§ 138 BGB, Art 12 GG
Das in § 8 a des Gesellschaftsvertrages vom 21. Februar 1984 enthaltene Wettbewerbsverbot ist gemäß § 138 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG nichtig, soweit es die Tätigkeit des Klägers nach seinem Ausscheiden als Gesellschafter der Beklagten betrifft.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats darf ein im Gesellschaftsvertrag festgelegtes nachvertragliches Wettbewerbsverbot den Verpflichteten in der Berufsausübung nicht übermäßig beschränken und damit nicht über die schützenswerten Interessen des Begünstigten hinausgehen. Der danach vorzunehmende Interessenausgleich erfordert eine umfassende Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch die Berücksichtigung des Zwecks, der mit der Vereinbarung des Wettbewerbsverbots verfolgt wird. Das gilt sowohl für den Gegenstand des Wettbewerbsverbots als vor allem auch für die zeitliche Dauer und den örtlichen Bereich (Sen.Urt. v. 19.11.1973 – II ZR 52/72, WM 1974, 74, 76; vgl. ferner BGHZ 91, 1, 5 m.w.N.). Bei Wettbewerbsverboten, die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung unter Gesellschaftern stehen, ist für die Abwägung auch von besonderer Bedeutung, daß in der Auseinandersetzungsabfindung regelmäßig der wirtschaftliche Wert des Wettbewerbsverbots mit einkalkuliert ist (vgl. BGH, Urt. v. 9.11.1973 – I ZR 83/72, WM 1974, 253, 254).
Mit diesen Grundsätzen ist § 8 a des Gesellschaftsvertrages vom 21. Februar 1984 nicht vereinbar. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wurde zu dem Zeitpunkt in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, als die Straftaten des Klägers aufgedeckt worden waren. Vor diesem Zeitpunkt hielten die Gesellschafter eine solche Regelung offenbar für entbehrlich. Wie die Beklagte selber vorträgt, wurde eine „Gesamtmaßnahme“ getroffen, um dem Kläger die strafrechtliche Verfolgung zu ersparen. Der Kläger wurde als Geschäftsführer abberufen, schied als Gesellschafter aus, mußte seine Schadensersatzpflicht anerkennen, sich der Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterwerfen und seine Schuld durch die Bestellung einer Grundschuld sichern. Er mußte außerdem seinen Gesellschaftsanteil unentgeltlich an den Mehrheitsgesellschafter T abtreten und auf alle Ansprüche gegen die Gesellschaft verzichten, also auch auf seinen Abfindungsanspruch, den er auf über 200.000, — DM beziffert, was die Beklagte allerdings bestreitet. Endlich mußte er ein bis dahin nicht bestehendes Wettbewerbsverbot hinnehmen. Die „Gesamtmaßnahme“ war zweifelsfrei durch schützenswerte Interessen der Beklagten gedeckt, soweit sie darauf gerichtet war, den angerichteten Schaden einzudämmen, seine Wiedergutmachung sicherzustellen und die gesellschaftsrechtliche Zusammenarbeit einvernehmlich zu beenden. Dagegen ist das Wettbewerbsverbot, so wie es sich in die „Gesamtmaßnahme“ einfügt, durch schützenswerte Interessen der Beklagten nicht mehr gedeckt. Der Verzicht des Klägers auf alle Ansprüche gegen die Gesellschaft hatte zur Folge, daß er nicht nur jeden Anspruch gegen die Beklagte verlor, sondern diese ihm auch den wirtschaftlichen Wert des Wettbewerbsverbots nicht ersetzen muß. Damit wurden dem Kläger unter Ausnutzung seiner Zwangslage einseitig Pflichten auferlegt, die ausschließlich zu seinen Lasten gehen. Zudem beschränkt ihn das Wettbewerbsverbot übermäßig in seiner Berufsausübung. Es greift tief in seine berufliche und private Existenz ein. Zwar ist es gegenständlich und zeitlich begrenzt; eine örtliche Beschränkung auf eine bestimmte Region enthält es jedoch nicht. Dadurch wurde es dem Kläger unmöglich gemacht, innerhalb von drei Jahren im Bereich des Paketreisedienstes, auf den er sich spezialisiert hat, tätig zu werden. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als Angestellter. Sie wird von dem gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbot erfaßt. Aus der Erklärung vom 22. Februar 1984 kann sich schon deshalb nichts Gegenteiliges ergeben, weil der Gesellschaftsvertrag hierdurch nicht wirksam geändert werden konnte. Der Kläger hätte demnach spätestens ab September 1984 versuchen müssen, zunächst in einer anderen Sparte des Reisegewerbes unterzukommen. Dies hätte es ihm angesichts des absehbaren Einkommensverlustes ganz beträchtlich erschwert, gleichzeitig für seinen sowie den Unterhalt seiner Familie zu sorgen und seinen im Zusammenhang mit der Aufdeckung seiner Straftaten gegenüber der Beklagten übernommenen Verpflichtungen nachzukommen. Eine derartige einseitige Beschränkung der Freiheit der Berufsausübung ist unvertretbar und verstößt gegen die guten Sitten.
Schlagworte: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Sittenwidrigkeit hinsichtlich Ort Zeit und Gegenstand, Treuepflicht in der GmbH, Vertragliches Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot der Gesellschafter