§ 38 GmbHG
Die aus wichtigen Gründen erklärte Amtsniederlegung eines Geschäftsführers ist, auch wenn über die objektive Berechtigung dieser Gründe gestritten wird, sofort wirksam, unbeschadet einer etwaigen Haftung wegen Verletzung des Anstellungsvertrages.
…
Der Kläger verlangt als Konkursverwalter der S.-GmbH & Co KG vom Beklagten unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung die Herausgabe von Hypothekenzinsen, die von den Hypothekenschuldnern an den Beklagten gezahlt worden sind und nach Auffassung des Klägers der Gemeinschuldnerin zugestanden haben.
Die persönlich haftende Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin, die S.-GmbH, hatte nach ihrer Satzung einen oder mehrere Geschäftsführer. Waren mehrere vorhanden, so wurde sie durch zwei Geschäftsführer vertreten. Im Jahre 1976 waren für den kaufmännischen Bereich der Kaufmann H. und für den technischen Bereich der Kaufmann J. zu Geschäftsführern bestellt. Nachdem die Muttergesellschaft der S.-GmbH in Vermögensverfall geraten war, erklärte H. mit Schreiben vom 16. Juni 1976 an die beiden Gesellschafter und seinen Mitgeschäftsführer J., er sehe sich aufgrund der Vorkommnisse bei jener Gesellschaft und wegen der Unklarheit über die Weiterführung der beiden S.-Gesellschaften gezwungen, die Geschäftsführung niederzulegen. Im Anschluß daran führte J. die Geschäfte zunächst allein weiter.
Durch notariell beglaubigte Urkunde vom 7. Juli 1976 trat J. als Geschäftsführer der S.-GmbH namens der S.-GmbH & Co KG eine zu deren Gunsten eingetragene Hypothek unter Übergabe des Hypothekenbriefes an den Beklagten ab. Daraufhin zahlten die Grundstückseigentümer, nachdem in der Zwischenzeit das Vergleichsverfahren und später das Konkursverfahren über das Vermögen der S.-GmbH & Co KG eröffnet worden war, am 20. Januar 1977 4.000 DM Hypothekenzinsen an den Beklagten.
Seine auf Herausgabe dieses Betrages gerichtete Klage hat der Kläger damit begründet, die Abtretung der Hypothek sei unwirksam, weil der zweite Geschäftsführer H. weder mitgewirkt noch ihr zugestimmt habe. Dessen unberechtigte Erklärung, die Geschäftsführung niederzulegen, habe seine Gesamtvertretungsbefugnis nicht beenden können und sei tatsächlich auch nicht verwirklicht worden. Der Beklagte hat den gegenteiligen Standpunkt vertreten und hilfsweise mit Gegenforderungen aufgerechnet. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.
Die Entscheidung hängt davon ab, ob der Geschäftsführer der S.-GmbH, H., durch seine Erklärung vom 16. Juni 1976 sein Amt wirksam niedergelegt hat, wie der Beklagte meint. Denn wenn dies der Fall wäre, hätte der bis dahin nur gesamtvertretungsberechtigte andere Geschäftsführer J. nach der Satzung Einzelvertretungsmacht erlangt und deshalb den Abtretungsvertrag vom 7. Juli 1976 als Vertreter der GmbH allein für die S.-GmbH & Co KG abschließen dürfen. Anderenfalls könnte die Klage nach § 816 Abs 2 BGB begründet sein (vgl BGH, Urt v 25.1.55 – I ZR 75/53, LM BGB § 816 Nr 6); die Möglichkeit, daß H. seinen Mitgeschäftsführer zum Vertragsabschluß ermächtigt oder dem Vertrag zugestimmt habe, scheidet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus.
1.
In Rechtsprechung und Schrifttum besteht im wesentlichen Einigkeit darüber, daß der Geschäftsführer einer GmbH seine Organstellung jedenfalls in Verbindung mit einer ordentlichen Kündigung seines Dienstvertrags aufgeben oder sein Amt – gegebenenfalls auch unter Aufrechterhaltung seines Dienstverhältnisses (Urt d Sen v 9.2.78 – II ZR 189/76, GmbHG § 38 Nr 6) – aus wichtigem Grund sofort niederlegen kann. Solche Gründe hat H. zwar mit seinen Schreiben vom 11. und 16. Juni 1976 geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat aber nicht abschließend geprüft, ob sie für einen sofortigen Rücktritt von der Geschäftsführung ausreichten, sondern lediglich festgestellt, es neige dazu, die Ungewißheit einer Fortführung der S.-GmbH nach dem Vermögensverfall ihrer Muttergesellschaft als wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung anzusehen, „wie dies beim bevorstehenden Konkurs des Arbeitgebers allgemein angenommen“ werde. Demgegenüber weist die Revision zutreffend darauf hin, daß eine wirtschaftliche Krise der Gesellschaft für sich allein einen Geschäftsführer noch nicht dazu berechtigt, sein Amt niederzulegen. Anders mag es sich verhalten, wenn der Geschäftsführer in einer solchen Lage bei den Gesellschaftern nicht die nötige Unterstützung findet (vgl das vorstehend erwähnte Urt d Sen v 9.2.78) oder diese ihn zB drängen, von einem pflichtgemäßen Konkursantrag oder Vergleichsantrag abzusehen (vgl aber zur Pflicht auch eines ausscheidenden Geschäftsführers, noch für rechtzeitige Konkursanmeldung zu sorgen: BGHSt 2, 53 = GmbHRdsch 1952, 42 m Anm Schneider). Ohne solche besonderen, hier bislang nicht feststehenden Umstände bleibt aber ein Geschäftsführer grundsätzlich auch bei einem drohenden Zusammenbruch des Gesellschaftsunternehmens an seine Aufgabe gebunden, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes alles zu tun, was die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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in dieser Lage erfordern, und zugleich die an sein Amt geknüpften öffentlichen Pflichten zu erfüllen.
Ein ungerechtfertigter Versuch, sich diesen Aufgaben zu entziehen, verstößt gegen den Dienstvertrag; er kann Schadensersatzansprüche der Gesellschaft auslösen und dieser einen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses geben.
2.
Das besagt aber noch nicht, daß ein bei bestehendem Dienstverhältnis ohne objektiv ausreichenden wichtigen Grund erklärter und deshalb vertragswidriger Rücktritt wirkungslos sei, also die organschaftliche Vertretungsmacht unberührt lasse. Denn äußere Vertretungsmacht und interne Bindung brauchen sich nicht zu decken, wie schon § 37 GmbHG zeigt. Bislang wurde allerdings überwiegend die Ansicht vertreten, eine gegenüber der Gesellschaft unzulässige Amtsniederlegung sei auch nach außen unwirksam. In jüngerer Zeit mehren sich jedoch die Stimmen, die einer solchen Erklärung ungeachtet der Verletzung schuldrechtlicher Pflichten die Rechtsfolge einer sofortigen Beendigung der Organstellung beimessen (vgl zum Stand der Meinungen Scholz/U. H. Schneider, GmbHG 6. Aufl § 38 Anm 54ff mwN). Dieser Auffassung hat sich das Berufungsgericht angeschlossen. Ihr ist für den hier gegebenen Fall, daß der Geschäftsführer für seinen Entschluß wichtige Gründe geltend macht, im Ergebnis zu folgen.
a) Im Gesetz ist die Amtsniederlegung durch Geschäftsführer einer GmbH nicht geregelt. Der Grundsatz des § 38 Abs 1 GmbHG, wonach die Gesellschaft die Bestellung der Geschäftsführer zu jeder Zeit widerrufen kann, läßt sich nicht „seitenverkehrt“ auf einen Rücktritt des Geschäftsführers übertragen (so aber Schneider/Schneider, GmbHRdsch 1980, 4, 7; Scholz/U. H. Schneider aaO § 38 Anm 56). Denn abgesehen davon, daß dieser Grundsatz abdingbar ist (§ 38 Abs 2 GmbHG), trifft der für ihn maßgebende Rechtsgedanke, die Gesellschaft gegen die Gefahren der nach § 37 Abs 2 GmbHG sachlich unbeschränkbaren äußeren Vertretungsmacht eines Geschäftsführers zu schützen, auf eine Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer selbst nicht zu.
Andererseits gibt die für Personengesellschaften geltende Vorschrift des § 712 Abs 2 BGB, die eine Kündigung der Geschäftsführung und damit im Zweifel auch der Vertretungsmacht (§ 714 BGB) durch einen Gesellschafter an wichtige Gründe bindet, für die Rechtslage in der GmbH nichts her. Denn sie ist auf eine Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsbefugnis zugeschnitten, die auf der Gesellschaftereigenschaft beruht und deshalb wesentlich durch die Treuepflicht und die persönliche Zusammenarbeit der Gesellschafter geprägt ist. Ob eine vergleichbare Lage in der GmbH dann bestehen und zu einer entsprechenden Beurteilung der Amtsniederlegung führen kann, wenn dort ein Gesellschafter zur Geschäftsführung satzungsgemäß berechtigt und verpflichtet ist (vgl Schneider/Schneider aaO S 8), braucht hier nicht entschieden zu werden.
b) Aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen läßt sich eine klare Antwort auf die Frage, wann ein Geschäftsführer sein Amt aufgeben kann, ebenfalls nicht ableiten. So spricht für die vom Berufungsgericht vertretene Möglichkeit einer jederzeitigen Amtsniederlegung weder seine Erwägung, es stehe einem Geschäftsführer wie einem jeden Bevollmächtigten frei, ob er von seiner Vertretungsmacht tatsächlich Gebrauch machen wolle oder nicht, noch der Umstand, daß nach § 888 Abs 2 ZPO Dienstleistungen nicht erzwingbar sind (insoweit zutreffend Hefermehl in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG § 84 Anm 3 gegen Mertens in Kölner Komm z AktG § 84 Anm 80; vgl auch Schneider/Schneider aaO S 8). Denn ebenso wie eine tatsächliche Verhinderung (vgl BGHZ 34, 27) beeinträchtigt auch die tatsächliche Untätigkeit eines Geschäftsführers, mag sie berechtigt oder pflichtwidrig sein, nicht von selbst dessen Organstellung und die damit verbundene Rechtsmacht, die Gesellschaft aktiv und passiv zu vertreten. Diese besteht vielmehr unabhängig von der Möglichkeit, ihre Ausübung zu erzwingen, und schließt daher, solange sie weder widerrufen noch durch wirksamen Verzicht beendet worden ist, die alleinige Handlungsbefugnis eines nur gesamtvertretungsberechtigten Mitgeschäftsführers aus.
Ebenso erlaubt der Umstand, daß die Organstellung einen Zuwachs an äußerer Rechtsmacht mit sich bringt, nicht schon den Schluß, der Träger dieser Rechtsposition müsse auf sie in ähnlicher Weise frei verzichten können, wie es dem Inhaber eines dinglichen Rechts vielfach möglich ist. Denn die organschaftliche Vertretungsmacht ist einem Geschäftsführer in der Regel nicht oder nicht ausschließlich um seiner selbst willen, sondern im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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eingeräumt. Durch sie wird die Gesellschaft, anders als es bei einer gewöhnlichen Vollmacht der Fall ist, im Rechtsverkehr erst handlungsfähig. Für den Geschäftsführer, schließt sie, auch unabhängig von dem ihr zugrundeliegenden Anstellungsverhältnis, mit dem Recht zugleich die Pflicht ein, die Angelegenheiten der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu besorgen (§ 43 GmbHG). Diese Pflichtenstellung umfaßt die Wahrnehmung öffentlicher Pflichten, wie sie zB in § 35a, § 41 oder § 64 GmbHG niedergelegt sind.
c) Hieraus folgt freilich nicht schon die Unwirksamkeit einer Amtsniederlegung, die weder durch eine Vertragsauflösung noch sonst durch wichtige Gründe objektiv gerechtfertigt ist. Denn es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz, wonach der Inhaber eines Amtes oder einer sonstigen Rechtsstellung, die ihn zur Vertretung eines anderen ermächtigt und verpflichtet, seine Vertretungsmacht nur dann wirksam preisgeben könnte, wenn bestimmte Voraussetzungen objektiv erfüllt sind (vgl zB § 2226 gegen § 1889 BGB; oder § 168 mit § 671 BGB einerseits, §§ 620ff BGB andererseits). Es bedarf vielmehr einer Abwägung aller Interessen, die durch einen solchen Schritt nach der Eigenart des betreffenden Rechtsverhältnisses jeweils berührt sein können.
d) Unter diesem Gesichtspunkt sind zunächst die Belange der Gesellschaft von Bedeutung. Es ist nicht zu verkennen, daß diese durch den unvermittelten Rücktritt eines Geschäftsführers beeinträchtigt sein können. Zwar wird der Gesellschaft im allgemeinen nicht viel daran gelegen sein, einen dienstunwilligen Geschäftsführer weiterhin an seinem Amt festzuhalten. Ihre Interessen sind bei einer vertragswidrigen Amtsniederlegung insoweit gewahrt, als sie, wenn nötig, sogleich einen neuen Geschäftsführer bestellen und gegen den bisherigen schuldrechtlich vorgehen kann. Immerhin kann aber der Amtsverzicht eines Geschäftsführers, zumal ohne rechtzeitige Ankündigung, die Gesellschaft namentlich dann, wenn kein (alleinvertretungsberechtigter) vertretungsberechtigter weiterer Geschäftsführer die Lücke ausfüllen kann, zumindest zeitweise in eine unangenehme Lage bringen, die sonst nur bei einem Todesfall auftreten kann. Denn wenn die Gesellschafter oder das sonst zuständige Bestellungsorgan von sich aus einen Geschäftsführer abberufen, können sie gleichzeitig für Ersatz sorgen. Im Falle des Rücktritts ist die Gesellschaft dagegen, sofern weder ein anderer Geschäftsführer noch wenigstens ein Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einspringen kann, bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers nach außen hin nicht nur handlungsunfähig, sondern sie kann auch keine Willenserklärungen entgegennehmen (vgl § 35 Abs 2 Satz 3 GmbHG). Vor allem ist sie vorübergehend außerstande, öffentliche Anforderungen zu erfüllen, die durch den oder die Geschäftsführer wahrzunehmen sind, wie zB eine im Gesetz vorgesehene Anmeldung zum Handelsregister (§ 78 GmbHG).
Solche Schwierigkeiten mögen im Regelfall schnell überwindbar sein und keine bleibenden Nachteile für die Gesellschaft zur Folge haben; sie können im Rechtsleben auch sonst auftauchen, wo ein gesetzlicher Vertreter plötzlich ausfällt. Gleichwohl sprechen sie mindestens gegen die Rechtsgültigkeit willkürlicher Amtsniederlegungen, zumal deren Anerkennung einen erhöhten Anreiz zu Vertragsbrüchen bilden könnte.
e) Auch zum Schutz der Geschäftsführer erscheint jedenfalls eine unbeschränkte Zulassung von Amtsniederlegungen nicht geboten. Insbesondere reicht hierfür nicht der Gesichtspunkt aus, daß einen Geschäftsführer die mit seiner Stellung verbundenen öffentlich-rechtlichen Pflichten und die ihm bei deren Verletzung drohende persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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angesichts seiner Abhängigkeit von Weisungen der Gesellschafter erheblich belasten könnten (Schneider/Schneider aaO S 5, 7). Denn gesetzwidrige oder sonst unzumutbare Weisungen geben dem Geschäftsführer, wie schon erwähnt, gewöhnlich ein außerordentliches Rücktrittsrecht. Die normalen Obliegenheiten und Risiken seines Amtes hat er aber durch sein Einverständnis mit der Bestellung freiwillig auf sich genommen. Allenfalls ließe sich zu seinen Gunsten das erhöhte Risiko anführen, daß die für seine Amtsniederlegung vorgebrachten Gründe in einem Rechtsstreit als unzureichend befunden werden könnten. Indessen besteht die Gefahr einer hierauf beruhenden Haftung unabhängig vom Fortbestand oder Erlöschen der Organstellung schon aufgrund des Anstellungsvertrages.
f) Ausschlaggebend ist aber folgendes: Hinge die Wirksamkeit einer auf wichtige Gründe gestützten Amtsniederlegung vom objektiven Durchgreifen dieser Gründe ab, so hätte dies vor allem in den Fällen, in denen, wie hier, zwei gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer bestellt sind und beim Ausscheiden des einen der andere Alleinvertretungsmacht erlangt, eine unter Umständen lang andauernde Ungewißheit über die Vertretungsverhältnisse zur Folge, die für alle Beteiligten und den allgemeinen Rechtsverkehr schwer erträglich wäre. Der zurückgetretene Geschäftsführer müßte damit rechnen, daß er nach wie vor zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet wäre. Zu dem schon erörterten Vertragsrisiko, das mit einer Rücktrittserklärung aus wichtigem Grund in jedem Fall verbunden ist, käme für ihn obendrein die Gefahr, wegen Nicht-Ausübung seiner Vertretungsmacht haften zu müssen, wenn seine Gründe in einem Rechtsstreit nicht als ausreichend anerkannt werden oder er sie nicht beweisen kann. Sein Mitgeschäftsführer müßte damit rechnen, entweder wegen Untätigkeit von der Gesellschaft zur Verantwortung gezogen zu werden, wenn er zu Unrecht vom Fortbestand der Gesamtvertretung ausgeht, oder nach § 179 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht persönlich verpflichtet zu sein, wenn er in der irrigen Annahme, die Amtsniederlegung des anderen sei wirksam, allein für die Gesellschaft handelt. Zwar kann er darauf drängen, daß die Gesellschafter unverzüglich Klarheit schaffen, indem sie entweder den Rücktritt des anderen Geschäftsführers billigen und die Vertretung der Gesellschaft ihm allein überlassen oder wenigstens vorsorglich einen neuen Geschäftsführer bestellen. Aber bis dahin können unaufschiebbare Geschäfte anstehen.
Die Gesellschaft wäre, selbst wenn sie die Gründe für die Amtsniederlegung nicht gelten lassen wollte, gleichwohl genötigt, im Interesse ihrer ordnungsmäßigen Vertretung durch die Bestellung eines neuen Geschäftsführers wenigstens zeitweise für Ersatz zu sorgen. Sie stünde insofern nicht wesentlich besser da, als wenn die Amtsniederlegung aus wichtigem Grund sofort wirksam wäre, müßte aber im Gegensatz dazu bei Wahrung ihres Rechtsstandpunktes darauf bedacht sein, daß dieser Schritt nicht als Einverständnis mit der Amtsniederlegung aufgefaßt werden kann; deshalb müßte sie auch – ungeachtet der für sie und den Rechtsverkehr damit möglicherweise verbundenen Gefahren – von einem Antrag auf Löschung des Zurückgetretenen im Handelsregister absehen. Ob auch die Bestellung eines Notgeschäftsführers entsprechend § 29 BGB in Betracht käme, wäre bei Zweifeln über das Erlöschen der Vertretungsmacht des zurückgetretenen Geschäftsführers fraglich, weil das Gesetz eine solche Maßnahme vom „Fehlen“ der erforderlichen Zahl von Mitgliedern des Vertretungsorgans abhängig macht. Besonders belastend wäre für die Gesellschaft auch die Unsicherheit, ob zwischenzeitliche Vertretungshandlungen des verbliebenen Geschäftsführers für und gegen sie wirksam wären, oder ob sie eine dem zurückgetretenen Geschäftsführer zugegangene, vielleicht fristgebundene oder eine Frist auslösende Willenserklärung nach § 35 Abs 2 Satz 3 GmbHG gegen sich gelten lassen müßte; dabei hätte sie zugunsten des Dritten die Schutzwirkung des § 15 Abs 1 HGB in Rechnung zu stellen.
Dieselbe, unter Umständen jahrelang anhaltende Unsicherheit über die Gültigkeit von Rechtsgeschäften bestünde für Geschäftspartner der Gesellschaft, denen der zurückgetretene Geschäftsführer seine Amtsniederlegung mitgeteilt hat oder denen, zB in einer notariellen Verhandlung (vgl hier die Niederschrift vom 7. Juli 1976), der andere Geschäftsführer als Vertreter des Gesellschaft allein gegenübergetreten ist und die im Vertrauen hierauf einen Vertrag abgeschlossen haben. Ob solchen Geschäftspartnern mit dem Gesichtspunkt des Rechtsscheins geholfen werden kann, ist mindestens dann fraglich, wenn der zurückgetretene Geschäftsführer noch im Handelsregister eingetragen ist und der Gesellschaft auch nicht vorgeworfen werden kann, sie habe durch ihr Verhalten den Irrtum über die alleinige Vertretungsmacht des anderen gefördert. Kann bei Vertragsabschlüssen, zumal wenn sie nicht eilig sind, dem Vertragsgegner unter Umständen noch entgegengehalten werden, er hätte bis zur eindeutigen Klärung der Vertretungsverhältnisse warten können und müssen, so versagt dieser Gesichtspunkt vollends, wo es um die Entgegennahme einseitiger Willenserklärungen (zB einer Kündigung) geht. In einem solchen Fall beurteilen zu müssen, ob der eine Geschäftsführer wirklich einen wichtigen Grund zur Amtsniederlegung hatte und deshalb der andere die Erklärung allein abgeben konnte, wäre für den Erklärungsempfänger unzumutbar.
Damit würde der Streit über die sachliche Berechtigung einer aus wichtigem Grund erklärten Amtsniederlegung, wenn sie für die Vertretungsmacht erheblich wäre, auf eine Weise zu Lasten Dritter ausgetragen, die über das allgemeine, im Rechtsverkehr nie ganz vermeidbare Risiko vollmachtloser Vertretung hinausginge. Hiervon könnten weitere Personen betroffen sein, die (zB als Pfandgläubiger) an dem betreffenden Geschäft rechtlich oder wirtschaftlich interessiert sind. Schließlich käme auch der Registerrichter in eine schwierige Lage, wenn er prüfen müßte, ob eine ihm bekannt gewordene Amtsniederlegung aus wichtigem Grund berechtigt ist und ob er etwa deren förmliche Anmeldung gemäß § 14 HGB, §§ 132ff FGG in Verb mit § 39 GmbHG erzwingen soll (vgl hier die Verfügung des Amtsgerichts Flensburg vom 26.7.1976, GA S 53).
g) Diese Überlegungen machen es notwendig, die aus wichtigen Gründen erklärte Amtsniederlegung eines Geschäftsführers auch dann als sofort wirksam zu behandeln, wenn über die objektive Berechtigung dieser Gründe Streit besteht. Sie haben ein stärkeres Gewicht als das möglicherweise vorliegende Interesse der Gesellschaft an der Fortführung des Amtes, dem, wenn es pflichtwidrig verletzt wird, immerhin durch einen schuldrechtlichen Ausgleich Rechnung getragen werden kann. Der dafür entscheidende Gedanke, daß bei Zweifeln über die Beendigung organschaftlicher Vertretungsmacht aus wichtigem Grund dem Schutz der Gesellschaft, ihrer Organe und des Rechtsverkehrs vor unklaren Vertretungsverhältnissen der Vorrang zukommt, hat in § 84 Abs 3 Satz 4 AktG einen ausdrücklichen Niederschlag gefunden; diese Vorschrift läßt, um einen längeren Schwebezustand zu verhindern (Baumbach/Hueck, AktG 13. Aufl § 84 RdNr 15), den Widerruf einer Vorstandsbestellung wirksam sein, bis das Gegenteil rechtskräftig festgestellt ist. Derselbe Gedanke kommt sinngemäß auch hier zum Tragen (Mertens in Hachenburg, GmbHG 7. Aufl § 38 RdNr 75; Schneider/Schneider aaO S 8f). Jedoch kann wegen der insoweit abweichenden Interessenlage für den Fall, daß die Amtsniederlegung gerichtlich für unrechtmäßig erklärt wird, auf ein Wiederaufleben der Vertretungsmacht verzichtet werden, da die GmbH den Geschäftsführer förmlich wiederbestellen kann, wenn sie auf seine Organstellung noch Wert legt.
3.
Die Rücktrittserklärung des Geschäftsführers H. vom 16. Juni 1976, die er unter anderem an die beiden Gesellschafter als die Mitglieder des zuständigen Bestellungsorgans gerichtet hat, hat daher seine Organstellung sofort beendet. Die Frage, ob er den Gesellschaftern vorher Gelegenheit zu anderweitiger Vorsorge für eine ordnungsmäßige Vertretung der GmbHBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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hätte geben müssen, hat hier schon deshalb keine entscheidende Bedeutung, weil noch ein weiterer Geschäftsführer vorhanden war, der nunmehr allein für die Gesellschaft handeln konnte. Im übrigen hätte selbst der Umstand, daß die Erklärung zur Unzeit abgegeben worden wäre, ihre Außenwirkung nicht berührt, sondern lediglich im Innenverhältnis Schadensersatzansprüche auslösen können (vgl § 671 Abs 2 BGB; für die Genossenschaft: Müller, GenG § 24 RdNr 84).
4.
Das Vorbringen der Revision, H. sei, wie urkundlich belegt, schon wenige Tage nach dem streitigen Abtretungsvertrag vom 7. Juli 1976 erneut als Geschäftsführer tätig geworden, ist unerheblich, weil die einmal erloschene Organbestellung nur durch eine Wiederbestellung hätte neu begründet werden können. Daß dies hier vor dem 7. Juli 1976 geschehen sei, hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht.
5.
Da hiernach J. als seinerzeit einziger Geschäftsführer die Komplementär-GmbH der S.-GmbH & Co KG bei der Abtretung der Hypothek wirksam vertreten hat, haben die Vorinstanzen die Klage mit Recht abgewiesen.
Schlagworte: Amtsniederlegung, Anstellungsvertrag, Erklärung und Wirksamkeit, Folgen der Amtsniederlegung des Alleingeschäftsführers, Geschäftsführer, Grund ist umstritten, Haftung wegen Amtsniederlegung, Rechtsmissbrauch, Rückgängigmachung Amtsniederlegung, Unberechtigte Amtsniederlegung, Wichtiger Grund