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BGH, Urteil vom 15. Mai 2012 − VI ZR 117/11

BGB §§ 823, 1004

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, wenn sie einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt, gewährt. Das Recht am bestehenden Gewerbebetrieb wird durch § 823 Abs. 1 BGB nicht nur in seinem eigentlichen Bestand, sondern auch in seinen einzelnen Erscheinungsformen, wozu der gesamte gewerbliche Tätigkeitskreis zu rechnen ist, vor unmittelbaren Störungen bewahrt. Unter dem Begriff des Gewerbebetriebes im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ist alles das zu verstehen, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der wirtschaft befähigt, also nicht nur Betriebsräume und -grundstücke, Maschinen und Gerätschaften, Einrichtungsgegenstände und Warenvorräte, sondern auch Geschäftsverbindungen, Kundenkreis und Außenstände. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb von der Rechtsprechung gewährten und nach und nach erweiterten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben (Senatsurteil vom 9. Dezember 1958 – VI ZR 199/57, BGHZ 29, 65, 69 f.).

b) Das Recht am Unternehmen ist nicht auf Gewerbebetriebe im handelsrechtlichen Sinn beschränkt, sondern steht auch den Angehörigen freier Berufe (hier: Sporttrainer) zu (MünchKommBGB/Wagner, 5. Aufl., § 823 Rn. 192 m. w. N.).

c) Unmittelbare Eingriffe in das Recht am bestehenden Gewerbebetrieb, gegen welche § 823 Abs. 1 BGB Schutz gewährt, sind nur diejenigen, die irgendwie gegen den Betrieb als solchen gerichtet also betriebsbezogen sind und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen (Senatsurteil vom 9. Dezember 1958, a. a. O., S. 74). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn nur einzelne Geschäftsaktivitäten des Unternehmens beeinträchtigt werden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Februar 1983 – I ZR 207/80, NJW 1983, 2195, 2196).

d) Das Recht am Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (vgl. Senatsurteile vom 13. März 1979 – VI ZR 117/77, BGHZ 74, 9, 14; vom 7. Februar 1984 – VI ZR 193/82, BGHZ 90, 113, 124 f.; vom 21. April 1998 – VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 318 jeweils m. w. N.). Die Behinderung der Erwerbstätigkeit ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (ähnlich wie beim Persönlichkeitsrecht, vgl. etwa Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 – VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 – Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 – Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 – VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12, jeweils m. w. N.).

Schlagworte: Gesamtwürdigung, Interessenabwägung, Schadensersatzanspruch