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BGH, Urteil vom 14. Dezember 1967 – II ZR 30/67

§ 18 GmbHG, § 47 GmbHG, § 745 BGB, § 101 ZPO – Nichtladung gleichkommende Einberufungsfehler

a) Ist ein Gesellschafter noch an einem anderen Geschäftsanteil mitberechtigt, so genügt seine Ladung zur Ladung der Mitberechtigten nur dann, wenn er sowohl als Gesellschafter als auch als Mitberechtigter geladen wird.

Ist ein Gesellschafter zugleich Mitberechtigter an einem weiteren Geschäftsanteil, so genügt seine Ladung zur Ladung der Mitberechtigten nur dann, wenn er sowohl als Gesellschafter als auch als Mitberechtigter geladen wird. Da dies unterblieben ist, sind die gefassten Gesellschafterbeschlüsse nichtig, ohne dass es darauf ankommt, ob  Frau A. gerade deshalb von der Vorschrift des § 18 Abs. 3 Satz 1 GmbHG Gebrauch gemacht hat, weil sie die übrigen Miterben nicht laden und deren teilnahme verhindern wollte, und ob ein solcher Ladungsmangel bloß einen Anfechtungs- und keinen Nichtigkeitsgrund abgibt.

b) Zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters ist nicht ohne weiteres Einstimmigkeit erforderlich.

c) Ein nach BGB § 745 Abs 1 S 1 ergangener Mehrheitsbeschluß kann wenigstens dann von der Mehrheit ausgeführt werden, wenn sonst vollendete Tatsachen entständen.

d) Liegen bei einer von mehreren an einem Geschäftsanteil berechtigten Personen die Voraussetzungen eines Stimmrechtsausschlusses vor, so ist die Ausübung des Stimmrechts für diesen Geschäftsanteil nur dann ausgeschlossen, wenn der Zweck des Stimmrechtsverbots den Gesamtausschluß vom Stimmrecht erheischt.

e) Eine Stimmrechtsvollmacht bedarf nicht der Schriftform, wenn sie in einer Gesellschafterversammlung in Anwesenheit aller Beteiligten erteilt wird und bloß unbegründete rechtliche Bedenken gegen sie erhoben werden.

f) Als eine Beteiligung an einem von Streitgehilfen eingelegten und durchgeführten Rechtsmittel ist es anzusehen, wenn die Hauptpartei durch einen postulationsfähigen Anwalt einen Schriftsatz einreicht und mit einem solchen Anwalt zur mündlichen Verhandlung erscheint.

Tenor

Die Revision und die Anschlussrevision gegen das am 5. Dezember 1966 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin werden zurückgewiesen. Die Kosten der Revisionsinstanz, einschließlich der Kosten der Streithelferinnen des Klägers, werden der Streithelferin der Beklagten auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die beklagte GmbH ist von Robert K. und dessen Schwiegersohn Otto D. gegründet worden. Sie waren zu je 50 % beteiligt. Beide lebten nicht mehr. Robert K. ist von seinen Töchtern Hildegard A., die der Beklagten als Streithelferin beigetreten ist, und Elsa S. (Streithelferin zu 1 des Klägers) zu je 1/5 und vier Enkeln, nämlich dem Kläger und Margit L. (dessen Streithelferin zu 2) zu je 1/5, sowie Inge G. und Helge D. zu je 1/10 beerbt worden. Die beiden letzteren sind zugleich Erben ihres Vaters Otto D.

Hildegard A. und ihr Ehemann (Otto) waren seit 1941 Geschäftsführer der Gesellschaft. Beiden wurde eine Pension zugesagt. In der Gesellschafterversammlung vom 5. Oktober 1955 wurden sie „aus gesundheitlichen Gründen“ zur Ruhe gesetzt. In dem Anfang 1956 eröffneten Vergleichsverfahren sollen sie nach Behauptung des Klägers auf ihre Pension verzichtet haben. Die Gesellschafterversammlung vom 20. Juli 1956, die noch vor Erfüllung des Vergleichs und vor Aufhebung des Vergleichsverfahrens stattfand, beschloss die Auflösung der Beklagten und die Bestellung von Hildegard A. zur Liquidatorin. An dieser Gesellschafterversammlung nahmen Helge D. für die Erbengemeinschaft nach ihrem Vater und Otto A. aufgrund einer Vollmacht Robert K.‘s teil, die nach ihrem Wortlaut über dessen Tod hinaus gelten sollte, aber, wie der Kläger behauptet, nur für die Zeit der nachkriegsbedingten Abwesenheit ihres Ausstellers von Berlin habe gelten sollen und noch von Robert K., jedenfalls aber mit Schreiben vom 25. April 1957 von Elsa S. widerrufen worden sei.

Durch Vertrag vom 8. März 1963 verkaufte die Beklagte ihren Grundbesitz für 553 425,- DM durch Frau A. als ihre Liquidatorin. Diese zahlte von der Anzahlung des Käufers (130 000 DM) 2 400 DM an ihren Ehemann als restliches Gehalt, an ihn und sich selbst 25 000 DM á conto Pension, an sich selbst 7 000 DM á conto Liquidatorengebühren, 500 DM an ihren Anwalt (Dr. Sch.) und je 24 000 DM á conto ihres eigenen Geschäftsanteils und der Geschäftsanteile von Inge G. und Helge D.

Die Gesellschafterversammlung vom 16. März 1963, an der Frau A., Frau G. und Helge D. teilnahmen, beschloss, Frau A. als Liquidatorin abzuberufen und ihr Entlastung zu erteilen. In dem letzteren Beschluss liegt nach Ansicht des Klägers schlüssig zugleich der Beschluss, die áconto-Zahlung von 25 000 DM auf die erhobenen Pensionsansprüche zu genehmigen.

Der Kläger hält den Entlastungs- und den Genehmigungsbeschluss für nichtig und beantragt, die Nichtigkeit dieser beiden Beschlüsse festzustellen.

1. In erster Linie beruft er sich darauf, dass nur Inge G. und Helge D. zu der Gesellschafterversammlung geladen worden sind, und macht geltend: Frau A., Frau G. und Fräulein D. hätten übereinstimmend und vorsätzlich die teilnahme der übrigen Miterben von Robert K. an der Gesellschafterversammlung verhindert. Es sei ihnen darum gegangen, den Verkauf des Grundbesitzes, der überstürzt vorgenommen worden und für die Gesellschaft ungünstig gewesen sei, und die Verwendung der Anzahlung zu decken, in den Besitz von Bargeld zu gelangen und der befürchteten Abberufung von Frau A. aus ihrem Amt als Liquidatorin zuvorzukommen.

Unstreitig ist es zu der Gesellschafterversammlung vom 16. März 1963 gekommen, nachdem Inge G., die an diesem Tage unverhofft in Berlin erschien, Frau A. und Helge D., die zusammen wohnen, aufgesucht und Frau A. geäußert hatte, da könnten sie gleich eine Gesellschafterversammlung abhalten. Die Gesellschafterversammlung fand wenig später noch am selben Tage statt, nachdem Frau A. ihren Anwalt (Dr. Sch.) verständigt hatte und dieser erschienen war.

2. Der Kläger hält die beiden angegriffenen Gesellschafterbeschlüsse auch deshalb für nichtig, weil Frau A., Frau G. und Fräulein D. dabei vorsätzlich zum Schaden der Gesellschaft und der übrigen Miterben von Robert K. gehandelt hätten. Die Eheleute A. hätten keine Pensionsansprüche mehr gehabt, da sie darauf verzichtet hätten. Infolgedessen habe auf Ruhegeld keine Zahlung geleistet und die gleichwohl bewirkte Zahlung von 25 000 DM nicht genehmigt werden dürfen. Mangels Anspruchs sei die Zahlung selbst nach § 181 BGB unwirksam gewesen. Der Verkauf des Grundbesitzes habe gegen § 49 Abs. 2 GmbHG und § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages verstoßen, da dazu die übrigen Miterben von Robert K. hätten gehört werden müssen, dies aber unterblieben sei.

3. Nach Ansicht des Klägers sind die angegriffenen Beschlüsse auch deshalb nichtig, weil Frau A. gar nicht berechtigt gewesen sei, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Ihre Bestellung zur Liquidatorin sei unwirksam gewesen. In der Gesellschafterversammlung vom 20. Juli 1956 habe Otto A. nicht für Robert K. handeln dürfen, da dessen Vollmacht gar nicht mehr gegolten habe und die fehlende Vertretungsberechtigung allen Teilnehmern der Gesellschafterversammlung vom 20. Juli 1956 bekannt gewesen sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Es meint: Die beiden angegriffenen Gesellschafterbeschlüsse seien nichtig, weil nicht alle Gesellschafter zu der Versammlung vom 16. März 1963 geladen worden seien. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die Ladung zu einer Gesellschafterversammlung, falls ein Geschäftsanteil mehreren Mitberechtigten ungeteilt zusteht und diese keinen gemeinsamen Vertreter haben, nach § 18 Abs. 3 Satz 1 GmbHG wirksam ist, wenn sie bloß gegenüber einem Mitberechtigten vorgenommen wird. Mit Rücksicht auf Treu und Glauben und den Rechtsgedanken des § 185 ZPO könne diese Bestimmung dann nicht angewendet werden, wenn die Ladung eines Miterben gar nicht zur Kenntnis der übrigen Miterben bestimmt sei. So aber liege es hier, da Frau A. die Ladung von Inge G. und Helge D. in der Absicht ausgesprochen habe, dass die übrigen Erben nach Robert K. keine Kenntnis von der Gesellschafterversammlung erlangten.

Gegen dieses Urteil hat Frau A. Berufung eingelegt.

Während des Berufungsverfahrens hat am 18. September 1966 auf Betreiben von Inge G. und Helge D. eine weitere Gesellschafterversammlung stattgefunden, die sich erneut mit der Genehmigung des Grundstücksverkaufs und der Entlastung der Liquidatorin beschäftigt hat. Frau A. meint, diese Gesellschafterversammlung habe die beiden angegriffenen Beschlüsse genehmigt und hierdurch habe der Kläger das zur Klage notwendige Rechtsschutzbedürfnis eingebüßt.

Das Berufungsgericht hat die Berufung auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen und Frau A. die Kosten ihrer Nebenintervention auferlegt.

Mit der Revision verfolgt Frau A. den Klagabweisungsantrag weiter, während der Kläger und seine beiden Streithelferinnen um Zurückweisung der Revision bitten.

Die beiden letzteren haben Anschlussrevision eingelegt mit dem Antrag, die ganzen Kosten der Berufungsinstanz der Streithelferin der Beklagten aufzuerlegen. Frau A. hat um Zurückweisung der Anschlussrevision gebeten.

Entscheidungsgründe

A

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Revision nicht unzulässig.

Richtig ist allerdings, dass der Streitgehilfe wirksam nur solche Prozesshandlungen vornehmen kann, die zu den Handlungen der von ihm unterstützten Hauptpartei nicht in Widerspruch stehen (§ 67 ZPO). Richtig ist auch, dass die Beklagte bei Rechtskraft des Berufungsurteils Regressansprüche gegen ihre Streitgehilfin geltend machen könnte, während sie, hätte die Revision Erfolg, hieran gehindert wäre. Aber die Frage, ob sich der Streitgehilfe durch eine eigene Handlung in Widerspruch mit der von ihm unterstützten Partei setzt, beurteilt sich nicht nach dem materiellen Ergebnis des Prozesses, sondern danach, wie sich die Hauptpartei zum prozess verhält. Im Allgemeinen ist der Streitgehilfe zur Einlegung eines Rechtsmittels auch dann befugt, wenn die Hauptpartei insoweit untätig bleibt. Anders ist es nur, wenn die Hauptpartei durch ausdrückliche oder schlüssige Handlungen zu erkennen gibt, dass sie die Fortsetzung des Rechtsstreits durch den Gehilfen missbilligt (Stein/Jonas/Pohle, ZPO § 67 II 5 b). Die beklagte GmbH hat keine solche Handlung vorgenommen. Ihre Streitgehilfin war daher nicht gehindert, ihrerseits Revision einzulegen.

B

I. Das Berufungsgericht meint: Die angegriffenen Beschlüsse seien nichtig, weil nicht alle Gesellschafter zu der Gesellschafterversammlung vom 16. März 1963 geladen worden seien. § 18 Abs. 3 Satz 1 GmbHG setze voraus, dass die an einen von mehreren Miterben gerichtete Ladung erkennbar die Ladung aller Miterben anstrebe. Insbesondere müsse für den angesprochenen Miterben klar sein, dass er die anderen Mitberechtigten zu verständigen habe. Die Ladung bloß eines von mehreren Miterben dürfe nicht lediglich zur Kenntnis dieses Miterben unter Ausschluss der übrigen Miterben bestimmt sein, wie dies bei der von Frau A. vorgenommenen Ladung der Fall gewesen sei.

Demgegenüber meint die Revision: Die Ladung von Mitberechtigten über einen von ihnen bedürfe keiner anderen Form als die Ladung des einzelnen Gesellschafters. § 18 Abs. 3 Satz 1 GmbHG bezwecke die Erleichterung des Rechtsverkehrs zwischen der Gesellschaft und den an einem Geschäftsanteil gemeinschaftlich Beteiligten. Die Vorschrift wolle an Rechtshandlungen gegenüber Miterben nicht weitergehende Anforderungen stellen, als an den Verkehr mit jedem anderen Gesellschafter. Darum brauche die Ladung bloß eines von mehreren Mitberechtigten nicht zum Ausdruck zu bringen, dass alle Mitberechtigten geladen werden sollen. Ob der angesprochene Mitberechtigte die Ladung so auffasse und entsprechend handle, sei allein eine das Innenverhältnis der Mitberechtigten berührende Frage; die Wirksamkeit der Ladung werde hierdurch nicht beeinträchtigt.

Weder das Berufungsgericht noch die Revision haben Recht.

Inge G. und Helge D. sind an der Beklagten zweifach beteiligt: Sie gehören einmal zum Stamm D. und zum anderen zum Stamm K. Sie hätten daher nicht bloß als Miterben nach Otto D., sondern auch in ihrer Eigenschaft als Miterben nach Robert K. geladen werden müssen. Ist ein Gesellschafter zugleich Mitberechtigter an einem weiteren Geschäftsanteil, so genügt seine Ladung zur Ladung der Mitberechtigten nur dann, wenn er sowohl als Gesellschafter als auch als Mitberechtigter geladen wird.

Da dies unterblieben ist, sind die am 16. März 1963 gefassten Gesellschafterbeschlüsse nichtig, ohne dass es darauf ankommt, ob Frau A., wie das Berufungsgericht angenommen hat, gerade deshalb von der Vorschrift des § 18 Abs. 3 Satz 1 GmbHG Gebrauch gemacht hat, weil sie die übrigen Miterben nicht laden und deren teilnahme verhindern wollte und ob, wie die Revision im Unterschied zum Berufungsurteil meint, ein solcher Ladungsmangel bloß einen Anfechtungs- und keinen Nichtigkeitsgrund abgibt.

II. Das Berufungsgericht meint: Die Gesellschafterversammlung vom 28. September 1966 habe nicht den Beschluss gefasst, die Beschlüsse vom 16. März 1963 zu bestätigen. Bei der Abstimmung hierüber habe Stimmengleichheit bestanden, da sich die auf den Geschäftsanteil von Otto D. entfallenden Stimmen dafür und die auf den Geschäftsanteil nach Robert K. entfallenden Stimmen dagegen ausgesprochen hätten.

Unstreitig ist für die Erben des Robert K. Rechtsanwalt P. aufgetreten. Ihn hatten der Kläger und seine Streithelferinnen den anderen Miterben von Robert K. als gemeinsamen Vertreter für die Gesellschafterversammlung vom 28. September 1966 vorgeschlagen. Dem stimmten Frau A. und Fräulein D. schon vor dieser Versammlung und Frau G. in dieser Versammlung nicht zu. Die Wahl von Rechtsanwalt P. zum gemeinsamen Vertreter der Erben von Robert K. und sein Stimmrecht wurden in der Gesellschafterversammlung erörtert. Eine Einigung hierüber wurde nicht erzielt. Rechtsanwalt P. nahm bei der Abstimmung über den Antrag, die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 16. März 1963 zu bestätigen oder zu genehmigen, das Stimmrecht der Erben des Robert K. für sich in Anspruch und stimmte gegen diesen Antrag. Frau A., Frau G. und Fräulein D. bestritten die Stimmberechtigung von Rechtsanwalt P. und wandten sich gegen seine Stimmabgabe.

Das Berufungsgericht führt aus: Die persönliche Stimmabgabe durch Frau A. sei schlechthin und die durch Frau G. und Fräulein D. insoweit ohne Bedeutung, als sie das Stimmrecht als Erben von Robert K. ausgeübt hätten. Denn das Stimmrecht von Miterben könne nur gemeinschaftlich ausgeübt werden (§ 18 Abs. 1 GmbHG). Das könne jedoch auch durch einen gemeinsamen Vertreter geschehen. Rechtsanwalt P. sei zum gemeinsamen Vertreter bestellt worden. Die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters richte sich nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Für die interne Willensbildung der Erbengemeinschaft sei § 2038 Abs. 2 Satz 1 mit § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgebend, da die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters zur ordnungsmäßigen Verwaltung eines Geschäftsanteils gehöre. Der zur Wahl gestellte Rechtsanwalt P. habe die Stimmen des Klägers und seiner Streithelferinnen und damit die Mehrheit erhalten. In dieser Wahl habe keine Verfügung über den Geschäftsanteil gelegen. Die Frage, ob aufgrund des § 745 Abs. 1 BGB gefasste Mehrheitsbeschlüsse auch bei Widerspruch der Minderheit ausgeführt werden dürfen, beschränke sich daher auf den Fall, dass die Ausführungshandlung keinen Verfügungscharakter habe, und sei für einen solchen Fall zu bejahen. Zur Bevollmächtigung von Rechtsanwalt P. habe daher der Mehrheitsbeschluss sowie der Umstand genügt, dass der Kläger und seine Streithelferinnen diesem Anwalt schlüssig Vollmacht zur Vertretung der Erben des Robert K. erteilt hätten. Die Wirksamkeit dieser Vollmachtserteilung scheitere auch nicht daran, dass nach § 47 Abs. 3 GmbHG eine Stimmrechtsvollmacht zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form bedarf und es hieran fehlte. Denn die Einhaltung dieser Bestimmung sei nach Treu und Glauben entbehrlich, wenn allen Gesellschaftern die Bestellung des Vertreters bekannt sei und in der Gesellschafterversammlung niemand Widerspruch gegen die Stimmabgabe durch den Vertreter erhebe (Scholz, GmbHG § 47 Anm. 13). Das müsse erst Recht gelten, wenn, wie hier, alle Gesellschafter an der Gesellschafterversammlung teilnähmen und in ihrer Gegenwart Wahl und Bestellung eines gemeinsamen Vertreters vorgenommen würden.

Das Berufungsgericht hat, wenn auch nicht in allen Teilen seiner Begründung, so doch im Ergebnis Recht.

1. Rechtsanwalt P. ist für die Gesellschafterversammlung vom 28. September 1966 wirksam zum gemeinsamen Vertreter der Erben von Robert K. bestellt worden.

a) Nach § 18 Abs. 1 GmbH können Mitberechtigte die Rechte aus einem Geschäftsanteil nur gemeinschaftlich ausüben. Das kann in der Weise geschehen, dass alle Beteiligten mitwirken, oder dadurch, dass sie einen gemeinsamen Vertreter bestellen. Die Revision folgert aus der Bemerkung von Schilling (in Hachenburg, GmbHG § 18 Anm. 10): „Einigen sich die mehreren Mitberechtigten nicht, so ist eine Ausübung ihres Rechts nicht möglich“, dass auch zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters Einstimmigkeit erforderlich sei. Das ist nicht richtig. Die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters ermöglicht gemeinsames Handeln, erfordert aber kein solches Handeln. Denn § 18 Abs. 1 GmbHG will nur verhindern, dass Mitberechtigte ihr Recht in unterschiedlicher Weise ausüben, aber nicht die Rechte aus einem mehreren gemeinsam zustehenden Geschäftsanteil lahmlegen, falls eine Einigung über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters nicht zu erzielen ist. § 18 Abs. 1 GmbHG regelt das Verhältnis der mehreren Mitberechtigten zur Gesellschaft und nicht ihr Verhältnis untereinander. Die Revision hat daher nicht Recht, wenn sie meint, diese Bestimmung schließe die Anwendung des § 2038 BGB aus.

b) Nach dieser Bestimmung steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben grundsätzlich gemeinschaftlich zu (§ 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 2038 Abs. 2 Satz 1 mit § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB kann aber durch Stimmenmehrheit eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstandes entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Darum geht es bei dem Vorschlag, Rechtsanwalt P. für die Gesellschafterversammlung vom 28. September 1966 Vollmacht zu erteilen.

c) Es kann dahingestellt bleiben, ob mit Mehrheit auch die Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht beschlossen werden kann, die den Bevollmächtigten berechtigt, an Beschlüssen mitzuwirken, die Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen zum Inhalt haben. Denn im vorliegenden Fall hatte die Vollmacht den Zweck, die Beschlüsse vom 16. März 1963 nicht zu bestätigen und nicht zu genehmigen. Es kommt daher entgegen der Revision nicht darauf an, ob die Erteilung einer Vollmacht, die die erneute Vornahme jener Beschlüsse hätte ermöglichen sollen, eine Verfügung darstellt.

d) Das Berufungsgericht hat sich der in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Auffassung angeschlossen, dass ein gemäß § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB ergangener Mehrheitsbeschluss ohne weiteres von der Mehrheit ausgeführt werden darf. Sie liegt auch dem LM § 2038 BGB Nr. 1 abgedruckten Urteil des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zugrunde. Diese Auffassung ist nicht unbedenklich (Rob. Fischer in BGB-RGRK §§ 744/46 Anm. 10). Bei ihr wäre die Minderheit auf Schadensersatzansprüche beschränkt, falls gar kein Mehrheitsbeschluss vorläge. Denn die Minderheit würde, könnte die vermeintliche Mehrheit den gefassten Beschluss ausführen, mit einer Klage zu spät kommen und vor vollendeten Tatsachen stehen. Billigt man dem Mehrheitsbeschluss dagegen nur Wirkung im Verhältnis unter den Teilhabern zu, so kann sich die Mehrheit im Allgemeinen damit helfen, die Minderheit auf Mitwirkung an der Ausführung des Beschlusses zu verklagen, und muss damit bei Rechtmäßigkeit des gefassten Beschlusses Erfolg haben, da alle Teilhaber verpflichtet sind, bei wirksam beschlossenen Verwaltungsmaßnahmen mitzuwirken.

Die Frage kann jedoch auf sich beruhen. Im vorliegenden Fall würden vollendete Tatsachen entstanden sein, hätte die Mehrheit die Minderheit auf Mitwirkung an der Ausführung des Mehrheitsbeschlusses verklagen müssen. Denn, könnte das Stimmrecht für den Geschäftsanteil von Robert K. mangels Einigkeit der Erben dieses Stammes nicht ausgeübt werden, so würde die Genehmigung der angegriffenen Gesellschafterbeschlüsse vom 16. März 1963 mit den Stimmen des Stammes D. beschlossen worden sein. Es liegt das Spiegelbild dazu vor, dass die Minderheit vor vollendete Tatsachen gestellt wird, wenn die Mehrheit einen gefassten Beschluss ausführt. Denn nun würde die Mehrheit mit einer Klage zu spät kommen und vor vollendeten Tatsachen stehen. In Not- oder Eilfällen kann die Mehrheit nicht von der Minderheit lahmgelegt werden. Wenn Gefahr im Verzuge ist, ein Urteil zu spät kommen würde und mangels Einigkeit der Mitberechtigten vollendete Tatsachen entständen, kann es die Minderheit nicht in der Hand haben, die Ausführung der beschlossenen Maßnahme zu verhindern und die Mehrheit auf einen Schadensersatzanspruch zu beschränken. Daher muss ein gemäß § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB ergangener Mehrheitsbeschluss in Eil- oder Notfällen von der Mehrheit ausgeführt werden können.

e) Es kann offenbleiben, ob Frau A. von der teilnahme an der Abstimmung der Erbengemeinschaft K. über die Vollmachterteilung ausgeschlossen war. Die herrschende Lehre nimmt allerdings an, dass, wenn bei einem der Mitberechtigten die Voraussetzungen des Stimmrechtsausschlusses vorliegen, das Stimmrecht für die ganze Gemeinschaft zu ruhen hat. Der vorliegende Fall zeigt aber, dass diese Ansicht nicht richtig sein kann. Frau A. könnte einem Stimmrechtsverbot nur deshalb ausgesetzt gewesen sein, weil die Erbengemeinschaft einen Vertreter zur Abstimmung über die Erneuerung oder Genehmigung des Entlastungsbeschlusses bestellen sollte und die Meinung des Entlastungsbeschlusses bestellen sollte und die Meinung vertreten wird (Baumbach/Hueck, GmbHG § 47 Anm. 5 A), für einen Stimmrechtsausschluss sei der Gehalt des Beschlusses und nicht sein äußerer Anlass maßgebend. Es wäre sinnwidrig, wenn letztlich die Tatsache, dass Frau A. nicht über ihre Entlastung mit abstimmen darf, zu einer Stimmrechtsbehinderung der Erbengemeinschaft K. führen würde. Zöllner (Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsvollmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, S. 274/75) vertritt mit Recht die Ansicht, dass, wenn bei einem von mehreren an einer Mitgliedschaft Berechtigten die Voraussetzungen eines Stimmrechtsausschusses vorliegen, die Ausübung des Stimmrechts nicht generell für diesen Gesellschaftsanteil ausgeschlossen sein kann, sondern gefragt werden muss, ob der Zweck des Stimmrechtsverbots den Gesamtausschluss vom Stimmrecht erheischt, und dass dies nur dann der Fall ist, wenn zu besorgen ist, dass die Mitberechtigten in gleicher Weise das Stimmrecht unsachlich ausüben.

2. Rechtsanwalt P. war auch ohne schriftliche Vollmacht vertretungsberechtigt.

Grundsätzlich bedarf eine Stimmrechtsvollmacht allerdings zu ihrer Gültigkeit der Schriftform (§ 47 Abs. 3 GmbHG). Einer schriftlichen Vollmacht und ihrer Vorlegung bedarf es aber nicht, wenn die Vollmachtserteilung sämtlichen Gesellschaftern bekannt ist und niemand Widerspruch erhebt (Vogel, GmbHG § 47 Anm. 5; Scholz, GmbHG § 47 Anm. 13). Denn der Zweck der Formvorschrift ist es, die Gesellschafterversammlung in die Lage zu setzen, die Bevollmächtigung zu prüfen. Eine weitere Ausnahme ist dann zu machen, wenn die Vollmacht in einer Gesellschafterversammlung erteilt wird, in der alle Beteiligten anwesend sind, über die Rechtmäßigkeit der Vollmacht diskutiert wird, die gegen die Vollmacht geäußerten Bedenken unberechtigt sind und kein schutzwürdiges Interesse daran besteht, die nur mündlich erteilte Vollmacht nicht gelten zu lassen.

So liegt es hier. Beide Stämme waren vollzählig anwesend. Über die Vollmacht an Rechtsanwalt P. ist in der Gesellschafterversammlung diskutiert worden. Das Bedenken, dass die Vollmachterteilung Einstimmigkeit des Stammes Robert K. erfordere, war, wie ausgeführt, unbegründet. Ein schutzwürdiges Interesse an der Unterbindung der Stimmrechtsausübung durch Rechtsanwalt P. bestand nach Lage der Dinge nicht. Wenn die Handlungsweise der Liquidatorin beim Verkauf des Grundbesitzes der Gesellschaft und bei der Verwendung des erzielten Erlöses einwandfrei war, brauchte Frau A. eine Nachprüfung nicht zu scheuen und konnte auch noch nach einer solchen Nachprüfung entlastet werden. Anderenfalls ging es ihr, Frau G. und Fräulein D. bei dem Beschluss vom 28. September 1966 darum, auf Regressansprüche gegen die Liquidatorin zu verzichten, damit das verteilbare Gesellschaftsvermögen zu schmälern und die Rechte des Klägers und seiner Streithelferinnen, die als Erben nicht hatten ausgeschaltet werden können, nun auf dem Wege über einen Regressverzicht zu beeinträchtigen.

War aber Rechtsanwalt P. berechtigt, gegen die Erneuerung oder Genehmigung der nichtigen Gesellschafterbeschlüsse vom 16. März 1963 zu stimmen, so ist es am 28. September 1966 zu keinem Gesellschafterbeschluss gekommen.

Die Revision konnte daher auch unter dem Gesichtspunkt der Vorgänge vom 28. September 1966 keinen Erfolg haben.

C

Auch die Anschlussrevision ist unbegründet.

Die Kosten eines vom unselbständigen Nebenintervenienten eingelegten und erfolglos gebliebenen Rechtsmittels sind, wenn die unterstützte Hauptpartei am Rechtsmittelverfahren teilgenommen hat, dieser aufzuerlegen (RGZ 59, 173; 69, 283, 292). Denn ein solcher Nebenintervenient ist nicht selbst Partei, sondern bloß Streithelfer einer der Parteien, und hat nach § 101 ZPO nur die durch die Nebenintervention verursachten Kosten und nicht die Kosten der Entscheidung des Streits der Parteien zu tragen. Rechtsprechung und Schrifttum stimmen darin überein, dass jedoch dem unselbständigen Nebenintervenienten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens dann zur Last fallen, wenn er das Rechtsmittel ohne Beteiligung der von ihm unterstützten Partei eingelegt und durchgeführt hat (RG JW 1933, 1065; BGH LM § 582 ZPO Nr. 1; BGH LM § 35 BVerfGG Nr. 1; Stein/Jonas/Pohle, ZPO § 101 I Abs. 2; Wieczorek, ZPO § 101 B II a 1). Denn, wenn auch das vom Nebenintervenienten eingelegte Rechtsmittel nach den Grundsätzen der §§ 66, 67 ZPO als für die unterstützte Hauptpartei eingelegt gilt, kann es doch der Streithelfer nicht in der Hand haben, die von ihm unterstützte Hauptpartei wider deren Willen mit Kosten zu belasten und seine eigene Rechtsmittelbefugnis unter dem Kostenrisiko der Hauptpartei auszuüben.

Als eine Beteiligung der unterstützten Hauptpartei hat es das Reichsgericht angesehen, wenn diese Partei auch ihrerseits Rechtsmittel eingelegt (RGZ 69, 292) oder, ohne Rechtsmittel einzulegen, einen Rechtsmittelantrag gestellt und Angriffe erhoben hat (RGZ 59, 173). Dagegen hat es als Beteiligung am Rechtsmittelverfahren nicht angesehen, wenn die unterstützte Hauptpartei keine Anträge gestellt hat (WarnRspr 1914 Nr. 95) oder für die Rechtsmittelinstanz zwar einen Prozessbevollmächtigten bestellt, „sich im Übrigen aber vom Rechtsmittelverfahren ferngehalten, insbesondere eigene Anträge weder angekündigt noch gestellt, keine vorbereitenden Schriftsätze eingereicht und sich in der mündlichen Verhandlung nicht hat vertreten lassen“ (RG JW 1933, 1065).

Im vorliegenden Fall hat der landgerichtliche, auch beim Berufungsgericht zugelassene Prozessbevollmächtigte der Beklagten zum Rechtsmittelverfahren einen Schriftsatz (vom 29. Juni 1966) eingereicht, den er dem Kläger und seinen Streithelferinnen selbst zugestellt und in dem er zur rechtlichen Seite des Falles Stellung genommen hat. Zusammen mit diesem Anwalt ist der Liquidator der Beklagten zur Berufungsverhandlung erschienen. Die Anschlussrevision meint, das rechtfertige es nicht, der Beklagten die Kosten der Berufungsinstanz aufzuerlegen.

Dem kann nicht gefolgt werden.

Der Anschlussrevision ist allerdings zuzugeben, dass der eingereichte Schriftsatz kein bestimmender, sondern ein vorbereitender Schriftsatz war und dass die Streitgehilfin der Beklagten, wenn sie zur mündlichen Verhandlung zwar erschienen wäre, aber nicht verhandelt hätte, nach § 333 ZPO als säumig zu behandeln gewesen wäre. Aber die Beklagte hat sich dadurch, dass sie mit einem postulationsfähigen Anwalt zur Berufungsverhandlung erschien, die Möglichkeit geschaffen, den Erlass eines VersäumnisurteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu verhindern und sich hierdurch und durch die Einreichung eines Schriftsatzes, der ja doch gelesen und berücksichtigt werden sollte, an dem Berufungsverfahren in einem Umfang beteiligt, dass es gerechtfertigt war, ihr die Kosten des Berufungsverfahrens und ihrer Streithelferin nur die Kosten ihrer Nebenintervention aufzuerlegen.

Am Revisionsverfahren hat sich die Beklagte nicht beteiligt. Ihr konnten daher die Kosten der Revisionsinstanz nicht auferlegt werden.

Durch die Anschlussrevision sind keine besonderen Kosten erwachsen, da die Anschlussrevision nur die Kosten des Berufungsverfahrens betrifft (§ 4 ZPO) und die Streithelferinnen des Klägers auch den Antrag auf Zurückweisung der Revision gestellt haben.

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