitritt zu einer fehlerfreien Gesellschaft gelten (vgl. BGHZ 26, 330, 334; 63, 338, 344). Gleichwohl greifen nach Ansicht des Berufungsgerichts diese Grundsätze im vorliegenden Falle nicht ein, weil kein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei, der dazu nötige, die Klägerin für die bei ihrem Beitritt bereits bestehenden Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft haften zu lassen. Diese Ausführungen tragen die Entscheidung nicht. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß es nicht darauf ankommt, ob die Kreissparkasse als Gläubigerin der Kommanditgesellschaft auf den Beitritt der Klägerin konkret vertraut hat; denn die Haftung des neu eintretenden Gesellschafters besteht nach § 130 HGB ohne Rücksicht auf ein schutzwertes Vertrauen des einzelnen Gesellschaftsgläubigers (vgl. BGHZ 44, 235, 237).

Das Berufungsgericht wird deshalb der Frage nachzugehen haben, ob die Voraussetzungen für einen fehlerhaften Beitritt und dessen Vollzug vorliegen. Dieser Prüfung ist es nicht schon deshalb enthoben, weil die Kommanditisten weder unmittelbar noch mittelbar durch einen Vertreter am Beitritt beteiligt waren. Zwar setzt auch der fehlerhaft vollzogene Beitritt ein – wenn auch fehlerhaftes – rechtsgeschäftliches Handeln aller Gesellschafter voraus, so daß die entscheidende Voraussetzung fehlt, wenn der Mangel darauf beruht, daß ein Teil der Gesellschafter nicht mitgewirkt oder ein Mitgesellschafter die von ihnen erteilte Vollmacht zum Abschluß von Beitrittsverträgen überschritten hat (vgl. Sen.Urt. v. 18.10.1962 – II ZR 12/61, WM 1962, 1353, 1354). Etwas anderes gilt aber, wenn der Beitretende und die für den Beitritt stimmenden Gesellschafter diesen für wirksam gehalten haben, weil sie beispielsweise davon ausgingen, die Mitgesellschafter seien wirksam vertreten worden und deren Zustimmung läge damit vor (vgl. MünchKomm.-Ulmer, 2. Aufl., § 705, Rdnr. 282, 277). Ob der dahingehende Vortrag des Beklagten zutrifft, wird das Berufungsgericht ebenso zu prüfen haben wie die Frage, ob der Beitritt der Klägerin vollzogen worden ist.

3. Selbst wenn die erneute Verhandlung ergeben sollte, daß der Beitritt – wenn auch fehlerhaft – vollzogen worden war, so daß die Klägerin den Gläubigern der Kommanditgesellschaft grundsätzlich nach § 130 HGB haftete, wäre eine Ersatzpflicht des Beklagten nicht schlechthin ausgeschlossen. Das Berufungsgericht wird dann der weiteren Frage nachzugehen haben, ob nicht der Beklagte seine Pflichten als Geschäftsführer der Klägerin dadurch verletzt hat, daß er für diese den Treuhandauftrag mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt übernahm, obwohl er wußte oder wissen mußte, daß das Treuhandguthaben auf Betreiben von Gläubigern der Kommanditgesellschaft gepfändet werden würde, für die es – nach Darstellung der Klägerin – nicht bestimmt war.

Der Geschäftsführer einer GmbH ist verpflichtet, den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden. Hierzu gehört die Sorge für das rechtmäßige Verhalten der Gesellschaft nach außen. Geht der Geschäftsführer für die GmbH Verpflichtungen gegenüber Dritten ein, von denen von vornherein feststeht, daß die GmbH sie nicht wird erfüllen können, so hat er der GmbH den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen, falls er die Sach- und Rechtslage übersehen hat oder bei Beobachtung der nach § 43 Abs. 1 GmbHG gebotenen Sorgfalt hätte übersehen können. Ein solches Fehlverhalten lastet die Klägerin dem Beklagten an. Nach ihrem Vortrag hat die B. AG das Geld der Klägerin mit der Zweckbestimmung überwiesen, es in dem Vergleichsverfahren, das in der Schweiz über das dort belegene Vermögen der überschuldeten Kommanditgesellschaft anhängig war, zu verwenden, um – wie von den schweizerischen Behörden gefordert – die Erfüllung des Vergleiches abzusichern. Sollte dieser Vortrag zutreffen, hätte der Beklagte den Treuhandauftrag und die Entgegennahme des Geldes ablehnen müssen; denn er wußte oder mußte sich sagen, daß die Klägerin den Auftrag nicht werde erledigen können, weil die Stadtsparkasse von der bevorstehenden Überweisung auf das Treuhandkonto bei der Volksbank Kenntnis hatte und sich wegen der ihr abgetretenen Forderungen aus dem Guthaben befriedigen würde, bevor die Klägerin es bestimmungsgemäß verwenden konnte. Nachdem dieser Umstand eingetreten ist, ist die Klägerin dem Treugeber ersatzpflichtig und kann ihrerseits vom Beklagten verlangen, von dieser Verpflichtung freigestellt zu werden.

Der Beklagte kann sich aber auch pflichtwidrig verhalten haben, als er gegen die Mahn- und Vollstreckungsbescheide keine Rechtsmittel einlegte. Selbst wenn man unterstellt, daß die Grundsätze des fehlerhaften Gesellschafterbeitritts anwendbar sind und die Klägerin den Gläubigern der Kommanditgesellschaft haftete, so könnte sie doch wegen der Besonderheiten des Falles der Sparkasse deshalb zu nichts verpflichtet gewesen sein, weil sie dieser gegenüber nach § 404 BGB dieselben Einwendungen hatte, wie sie sie gegenüber dem Beklagten gehabt hätte, wenn dieser sie nach § 128 HGB hätte in Anspruch nehmen wollen. Unterstellt man den Vortrag der Klägerin als richtig, so hätte sie dem Beklagten nicht gehaftet, weil dieser durch den Zugriff auf das Treugut zugleich seiner Pflicht als Geschäftsführer der Klägerin zuwidergehandelt hätte, den für diese übernommenen Treuhandauftrag auszuführen. Zwar kann es dem Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH regelmäßig nicht verwehrt sein, nach § 128 HGB auch diese in Anspruch zu nehmen, wenn er wegen seiner Forderungen bei der Kommanditgesellschaft keine Befriedigung findet, die GmbH aber über die Mittel verfügt oder erwartungsgemäß verfügen wird, um die Schulden der Kommanditgesellschaft bezahlen zu können. Etwas anderes hat aber dann zu gelten, wenn von vornherein nur eine Befriedigung aus Vermögen in Betracht kommt, das der GmbH treuhänderisch anvertraut worden ist und für dessen zweckentsprechende Verwendung der Geschäftsführer als Organ der GmbH verantwortlich ist. Unter solchen Voraussetzungen ist dem Geschäftsführer als Gläubiger der Kommanditgesellschaft nicht erst der Zugriff auf das Treugut verwehrt, vielmehr entfällt im Ergebnis (§ 242 BGB) die Haftung nach § 128 HGB. Hierauf hätte die GmbH sich nach § 404 BGB auch gegenüber der Sparkasse berufen können, nachdem der Beklagte dieser den Anspruch abgetreten hatte.

4. Das Berufungsgericht hat zum Inhalt des Treuhandverhältnisses nur unzureichende Feststellungen getroffen. Nach seiner Ansicht kommt es nur auf den Abschluß eines Treuhandvertrages zwischen der GmbH und der B. AG, nicht aber darauf an, zu welchem Zweck die GmbH das Geld verwenden sollte. Hierin ist dem Berufungsgericht nicht zu folgen. Ist nämlich richtig, was der Beklagte behauptet, daß der Auftrag lediglich dahin ging, das Geld an die Kommanditgesellschaft weiterzuleiten, so daß sich dort jeder Gläubiger und damit auch er daraus befriedigen konnte, so war der genannte Zweck auch dann erreicht, wenn die Gläubiger das Geld pfänden ließen, bevor die persönlich haftende Gesellschafterin es an die Kommanditgesellschaft weitergeleitet hatte. Es kommt deshalb wesentlich auf die Behauptung der Klägerin an, daß das Geld als Sicherheit im schweizerischen Vergleichsverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft verwandt werden sollte. Die hierfür erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.

Die Revision wendet sich nicht dagegen, daß das Berufungsgericht von einem Treuhandverhältnis ausgegangen ist; sie ist nur der Ansicht, ein solches sei allenfalls zwischen der Klägerin und der Kommanditgesellschaft, nicht aber mit der B. AG zustandegekommen, auf deren Veranlassung das Geld auf das Treuhandkonto gelangt ist. Hiermit dringt sie nicht durch; die Feststellung des Berufungsgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, W., der hinter dem Mehrheitsgesellschafter der Klägerin stehen und Alleingesellschafter der B. AG sein soll, habe mit den 520.000 DM und weiteren Geldern die Kommanditgesellschaft sanieren und zugleich auf deren Geschäftsführung Einfluß nehmen wollen; allein aus diesem Grunde habe sich die Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt und das Geld erhalten. Mit diesem Vortrag ist ohne weiteres vereinbar, daß die B. AG – wenn auch vielleicht für Rechnung von W. – die Treugeberin war.

5. Kann die Klägerin die Sicherheit im Vergleichsverfahren infolge einer schuldhaften Pflichtverletzung ihres Organs nicht – wie vereinbart – leisten und ist sie deshalb dem Treugeber ersatzpflichtig, so kann sie ihrerseits von ihrem Organ verlangen, von dieser Verpflichtung freigestellt zu werden.

Rechtlich unbedenklich ist die Ansicht des Berufungsgerichts, daß sich dieser Freistellungsanspruch mit Abtretung an die H.-Bank in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat, nachdem der Bank zuvor der Ersatzanspruch abgetreten war, der der B. AG gegen die Klägerin zustand. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß sich eine Forderung auf Freistellung von einer Schuld in einen Zahlungsanspruch umwandelt, wenn sie an den Gläubiger der betreffenden Schuld abgetreten wird (vgl. BGHZ 12, 136, 141; 71, 167, 170; BGH, Urt. v. 14.3.1985 – I ZR 168/82, VersR 1985, 753, 754). Entgegen der Ansicht der Revision wird der Beklagte durch diese Umwandlung nicht daran gehindert, Einwendungen aus dem Verhältnis der Klägerin zur B. AG geltend zu machen; denn von der Antwort auf die Frage, ob diese einen Anspruch gegen die Klägerin hat, hängt deren Schaden ab.

6. Damit das Berufungsgericht Gelegenheit erhält, die fehlenden Feststellungen zu treffen, wird die Sache zurückverwiesen.

Schlagworte: fehlerhafte Gesellschaft, fehlerhafte GmbH-Geschäftsanteilsübertragung, fehlerhafter Beitritt