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BGH, Urteil vom 13. März 1975 – II ZR 154/73

§ 105 HGB, § 161 HGB, § 15 GmbHG

1. Die Grundsätze über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
fehlerhafte Gesellschaft
Gesellschaft
gelten auch, wenn

1.1 ein Gesellschafter bei seinem Eintritt oder Ausscheiden sittenwidrig übervorteilt wurde,

1.2 die Übertragung eines GmbH-Anteils durch Irrtum, arglistige Täuschung oder unter sittenwidriger Übervorteilung veranlaßt wurde.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. September 1973 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Hilfsanträge gegen die Beklagten zu 1, 3, 4 und 5 sowie die Hilfsanträge auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen hat.

Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Diesem wird auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger war alleiniger Kommanditist der Beklagten zu 2, die die Planung und Montage von Heizungs- und Klimaeinrichtungen vornehmlich für Industrieunternehmungen betreibt. Er war ferner einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 1, der Komplementär-GmbH der Beklagten zu 2. Die Beklagten zu 3 bis 5 waren seit 1960 Prokuristen der Beklagten zu 2. Randnummer2

Durch notariellen Vertrag vom 13. November 1967 übertrug der Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 1968 seine Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1 gegen Zahlung von 20.000 DM auf die Beklagten zu 3 bis 5 (je 6.000 DM auf die Beklagten zu 3 und 5 und 8.000 DM auf den Beklagten zu 4), die anstelle des Klägers auch zu Geschäftsführern bestellt wurden. Durch einen gleichzeitig geschlossenen Gesellschaftsvertrag (GA 10 ff) traten sie der Beklagten zu 2 als Kommanditisten mit Einlagen von 32.000 DM (der Beklagte zu 4) und je 24.000 DM (die Beklagten zu 3 und 5) bei. Nach § 11 des Gesellschaftsvertrages war jeder verpflichtet, seine Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen und entgeltliche Nebentätigkeit zu unterlassen. In Zusatzabkommen vom 13. November und 31. Dezember 1967 verpflichtete sich der Kläger, zum 31. Dezember 1969 aus der Beklagten zu 2 auszuscheiden. Er sollte entsprechend den Vorschriften nach § 6 des Gesellschaftsvertrages abgefunden werden, wonach die stillen Reserven und der Firmenwert nicht berücksichtigt werden; für den Fall eines negativen Kontostandes sollte jedoch eine „Zubuße“ nicht stattfinden. Randnummer3

Der Kläger hat diese Verträge insbesondere wegen arglistiger Täuschung angefochten. Er beantragt die Feststellung, daß er nach wie vor Randnummer4

1. alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagter zu 1, Randnummer5

2. Kommanditist der Beklagten zu 2 sei. Randnummer6

Hilfsweise stellt er den Antrag festzustellen, daß er mit Rechtskraft des Urteils Randnummer7

1. alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 1, Randnummer8

2. Kommanditist der Beklagten zu 2 wird, Randnummer9

weiterhin hilfsweise: Randnummer10

3. die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schadensersatzes, Randnummer11

äußerstenfalls, Randnummer12

4. die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festzustellen. Randnummer13

Die Beklagten haben Widerklage mit dem Antrag erhoben, den Kläger zu verurteilen, an der Anmeldung seines Ausscheidens als Kommanditist der Beklagten zu 2 zum Handelsregister mitzuwirken. Randnummer14

Den Auseinandersetzungen der Parteien liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Randnummer15

Im Jahre 1965 gründete der Beklagte zu 4 ein eigenes Unternehmen unter dem Namen „In“, mit dem er Geschäfte tätigte, die nach der Behauptung des Klägers ausschließlich in den Geschäftsbereich der Beklagten zu 2 fielen. Der Kläger behauptet, hiervon erstmals im Juni 1969 Kenntnis erlangt zu haben. Er rief Anfang Juni 1969 das im Gesellschaftsvertrag vom 13. November 1967 vorgesehene Schiedsgericht an und machte geltend, der Beklagte zu 4 habe in den Jahren 1965 bis 1969 Umsätze in Höhe von 179.893,28 DM (in der Zeit von 1965 bis 1967 von rd. 118.000 DM) zu Lasten der Beklagten zu 2 erzielt (Schriftsatz an das Schiedsgericht v. 11. 6. 1969 – GA 345 ff). Aufgrund eines in der Gesellschafterversammlung vom 21. November 1969 gefaßten Beschlusses wurde die K-Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft von der Geschäftsleitung der Beklagten zu 2 am 25. November 1969 mit der Prüfung der Handels- und Steuerbilanzen der Beklagten zu 2 für die Jahre 1966 und 1967 beauftragt. Der am 15. Juli 1970 erstattete Prüfungsbericht weist für 1966 und 1967 Verluste von rund 368.000 DM und 26.000 DM sowie zum 31. Dezember 1967 ein Minuskapital von 392.000 DM auf. Die Umsätze der „In“ in den Jahren 1966/1967 sollen nach diesem Bericht 116.500 DM, der Gewinn 12.311 DM betragen haben. Randnummer16

Am 28. November 1969 zeigte der Kläger der Finanzbehörde die Geschäfte des Beklagten an, und am 4. November 1970 erklärte er gegenüber den Beklagten zu 4 und 5 die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Er machte geltend, die Abtretung der Geschäftsanteile und die Aufnahme der Beklagten zu 3 bis 5 als Kommanditisten wären nicht erfolgt, wenn ihm bekannt gewesen wäre, daß der Beklagte zu 4 gemeinsam mit dem Beklagten zu 5 unter der Firma „In“ ein Konkurrenzunternehmen betreibe. Nach erneuten Verhandlungen wurde am 26. November 1970 zur Beilegung der aufgekommenen Differenzen und Meinungsverschiedenheiten folgende Vereinbarung getroffen (GA 26): Randnummer17

„1. Herr Dr. R (Kläger) scheidet mit Wirkung vom 31. 12. 1969 als Kommanditist aus der R und Sohn GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
aus. Randnummer18

Das Auseinandersetzungsguthaben ist gleich dem Buchwert. Randnummer19

Der Auseinandersetzungsbilanz ist die von der K WPG zum 31. 12. 1967 aufgestellte Bilanz zugrunde zu legen. Randnummer20

2. Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche der Gesellschafter gegen die Dr. R GmbH, gegen die R und Sohn GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
, und zwar einschließlich der von Herrn Dr. R erklärten Anfechtung wegen der Übertragung der GmbH sowie der Gesellschafter untereinander abgegolten. Randnummer21

3. Die R und Sohn GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
sowie deren Gesellschafter stellen Herrn Dr. R von allen Ansprüchen Dritter gegen die Gesellschaft oder ihn persönlich aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der R und Sohn GmbH frei.“ Randnummer22

Nachdem der Kläger von der ehemaligen Buchhalterin der Beklagten zu 2 Kenntnis von weiteren Täuschungshandlungen der Beklagten zu 3 bis 5 erlangt haben will, hat er mit Schreiben vom 24. November 1971 und 7. Dezember 1971 (GA 27 ff, 33 f) gegenüber den Beklagten die Anfechtung des Auseinandersetzungsvertrages vom 26. November 1970 wegen arglistiger Täuschung und Irrtums erklärt. Im Laufe des Rechtsstreits hat er die Anfechtung wiederholt und ausdrücklich auch gegenüber dem Beklagten zu 3 ausgesprochen. Er hält die Vereinbarung außerdem nach § 779 BGB für unwirksam – die dort erwähnte Bilanz der K-Wirtschaftsprüfungs-GmbH, die die Grundlage des Abkommens gewesen sei, habe sich als falsch herausgestellt – und die Beklagten im Hinblick auf die Anfechtung vom 4. November 1970 und die in ihrem Verhalten zu sehende unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB (i. V. m. §§ 263, 266 StGB) und § 826 BGB für verpflichtet, ihm rückwirkend – zumindest aber für die Zukunft – die Stellung als Gesellschafter der Beklagten zu 2 und als Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 1 wieder einzuräumen, jedenfalls aber Schadensersatz in Geld zu leisten. Randnummer23

Eine Täuschungshandlung sieht er vor allem darin, daß ihm die Beklagten einen Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle E über die Festsetzung der Gewinne und Verluste und das Betriebsvermögen der Beklagten zu 2 vom 17. Januar 1969 (GA 405) vorenthalten und sowohl ihm als auch der K-WPG unrichtigerweise erklärt hätten, die vorgelegten Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 1966 und 1967 enthielten alle bilanzierungspflichtigen Vermögenswerte, Verpflichtungen und Wagnisse der Gesellschaft. Aus dem Vermerk der Fahndungsstelle vom 17. Januar 1969 habe sich insofern die Unrichtigkeit der K-Bilanz ergeben, als diese für 1966 einen Verlust von 158.000 DM ausgewiesen habe, die K-Bilanz dagegen einen solchen von etwa 365.000 DM. Die K-Bilanz habe ihn außerdem in seiner (irrigen) Auffassung bestätigt, daß der Beklagte zu 4 keinesfalls mehr als 200.000 DM zu Lasten der Beklagten zu 2 umgesetzt habe; in Wahrheit habe er über seine Privatfirmen, insbesondere über die „In“, mit Leuten der Beklagten zu 2 Arbeiten ausgeführt, die ihm Umsätze von über 1 Mio. DM erbracht hätten. In dem Bericht der Steuerfahndungsstelle E über die steuerliche Prüfung des Beklagten zu 4 vom 14. August 1970 (GA 124 ff), dessen Kenntnis der Kläger erst im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits (mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 29. 8. 1972) erlangt haben will, wird insbesondere aufgrund der vorgefundenen Vermögenswerte dessen Gewinn und Umsatz aus Gewerbebetrieb für die Jahre 1962 bis 1969 auf 272.800 und 778.000 DM geschätzt; hiervon entfallen auf die Jahre 1966 und 1967 180.000 DM Gewinn und 504.000 DM Umsatz. Randnummer24

Das Landgericht hat dem Hauptantrag der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und auf die Widerklage den Kläger verurteilt, an der Anmeldung seines Ausscheidens als Kommanditist der Beklagten zu 2 zum Handelsregister mitzuwirken und die Erklärung abzugeben, er sei als Kommanditist ausgeschieden. Randnummer25

Mit der Revision verfolgt der Kläger die oben wiedergegebenen Klageanträge sowie den Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist teilweise begründet. Randnummer27

I. 1. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden, soweit das Berufungsgericht die beiden Hauptanträge als unbegründet abgewiesen hat. Randnummer28

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß selbst dann, wenn die vom Kläger erklärte Anfechtung nach §§ 119, 123 BGB gerechtfertigt wäre, die Vereinbarung vom 26. November 1970 und die Verträge vom 13. November und 31. Dezember 1967 über die Übertragung der Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1 auf die Beklagten zu 3 und 5, über das Ausscheiden des Klägers aus der Beklagten zu 2 und über die Aufnahme der Beklagten zu 3 und 5 als Kommanditisten nicht als von Anfang an nichtig angesehen werden könnten. Auf das fehlerhafte Ausscheiden aus einer bestehenden und werbend tätig gewordenen Kommanditgesellschaft sind ebenso wie auf den fehlerhaften Beitritt die für die fehlerhafte Gesellschaftsgründung geltenden Grundsätze entsprechend anzuwenden (SenUrt. v. 14. 4. 69 – II ZR 142/67, LM HGB § 138 Nr. 11). Für die fehlerhafte Übertragung der Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Haftung
gilt das jedenfalls dann, wenn – wie hier – ein Fall der Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung in Frage steht; denn die Erwägungen, die zu der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft geführt haben (vgl. BGHZ 55, 5, 8), treffen hier ebenfalls zu. Es könnte zu unerträglichen Ergebnissen führen und wäre mit dem Zweck der bürgerlichrechtlichen Nichtigkeits- und Anfechtungsvorschriften nicht zu vereinbaren, wenn der tatsächlich geschaffene Zustand, daß die Erwerber in der Vergangenheit die Gesellschaft gemeinschaftlich getragen haben, mit rückwirkender Kraft aus dem Rechtsleben gestrichen und damit so behandelt würde, als ob dies niemals der Fall gewesen wäre. Das bedeutet, daß dann, wenn – wie hier – der Austritt aus einer Gesellschaft vollzogen ist, die Unwirksamkeit der Ausscheidensvereinbarung in der Regel nicht zu einer rückwirkenden Wiedereinsetzung des Gesellschafters führen kann (SenUrt. v. 14. 4. 69 aaO) und diese Wirkung auch nicht dadurch herbeigeführt werden darf, daß ein Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht wird. Randnummer29

Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, ist von diesen Grundsätzen in den Fällen der arglistigen Täuschung keine Ausnahme zu machen (SenUrt. v. 14. 12. 72 – II ZR 82/70, LM HGB § 132 Nr. 3 m. w. N.). Entgegen der Auffassung der Revision würden sie auch dann eingreifen, wenn der Fall der sittenwidrigen Übervorteilung eines Gesellschafters vorläge. Denn arglistige Täuschung und sittenwidrige Übervorteilung müssen insoweit gleich behandelt werden; die unterschiedliche gesetzliche Regelung, daß in den Fällen des § 138 BGB die Nichtigkeit ohne weiteres eintritt, im Falle des § 123 BGB aber erst durch die Anfechtungserklärung, ist in diesem Zusammenhange ohne Bedeutung (vgl. Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 83, 97). Randnummer30

2. Aus diesen Gründen hat das Berufungsgericht der Widerklage zu Recht stattgegeben. Der Kläger ist danach rechtswirksam aus der Beklagten zu 2 ausgeschieden. Darauf, daß er an der Anmeldung dieser Tatsache zum Handelsregister mitwirkt, haben die Beklagten einen Anspruch (§ 161 Abs. 2, § 143 Abs. 2 HGB). Ein Zurückbehaltungsrecht des Klägers und der Einwand der Arglist – weil dem Kläger möglicherweise ein Anspruch auf Wiederaufnahme zusteht –, kommen bei der hier gegebenen Sachlage schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich um eine den Gesellschaftern obliegende öffentlichrechtliche Verpflichtung handelt und ein unrichtiger Eindruck entstünde, wenn die gegenwärtige Eintragung bis zum Ablauf dieses Rechtsstreits aufrechterhalten bliebe. Die Revision des Klägers ist deshalb auch in diesem Umfange unbegründet. Randnummer31

II. Die Revision greift auch nicht durch, soweit sie sich dagegen wendet, daß die Hilfsanträge zu 1 und 2 gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden sind. Randnummer32

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können Rechtsstreitigkeiten, die das durch den Gesellschaftsvertrag begründete Rechtsverhältnis der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft untereinander – insbesondere den personellen Bestand der Gesellschaft – betreffen, nur zwischen den Gesellschaftern ausgetragen werden; die Gesellschaft hat hierüber keine Dispositionsbefugnis (vgl. BGHZ 48, 175, 176; 30, 195, 197). Soweit die Hilfsanträge zu 1 und 2 gegen die Beklagte zu 2 gerichtet sind, erweisen sie sich danach schon wegen fehlender Sachbefugnis als unbegründet. Randnummer33

Dagegen ist ein Fall dieser Art nicht gegeben, soweit der Kläger von der Beklagten zu 2 Schadensersatz verlangt (Hilfsanträge zu 3 und 4). Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß der Kläger aus den nachstehend angeführten Gründen, die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung berechtigt ist, die Erstellung einer Abschichtungsbilanz zu verlangen und sich daraus ein Abfindungsguthaben zu seinen Gunsten ergibt, dessen Auszahlung er beanspruchen könnte. Hierbei würde es sich um einen gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruch handeln, der nicht die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses berührt. Randnummer34

2. Gegen die Sachlegitimation der Beklagten zu 1 bestehen auch hinsichtlich des Hilfsantrags zu 1 keine Bedenken; denn die Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ist in einem Rechtsstreit, in dem es um Fragen des Mitgliederbestandes und der Geschäftsführerstellung geht, selber Partei (vgl. Sen.Urt. v. 30. 6. 69 – II ZR 71/68, WM 1969, 1258 zu I m. w. N.). Randnummer35

III. Die Hilfsanträge hat das Berufungsgericht mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe durch die Vereinbarung vom 26. November 1970 auf alle Ansprüche, die diese Anträge rechtfertigen könnten, verzichtet. Diese Vereinbarung sei weder nach § 779 BGB noch aufgrund der Anfechtung des Klägers nichtig. Randnummer36

Nach dem Bericht der K-WPG habe die Bilanz der Beklagten zu 2 zum 31. Dezember 1967 zwar zu Lasten des Klägers ein negatives KapitalkontoBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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negatives Kapitalkonto
von rund 390.000 DM ausgewiesen. Er habe jedoch nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung gewußt, daß wegen der unterschiedlichen Auffassung über die Bewertung der halbfertigen Arbeiten das Minderkapital 100.000 DM geringer anzusetzen sei, mithin nur etwa 290.000 DM betragen habe. Er habe ferner damit gerechnet, daß der Beklagte zu 4 der Beklagten zu 2 bis Ende 1969 einen Schaden von 180.000 DM zugefügt habe und in dieser Höhe ersatzpflichtig sei; denn er habe noch im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wie in seinem Schreiben an das Schiedsgericht vom 11. Juni 1969 angenommen, dieser habe alle Umsätze über die „In“ im vollen Umfange zu Lasten der Beklagten zu 2 getätigt und deren Arbeitskräfte und Material eingesetzt. Sein Kapitalkonto wäre danach noch mit 110.000 DM und bei Berücksichtigung der Gewinne von 196.000 DM, die die Beklagte zu 2 nach seiner Behauptung in den Jahren 1968 und 1969 erzielt habe, noch mit 67.000 DM negativ gewesen. Das Berufungsgericht ist hierbei von der Wirksamkeit der Verträge von 1967 ausgegangen und hat dem Kläger nur den in § 3 des Gesellschaftsvertrages vom 13. November 1967 vorgesehenen Gewinnanteil von 22 % (= 43.000 DM) zugebilligt. Randnummer37

Bei Zugrundelegung dieser Vorstellungen ergäben sich – so meint das Berufungsgericht weiter – keine Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger in erheblicher Weise sich geirrt habe oder ein etwaiger Irrtum ursächlich für seine Erklärungen in der Vereinbarung vom 26. November 1970 sei. Das gelte selbst dann, wenn der Beklagte zu 4 durch seine Konkurrenzgeschäfte der Beklagten zu 2 Gewinne von 250.000 DM (nicht nur von 180.000 DM) entzogen hätte. Denn auch in diesem Falle wäre das Kapitalkonto des Klägers nicht positiv geworden. Randnummer38

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Randnummer39

1. Die Revision wendet sich allerdings zu Unrecht dagegen, daß das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob die Verträge von 1967 sittenwidrig oder wirksam angefochten sind. Randnummer40

Das Berufungsgericht hat die Vereinbarung vom 26. November 1970 ohne Rechtsfehler dahin ausgelegt, daß die Parteien damit alle gegenseitigen Ansprüche und zwischen ihnen offenen Fragen erledigen wollten, soweit sie von ihnen als regelungsbedürftig erkannt waren oder als selbstverständlich und naheliegend ohne besondere Erwähnung mit inbegriffen wurden. Daraus folgt, daß diese Regelung auch etwaige Ansprüche aus sittenwidriger Übervorteilung umfaßte, zumal die Parteien den Fall der vom Kläger am 4. November 1970 erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ausdrücklich einbezogen haben, die sich insoweit im wesentlichen auf die gleichen Tatsachen und Erwägungen stützt. Randnummer41

Entgegen der Auffassung der Revision kann gegen die vergleichsweise Regelung in diesem Zusammenhange nicht geltend gemacht werden, die Beklagten zu 3 bis 5 seien – wenn die Verträge vom 13. November und 31. Dezember 1967 nichtig gewesen wären –, nicht berechtigt gewesen, als Gesellschafter und für die Gesellschaften Erklärungen abzugeben. Dem – wie auch dem Einwand, der Vergleich habe nach § 15 GmbHG der notariellen Form bedurft, weil dadurch die Abtretung der Geschäftsanteile des Klägers im Sinne des § 141 BGB bestätigt oder eine Verpflichtung hierzu begründet worden sei – stehen schon die Rechtsgrundsätze über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Gesellschaft
entgegen. Grundsätzlich sind auch keine Bedenken dagegen zu erheben, daß sich die Vertragsparteien über Rechtsbeziehungen aus einem sittenwidrigen oder wegen arglistiger Täuschung angefochtenen Vertrag vergleichen. Ob ein solcher Vergleich rechtswirksam oder ebenfalls sittenwidrig oder anfechtbar ist, muß für ihn gesondert geprüft werden (BGH, Urt. v. 3. 4. 63 – VIII ZR 217/61, LM BGB § 779 Nr. 19). Randnummer42

Auf die Frage, ob die hier in Frage stehenden Verträge aus dem Jahre 1967 nichtig sind und der Kläger auch – wie die Revision weiter meint – aus dem Gesichtspunkt der §§ 826, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 266 StGB so zu stellen ist, als seien diese Verträge nicht geschlossen worden, kommt es deshalb erst an, wenn der Kläger nicht an die Vereinbarung vom 26. November 1970 gebunden ist. Randnummer43

2. Der Revision kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie rügt, das Berufungsgericht habe prozeßordnungswidrig Darlegungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung verwertet. Es ist zwar richtig, daß sich Erklärungen einer Partei bei einer Anhörung, die im Urteil entscheidend verwertet werden, aus diesem einwandfrei ergeben müssen, weil sonst das Revisionsgericht nicht nachprüfen kann, ob sie vom Berufungsgericht erschöpfend gewürdigt worden sind (BGH, Urt. v. 1. 3. 57 – VIII ZR 286/56, LM ZPO § 141 Nr. 2). Das ist hier jedoch der Fall. Aus dem angefochtenen Urteil (BU Bl. 14 ff) ist eindeutig zu entnehmen, daß der Kläger nach seinen Angaben bei Abschluß der Vereinbarung vom 26. November 1970 die oben wiedergegebenen Vorstellungen über mögliche Ansprüche gegen den Beklagten zu 4 und zu der Frage hatte, in welchem Umfange sich sein in der K-Bilanz zum 31. Dezember 1967 ausgewiesenes Minuskapital verringern konnte. Randnummer44

3. Dagegen rügt die Revision zutreffend, das Berufungsgericht habe das Vorbringen des Klägers nicht erschöpfend gewürdigt. Randnummer45

a) Das Berufungsgericht hat zwar als richtig unterstellt, der Beklagte zu 4 habe zu Lasten der Beklagten zu 2 einen Umsatz von 1 Mio. DM erzielt und dem Kläger seien diese Umsätze bei Abschluß der Vereinbarung nicht annähernd bekannt gewesen. Es hat darin aber nur einen Ausgangspunkt zur Ermittlung des der Beklagten zu 2 dadurch entgangenen Gewinnes gesehen und in diesem Zusammenhange lediglich festgestellt, daß sich der negative Kapitalanteil des Klägers bei Berücksichtigung dieser Gewinne verringert hätte, aber immer noch nicht ausgeglichen worden wäre. Die Revision weist demgegenüber zutreffend darauf hin, damit sei das Vorbringen des Klägers in seiner vollen Bedeutung nicht erkannt und insbesondere der Gesichtspunkt übergangen worden, daß der Beklagten zu 2 auch Aufträge in dieser Höhe und in großem Umfange liquide Mittel entzogen worden sind. Das Berufungsgericht läßt weiterhin seine in anderem Zusammenhang getroffene Feststellung außer Betracht, daß der Kläger durch die Vereinbarung vom 26. November 1970 auf seinen aus der Anfechtungserklärung vom 4. November 1970 oder aus unerlaubter Handlung entstandenen Anspruch auf Rückübertragung der Beklagten zu 1 und 2 verzichtet hat. Im Hinblick auf diesen Verzicht spielt nämlich weniger die vom Berufungsgericht allein geprüfte Frage eine Rolle, ob der Kapitalanteil des Klägers negativ war; der Gesellschaftsvertrag selbst hatte schon festgelegt, daß die Beklagten zu 3 bis 5 vom Kläger für den Fall eines negativen Kapitalanteils eine Zubuße nicht fordern könnten. Entscheidend war nach seinem Vortrag (GA 81, 196, 367) vielmehr, welchen Wert das Unternehmen hatte, auf dessen Wiedererlangung der Kläger verzichtete. Der Unternehmenswert aber wird ausschlaggebend geprägt von den Chancen und den in die Zukunft gerichteten Geschäftserwartungen. In diesem Zusammenhange konnte auch das vom Berufungsgericht als richtig unterstellte Vorbringen des Klägers besondere Bedeutung erlangen, die Beklagte zu 2 habe in den Jahren 1966 und 1967 nicht Verluste von fast 368.000 DM und von über 26.000 DM erlitten (wie in der Gewinn- und Verlustrechnung des K-Berichtes vom 14. August 1970 festgestellt), sondern im Jahre 1966 nur einen Verlust von 158.000 DM und 1967 einen Gewinn von 62.000 DM. Schließlich wäre die – vom Berufungsgericht ebenfalls als richtig unterstellte – Behauptung des Klägers zu prüfen und gegebenenfalls in vollem Umfange zu seinen Gunsten zu berücksichtigen gewesen, die Beklagte zu 2 habe in den Jahren 1968 und 1969 einen Gewinn von 196.000 DM erzielt; dem Umstand, daß der Kläger nach dem Gesellschaftsvertrag vom 13. November 1967 am Gewinn der Gesellschaft nur mit 22 % beteiligt sein sollte, kommt bei der Bewertung des Gesellschaftsunternehmens keine Bedeutung zu. Unstreitig hat sich das Unternehmen günstig entwickelt (GA 139, 240, 327). Randnummer46

Sollten diese Fragen ganz oder teilweise im Sinne des Klägers zu beantworten sein, könnte eine zusammenfassende tatrichterliche Würdigung möglicherweise zu dem Ergebnis kommen, daß der Irrtum des Klägers erheblich und die vom Berufungsgericht unterstellte arglistige Täuschung ursächlich für den Abschluß der Vereinbarung vom 26. November 1970 war. Randnummer47

b) Das angefochtene Urteil kann auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Täuschung und der vergleichsweisen Regelung vom 26. November 1970 fehle deshalb, weil der Kläger Bedenken gegen die Richtigkeit des K-Berichtes erhoben habe. Ein Vergleich kann wegen arglistiger Täuschung auch dann angefochtenen werden, wenn sich die Anfechtung auf die beim Vertragsabschluß bestrittenen und zweifelhaften Punkte bezieht. Dabei ist der nach § 123 BGB notwendige Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Vergleichsabschluß zu bejahen, wenn die getäuschte Partei nur mit einer Täuschung in einem bestimmten Umfange gerechnet hat, später sich aber herausstellt, daß die Täuschung wesentlich weiterging (SenUrt. v. 7. 2. 53 – II ZR 213/52, LM BGB § 123 Nr. 4). Randnummer48

c) Das angefochtene Urteil beruht daher auf einer Verletzung des § 123 BGB. Es bedarf einer erneuten tatrichterlichen Prüfung, ob die Anfechtung sachlich begründet ist und die Anfechtungsfrist nicht – wie die Beklagten vorsorglich geltend machen – abgelaufen war. Das Berufungsurteil muß – ohne daß es einer Prüfung der weiteren Rügen der Revision bedarf – aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Randnummer49

Sollte das Berufungsgericht die Vereinbarung vom 26. November 1970 für unwirksam halten, so wird weiter zu prüfen sein, ob der Kläger auch die Verträge aus dem Jahre 1967 wirksam angefochten hat, ein Nichtigkeitstatbestand nach § 138 BGB gegeben ist oder die Beklagten aus unerlaubter Handlung oder Verschulden bei Vertragsschluß haften, so daß er mit Wirkung ex nunc die Wiederherstellung des ursprünglich bestehenden Zustandes verlangen kann, d. h. die Rückübertragung der Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1 und die Wiedereinräumung der Stellung des alleinigen Kommanditisten der Beklagten zu 2 (vgl. hierzu Däubler, Das fehlerhafte Ausscheiden eines GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausscheiden
Ausscheiden eines Gesellschafters
aus der offenen Handelsgesellschaft, BB 1966, 1292, 1293; Hueck, Das Recht der oHG, 4. Aufl. § 7, III 7 a, b; Fischer, NJW 1955, 851 f). Randnummer50

Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht nach § 139 ZPO auf die Stellung sachdienlicher Anträge zu wirken haben.

Schlagworte: fehlerhafte Gesellschaft, fehlerhafte GmbH-Geschäftsanteilsübertragung, fehlerhafter Beitritt