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BGH, Urteil vom 15. November 1971 – II ZR 130/69

§ 8 ApoG vom 20.08.1960, § 335 HGB, §§ 335ff HGB, § 134 BGB

Eine stille Beteiligung an einer Apotheke verstößt jedenfalls dann nicht gegen Bundesapothekengesetz § 8, wenn sie sich im Rahmen der gesetzlichen Regelung der HGB §§ 335ff hält.

Die Beteiligung eines stillen Gesellschafters an einer Apotheke, die sich im Rahmen der gesetzlichen Regelung der §§ 335 ff HGB hält, widerspricht weder § 8 des Bundesgesetzes über das Apothekenwesen vom 20. August 1960 (BGBl I S. 697) noch dem früher in Bayern geltenden Art. 6 des Landesapothekengesetzes vom 16. Juni 1952 (GVBl S. 181). Dort ist zwar die stille GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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nicht ausdrücklich zugelassen. Nach beiden Vorschriften kommt es aber lediglich darauf an, daß der Betrieb einer Apotheke in der Hand von (approbierten) Apothekern liegt. Dieser Grundsatz wird durch die stille Beteiligung eines Nichtapothekers nicht verletzt. Denn der stille Gesellschafter betreibt das Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers nicht mit (§ 335 HGB). Seine Beteiligung an einer Apotheke ist daher – gemessen am Sinn und Zweck jener Vorschriften, nach denen die Ordnungsmäßigkeit der Arzneimittelversorgung durch qualifizierte Betriebsinhaber gewährleistet werden soll – apothekenrechtlich „neutral“. Dementsprechend wird die Zulässigkeit von stillen Gesellschaften an Apotheken allgemein sowohl für den früheren als auch für den jetzigen Rechtszustand bejaht (vgl. zum früheren Recht BGHZ 8, 157, 162 m. w. N.; Schiedermair, Pharmazeutische Zeitung 1965, 1339, 1341 m. w. N.; zum Bundesapothekengesetz Hoffmann, Gesetz über das Apothekenwesen, 1961, § 8 Anm. 15, 16; Schiedermair/Blanke, Apothekengesetz, 1960, § 8 Allgemeines und Anm. 5).

Der Gesellschaftsvertrag der Parteien weicht allerdings von den Vorschriften der §§ 335 ff HGB ab, soweit die Beklagten zur Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb einer Apotheke hinausgingen, die Zustimmung der stillen Gesellschafter einzuholen hatten. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht auch darin keinen Grund gefunden, für das hier maßgebliche Jahr 1964 das Gesellschaftsverhältnis als nichtig anzusehen, weil diese Art von Mitwirkung an der Geschäftsführung zumindest nach bayerischem Landesrecht nicht hätte beanstandet werden können und dieses Recht zu dieser Zeit noch weiter gegolten habe. Nach § 29 des am 1. Oktober 1960 in Kraft getretenen Bundesapothekengesetzes blieben Apothekengesellschaften bis zum 1. Oktober 1965 zulässig, auch wenn sie den Anforderungen des § 8 dieses Gesetzes nicht entsprochen haben sollten, sofern vor Inkrafttreten des Gesetzes nichts gegen sie einzuwenden war. So lag es hier. Nach Art. 6 Abs. 2 und 3 des Bayerischen Apothekengesetzes vom 16. Juni 1952 konnte eine Apotheke von mehreren Personen unter anderem in der Form einer Kommanditgesellschaft betrieben werden, ohne daß die Kommanditisten, sofern sie nicht Geschäftsführungsbefugnis hatten, Apotheker hätten sein müssen. Hieraus folgt, daß nach damaligem Landesrecht die Unzulässigkeit einer – wie dargetan an sich zulässigen – stillen Gesellschaft allenfalls in Betracht kam, wenn der Gesellschaftsvertrag Bestimmungen enthielt, die einem Nichtapotheker als stillem Gesellschafter weitergehende Geschäftsführungsbefugnisse einräumte, als sie ein Kommanditist kraft Gesetzes gehabt hätte. Geschäftsführungsmaßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb eines Handelsgewerbes hinausgehen, müssen aber nach § 164 HGB in einer Kommanditgesellschaft auch die Kommanditisten zustimmen. Deshalb bestimmt der Gesellschaftsvertrag der Parteien hinsichtlich der Beteiligung der Kläger an der Geschäftsführung nichts, was nach den Grundsätzen zu mißbilligen wäre, die dem Art. 6 des Bayerischen Apothekengesetzes zugrunde liegen. Es konnte daher offen bleiben, wie die Rechtslage insofern nach dem jetzt allein noch geltenden Bundesrecht zu beurteilen wäre.

Soweit der Gesellschaftsvertrag vorsieht, daß bei der Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens die während des Bestehens der Gesellschaft entstandenen stillen Reserven zu berücksichtigen sind (§ 7 des Gesellschaftsvertrages), wurden den Klägern keine Ansprüche eingeräumt, die über das hinausgehen, was dem stillen Gesellschafter kraft Gesetzes zukommt (§ 340 HGB); denn diese stellen einen Teil des in der Vergangenheit erwirtschafteten Gewinnes der Gesellschaft dar, der den Gesellschaftern bisher nicht gutgebracht wurde (vgl. BGH LM HGB § 340 Nr. 3; Schilling in Großkomm. HGB 3. Aufl. § 340 Anm. 5). § 9 des Gesellschaftsvertrages bestimmt zwar, daß die stillen Gesellschafter bei einer „etwaigen Änderung der Währung oder des Geldwertes im Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses an den Anlagewerten des Unternehmens, die mit Hilfe ihrer Gesellschaftereinlage erworben und geschaffen worden sind, beteiligt sein sollen und dem Wert der vorhandenen Sachwerte entsprechend abzufinden sind“. Ob daraus jedoch folgt, daß die stille GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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der Parteien eine von der gesetzlichen Regelung der §§ 335 ff HGB abweichende Gestaltungsform erhalten hat, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Gesellschaftsvertrag räumt hier den Klägern keinerlei Rechte hinsichtlich der Leitung der Apotheke, sondern nur Ansprüche für den Fall der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses ein. Er enthält demgemäß auch insoweit nichts, was die Beklagte zu 1 als Inhaberin der Apotheke in irgendeiner Weise in der Freiheit der Betriebsführung im Sinne des § 7 BApothG oder Art. 5 BayrApothG beschränken könnte. Der Gesellschaftsvertrag der Parteien ist deshalb auch insofern nicht zu beanstanden.

Schlagworte: Apotheker, fehlerhafte Gesellschaft, Stille Beteiligung an Apotheken, stille Gesellschaft