§ 157 BGB, § 35 GmbHG
Bei der nach § 157 BGB vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung ist zu ermitteln, wie die Parteien den offen gebliebenen Punkt unter Beachtung der Gebote von Treu und Glauben geregelt hätten (st. Rspr., vgl. statt aller Sen.Urt. v. 9. November 1973 – II ZR 52/72, WM 1974, 74, 75). Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesellschaftsvertrages der Klägerin und die bei seinem Abschluß gegebenen, vorstehend im einzelnen dargelegten Gesamtumstände sprechen dafür, daß die Parteien, hätten sie bei Vertragsschluß die Möglichkeit vorausgesehen und geregelt, daß der Beklagte sich unter Aufgabe seines Geschäftsführeramtes, aber unter Beibehaltung seiner Gesellschafterstellung in einer konkurrierenden Tätigkeit selbständig machen könnte, auch für diesen Fall zugunsten der Klägerin einen Mandantenschutz vereinbart hätten. Wie bereits oben unter 2. im einzelnen ausgeführt, setzte gerade die Stellung des Beklagten als alleiniger mit der Kundenbetreuung betrauter Geschäftsführer der Klägerin diese in besonderem Maße der Gefahr aus, daß der Beklagte die ausschließlich von ihm betreuten und deshalb nur ihm persönlich verbundenen Kunden der Klägerin bei Aufnahme einer selbständigen Konkurrenztätigkeit zu sich hinüberziehen und damit die Klägerin wirtschaftlich aushöhlen könnte. Gerade im Hinblick auf dieses mit der Stellung des Beklagten innerhalb der Klägerin begründete Risiko haben die Parteien die Mandantenschutzklausel des § 17 der Satzung vereinbart. Der im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§§ 242, 157 BGB) vorzunehmende Interessenausgleich, der vor allem auch den Zweck der tatsächlich vereinbarten Kundenschutzklausel zu berücksichtigen hat, gebietet deshalb die Annahme, daß die Beteiligten, hätten sie ein vorzeitiges isoliertes Ausscheiden des Beklagten aus seiner Geschäftsführerstellung vorhergesehen, eine Bestimmung vereinbart hätten, die der Klägerin auch für diesen Fall einen den Umständen nach angemessenen Schutz ihres Mandantenstammes gewährt hätte.
Ein solches, sich aufgrund ergänzender Vertragsauslegung des Gesellschaftsvertrages ergebendes Konkurrenzverbot für den Fall des Ausscheidens des Beklagten als Geschäftsführer verstieße, wie der Senat selber entscheiden kann, da es dazu keiner weiteren tatsächlichen Ermittlungen bedarf und der Senat Zweifel über die nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bestehende Rechtslage insoweit für ausgeschlossen hält, im Grundsatz nicht gegen § 1 GWB (vgl. Sen.Urt. v. 19. November 1973 aaO sowie – grundlegend – BGHZ 30, 186). Allerdings ist bei der näheren Bestimmung von Inhalt und Umfang einer solchen Wettbewerbsbeschränkung darauf zu achten, daß sie sich innerhalb der durch § 1 GWB und § 138 BGB gezogenen Grenzen hält. Eine Vertragsergänzung, die eine ausfüllungsbedürftige Lücke durch eine Regelung ergänzen würde, die wegen Verstoßes gegen zwingendes Gesetzesrecht unwirksam wäre, wäre sinnwidrig und verstieße gegen Treu und Glauben (vgl. dazu insbesondere Sen.Urt. v. 19. November 1973 aaO S. 75f.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot den Verpflichteten in seiner Berufsausübung nicht übermäßig beschränken und nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht über die schutzwerten Interessen des begünstigten Unternehmens hinausgehen (BGHZ 91, 1, 5; vgl. ferner Sen.Urt. v. 14. Juli 1986 – II ZR 296/85, WM 1986, 1282; v. 19. November 1973 – II ZR 52/72, WM 1974, 74, 76; v. 9. Mai 1968 – II ZR 158/66, NJW 1968, 1717; v. 7. Januar 1965 – II ZR 187/63, WM 1965, 310). Als Anknüpfungspunkt bietet sich im vorliegenden Fall die Regelung an, die die Beteiligten selber in § 17 der Satzung der Klägerin für den Fall des Ausscheidens als Gesellschafter vorgesehen haben. Die dort getroffene Bestimmung ist in sachlicher und örtlicher Hinsicht unbedenklich, da sie ein Wettbewerbsverbot nur für diejenigen Mandanten vorsieht, die im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters Mandanten der Gesellschaft sind, und damit die berufliche Betätigungsfreiheit des Ausscheidenden nicht über das Maß hinaus beschränkt, das unter den gegebenen Umständen zur Vermeidung einer Existenzgefährdung der Klägerin erforderlich ist. Es steht mithin nichts entgegen, im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, daß die Parteien im Rahmen eines sinnvollen Interessenausgleichs eine inhaltlich entsprechende Regelung auch für den Fall getroffen hätten, daß sie die Möglichkeit des Ausscheidens des Beklagten nur aus seiner Funktion als Geschäftsführer vorausgesehen und geregelt hätten. In zeitlicher Hinsicht entspricht es der Erfahrung, daß sich die Beziehungen des Verpflichteten zu dem Kundenkreis des Geschützten nach einer gewissen Zeit so stark verflüchtigen, daß dieser durch die Aufnahme einer konkurrierenden Tätigkeit des Verpflichteten keine wesentliche Einbuße mehr erfährt. Über diesen Zeitraum hinaus ist ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten an der Fernhaltung des Verpflichteten von seinem Mandantenkreis auch rechtlich nicht mehr anzuerkennen. Die danach zu ziehende Grenze wird im allgemeinen bei einer Zeitspanne von etwa zwei Jahren liegen (vgl. dazu bereits BGHZ 91, 1, 6 und Urt. v. 19. November 1973 – II ZR 52/72, WM 1974, 74, 76). Im vorliegenden Fall sind bisher keine besonderen Umstände hervorgetreten, die für die Berechtigung einer wesentlich längeren oder kürzeren Frist sprechen könnten. Das Berufungsgericht wird jedoch dazu im Rahmen der neuen mündlichen Verhandlung noch ergänzende Feststellungen treffen können.
Schlagworte: Mandatsschutzklausel, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Sittenwidrigkeit hinsichtlich Ort Zeit und Gegenstand, Treuepflicht in der GmbH, Vertragliches Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot der Gesellschafter