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BGH, Urteil vom 14. Mai 1974 – VI ZR 8/73

Der alleinige Gesellschafter einer GmbH haftet für die Gesellschaftsschulden mit, falls die Verwendung der Rechtsfigur der juristischen Person dem Zweck der Rechtsordnung widerspricht.

Die Aufhebung des Grunsatzes der getrennten Haftung tritt unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ein, wenn die Wirklichkeit des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der Tatsachen es gebieten, die personen- und vermögensrechtliche Selbständigkeit der GmbH und ihres Alleingesellschafters hintanzusetzen.

Die Berufung auf die förmliche Verschiedenheit verstößt gegen Treu und Glauben, wenn es sich als notwendig erweist, einem mit der Gesellschaft in Rechtsbeziehungen getretenen Dritten zu der ihm nach Treu und Glauben zukommenden Leistung zu verhelfen.

Der als Ausnahme zulässige Haftungsdurchgriff beschränkt sich nicht auf vertraglich begründete Verbindlichkeiten der GmbH, er gilt auch für Schadenersatzverpflichtungen aus unerlaubter Handlung.

Es reicht nicht aus, dass der Schädiger und die für ihn haftende GmbH nicht in der Lage sind, Ersatz des vollen Schadens zu leisten. Es müssen vielmehr besonders qualifizierende Umstände auf Seiten des Alleingesellschafters hinzukommen, die seine Berufung auf die Verschiedenheit der Rechtspersonen als Verstoß gegen Treu und Glauben kennzeichen.

Eine Haftung eines Treugebers kommt nur dann in Betracht, wenn Zweifel an der Selbstständigkeit der GmbH bestehen oder der Treugeber die Gesellschaft arglistig oder in einer dem Zweck der Rechtsordnung zuwiderlaufenden Weise dazu benutzt, sich wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen.

 

 

Schlagworte: allgemeine deliktische Haftung, Durchgriffshaftung, Haftung für Organisationsverschulden/ Garantenstellung, Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter, Schadensersatzanspruch, Treu und Glauben, Treugeber, unerlaubte Handlung, Vermögenstrennung